Herzegowina
Die Herzegowina (bosnisch/kroatisch: Hercegovina/serbisch: Херцеговина) ist der südöstliche Teil des Staates Bosnien und Herzegowina (BiH - Bosna i Hercegovina), im Einzugsbereich des Flusses Neretva. Der Landesname leitet sich vom Wort "Herzog" ab (die Wortbedeutung ist "Herzogsland"). Die wichtigste Stadt ist Mostar.
Geographie
Die Herzegowina ist ein bergiges Land. Sie liegt im wesentlichen im dinarischen Gebirge. Typisch sind ausgedehnte Karstlandschaften mit oasenartigen fruchtbaren Niederungen (Polja, Einz. Polje, Feld). Das Klima ist mediterran beeinflusst, aber mit ausgiebigeren Niederschlägen als in anderen Regionen. Die Winter sind mild, im Gegensatz etwa zu Bosnien schneit es in Mostar nur selten.
Eine genaue Grenze zwischen der Herzegowina und Bosnien ist schwer zu bestimmen, da diese Gebiete heute keine separaten politischen Einheiten bilden. Das Gebiet um Livno gehörte zu osmanischer Zeit nicht zum damaligen Sandschak Herzegowina, sondern zunächst zum Sandschak Klis (in Dalmatien) und dann, nachdem dieser zum größten Teil venezianisch wurde, zu Bosnien. Unter der österreichisch-ungarischen Verwaltung galt Livno jedoch als eine Stadt in der Herzegowina. In den Wiener Archiven über die Stadt wird Livno als eine gefestigte Stadt in der Herzegowina erwähnt. Bei einer rein geographischen Betrachtungsweise bietet es sich an, die Hauptwasserscheide zwischen Donauzuflüssen einerseits und Adriazuflüssen sowie abflusslosen polja andererseits als Grenze zu nehmen, womit auch Livno zur Herzegowina gehören würde.
Die Herzegowina in Zahlen
Berge über 2.000 m :
Flüsse über 50 km:
- Trebišnjica (Quelle 398 m über den Meerespiegel) 96,5 km
- Neretva (Quelle 320m über den Meerespiegel) 218 km
Gesamtfläche: 9.948 km²
Bevölkerung (Stand 1991):
Städte
Wichtige Orte in der Herzegowina sind:
auf dem zur Föderation Bosnien-Herzegowina gehörenden Gebiet:
- Čapljina
- Čitluk
- Grude
- Jablanica
- Konjic
- Kupres
- Livno
- Ljubuški
- Mostar
- Neum
- Posušje
- Rama-Prozor
- Ravno
- Široki Brijeg
- Stolac
- Tomislavgrad (früher Duvno)
Außerhalb Bosnien-Herzegowinas ist aber vor allem der Marienwallfahrtsort Međugorje bekannt.
auf dem zur Republika Srpska gehörenden Gebiet (Ost-Herzegowina):
Geschichte
Im Mittelalter gab es auf dem Gebiet der östlichen Herzegowina und des nördlichen Montenegro die Herzogtümer Hum (Zahumlje) und Travunien, die sich meist in Abhängigkeit von Byzanz, Bosnien oder Serbien befanden. Der westlichste Teil der Herzegowina gehörte meist zum Königreich Kroatien.
Im 15. Jahrhundert herrschte bis zur Eroberung durch die Osmanen Stjepan Vukčić Kosača in der heutigen Herzegowina, der den Titel eines Herzogs von Hum und Primorje und Großherzogs des Königreiches Bosnien führte. Auf die Bezeichnung Länder des Herzogs Stjepan für sein unter osmanische Herrschaft gefallenes ehemaliges Territorium geht der heutige Name des Landes zurück.
1463 unterwarf sich der bosnische König Stjepan Tomaš Kotromanić dem osmanischen Reich und wurde hingerichtet. Seine Frau Katarina Kosača-Kotromanić floh nach Rom. Nach ihrem Tod 1478 fiel, von ihr testamentarisch verfügt, der Anspruch auf die bosnische Krone (einschließlich der Herzegowina) an den Heiligen Stuhl (den Vatikan).
1513 kam die Herzegowina endgültig unter osmanische Herrschaft. Sie bildete den Sandschak (türk. Provinz) Herzegowina (türk. Hersek) mit der Hauptstadt Mostar innerhalb des Paschaluks Bosnien (später Bosnien-Herzegowina).
Städte wie Mostar und Stolac bildeten wichtige Handelsposten zwischen Dubrovnik und dem Landesinneren.
Durch den Berliner Kongress kam 1878 der größte Teil der Herzegowina als Teil von Bosnien-Herzegowina unter österreichisch-ungarische Verwaltung, der östlichste Teil der vormaligen osmanischen Herzegowina hingegen zu Montenegro, zu dem dieses Gebiet (die so genannte Montenegrinische Herzegowina/Crnogorska Hercegovina) auch heute gehört. Noch vor dem Ersten Weltkrieg annektierte Österreich-Ungarn Bosnien und seinen Teil der Herzegowina offiziell.
Seit 1918 gehörte die Herzegowina zu Jugoslawien.
Im Balkankonflikt war die Herzegowina einer der Hauptkriegsschauplätze. Vom Süden des Landes aus wurde 1991 Dubrovnik von serbischen Truppen bombardiert. Als 1992 auch in Bosnien der Krieg ausbrach, kam es zu blutigen Zusammenstößen, zuerst nur zwischen Serben auf der einen und Bosniaken und Kroaten auf der anderen Seite. Als jedoch kroatische Nationalisten die Republik Herceg-Bosna ausriefen, kam es auch zu Kämpfen zwischen Bosniaken/Muslimen und Kroaten, wobei es auf beiden Seiten zu sogenannten ethnischen Säuberungen kam, zum Beispiel in Stolac gegen die Bosniaken und in Jablanica, Konjic und Ost-Mostar gegen die Kroaten. Während dieser Kämpfe wurde die berühmte Brücke Stari Most in Mostar im Jahre 1993 vermutlich durch die HVO (die Armee der bosnisch-herzegowinischen Kroaten) zerstört. Mostar wurde zur geteilten Stadt, und die Kommunikation zwischen dem bosniakischen Ost- und dem kroatischen Westteil brach fast komplett ab.
Erst im Januar 2004 wurde auf Drängen Paddy Ashdowns eine Regelung getroffen, durch die Mostar wieder zu einer einzigen Verwaltungseinheit wird, allerdings mit Sonderstatus und strengen Schutzbedingungen.
Die Herzegowina ist heute politisch dreigeteilt: Der Osten um Trebinje ist Teil der Republika Srpska. Westen, Mitte und Norden gehören zur Föderation Bosnien-Herzegowina, wobei der Westen den kroatischen Kanton West-Herzegowina (Zapadno-hercegovački kanton) und Norden und Mitte um Mostar den binationalen (bosniakisch-kroatischen) Kanton Herzegowina-Neretva (Hercegovačko-neretvanski kanton) bildet.
Weiteres
Siehe auch: Bosnien, Bosnien und Herzegowina, Geschichte Bosnien-Herzegowinas, Jugoslawien, Balkankonflikt
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