Indianerpolitik der Vereinigten Staaten
Die Indianerpolitik der USA begann mit der Amerikanischen Unabhängigkeit von 1783.
Die Unterwerfung der Indianer
Die USA versuchte zu ihren Anfangszeiten Frieden mit den Indianern zu halten. Diese Haltung lag im Konflikt mit der Tatsache, dass die junge Nation sich am Rande des Bankrots bewegte. Neue Ländereien mussten erschlossen werden, um mit den Erträgen aus dem Landverkauf an einströmende Siedler ihre Schulden begleichen zu können. Daraus resultierte eine Politik der vorsichtigen Kolonisierung Amerikas, die bis etwa 1820 dauerte. Diese Politik kann als eine Weiterführung der imperialistischen Politik der Spanier, Holländer und Franzosen angesehen werden. All diese Nationen rechtfertigten die Besitzergreifung des nordamerikanischen Kontinents mit dem Entdeckerprinzip, wonach die blosse Entdeckung des Küstenstreifens reichte, um denselben samt seines undefinierten Hinterlandes für sich zu beanspruchen. Die Amerikaner kombinierten diese Politik mit derjenigen der Briten, welche die Indianer als gleichgestellte Verhandlungspartner akzeptierten.
Die Indianer wurden als rechtmässige Bewohner Amerikas anerkannt. Daraus resultierte eine Politik des Friedens und des Landkaufs durch Verträge mit den Indianern. In den frühen 1790ern-Jahren skizzierten Henry Knox, Leiter des Kriegssekretariats und der damalige amerikanische Präsident George Washington einen Plan, wonach die Indianer von der Expansion der Weißen profitieren sollten. Der Plan beruhte auf den zwei Grundpfeilern Zivilisierung und Assimilierung. Die wenigsten Amerikaner hatten etwas dagegen einzuwenden, dass es gottgewollt ist, heidnische Wilde in die fortschrittliche Lebensweise der Christen zu zwängen. Ein Befürworter der Assimilierung war der dritte amerikanische Präsident, Thomas Jefferson. Die guten Absichten Jeffersons und Washingtons scheiterten an den Schwierigkeiten der Akkulturation und an der Präferenz der Weißen zur Eroberung des Landes. Demgegenüber trat die Zivilisierung in den Hintergrund.
Tatsächlich profitiert haben die Indianer vom so genannten Factory System. Dieses beschreibt ein enges Handelssystem mit den Indianern. Im Zentrum stand der Pelzhandel. Die Indianer tauschten Pelze, der von ihnen erlegten Tieren gegen Waffen, Schmuck, Haushaltsutensilien und Ähnlichem ein. Dabei sollten den Indianern faire Preise bezahlt werden. Dieses System dauerte von 1796-1822. Es scheiterte letztlich an der privaten Opposition der beteiligten Weißen.
Trotz guter Absichten und offensichtlichem Friedenswillen der amerikanischen Regierung kam es doch immer wieder zu kleineren Kriegen und Scharmützeln. Diese waren verglichen mit den späteren Schlachten recht harmlos. 1815 war die Politik von Knox, Washington und Jefferson offiziell gescheitert. Ein Krieg mit den Indianern konnte nicht mehr verhindert werden, da sich die Indianer in ihrer bedrängten Lage immer unmutiger zeigten. Die Politik der Segregation löste die Assimilierung ab. Das Land der Indianer nahm weiter ab. Sie wurden in für Indianer reservierten Gebieten angesiedelt und dort vor den Weissen geschützt. Der Landverkauf von Indianern an Weisse durfte nur über die Regierung, nicht direkt über Private laufen. Der Handel wurde reguliert, insbesondere derjenige mit Alkohol. Wurde in einem Handelsposten, der mit Indianern handelte, Alkohol gefunden, so wurde ihm die Handelslizenz entzogen und die Güter beschlagnahmt. Die Assimilierung fand einzig in der Verbreitung der Standards europäischer Zivilisation und Erziehung seine Fortsetzung. Das Recht des Landbesitzes der Indianer wurde weiterhin offiziell nicht angetastet. Jedoch förderte die Regierung die Ausbreitung der Weißen auf dem amerikanischen Kontinent. Die Indianer waren gezwungen, sich zurückzuziehen oder sich zu assimilieren. In den 1820er-Jahren strömten weisse Siedler immer weiter nach Westen. Die meisten Indianer waren nicht in der weissen Gesellschaft aufgegangen. Die Regierung suchte nach neuen Lösungen, die Indianer aus dem Weg zu räumen und das Land für die weiße Besiedelung zu öffnen.
Umsiedlung
Am 28. Mai 1830 wurde das Umsiedlungsgesetz (Indian Removal Act) unterzeichnet. Dieses autorisierte den amerikanischen Präsidenten, Distrikte westlich des Mississippi festzulegen, in welche die Indianer, notfalls auch gegen deren Einverständnis, umgesiedelt werden konnten. Zu Beginn wurden kleinere Stämme der Ostküste umgesiedelt. Später waren insbesondere die fünf so genannten zivilisierten Stämme, die ursprünglich im südöstlichen Waldland angesiedelt waren, betroffen. Hauptsächlich die Cherokee unter John Ross sowie die Seminolen Floridas unter Osceola leisteten beträchtlichen Widerstand gegen die Umsiedlung. Alleine die Unterwerfung der Seminole, die sich in den Sümpfen Floridas versteckt hielten, kostete die USA 1500 Soldaten und geschätzte 20 Millionen Dollar. Nachkommen von Splittergruppen der Cherokee und der Seminolen leben noch heute in ihrem angestammten Lebensraum.
Zwischen dem Indian Removal Act von 1830 und dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) wurden insgesamt 50 Stämme ihrem traditionellen Lebensraum entrissen. Dabei trafen sie oft auf völlig neue klimatische Bedingungen. Die Kickapoo beispielsweise mussten ihr Waldland an den Grossen Seen gegen ein trockenes Gebiet im Süden austauschen.
Reservationssystem
In der damaligen Zeit kursierten diverse Vorschläge für einen indianischen Staat im Westen, der als amerikanischer Bundesstaat in die USA integriert werden sollte. Etliche solche Vorschläge wurden im Kongress diskutiert. Keiner fand jedoch genügend Zustimmung um sich durchsetzen zu können.
Lange Zeit galt der Mississippi als Grenze der weissen Besiedelung. Nun strömten die Siedler in immer grösserer Zahl über den mächtigen Fluss. Das Land der Indianer wurde weiter dezimiert. Die Amerikaner rechtfertigten ihre Expansionspolitik nicht mehr durch das Entdeckerprinzip, sondern durch das Prinzip der besseren Landnutzung.
1858 erklärte der Kommissär für indianische Angelegenheiten das neugeschaffene Reservationssystem. Dabei sollten Indianer so lange in kleinen Reservationen konzentriert werden, bis sie sich selbst in der Zivilisation durchschlagen konnten. Die Selbstständigkeit der Indianer in den Reservationen erwies sich als bedeutend schwieriger, als der Kommissär das damals annahm. Bis heute wurde dieses Ziel in den allermeisten Fällen nicht erreicht. Im Übrigen waren die Reservationen für die Weißen geschlossen. Nur einige Offizielle wurden zugelassen.
Militärischer Druck und die Abschlachtung der Büffel, die vielen Stämmen des Mittleren Westens als Lebensgrundlage dienten und die 1884 endgültig von den Plains verschwanden, trieb bis 1877 beinahe alle Indianer in die Reservationen. Einige Apachen leisteten bis zur Mitte der 1880er-Jahre Widerstand. Bereits 1871 hatte die langjährige Praxis der amerikanischen Regierung geendet, mit den Indianern Verträge abzuschliessen, da diese keine organisierte Regierung hätten. Somit wurden die Indianer nicht mehr als rechtmässige Bewohner Amerikas akzeptiert, sondern als Mündel des 1824 gegründeten Bureau of Indian Affairs (BIA), einer Behörde des Innenministeriums der USA, welche die Indianerreservationen treuhändlerisch verwaltete. Die Reservationen waren nun nicht mehr Gebiete in indianischem Besitz, welche die Stämme sich selbst reserviert, respektive gerettet hatten, sondern Gebiete in öffentlichem Besitz, die durch die Regierung für die Indianer zur Benützung bereitgestellt wurden.
Fortan gerieten die Indianer in einen enormen Druck der Assimilierung. Die US-Regierung, vertreten durch das BIA, handelte nach dem Motto kill töte den Indianer in ihm und rette den Mensch. Jegliche politische, wirtschaftliche und kulturelle Eigenständigkeit wurde ihnen aberkannt.
Folgen der Indianerpolitik
Insgesamt wurden die Indianer während der Kolonisierung durch eingeschleppte Krankheiten, Unterernährung, Alkohol, gewaltsame Umsiedlungen und Kriege stark dezimiert. Alleine bei der Umsiedlung von 70'000 Indianern aus dem Südosten erreichten rund 20'000 den Bestimmungsort nicht oder starben kurz darauf. Verheerend wirkte sich auch der Goldrausch in Kalifornien aus. Dieser führte zu zahlreichen Massakern an Indianern. Zwischen 1850 und 1906 sank die dortige indianische Bevölkerung von 100'000 auf 20'000.
Indianerpolitik in den Reservationen
Literatur
- Washburn, Wilcomb: Handbook of North American Indians. Volume 4: History of Indian-White Relations. Smithsonian Institution (Hg.). Washington: 1988.