Kanton Neuenburg
Basisdaten | |
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Hauptstadt/Hauptort: | Neuenburg |
Fläche: | 802 km² |
Einwohner: | 166'642 (Jahr) |
Bevölkerungsdichte: | 207.8 Einw./km² |
Autokennzeichen: | NE |
Website: | http://www.ne.ch |
Karte | |
Datei:KarteKantonNE.png) |
Republik und Kanton Neuenburg (Französisch: République et Canton Neuchâtel) ist ein Kanton im Schweizer Jura, in der französischen Westschweiz, seine Hauptstadt ist die Stadt Neuchâtel am Ufer des Neuenburgersees (fr: Lac de Neuchâtel).
Mit über 37.000 Einwohnern (2002) ist jedoch die bekannte Uhrenstadt La Chaux-de-Fonds im Neuenburger Jura die größte Stadt des Kantons. Neuchâtel folgt mit 31.750 Einwohnern (2002) auf Platz zwei.
Wappen
Flagge von Neuenburg
Geographie
Der Kanton ist in vier geographische Regionen (6 Amtsbezirke) aufgeteilt:
- Le Littoral (Amtsbezirke: Neuchâtel und Boudry)
- Val-de-Ruz
- Val-de-Travers
- Montagnes Neuchâteloises (Amtsbezirke La-Chaux-de-Fonds und Le Locle)
Bevölkerung
166'642 Personen haben ihren Wohnsitz im Kanton Neuenburg, der Ausländeranteil beträgt 22.8%.
Wegen des hohen Anteils an Fremdarbeitern in der Wohnbevölkerung betreibt der Kanton Neuenburg seit mitte der 1960er Jahre eine aktive und progressive Integrationspolitik. Neuchâtel war u.A. der erste Kanton der Schweiz, der Ausländerinnen und Ausländern das Stimm- und Wahlrecht auf Gemeinde- und Kantonsebene gewährte (nur AusländerInnen mit Aufenthaltsbewilligung C: nach 1 Jahr auf Gemeindeebene, nach 5 Jahren auf Kantonsebene).
Sprachen
Die offizielle Sprache des Kantons ist Französisch. Bei der Volkszählung von 1990 gaben jedoch 7.3% der Wohnbevölkerung Deutsch/Schweizerdeutsch als ihre Muttersprache an, 9.7% eine Nicht-Landessprache (die grössten Anteile habe Portugiesisch, Spanisch, arabische und slawische Sprachen).
Religionen
Der Kanton ist offiziell reformiert. Wegen der grossen Durchmischung (katholisch/reformiert) ist die Konfessionszugehörigkeit jedoch an die Gemeinden delegiert.
Da bei Wohnsitznahme im Kanton nicht nach der Konfession gefragt wird, gibt es keine präzisen Zahlen über die Religionszugehörigkeit. Mitgliedschaft in einer der Landeskirchen gibt es nicht - wie in anderen Kantonen - automatisch, sondern nur auf aktives Bemühen der Person.
Neben den katholischen und reformierten Landeskirchen sind jedoch auch jüdische und islamische Kirchen im Kanton aktiv.
Regierung
Der Kanton Neuenburg ist eine demokratische Republik mit einer eigenen Kantonsverfassung, die letztmals im Jahr 2002 revidiert wurde. Der Souverän ist das Volk. Es wählt seine Vertreter in der Kantonsregierung alle vier Jahre.
Legislative
Der Grosse Rat (Grand Conseil) ist das Kantonale Parlament und besteht aus 115 Mitgliedern. Diese werden alle vier Jahre vom Volk im Proporzverfahren (auf Basis der 6 Amtsbezirke) gewählt.
Exekutive
Der Staatsrat (Conseil d'Etat) besteht aus 5 Mitgliedern und wird vom Volk im Majorzverfahren gewählt.
Die Aufgaben des Staatsrates bestehen in der laufenden Regierung sowie der Überwachung der kantonalen Verwaltung:
- Planung und Koordination der Aktivitäten des Kantons: Nach der neuen Verfassung von 2002 muss dem Grossen Rat alljährlich ein aktualisiertes Legislaturprogramm zur Absegnung vorgelegt werden.
- Budget und Abrechnung: Der Staatsrat ist dem Grossen Rat Rechenschaft schuldig und muss diesem nicht nur ein Budget für das laufende Jahr vorlegen, sondern auch die kantonale Bilanz und Verwaltungsabrechnung schriftlich begründen.
- Überwachung der Verwaltung und Absicherung, dass diese "rechtsmässig, zweckmässig und effizient" ist.
- Der Staatsrat verfolgt die Entwicklungen des Kantons und unternimmt alle Anstrengungen, um diese Entwicklung abzusichern.
- Koordination und Zusammenarbeit mit dem Bund, den anderen Kantonen und mit den Neuenburger Gemeinden.
- Repräsentation des Kantons nach Aussen und nach Innen.
Der Neuenburger Staatsrat trifft sich einmal wöchentlich im Château de Neuchâtel, um die laufenden Arbeiten in den verschiedenen Departemente zu koordinieren und Entscheidungen zu treffen. Die Sitzungen, an denen auch der Staatskanzler teilnimmt, sind nicht öffentlich.
Staatsräte und ihre Verantwortlichkeiten (2003)
- Thierry Béguin: Präsident des Staatsrats, Erziehung und Kultur.
- Monika Dusong: Justiz, Gesundheit und öffentliche Sicherheit.
- Pierre Hirschy: Raumordnung
- Sylvie Perrinjaquet: Vizepräsidentin des Staatsrats, Finanzen und Soziales.
- Bernard Soguel: Wirtschaft.
Judikative
Die Judikative agiert unabähngig von den beiden anderen Instanzen. Seine Mitglieder werden vom Grossen Rat gewählt. Die Judikative des Kantons Neuenburg ist wie folgt aufgebaut:
- Amtsgerichte mit ihren Gerichtsbarkeiten
- Vormundschaftsgericht
- Ehegericht
- Arbeitsgericht
- Polizeigericht
- Strafgericht
- Kantonsgericht
- Schwurgericht
- Strafgericht für Wirtschaftsfragen
- Verwaltungsgericht
- Staatsanwaltschaft
- Untersuchungsrichter
- regionale Schlichtungsstellen für Miet- und Pachtfragen
- Steuergericht
Wirtschaft
Industrie
Wie im gesamten Gebiet des schweizerischen und französischen Juras spielen die Uhren- und die Maschinenindustrie und ihre Zulieferer (Präzisionsmechanik, Décolletage) in der regionalen Wirtschaft eine dominante Rolle. 28% der Beschäftigten des Kantons und 30% aller Firmen werden der Uhrenindustrie zugerechnet.
Seit der Uhrenkrise zu Beginn der 80er Jahre werden gezielt Firmen aus den neuen Technologien gefördert, ausländische High-Tech-Firmen angesiedelt sowie Anstrengungen unternommen, um das mechanische und uhrmacherische Know-How zu erhalten und verstärken. Diese in der Schweiz einzigartige Wirtschaftsförderung hat dem Kanton Neuenburg in Wirtschaftskreisen den Übernamen "Silicon Valley der Schweiz" eingebracht. Das DEN (Développement économique neuchâtelois) unterstützt gezielt ausländische Firmen, die sich in der Schweiz ansiedeln möchten und Start-ups im Hochtechnologiebereich. Allein im Jahr 2002 entstanden auf diese Weise 27 neue Firmen im Kanton.
Auch der Ausbildungsbereich konzentriert sich auf diese Wirtschaftszweige. Eine verstärkte Finanzierung von Forschungszentren wie dem renommierten Institut de Micromécanique soll die Innovation in den Hochtechnologiebereichen (Mikromechanik, Elektronik) langfristig ankurbeln.
Tourismus
Neben dem Neuenburgersee mit seinen sonnigen Ufern und den insbesondere für Outdoor-Aktivitäten bekannten Neuenburger Jura ist die Region reich an industriegeschichtlich interessanten Sehenswürdigkeiten: Asphaltminen, unterirdische Mühlen, alte Schokoladefabrik, Museum der Zeitmessung, usw.
Verkehr
Individualverkehr
Der Kanton Neuenburg unternahm in den letzten Jahrzehnten grosse Anstrengungen, um an das nationale Autobahnnetz angeschlossen zu werden. Das Autobahnteilstück der A5 von Neuchâtel nach Yverdon-les-Bains (Zubringer A1) sollte ursprünglich bis 2001, nun bis 2005 fertiggestellt und eröffnet werden. Planung und Bau dieser Autobahn wurden immer wieder durch Einsprachen und Unvorhergesehenes unterbrochen und verschoben: ökologische Bedenken, geologische und hydrologische Probleme, archäologische Notgrabungen, finanzielle Probleme (Rücknahme von bereits getätigten Budgetversprechungen durch den Bund).
Das Neuenburger Strassennetz kann öffentlich eingesehen werden ([1])
Bahn
Die Stadt Neuenburg liegt an den SBB-Linien Basel-Sion sowie Zürich-Genf. Mit Bern verbindet sie die BLS-Linie Bern - Neuchâtel - La Chaux-de-Fonds - Le Locle, wobei das Teilstück nach La Chaux-de-Fonds und Le Locle in den letzten Jahren auf ein Minimum reduziert wurde. Desweiteren liegt Neuchâtel an der TGV-Strecke Bern-Paris.
Die Stadt La Chaux-de-Fonds und die Montagnes Neuchâteloises werden ausserdem von den Chemin de Fer du Jura ([2]) bedient.
Öffentliche Verkehr
Der öffentliche Verkehr im Kanton wird (bis auf oben erwähnte Bahnstrecke) durch Busse abgesichert. Die Transports Neuchâteloises TN sichern den Bus- und Trolleybusverkehr in der Stadt und der Agglomeration (Liniennetz unter [3]). Die Transports Régionaux Neuchâtelois (TRN) verbinden die beiden Städte mit den ländlichen Regionen (Liniennetz unter [4]).
Schiffverkehr
Die Navigation Lacs de Neuchâtel et Morat SA ([5]) sichert die regelmässigen Schiffahrtslinien auf dem Neuenburgersee sowie die Verbindung mit dem Bieler- und dem Murtensee.
Flugverkehr
Die nächstgelegenen Flughäfen sind Bern-Belp, Genf-Cointrin und Besançon (Frankreich). Im Kanton Neuenburg selbst gibt es ein Flugfeld in Colombier sowie einen Flugplatz in La Chaux-de-Fonds.
Geschichte
Archäologische Funde legen Zeugnis davon ab, dass das Gebiet entlang des Neuenburger Sees und Jura Südfuß' bereits Jahrhunderte vor den Römern von Megalithkulturen und keltischen Stämmen besiedelt war. Nach dem spektakulären Fund des "Gold der Helvetier" im Neuenburger Vorort La Tène wurde sogar eine kulturelle Epoche der keltischen Kultur nach dem Fundort benannt (La Tène-Zeit).
Im Mittelalter entstehen viele Städtchen und Siedlungen in den beiden Hochtälern Val de Ruz und Val de Travers, aber auch entlang des Sees, mit den für diese Zeit charakteristischen Kirchen und Burgen, von denen die meisten aus dem 12. und 13. Jahrhundert stammen.
Während der Wirren der Reformation werden die dünn besiedelten Neuenburger Bergregionen zur Zuflucht vieler protestantischer Familien, die vor der Verfolgung in ihrer Heimat flüchten mussten. Mit ihnen kommt die frühe Uhrenindustrie und Automationstechnik in die Gegend.
1707 stirbt Marie de Nemours und Friedrich I. von Preußen wird Prinz von Neuchâtel, womit der "Kanton" dem Preußischen Reich eingegliedert wird. Der Sitz des preußischen Prinzen befindet sich im Château von Valangin. Wie in ganz Europa herrscht auch in Neuchâtel große Not und Hunderte von Familien verlassen die Region, um sich im von der Pest entvölkerten Preußen niederzulassen. 1774 präsentieren die Brüder Jacquet-Droz die drei von ihnen gebauten Automaten dem staunenden Publikum.
Die Nachwellen der französischen Revolution schwappen auch nach Neuchâtel über und im Jahr 1792 proklamiert Neuchâtel, "hauptsächlich Schweizerisch" zu sein und begibt sich als Kanton unter den vermeintlich schützenden Mantel der Eidgenossenschaft. 1794 wird La Chaux-de-Fonds durch ein Feuer fast vollständig zerstört. Der Wiederaufbau der Stadt wird auf dem Reißbrett geplant mit dem Ziel, zukünftige Feuersbrünste zu vermeiden.
1798 wird Neuchâtel und die Schweiz von den revolutionären französischen Truppen eingenommen und 1805 überlässt Friedrich Wilhelm III. von Preußen das Prinztum Neuchâtel an Napoléon. Dieser setzt seinen Feldmarschall Alexandre Berthier als Prinz von Neuchâtel ein. Bereits 1813 wird Neuchâtel wiederum von fremden Truppen besetzt und Friedrich Wilhelm III. von Preußen meldet seinen Anspruch auf das Territorium an. Vom Wiener Kongress 1815 wird Neuchâtel als "Schweizer Kanton und Preußisches Fürstentum" anerkannt.
Im Jahr 1826 lässt der Chocolatier Philippe Suchard seine erste Schokoladenfabrik im Neuenburger Vorort Serrières bauen und begründet damit die bekannte Marke Suchard. 1833 wird die Stadt Le Locle durch eine Feuersbrunst praktisch vollständig zerstört und nach dem Vorbild von La Chaux-de-Fonds wieder aufgebaut. Ein Jahr später wird in der Stadt Neuenburg die erste Akademie eröffnet und 1839 wird der Wildbach Seyon, der die Stadt Neuenburg immer wieder überschwemmte, in Rohre verlegt und um die Stadt herumgeleitet. 1843 wird in La Chaux-de-Fonds die erste Synagoge des Kantons eröffnet.
Am 1. März 1848 rebelliert die Neuenburger Bevölkerung unter der Führung von Republikanern aus Le Locle und La Chaux de Fonds gegen die preußischen Monarchen. Die Bergbewohner marschieren von La Chaux-de-Fonds über die Vue des Alpes nach Valangin und nehmen die dortige Burg ein. Mit den eroberten Kanonen bedrohen sie die Stadt Neuenburg. Am 30. April gibt sich die Neuenburger Bevölkerung eine republikanische Verfassung und Neuchâtel nennt sich fortan "République et Canton de Neuchâtel".
Nachem 1856 ein royalistischer Putsch niedergeschlagen wird und Schweizer Bundestruppen in Neuenburg einmarschieren droht ein militärischer Schlagabtausch zwischen Preußen und der Schweiz. Unter Vermittlung von Napoleon III. wird der Streit friedlich beigelegt und der preußische König verzichtet im Vertrag von Paris endgültig auf seinen Anspruch. Im selben Jahr wird die erste Eisenbahnstrecke des Kantons zwischen Le Locle und La Chaux-de-Fonds eingeweiht.
1907 wird der Absinth in der Schweiz verboten. Das Val de Travers verliert damit einen seiner wichtigsten Industriezweige. Die Familie Pernod verlässt die Schweiz und baut ihre Fabriken im französischen Pontarlier neu auf. 1910 wird die Académie zur Université de Neuchâtel.
Bekannte Neuenburger Namen
In Kanton Neuchâtel geboren sind unter Anderen:
- Le Corbusier (Architekt)
- Blaise Cendrars (Romancier)
- Louis Chevrolet (Automobilkonstrukteur) 1878 - 1941
- Ricard Pernod (Likör-Hersteller - Pernod)
- Philippe Suchard (Chocolatier - Milka)
- Didier Cuche (Skirennfahrer)
- Daniel Jeanrichard (Gründervater der Neuenburger Uhrenindustrie) 1665-1741
- Léopold Robert (Maler und Graveur) 1794-1835
- Numa Droz (Politiker, Bundesrat) 1844-1899
- Paul Bouvier (Architekt und Kunstmaler) 1857-1940
- Jules Borel (Corpskommandant im Aktivdienst) 1884-1963
- Louis de Montmollin (Generalstabsschef nach dem 2. WK) 1894-1974
- Sidney de Coulon (Industrieller, Gründer der Ebauches SA (heutige SMH - Swatch Konzern) 1889-1976
- Max Petitpierre (Politiker) 1899-1994
- Eddy Bauer (Historiker, Chronist und Journalist) 1902-1972
- Denis de Rougement (Schriftsteller) 1906-1985
- Gaston Clottu (Politiker, ehem. Präsident der FDP) 1912-1995
- Alex Billeter (Grafiker, Künstler, Schriftsteller, Musiker) 1914-1983
In Neuchâtel und La Chaux-de-Fonds gelebt haben u.A. auch:
Literatur
- Histoire du Pays de Neuchâtel. De 1815 à nos jours. Hauterive, Editions Gilles Attiger, 1993.