Meteorit
MET 00506, ein in der Antarktis gefundener H3-Chondrit.
An den Seiten ist die für Meteoriten typische Schmelzkruste
sichtbar. Eingebettet in der wegen oxidierten Eisenbestandteilen
dunkel gefärbten Matrix sind Chondren erkennbar. (Foto: NASA/JSC)
Meteorite sind Gesteinspartikel oder größere Körper aus dem Weltall, die beim Eintritt in die Atmosphäre nicht vollständig verglühen, sondern den Erdboden erreichen. Bei Meteoriteneinschlägen entstehen so genannte Impaktkrater. Kleinere Meteorite werden in der Atmosphäre abgebremst und nur an der Oberfläche erhitzt und geschmolzen, während sie in ihrem Inneren kühl bleiben und dadurch nicht verändert werden. Sie ermöglichen daher wertvolle Einblicke in die Frühzeit des Sonnensystems, in der sie gebildet wurden.
Eine große Zahl von Meteoriten mit einer Gesamtmasse von etwa 40 Tonnen dringt täglich in die Atmosphäre ein, wobei Mikrometeoriten den überwiegenden Anteil stellen. Etwa 20.000 Meteorite mit einer Masse grösser als 0,1 kg erreichen die Erdoberfläche pro Jahr, wobei die meisten kaum größer als Kieselsteine sind. Meteoroide, die aus dem Asteroidengürtel stammen, haben im Bereich des Erdorbits eine heliozentrische Geschwindigkeit von etwa 42 km/s. Da die Geschwindigkeit der Erde 30 km/s beträgt, sind Relativgeschwindigkeiten von bis zu 72 km/s möglich.
Einteilung und Benennung der Meteorite
Meteorite werden nach ihrer Zusammensetzung in Eisenmeteorite, Steinmeteorite und Stein-Eisen-Meteorite eingeteilt. Die Steinmeteorite können weiter in Chondrite und Achondrite unterteilt werden. Chondrite sind bei weitem die häufigsten gefundenen Meteorite.
Je nachdem ob der Fall eines Meteoriten beobachtet wurde, oder ob der Meteorit bereits früher unbeobachtet gefallen ist und nur gefunden wurde, wird ein Meteorit als "Fall" oder "Fund" eingeteilt. Neben der chemischen und petrologischen Klassifizierung werden Meteoritenfunde auch nach dem Grad der Verwitterung seit ihrem Auftreffen auf der Erdoberfläche in die Verwitterungsklassen A, B oder C eingeteilt. Ein alternatives Klassifizierungssystem teilt die Verwitterungklassen in W0 - W6 ein. Schwach verwitterte Meteorite haben den Verwitterungsgrad A (bzw. W0) während die am stärksten verwitterten Meteorite in den Verwitterunggrad C (bzw. W6) eingeteilt werden. Meteorite können auch eine Metamorphose durch ein Schockereignis, z. B. während des Losschlagens vom Mutterkörper, erlitten haben. Dies wird durch einteilen in die Schockklassen S1 - S6 beschrieben, wobei in S1 nicht oder nur sehr schwach geschockte Meteorite und in S6 die am schwersten geschockten Meteorite stehen.
Die genauen Regeln der Namensgebung wurden von der Meteoritical Society, einer internationalen Fachgesellschaft, aufgestellt. Demnach werden Meteorite nach ihrem Fundort (Ort, Fluss etc.) benannt. Bei Orten, an denen sehr viele Meteorite gefunden werden, wie z. B. einigen Gebieten in der Sahara, wird eine laufende Nummer angehängt (z.B. DaG 262 von Dar al Gani). Bei Meteoriten, die in der Antarktis gefunden werden, werden an den Namen die Jahreszahl und eine laufende Nummer angehängt. Beispielsweise bezeichnet ALH 76008 den achten Meteoriten, der im Jahre 1976 im Alan Hills Gebiet in der Antarktis aufgesammelt wurde. Der Marsmeteorit ALH 84001, bekannt geworden durch die angeblichen Spuren fossiler Bakterien, war demnach der erste im Jahre 1984 aufgelesene Meteorit in diesem Gebiet.
Herkunft der Meteorite
Die meisten Meteorite sind Bruchstücke von Asteroiden und stammen wahrscheinlich aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Durch Kollisionen wurden sie von ihrem Mutterkörper losgeschlagen. Die Zeitdauer zwischen dem Losschlagen vom Mutterkörper und dem Einschlag auf der Erde liegt typischerweise bei einigen Millionen Jahren, kann aber auch mehr als hundert Millionen Jahre dauern. Meteorite repräsentieren sehr altes Material aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems vor etwa 4,55 Milliarden Jahren. Sie sind daher sehr aufschlussreich für die Erforschung der Entstehung des Sonnensystems.
Dass einige Meteorite vom Mond (Mondmeteorite) und vom Mars (Marsmeteorite) stammen, wurde inzwischen nachgewiesen. Es gibt seltene Meteorite, die in keine der bisherigen Meteoritenklassen eingeordnet werden können und deren Herkunft deswegen ungewiss ist. Bisher wurden keine Meteoriten gefunden, die nachweislich von Kometen stammen, obwohl bei Mikrometeoriten auch eine solche Herkunft diskutiert wird; auch hier rührt die Mehrzahl aber vermutlich überwiegend von Asteroiden her.
Fundorte von Meteoriten
Meteorite fallen zwar überall auf der Erde gleichmäßig, trotzdem gibt es Orte, an denen sie bevorzugt zu finden sind. Während sie in den gemäßigten Klimazonen recht schnell verwittern, können sie in trockenen Gegenden oder in der Antarktis zehntausende von Jahren, manchmal sogar mehr als hundertausend Jahre überdauern. Hilfreich ist auch, dass Meteorite wegen ihrer typisch schwarzen Schmelzkruste leicht auffallen. In der Antarktis gibt es zudem Gebiete, in denen Meteoriten durch Gletscher angesammelt werden. Es werden deshalb öfters Expeditionen dorthin unternommen, um neue Meteorite aufzuspüren.
Der mit 60 Tonnen Gewicht weltweit größte Meteorit Hoba - ein Eisenmeteorit - wurde 1920 in Namibia gefunden.
Historisches über Meteoriten
Berichte über vom Himmel gefallene Steine gibt es seit frühester Zeit. So berichtet etwa der griechische Schriftsteller Plutarch über einen schwarzen Stein, der etwa 470 v.Chr in Phrygien gefallen sein soll. Dieser Meteorit wurde im Namen der Göttin Kybele verehrt, bis er nach der Übernahme des Kybele-Kultes durch die Römer (die sie Magna Mater deum Idea nannten) im Jahr 204 v. Chr. in einer grossen Prozession nach Rom gebracht wurde, wo er weitere Jahrhunderte verehrt wurde.
Bereits in prähistorischer Zeit waren Meteorite Gegenstand von religiösen Kulten. So wurde der Meteorit Winona 1928 in einem Steinbehälter in einem prähistorischem Pueblo in Arizona gefunden, wo er offenbar kultischen Zwecken diente. Auch bei dem in der Kaaba, dem zentralen Heiligtum des Islam, eingemauerten schwarzen Stein Hajar el Aswad handelt es sich möglicherweise um einen Meteoriten, was allerdings wissenschaftlich nicht gesichert ist.
Der chinesische Historiker Ma Duanlin (1245-1325) berichtet über Meteoritenfälle in einem Zeitraum von 2000 Jahren. Eine Auswertung früher chinesischer Aufzeichungen durch die Meteoritenforscher K. Yau, P. Weissman und D. Yeomans ergab 337 beobachtete Meteoritenfälle zwischen 700 v. Chr. und 1920. Der Meteorit Nogata, gefallen im Jahr 861 n. Chr, ist der früheste beobachtete Fall, von dem heute noch Material aufbewahrt wird.
Der erste registrierte Meteorit in Europa, von dem noch Material vorhanden ist, fiel 1492 n. Chr. in Ensisheim im Elsaß.
Als spektakuläres Ereignis der jüngeren Zeit gilt eine Beobachtung am 30. Juni 1908, als Zeugen am Himmel über der sibirischen Tunguska-Region einen blassblauen Feuerball beobachteten. Kurz darauf machte die Druckwelle einer Explosion rund 2000 Quadratkilometer Wald dem Erdboden gleich, das entspricht einem Umkreis von ca. 50 km. Der Explosionskrach und die Luftdruckschwankung konnten noch in London registriert werden. Es wird vermutet, dass es sich bei diesem Ereignis um die Explosion eines Meteoriten von ca. 50 m Durchmesser in einer Höhe von 6000 m handelte, denn ein Krater entstand dabei nicht.
Meteoritisches Eisen wurde schon vor der eigentlichen Eisenzeit zur Herstellung von Kultgegenständen, Werkzeugen oder Waffen benutzt. So wurden etwa in einem kleinen Gräberfeld aus der Zeit von 3500 bis 3000 v. Chr. bei der ägyptischen Siedlung Gerzeh Eisengegenstände mit einem Nickelgehalt von 7,5 % gefunden, was den meteoritischen Ursprung beweist. Eine Dolchklinge aus meteoritischem Eisen wurde auch in der Grabkammer des Pharaos Tutanchamun gefunden.
Meteoritenforschung
Die wissenschaftliche Erforschung von Meteoriten begann am Ende des 18. Jahrhunderts. Die erste Veröffentlichung über die chemische Analyse eines 1768 bei Lucé in Frankreich gefallenen Steines mit modernen chemischen Methoden wurde 1777 von den Chemikern Fourgeroux, Chadet und Lavoisier im Journal de Physique veröffentlicht. Allerdings kamen die Autoren zu dem falschen Schluss, dass der Stein irdischen Ursprungs und möglicherweise durch Blitzeinschlag in Sandstein entstanden sei.
Als Meilenstein in der Akzeptanz von Meteoriten als ausserirdischen Objekten gilt die Veröffentlichung des Physikers Ernst F. F. Chladni Ueber den Ursprung der von Pallas gefundenen und anderer ihr ähnlicher Eisenmassen. In diesem 1794 veröffentlichten Buch diskutiert Chladni historische Berichte über Meteore und Feuerkugeln und stellt die Hypothese auf, dass diese Erscheinungen mit Berichten über vom Himmel gefallene Stein- und Eisenmassen verknüpft sind. Ausserdem schlägt er vor, dass diese Körper aus dem Weltraum stammen. Auslöser für diese Arbeit waren Diskussionen mit dem Physiker Georg Christoph Lichtenberg, welcher 1791 selbst einen Feuerball beobachtet hatte.
Während an der Existenz von Meteoren und Feuerkugeln auch vorher nicht gezweifelt wurde, wurden Berichte über vom Himmel gefallene Steine oder Eisenmassen vor der Veröffentlichung Chladnis von Wissenschaftlern meist als Aberglauben abgetan. Wenn überhaupt, dann wurde höchstens ein atmosphärischer Urprung von Meteoriten akzeptiert, z. B. durch Blitze verkohlte Vögel oder atmosphärische Staubzusammenballungen. Besonders Behauptungen, dass Meteoriten ausserirdischen Urprungs seien, wurden oft besonders auch von aufgeklärten und gebildeten Menschen mit Spott und Polemik beantwortet. Ein Grund hierfür war der auf Aristoteles zurückgehende und von Isaac Newton bekräftigte Glaube, dass das Sonnensystem abgesehen von den grösseren Körpern wie Planeten, Monden und Kometen frei von Materie ist und höchstens von einer Äther genannten Substanz erfüllt ist.
Auch Chladnis Thesen erfuhren zunächst bei den meisten Wissenschaftlern Ablehnung, durch weitere beobachtete Fälle (z.B. Wold Cottage 1795, L'Aigle 1803) und Forschungberichte erhielten sie aber zunehmend Unterstützung. William Thomson lieferte 1794 die erste mineralogische Beschreibung eines bei Siena in Italien gefallenen Steins, in der er zeigte, dass dieser von allen bekannten irdischen Gesteinen veschieden ist. Edward C. Howard und Jaques-Louis de Bournon analysierten 1802 vier Meteoriten auf ihre chemische Zusammensetzung. De Bournon erwähnte dabei erstmals in diesen gefundene Silikatkügelchen, welche dann 1869 durch Gustav Rose als Chondren benannt wurden.
Während noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Mond (Mondvulkane) oder die obere Atmosphäre (Staubzusammenballungen) als Herkunft der meisten Meteoriten diskutiert wurden, nahm man später den Asteroidengürtel oder gar einen interstellaren Ursprung an. Dass die überwiegende Mehrzahl der Meteorite Bruchstücke aus dem Asteroidengürtel sind, hat sich letztendlich um 1940 durch photographische Aufnahmen einer Vielzahl von Meteoren durch F. L. Whipple und C. C. Wylie, aus denen auf elliptische Bahnen geschlossen werden konnte, abgezeichnet. Bei einem interstellaren Ursprung wären hyperbolische Bahnen zu erwarten gewesen. Im Jahr 1959 konnte die Bahn des Meteoriten Pribam durch mehrere Kameras aufgezeichnet und der Orbit berechnet werden, dessen Aphel im Asteroidengürtel lag. Allerdings konnte dann doch Anfang der 1980er Jahre auch nachgewiesen werden, dass etwa jeder Tausendste Meteorit vom Mond und eine vergleichbare Anzahl sogar vom Mars stammt.
Meteorite repräsentieren bisher neben den Mondproben der Apollo- und Luna-Missionen das einzige ausserirdische Material, das in irdischen Labors untersucht werden kann. Deswegen ist die Forschung an Meteoriten sehr wichtig für kosmochemische Fragestellungen. So können anhand von Isotopenmessungen an präsolaren Mineralen Modelle der Nukleosynthese in Supernovas und der Umgebung von Roten Riesen überprüft werden. Auch für die Erforschung der Entstehung unseres Planetensystems und der Eigenschaften seiner Ursprungkörper sind Meteorite sehr wichtig. So konnte für Kalzium-Aluminium-reiche Einschlüsse in primitiven Chondriten mit verschiedenen Datierungsmethoden ein Alter zwischen 4,665 und 4,671 Milliarden Jahren nachgewiesen werden. Weil dies vermutlich die ältesten im Sonnensystem entstandenen Minerale sind, markieren sie den Beginn der Entstehung unseres Planetensystems. Die Datierung der verschiedenen Klassen von Meteoriten erlaubt so eine zunehmend genauere zeitliche Darstellung der einzelnen Prozesse im frühen Sonnensystem. Meteoriteneinschläge haben zudem die Erdgeschichte stark beeinflusst, deshalb sind sie auch aus diesem Grund von Interesse. So war die Erde nach ihrer Entstehung einige hundert Millionen Jahre lang bis vor etwa 3,9 Milliarden Jahren einem starken Bombardement durch ausserirdische Objekte ausgesetzt. Weithin bekannt ist inzwischen der KT-Impakt genannte Meteoriteneinschlag vor 65 Millionen Jahren, der für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gemacht wird. Auch das heute allgemein akzeptierte Alter der Erde von 4,55 Milliarden Jahren wurde zuerst 1953 von C. C. Patterson anhand von Bleiisotopenmessungen am Meteoriten Canyon Diablo bestimmt.
Literatur
Einführende Fachbücher und Artikel
- F. Heide, Kleine Meteoritenkunde, ISBN 3540191402
- L. Schultz, Planetologie, eine Einführung, ISBN 3764322942
- H. Y. McSween, Jr. McSween, Meteorites and Their Parent Planets, (engl.), ISBN 0521587514
- Marvin U.B. (1996) Ernst Florenz Friedrich Chladni (1756-1827) and the origins of modern meteorite research, Meteoritics & Planetary Science 31, 545-588
Meteoritenkataloge
- Catalogue of Meteorites, Robert Hutchison, Andrew Graham, M. M. Grady, Cambridge Univ. Press, 2000, ISBN 0521663032 (auch Online-Recherche möglich, siehe Weblinks)
- Metbase, Jörn Koblitz (elektronischer Katalog)
- WinMetCat, B. Booz, R. W. Bühler, Swiss Meteorite Lab (elektronischer Katalog)
Relevante wissenschaftliche Zeitschriften
- Meteoritics & Planetary Science (MAPS)
- Geochimica et Cosmochimica Acta (GCA)
- Earth and Planetary Science Letters (EPSL)
- Journal of Geophysical Research (JGR)
Weblinks
- Wissenswertes über Meteorite
- Meteoritical Society (auf Englisch)
- Online Meteoritenkatalog des Naturhistorischen Museums (London) (auf Englisch)