Deutsches Kaiserreich


Das Deutsche Kaiserreich bezeichnet die konstitutionelle Monarchie des Deutschen Reiches vom 18. Januar 1871 durch die Ernennung König Wilhelm I. in Versailles zum Deutschen Kaiser bis zum 9. November 1918 durch die Abdankung des Kaisers Wilhelm II. Die offizielle Bezeichnung dieses Staates war Deutsches Reich.
Der Name Deutsches Reich blieb auch nach 1918 bestehen.
Mit dem Inkrafttreten der Reichsverfassung am 16. April 1871 schien die Deutsche Frage, das Ringen für ein wiedervereintes und liberales Deutschland, im Kompromiss mit den konservativen Bestrebungen des Adels und unter Aussparung Österreichs ("kleindeutsche Lösung"), geklärt.
Schon kurz nach der Reichsgründung erfolgte ein Wirtschaftsaufschwung, die so genannten Gründerjahre. Danach schloss sich eine wirtschaftliche Depression an, die Gründerkrise.
Die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871


Die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 betonte das monarchische Element. Der Kaiser, der zugleich auch König von Preußen war, konnte die Reichsregierung ernennen und absetzen. Darüber hinaus konnte er internationale Verträge schließen, bestimmte über Krieg und Frieden und hatte den Oberbefehl über das Militär. Die süddeutschen Staaten hatten aber das Sonderrecht, das die dortigen Monarchen den Oberbefehl über das Militär in Friedenszeiten hatten.
Er berief zudem den Bundesrat und den Reichstag ein, den er auch auflösen konnte.
Unter dem Kaiser stand der Reichskanzler, der faktisch zugleich Preußischer Ministerpräsident war und Vorsitzender des Bundesrats.
Das stärkste Organ war der Bundesrat, der sich aus 58 Vertretern der 25 Länder zusammensetzte. Die Landesparlamente selbst wurden aber in großen Teilen Deutschlands (wie in Preußen und Sachsen) nach einem Dreiklassenwahlrecht bestimmt. Der Reichstag dessen Vertreter durch ein allgemeines Wahlrecht bestimmt wurden und der das demokratische Element repräsentierte, hatte nur eine schwache Stellung. Einzig die Etatbewilligung fiel in seinen Hoheitsbereich. Er wurde alle 3 Jahre gewählt, ab 1888 alle fünf Jahre. In ihm wurden zwar auch die Gesetze beschlossen, jedoch bedurften sie stets der Zustimmung durch den Bundesrat.
Die Reichsverfassung sah ein ausgewogenes Machtverhältnis zwischen Kaiser und Reichskanzler vor, womit göttlich legitimierte Vertretung einerseits, die Vertretung legitimiert durch die Bevölkerung andererseits gewährleistet sein sollte. Allerdings hinkte das demokratische Element - der Reichstag: Bis 1918 waren nur Männer wahlberechtigt, der Reichskanzler als alleiniger verantwortlicher Minister wurde nicht vom Parlament gewählt, sondern vom Kaiser eingesetzt. Des Weiteren war bis 1888 die Politik mehr von Reichskanzler Bismarck, fortan mehr von Kaiser Wilhelm II bestimmt.
Kaiser



Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches war der Kaiser aus dem Hause Hohenzollern. Er war zugleich König von Preußen.
Kaiser Wilhelm I.
Die Zeit von 1871 bis zum Tode Wilhelms I. 1888 zeichnete sich durch den Reichskanzler Bismarck und dessen spezielle Art der Politik aus. So versuchte er durch Bündnisse mit den verschiedensten Ländern einen Zwei-Fronten-Krieg zu verhindern. Für diesen Fall existierte zwar der Schlieffenplan, trotzdem fürchtete man sich aber vor einem solchen Zwei-Fronten-Krieg.
Zweites Kennzeichen war seine Innenpolitik und damit sein Kampf gegen die Katholiken (Kulturkampf), die er aufgrund ihrer Romtreue als Bedrohung der inneren Einheit ansah, sowie die Bekämpfung der Sozialisten, die das politische und wirtschaftliche System mit seinen Standesunterschieden in Frage stellten. Gleichzeitig schuf er eines der fortschrittlichsten Sozialsysteme der damaligen Zeit, um den sozialen Frieden zu fördern und revolutionären Bewegungen zuvor zu kommen (siehe auch Soziale Frage).
Kaiser Friedrich III.
Kaiser Friedrich III. wird oft aufgrund seiner kurzen Amtszeit auch als der 99-Tage-Kaiser bezeichnet. Er war zum Zeitpunkt des Regierungsantritts bereits todkrank. Er hatte Kehlkopfkrebs und konnte somit nicht sprechen.
Kaiser Wilhelm II.
Aufgrund des besonders hohen Wirtschaftswachstums dieser Zeit stieg das Selbstbewusstsein in der Bevölkerung. Man nahm Kolonien in Afrika, Asien und Ozeanien in Besitz; Wilhelm II. unterstützte dies und gab die Bismarcksche Bündnispolitik auf. Stattdessen wurde die Hochseeflotte gegründet und ein Rüstungswettlauf in Europa initiiert. Dieses führte letztendlich in den 1. Weltkrieg und zum Ende des Deutschen Kaiserreich.
Reichskanzler
Geschichte
Vorgeschichte


1806
Kaiser Franz II. legte die Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nieder. Die Niederlagen in den Napoleonischen Kriegen und insbesondere die durch Napoleon veranlasste Gründung des Rheinbunds hatte den nach dem Dreißigjährigen Krieg begonnenen Niedergang des Reichs beschleunigt.
Bereits 1804 hatte sich Napoleon zum Kaiser von Frankreich krönen lassen, worauf Franz II. den Titel eines Kaisers von Österreich annahm. Beide Kaiserkrönungen werteten die traditionelle Stellung des Kaisertums in Westeuropa ab.
Durch das Vorbild der französischen Revolution und durch die Befreiungskriege gegen Napoleon setzte sich in Europa erstmals die Idee der Nation als Grundlage der Staatenbildung, also der Nationalismus durch. Vor allem von bürgerlicher Seite wurde im deutschsprachigen Raum die Gründung eines deutschen Nationalstaates angestrebt; als großdeutsche Lösung wurde dabei ein Deutschland unter Einbeziehung Österreichs, als kleindeutsche Lösung ein Deutschland ohne Österreich bezeichnet.
1815
Nachdem das Heilige Römische Reich deutscher Nation 1806 aufgelöst und Napoleon besiegt worden war, hatten die deutschen Fürstentümer nur geringes Interesse an einer zentralen Macht, die ihre Autonomie beschneiden würde. Auf dem Wiener Kongress wurde 1815 daher lediglich der Deutsche Bund gegründet, ein lockerer Zusammenschluss der Gebiete, die vor 1806 zum Deutschen Reich gehört hatten. Der Deutsche Bund hatte keine exekutiven Befugnisse, wodurch der Einfluss auf die Mitglieder gering blieb, die ihre volle Souveränität behielten.
1849
Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche boten dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone an (im Rahmen einer kleindeutschen Lösung). Dieser lehnte aber ab.
1850
Preußen startet eine Initiative, die zu einem kleindeutschen Bundesstaat unter der hegemonialen Führung Preußens mit einer engen völkerrechtlichen Bindung an Österreich führen sollte, der „Union“. Da die Vorstellungen Preußens einen Souveränitätsverlust der Mitglieder vorsahen, konnte das neu gegründete Unionsparlament 1850 keine Einigung erzielen. Daraufhin erklärte Österreich, dass der alte Deutsche Bund rechtlich noch existiere und berief einen neuen Ausschuss nach Frankfurt ein. Damit gab es zwei Bundesregierungen, eine unter der Führung Preußens und eine, die von Österreich dominiert wurde. Bevor dieser Gegensatz zu einem Krieg führte, lenkte Preußen ein und trat dem wiederhergestellten Bundesparlament unter Österreichs Führung bei.
1866
In diesem Jahr eskaliert der Streit zwischen Österreich und Preußen über Schleswig-Holstein im Austritt Preußens aus dem Deutschen Bund. Es folgt der Deutsch-Österreichische Krieg, in dem Preußen gemeinsam mit Italien und einigen deutschen Kleinstaaten gegen Österreich und den Deutschen Bund stand. Dieser endet mit der Annexion der meisten norddeutschen Staaten durch Preußen. In der Folge wird der Norddeutsche Bund unter preußischer Führung gegründet. Die süddeutschen Staaten (außer Österreich) wurden in Defensivbündnisse mit Preußen gedrängt.
1870/1871
Ausgelöst durch Streitigkeiten zwischen Preußen und Frankreich um die spanische Erbfolge bricht der Deutsch-Französische Krieg aus. Die süddeutschen Staaten schlossen sich dem preußischen Feldzug an. Bismarck nutzte dies, um die Krönung des preußischen Königs zum Deutschen Kaiser voran zu treiben und so auch die süddeutschen Staaten im Rahmen einer kleindeutschen Lösung der preußischen Krone zu unterstellen.
Gründung
1871
Am 18. Januar wird König Wilhelm I. von Preußen von den deutschen Bundesfürsten zum deutschen Kaiser im Spiegelsaal des Schloss Versailles proklamiert. (siehe Kaiserproklamation). Am 28. Januar reicht die französische Regierung die Kapitulation ein.
Es kommt am 3. März zu den ersten Reichstagswahlen (siehe Reichstagswahl 1871). Die erste konstituierende Reichstagssitzung findet im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin am 21. März statt. Die Reichsverfassung tritt am 16. April in Kraft. Berlin wird zur Reichshauptstadt erklärt.
Der Friede von Frankfurt beendet offiziell den Deutsch-Französischen Krieg. Die Unterzeichnung findet am 10. Mai statt.
Das Reichsmünzgesetz vereinheitlicht die deutschen Währungen, die Mark wird als einheitliches Zahlungsmittel im Reich eingeführt.
Amtszeit Wilhelm I.
1872
In diesem Jahr übertrumpft das Deutsche Reich das durch den Krieg geschwächte Frankreich als Industriemacht. Durch Kriegserfolg und Reichsgründung wird eine allgemeine Aufbruchstimmung ausgelöst, die stark zum Wirtschaftsaufschwung beiträgt.
Zum Jahresbeginn wird reichsweit das metrische Maßsystem eingeführt. In Straßburg wird am 1. Mai die Kaiser-Wilhelm-Universität eröffnet. Am 7. September kommt es zu einem Drei-Kaiser-Treffen. Kaiser Wilhelm begrüßt in Berlin Kaiser Franz Joseph I. und Zar Alexander II.
1873
Deutsche Besatzungstruppen verlassen die östlichen Departements Frankreichs.
Am 2. September wird feierlich die Siegessäule in Berlin eingeweiht. König Viktor Emanuel II. von Italien besucht am 23. September Wilhelm I. Am 22. Oktober wird das Drei-Kaiser-Abkommen zwischen dem Deutschen Reich, Russland und Österreich-Ungarn unterzeichnet. Der Große Börsenkrach in Berlin am 28. Oktober verursacht eine schwere Wirtschaftskrise im Reich. Beginn der Schutzzollpolitik: Es werden Einfuhrzölle auf Eisen, Getreide, Vieh und Holz erhoben.
1874
Ab dem 1. Januar gilt die Reichsverfassung im Reichsland Elsass-Lothringen. Am 13. Juli begeht der Geselle Kullmann ein Attentat auf Reichskanzler Bismarck.
1875
Am 6. Februar wird die Zivilehe eingeführt.
1878
So genannte Attentatswahlen.
1880
Nach 632-jähriger Bauzeit wird der Bau des Kölner Doms am 15. Oktober vollendet.
Drei-Kaiser-Jahr
1888
Drei-Kaiser-Jahr
Amtszeit Wilhelms II.
1896
Das Bürgerliche Gesetzbuch wird verabschiedet. Als Vorbild dient der Code Civil.
1900
Das Bürgerliche Gesetzbuch wird zu Jahresbeginn eingeführt.
1901
Rechtschreibreform
1911
Das 40-jährige Bestehen des Deutschen Kaiserreich wird am 18. Januar gefeiert.
Am 31. Mai tritt die Reichsversicherungsordnung in Kraft. Sie beinhaltet Krankheits-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung.
Am 1. Juli läuft das Kanonenboot Panther im Hafen von Agadir, Marokko ein. Dieses Ereignis geht als Panthersprung nach Agadir in die Geschichte ein und löst die Zweite Marokkokrise aus. Erst das Marokko-Kongo-Abkommen, das am 5. November unterzeichnet wird, beendet die Krise.
Am 7. September wird der Hamburger Elbtunnel eröffnet.
Am 10. Dezember erhält Wilhelm Karl Werner Wien in Stockholm den Nobelpreis für Physik.
1912
Reichstagwahl 1912 am 12. Januar: Erstmalig wird SPD stärkste Fraktion im Reichstag.
Der britische Kriegsminister Richard Burdon Haldane und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg kommen am 11. Februar in Berlin zusammen um über das Abkommen zur Beschränkung der Flottenrüstung zu verhandeln. Die Gespräche enden ergebnislos.
Bei der Zusammenkunft Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. am 4. Juli betonen beide die deutsch-russische Freundschaft.
1914
Mit der Kriegserklärung gegen Russland tritt das Deutsche Reich am 1. August in den Ersten Weltkrieg ein.
Am 3. August wird Frankreich der Krieg erklärt.
1918
Zuerst kommt es zu den Januarstreiks und zu einer Osterbotschaft des Kaisers, in der er Reformen ankündigt.
Die Novemberrevolution findet statt. Wilhelm II. muss daraufhin abdanken.
Gliederung des Deutschen Reiches
Siehe auch
Weblinks
- DHM - Das Kaiserreich
- documentArchiv.de - Dokumente zum Deutschen Kaiserreich
- Gemeindeverzeichnis des Deutschen Reichs um 1900/1910 (in Bearbeitung)
- Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871
- Umfangreiche Seite zum Deutschen Kaiserreich (monarchistisch orientiert)
- Das Deutsche Kaiserreich (monarchistisch orientiert)
Literaturhinweise
- Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht: Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871-1918, 5. Aufl., Frankfurt am Main, 2004 ISBN 3-596-11694-5