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Christliche Wissenschaft

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Christian Science (Christliche Wissenschaft) bezeichnet die von Mary Baker Eddy (1821-1910) nach 1866 entwickelte Lehre, die sie in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift formulierte und 1875 erstmals veröffentlichte.

Synonyme und andere Sprachen

Die deutsche Bezeichnung ist Christliche Wissenschaft. Kirche Christi, Wissenschaftler ist der Name für die von Mary Baker Eddy begründete Kirche. Die Mutterkirche ist The First Church of Christ, Scientist.

Publikationen sind der The Christian Science Monitor, Der Herold der Christlichen Wissenschaft, "Christian Science Journal".

Verbreitung

Weltweit zählt die Christian Science etwa 10'000 Praktiker, davon in Deutschland etwa 100, in der Schweiz 40 und in Österreich 1.

Die Kirche wird von der Mutterkirche, The First Church of Christ, Scientist in Boston, USA, und deren ca. 2000 Zweiggemeinden in 80 Ländern gebildet (nach andern Autoren 3000 Zweiggemeinden in 50 Ländern). In Deutschland gibt es 75 Zweigkirchen und Hochschulvereine mit etwa 2000 Mitgliedern (Stand: August 2004), in der Schweiz 30 und in Österreich 2.

Lehre

Nach Eddy ist Christian Science das Gesetz des Guten, die Wissenschaft des Christus, das auf die Lehren der Bibel zurückgehende christliche System geistigen Heilens.

Grundlegende Ideen sind

  • Gott ist göttliche Liebe, höchster Vater-Mutter
  • Die wahre Natur jedes Individuums als Kind Gottes ist geistlich.
  • Gottes unendliche Güte, verwirklicht im Gebet, heilt.

Als Ausgangspunkt für die, wie Eddy es nennt, Entdeckung von Christian Science wird ihre spontane Heilung von den schweren Folgen eines Unfalles im Jahr 1866 angesehen. Eddy führte ihre unerwartete Gesundung auf eine Inspiration beim Lesen der in der Bibel dargestellten Heilung des Gelähmten (Matthäus 9) zurück. Kirchenvertreter erklären, dass der Gedanke, dass die Kraft hinter dem biblischen Heilungsgeschehen und dem Wirken Jesu Christi nicht auf biblische Zeiten beschränkt sei, der Antrieb für Eddys mehrjähriges Studium der Bibel gewesen sei, das zu der Publikation von Eddys Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift führte. Der 1879 definierte Zweck der Christian Science Kirche besteht laut einer zentralen Leitungsschrift darin, "die Worte und Werke Jesu Christi in Erinnerung zu bringen und dadurch das ursprüngliche Christentum und sein verlorengegangenes Element des Heilens wiedereinzuführen" (Kirchenhandbuch, S. 17).

Mary Eddy beschrieb die Überlegenheit der geistigen Kraft über die physische Kraft als die zentrale Tatsache der Bibel und ebenso als den Kernpunkt von Christian Science. Aus ihrer Sicht müsse diese "große Tatsache" durch das Heilen der Kranken bewiesen werden.

Christian Science sieht Gott, Geist und Gemüt, als einzige Ursache und Prinzip des Universums an. Der Mensch gilt ihr entsprechend des 1. Schöpfungsberichtes der Genesis als Bild und Gleichnis Gottes, folglich sei er geistig. Materie und das Böse gelten als - vor Gott, Geist - unwirklich und zeitlich.

Gott wird in der Christlichen Wissenschaft mit sieben Synonymen erklärt: Gemüt, Geist, Seele, Prinzip, Liebe, Wahrheit und Leben. "Gott ist Liebe", ein Zitat aus den Johannesbriefen, steht an der Stirnwand vieler Christian Science Kirchen.

Eddy war bereits vor der Niederlegung ihrer Gedanken beeinflusst durch eine Auseinandersetzung mit dem Mesmerismus des Phineas Parkhurst Quimby und die Beobachtung der Homöopathie, der Auffassung, dass Krankheit mentalen Ursprungs sei. Eddys Auffassung unterschied sich allerdings deutlich von der Suggestionstherapie Quimbys durch ihre christliche Einstellung, die Gott im Zentrum sieht und nicht eine manipulative Kraft des Menschen. Eddy folgerte, dass der Mensch als Gottes Bild und Gleichnis geistig vollkommen sein müsse und daher Sünde, Krankheit und Tod allein durch die Zuwendung zu dem göttlichen Ursprung wirklich überwunden (geheilt) werden könnten und müssten.

Den Begriff "Wissenschaft" legt Baker-Eddy für sich neu aus. Philosophisch steht Mary Baker Eddy in der idealistischen Tradition von Plato und Hegel.

Gottesdienst und Praxis

Die Kirche hat keine ordinierten Geistlichen; die Bibel, zusammen mit "Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift" bilden den Pastor der Christian Science Kirche.

Die Gottesdienste am Sonntag bestehen aus Zitaten dieser beiden Bücher, die von zwei Lesern vorgetragen werden. Es gibt keine Predigt.Die Anhänger studieren die Woche über die Lesungen des Sonntags. Auch auf den Mittwochabendversammlungen gibt es eine kurze Lesung aus beiden Büchern, während der andere Teil der Versammlung durch Beiträge und Zeugnisse von Heilungen eingenommen wird. Zweimal jährlich wird in den Zweigkirchen ein Sakramentsgottesdienst abgehalten, bei dem die Gemeinde kniend "die geistige Kommunion" feiert. Eine Taufe mit Wasser oder Abendmahl mit Wein und Brot findet nicht statt.

Organisation

Die Verfassung der Kirche ist das Kirchenhandbuch von Mary Baker Eddy. Die Kirche wird von einem fünfköpfigen Vorstand geleitet, der Vorstand wählt die Nachfolger bei freiwerdenden Plätzen im Vorstand. Die Kirche wird von einem jährlich vom Vorstand gewählten Präsidenten der Mutterkirche nach außen vertreten, faktisch liegt aber alle Macht beim fünfköpfigen Vorstand.

Die Zweigkirchen regeln ihre Angelegenheiten unabhängig und demokratisch selbst. Sie kennen auch unterschiedliche Bedingungen für die Aufnahme von Mitgliedern in den einzelnen Zweigkirchen.

Die Mitgliedschaft kann man sowohl in einer Zweigkirche als auch in der Mutterkirche erwerben. Bestimmte Funktionen in den Zweigkirchen, wie das Leseramt, dürfen nur von Mitgliedern ausgeübt werden, die auch der Mutterkirche angehören. Um der Mutterkirche beizutreten, müssen sämtliche Verbindungen zu andern Konfessionen gelöst werden.

Geschichte

Die erste Gemeinde wurde 1879 in Boston, USA gegründet. 1881 ließ sich Mary Baker Eddy zur Pastorin ihrer Kirche ordinieren. 1892 entstand aus der zwischenzeitlich aufgelösten Gemeinde die Mutterkirche in Boston (The First Church of Christ, Scientist).

Datei:ChristianScienceChurch20040307.jpg
Erweiterungsgebäude Der Ersten Kirche Christi, Wissenschaftler in Boston

1895 wurde das Originalgebäude der Mutterkirche geweiht. 1906 wurde das Erweiterungsgebäude (siehe Bild rechts) eröffnet.

In Deutschland

  • 1896 Einführung der Christlichen Wissenschaft in Dresden und 1899 in Berlin
  • 1903 Der Herold der Christlichen Wissenschaft erscheint, die erste nicht-englische Christian Science Zeitschrift überhaupt
  • 1912 gab es in Deutschland anerkannte Kirchen in Berlin, Dresden-Neustadt, Frankfurt/Main, Hannover und Stuttgart
  • 1937 begann das nationalsozialistische Regime die freie Betätigung der Christlichen Wissenschaft zu behindern. Seit Ende Mai strenge Durchführung dieses Verbotes durch die Gestapo mit teilweise gerichtlichen Strafverfahren, Verhören und schließlich Verbot. Zahlreiche Mitglieder und Ausüber der Christlichen Wissenschaft werden verhaftet und auch in Konzentrationslager verschleppt.
  • Nach dem Krieg reger kirchlicher Wiederaufbau
  • 1951 wurde die Christliche Wissenschaft in der damaligen sowjetischen Besatzungszone verboten
  • 1989 (am 3. November), sechs Tage vor dem Fall der Mauer, wurde die Christliche Wissenschaft von der DDR-Regierung wieder zugelassen
  • 2003 Berlin ist Veranstaltungsort der Jahresversammlung der Mutterkirche (die normalerweise jährlich im Juni in Boston, USA, abgehalten wird).

In zahlreichen Bundesländern hat die Christian Science den Status der Körperschaft des Öffentlichen Rechts.

Heutige Situation

Nach anfangs starken Zuwächsen kämpfte die Bewegung seit ca. 1955 mit stetigem Mitgliederschwund, dieser Schwund wird hauptsächlich dadurch begründet, dass die meisten anderen Kirchen die Christian Science als Sekte ansehen. Mit der Eröffnung der "Mary Baker Eddy Library for the Betterment of Humanity" hat die Kirche ihre Archive der Öffentlichkeit geöffnet, sowie mit anderen Aktivitäten versucht, Bedeutung zurückzuerlangen. Neue Kirchen entstehen vor allem in Schwarzafrika und im Jahr 2004 öffnete die erste Christian Science Gemeinde in der Ukraine ihre Pforten.

Ökumene

Christian Science ist Mitglied im Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACR).

Kontroversen

Christian Science stuft Homosexualität als Krankheit ein und hat bereits mehrmals Mitarbeiter wegen praktizierter Homosexualität entlassen.

Da viele Christian Science Eltern auch im Fall von ernster Krankheit ihrer Kinder auf ärztliche Hilfe verzichten, ist es schon zu Todesfällen gekommen. (Quelle: The Humanist, November/December 2000)

Literatur

  • John Dewitt: Die Lebenseinstellung des Christlichen Wissenschafters, Boston, USA 1974, ISBN: 0875100686