Rochus Misch
Rochus Misch (* 29. Juli 1917 in Alt Schalkowitz bei Oppeln) ist ein ehemaliger Funker und Angehöriger der Leibstandarte-SS Adolf Hitler, zuletzt mit dem Dienstgrad Oberscharführer. Misch ist der letzte noch lebende Zeitzeuge des Suizids Hitlers und seiner Frau sowie der Familie Goebbels.
Kindheit und Ausbildung
Rochus Misch war das zweite Kind des Bauarbeiters Rochus Misch und dessen Frau Victoria. Er hatte einen älteren Bruder. Sein Vater war 1917 als Soldat im Ersten Weltkrieg durch einen Lungenschuss schwer verwundet worden. Er erlag wenige Stunden vor der Geburt von Rochus seinen Verletzungen.[1] 1920 starb die Mutter an einer Lungenentzündung. Im Mai 1922 erlitt sein Bruder einen tödlichen Badeunfall. Misch wuchs ab seinem sechsten Lebensjahr bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf.
Misch besuchte acht Jahre die Volksschule. Obwohl er gute Noten hatte und der Volksschulrektor empfahl, ihn auf eine weiterführende Schule zu schicken, entschied sein Großvater, dass er eine Lehre beginnen solle.[2] Rochus sollte eine Ausbildung bei einem Kunstmaler erhalten, weil er immer eine Eins in Kunst gehabt hatte. Eine Cousine, die zufällig zu Besuch war, vermittelte ihm 1932 eine Lehrstelle bei der Firma „Schüller und Model“ in Hoyerswerda,[3] die Kinoplakate und Reklamesprüche auf Fassaden malte. Im Dezember 1936 beendete er dort seine Gesellenzeit mit Auszeichnung.
Nachdem er einige Zeit Malergeselle gewesen war, machte er sich mit einem älteren Kollegen in Hornberg im Schwarzwald selbstständig. Misch erstellte im Rahmen des staatlichen Förderprogramms „Deutschland soll schöner werden“ Entwürfe für öffentliche Gebäude.[4]
Späteres Leben
Misch meldete 1937 freiwillig zur SS-Verfügungstruppe (Vorgängerorganisation der Waffen-SS). Ende 1939 wurde Misch während des Polenfeldzuges durch einen Lungenschuss verwundet.
Auf Empfehlung seines Kompaniechefs, Wilhelm Mohnke, teilte der Chefadjutant Hitlers, Julius Schaub, Misch dem Führerbegleitkommando zu. Misch wurde somit zu einem Leibwächter Hitlers.[5]
In einem Zeitungsinterview berichtete Misch von den letzten Stunden im Bunker und einem Gespräch mit Goebbels am 1. Mai 1945:
- Goebbels: „Was haben wir denn noch überhaupt?“
- Misch: „Herr Minister: Telefonate, die Gauleitung, der Oberstleutnant Seiffert.“
- Goebbels: „Da ist ja nicht mehr viel.“
- Ganz ruhig und leger habe Goebbels anschließend erklärt: „Wir haben verstanden zu leben, wir werden auch verstehen zu sterben. Sie können jetzt Schluss machen.“
Misch verließ dann den Führerbunker. Schon ein paar Tage zuvor hatte er sich am Bestand bedient und einen Rucksack mit den nötigsten Nahrungsmitteln gepackt. Als Misch ging, blieb nur der Maschinist Johannes Hentschel mit Goebbels zurück.[6]
Misch flüchtete am Morgen des 2. Mai 1945 von der Vorderfront der Alten Reichskanzlei durch die U-Bahn-Gleisschächte vom U-Bahnhof Kaiserhof über den Bahnhof Friedrichstraße und die Weidendammer Brücke bis zum Stettiner Bahnhof, wo er von Soldaten der Roten Armee festgenommen wurde.
Wegen seiner Nähe zur politischen Prominenz des Dritten Reiches wurde er in die Sowjetunion geflogen und im Moskauer Militärgefängnis Lubjanka festgesetzt, wo er schweren Folterungen durch russische Vernehmungsoffiziere ausgesetzt war.[7] 1954 wurde Misch entlassen.
Rochus Misch lebt in Berlin. Er ist seit dem Tod von Hitlers Adjutanten Otto Günsche im Oktober 2003 nun der letzte Augen- und Zeitzeuge aus dem inneren Zirkel des „Dritten Reiches“. Misch hatte 1942 geheiratet und hat eine Tochter.[8]
Auszeichnungen
- Eisernes Kreuz 1939 2. Klasse
- Verwundetenabzeichen 1939 in Schwarz
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 mit Spange Prager Burg
Dokumentationen und Filme
Im April 2006 erschien eine TV-Dokumentation des MDR unter dem Titel Der letzte Zeuge – Rochus Misch. Ebenfalls im April 2006 wurde die Biografie von Misch unter dem Titel J'étais garde du corps d'Hitler in Frankreich publiziert. Das Buch behandelt überwiegend den Zeitraum von 1940 bis 1945. Weitere Veröffentlichungen folgten in Argentinien, Spanien, Brasilien, Polen, der Türkei und Japan. In Deutschland erschienen die Lebenserinnerungen von Misch am 30. Juni 2008 unter dem Titel Der letzte Zeuge. Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter im Münchner Pendo-Verlag.
In den Filmen Der Bunker (1981) wurde er von Michael Kitchen, in Der Untergang (2004) von Heinrich Schmieder und in Die letzte Schlacht (2005) von Florian Lukas gespielt. Alle Produktionen setzen sich mit den letzten Tagen des Naziregimes auseinander.
Werke
- Rochus Misch: Der letzte Zeuge. Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter. Mit einem Vorwort von Ralph Giordano, 3. Auflage, Zürich und München 2008, ISBN 978-3-86612-194-2
Einzelnachweise
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 38f.
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 42
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 43
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 49f.
- ↑ Hitlers Ende: „Der Chef brennt!“ Beitrag von Dominik Reinle (WDR) auf kriegsende.ard.de (o. D.)
- ↑ Jetzt wird der Chef verbrannt. Süddeutsche.de, 29. April 2005
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 3. Auflage, S. 241
- ↑ Ralf Simon: Des Teufels Leibwächter. Die Geheimnisse des letzten lebenden Hitler-Vertrauten, Spiegel-Online, 29. Juli 2007.
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Misch, Rochus |
KURZBESCHREIBUNG | Funker und Angehöriger der Leibstandarte-SS Adolf Hitler |
GEBURTSDATUM | 29. Juli 1917 |
GEBURTSORT | Oppeln |