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Lubjanka

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Die Lubjanka war ein Moskauer Adelsplast. Von 1920 bis 1991 war er das Hauptquartier, das zentrale Gefängnis und das Archiv des sowjetischen Geheimdienstes in Moskau. Heute beherbergt die Lubjanka den russischen Geheimdienst FSB (russisch Federal'naya Sluzhba Bezopasnosti). Das Gebäude steht am Lubjanskaja Ploschadj Nr. 2 gegenüber der Metrostation Lubjanka (früher Dserschinskaja).

Geheimdienstapparat

Das Gebäude wurde 1920 vom Geheimdienstgründer Felix Dserschinsky bezogen. Alle seine Nachfolger und ihr Apparat residierten ebenfalls dort. Die Geheimdienstchefs Nikolai Jeschow und Lawrenti Berija organisierten in der Lubjanka die Große Säuberung gegen innere Feinde Stalins und die Ärzteverschwörung gegen die russisch-jüdische Elite. 1972 wurde dem Geheimdienst das Haus zu klein und die Abteilung für Auslandsaufklärung zog in einen Neubau in Jasenewo im Südosten Moskaus. Das Rechenzentrum des FSB wurde in den 1990er Jahren in einem Gebäude unmittelbar neben der Lubjanka eingerichtet.

Gefängnis

Die Lubjanka verfügte über ausgedehnte Zellentrakte für politische Gefangene. In den Kellerräumen wurden seit 1920 mehrere hunderttausend Menschen verhört und gefoltert. Es war üblich, sie Tag und Nacht nicht schlafen zu lassen. Im Verhör wurden sie beleidigt, verprügelt und mit weiteren Folterungen bedroht. Wer sich weigerte das Gewünschte auszusagen, wurde im Kerker in enge, einschnürende Handschellen gelegt.

Viele Gefangene begingen Selbstmord oder wurden nach Prozessen ohne Verteidiger in den Kellern der Lubjanka erschossen oder gehängt. Oft wurde auch ohne Prozeß exekutiert: Als 1941 die Besetzung Moskaus durch die deutsche Wehrmacht drohte, wurden der KPD-Mitbegründer Hugo Eberlein und rund 300 inhaftierte, hochrangige sowjetische Offiziere in der Lubjanka erschossen, weil es an Transportmitteln für die Evakuierung des Gefängnisses fehlte. Die Keller dämpften alle Geräusche.

Archiv

In der Lubjanka lagerte das für die Öffentlichkeit verschlossene Archiv des sowjetischen Geheimdienstes. In großen Tresoren wurden Karteien mit den Namen von 50 bis 55 Millionen Opfern des Geheimdienstes aufbewahrt. Es gab eine Bibliothek, die in der Sowjetunion streng verbotene Literatur bereithielt. Alexander Solschenizyn fand dort Bücher von John Dos Passos, Jessenin und Boris Pasternak.

1984 wurde in dem Gebäude ein Geheimdienst-Museum, eingerichtet, das die Heldentaten der Auslandsaufklärung dokumentiert.

Auf dem Platz vor dem Gebäude stand bis August 1991 ein Denkmal für den Geheimdienstgründer Dserschinski. Es wurde dann unter dem Jubel der Bevölkerung entfernt.

Politische Gefangene in der Lubjanka

  • Wladyslaw Anders, polnischer General (1939)
  • Salomon Bregman, stellvertretender Minister der RSSFR (1952)
  • Walter Diettbender, deutscher Komintern-Sekretär
  • Erwin Jöres, deutsches KP-Mitglied (1936)
  • N.N. Krestinski, Sekretär des Zentralkomitees und Politbüromitglied
  • Vilmos Langfelder, Chauffeur Raoul Wallenbergs (1945)
  • Georg Lukács, ungarischer Literaturkritiker und Philosoph (1941)
  • Kreszentia („Zenzi“) Mühsam, Witwe des Dichters Erich Mühsam
  • Carola Neher, deutsche Schauspielerin (1936)
  • Karl Radek, Sekretär der Dritten Internationale
  • Lina Stern, Mitglied der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften (1952)
  • Leopold Trepper, Chef der Roten Kapelle (1945)

Politische Exekutionen in der Lubjanka

  • David Bergelson, russischer Schriftsteller (1952)
  • Jan Bersin, Chef des Militärischen Nachrichtendienstes der UdSSR (1938)
  • Nikolai Bucharin, Chefredakteur der Prawda (1938)
  • Hugo Eberlein, Mitbegründer des Spartakusbundes und der KPD (1941)
  • Arno Esch, deutscher Liberaler (1951)
  • Izik Feffer, russischer Schriftsteller (1952)
  • David Hofstein, russischer Schriftsteller (1952)
  • Lew Borissowitsch Kamenew, Mitglied des Politbüros der KPdSU (1936)
  • Leib Kwitko, russischer Schriftsteller (1952)
  • Salomon Losowski, stellvertretender Außenminister der Sowjetunion (1952)
  • Perez Markisch, russischer Schriftsteller (1952)
  • Kurt Otto Nixdorf, Redakteur der Moskauer Rundschau (1937)
  • Alexei Rykow, sowjetrussischer Premierminister (1938)
  • Grigori Jewsejewitsch Sinowjew, Mitglied des Politbüros der KPdSU (1936)
  • Boris Schimelowitsch, stellvertretender Krankenhausdirektor (1952)
  • Benjamin Suskin, Direktor des Jüdischen Theaters Moskau (1952)
  • Raoul Wallenberg, schwedischer Diplomat (1947)

Literatur

  • Aleksander Jakovlev (Hrsg.): Lubjanka: organy VCK-OGPU-NKVD-NKGB-MGB-MVD-KGB. Moskva 2003
  • V.N. Chaustov, V.P. Naumov, N.S. Plotnikova (Hrsg.): Lubjanka: Stalin i VCK-GPU-OGPU-NKVD, janvar' 1922 - dekabr' 1936. Mezdunarodnyj fond "Demokratija", Moskva 2003
  • V.N. Chaustov, V.P. Naumov, N.S. Plotnikova (Hrsg.): Lubljanka: Stalin i Glavnoe upravlenie gosbezopasnosti NKVD, 1937-1938. Mezdunarodnyj fond "Demokratija", Moskva 2004
  • Reinhard Müller: Menschenfalle Moskau: Exil und stalinistische Verfolgung. Hamburg 2001, ISBN 3-930908-71-9
  • Reinhard Müller: Georg Lukács in der Lubjanka. Moskau 1999