Bildungspolitik in Deutschland
Bildungspolitik zielt auf die Gestaltung, Legitimation und Administration des Bildungswesens.
Es handelt sich dabei im Zuge der gegenwärtigen Tendenz zu Informations- und Wissens-gesellschaften um ein zunehmend bedeutsames Politikfeld, dessen Ausrichtung auch für die Selbstbehauptungschancen der einzelnen Staaten und nationalen Kulturen (aber auch eines Staatenverbunds wie der EU) im weltgesellschaftlichen Kontext zunehmend wichtig wird. Auch gilt es zu bedenken, dass Auswahl und Vermittlung der Bildungsinhalte in freiheitlich-demokratischen politischen Systemen eine erheblich anspruchsvollere Aufgabe darstellen als unter Bedingungen des Autoritarismus oder in der Diktatur. Während Despotien aller Art mit Indoktrination und einem Unterdrückungsapparat die Menschen nach den jeweiligen Zwecken zu formen trachten, muss die offene Gesellschaft ihre Bürger auf den notwendigen Selbststeuerungsprozess einstellen. „Deshalb machen gesellschaftliche Entwicklungen in Richtung auf mehr Liberalismus und mehr politische Selbst- und Mitbestimmung auch verstärktes Bemühen um lohnende Bildungsangebote unabdingbar.“ (Adrogans)
Bildungspolitik in Deutschland
Zur Bildungspolitik gehört in Deutschland die Verwaltung der Schulen und Hochschulen. Sie wird im wesentlichen auf Länderebene von den Kultusministerien wahrgenommen.
Laut Grundgesetz ist die Bildungspolitik Sache der Bundesländer. Dies hat dazu geführt, dass sich die Schulsysteme in Deutschland teilweise stark zwischen den Bundesländern unterscheiden. Durch die regelmäßigen Kultusministerkonferenzen wird allerdings versucht, die wichtigsten Dinge einheitlich zu regeln. Dazu gehören unter anderem die Dauer der Schulferien und ihre Terminierung sowie die Aufteilung eines Schuljahres. Unterschiede gibt es allerdings bezüglich der Lehrpläne, Abschlussprüfungen am Gymnasium (siehe auch: Zentralabitur), der Anzahl von Schuljahren (12 oder 13 Jahre), dem Fächerangebot, den Schultypen (siehe auch: Gesamtschule) und beim Übergang von der Grundschule in eine weiterführende Schule (siehe auch: Orientierungsstufe). Teilweise gibt es aber auch innerhalb eines Bundeslandes Unterschiede: So wird in einem Teil Baden-Württembergs als erste Fremdsprache Englisch unterrichtet, in der anderen Hälfte Französisch.
Ähnlich sieht es bei den Hochschulen aus: Unterschiede gibt es hier insbesondere bezüglich der Finanzierung und möglicher Studiengebühren.
Da die Bundesländer für die Bezahlung der Lehrer und Professoren sowie den Bau der Schulgebäude zuständig sind, spiegelt diese Bereiche oft auch die aktuelle finanzielle Lage des Bundeslandes wider.
Es mag strittig sein, ob unter dem Deckmantel der föderalen Ordnung erzieherische Unverbindlichkeit und didaktische Beliebigkeit allzuviel Spielraum erhalten haben. Vor dem Hintergrund des deutschen Abschneidens in den internationalen PISA-Studien gilt aber wohl vorerst Adrogans‘ Fazit: „Die spezifische Mischung von Curriculum-Gläubigkeit und Lehrplangewirr im deutschen Kultur- und Bildungsföderalismus ist allerdings ein Sonderfall, der Unübersichtlichkeit und Richtungsgerangel zusätzlich befördert.“
siehe auch: Bildungsparadox, Deutscher Bildungsrat
Literatur
- Bernhard Muszynski (1999). Bildungspolitik. (in: G. Weißeno (Hg.): Lexikon der politischen Bildung. Band 1 Didaktik und Schule. Schwalbach. S. 35 ff.) http://www.uni-potsdam.de/u/sozpol/C.PDF
- Adrogans, A.E.: Educatio – von Lernchancen zur Persönlichkeitsentwicklung. In ders.: Marc Aurel als Kompassnadel – Lebenskunst in der Weltgesellschaft. Norderstedt 2004. ISBN 3-8334-1703-X