Albert Anker


Albert Samuel Anker (* 1. April 1831 in Ins, Kanton Bern, Schweiz; † 16. Juli 1910 ebenda) war ein Schweizer Maler.
Leben
Albert Anker wurde als zweites von drei Kindern als Sohn eines Tierarztes geboren und lebte in Ins im bernischen Seeland. Schon zwischen 1845 und 1848 bekam er in Neuenburg erste private Zeichenstunden bei Louis Wallinger. 1847 verstarben im selben Jahr Ankers Bruder und seine Mutter, nur fünf Jahre später starb seine Schwester. Von 1851 bis 1854 studierte er Theologie, die ersten zwei Jahre in Bern und die beiden folgenden Jahre nach kurzer Unterbrechung in Halle.
Ende 1853 äusserte Anker seinem Vater gegenüber den Wunsch, das Studium zu beenden und Maler zu werden. Als er 1854 die Erlaubnis seines Vaters bekam, zog Anker nach Paris, da er seit einer Reise 1851 von dieser Stadt begeistert war. Dort wurde er Schüler des Schweizer Malers Charles Gleyre. Zwischen 1855 und 1860 besuchte er in Paris die „Ecole Impériale et Spéciale des Beaux-Arts“, wo auch Pierre-Auguste Renoir studiert hatte.
Als sein Vater 1859 schwer erkrankte und Ende 1860 starb, übernahm Anker das Haus in Ins. Dort verbrachte er anfangs nur die Sommer. 1890 gab er seinen Wohnsitz in Paris auf und zog ganz nach Ins. 1864 heiratete er Anna Rüffli, mit der er sechs Kinder bekam. Im Pariser Salon war Anker von 1865 bis 1885 mit seinen Bildern vertreten. 1866 wird er Mitglied der „Gesellschaft Schweizerischer Maler und Bildhauer“. Anker arbeitete von 1866 bis 1882 als Fayence-Maler. Von 1870 bis 1874 war Anker Mitglied des Grossen Rates des Kantons Bern und setzte sich dort für den Bau des Berner Kunstmuseums ein, das 1873 eröffnet wurde.
Albert Anker wurde für seine Werke vielfach geehrt, so wurde er 1878 zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt, 1889 in die Eidgenössische Kunstkommission gewählt und am 17. November 1900 mit dem Doctor honoris causa – dem Ehrendoktor – der Universität Bern ausgezeichnet. 1901 erlitt Anker einen schweren Schlaganfall, wodurch seine rechte Hand gelähmt wurde. Durch diese Behinderung konnte Anker nur noch schwer an grossen Ölbilder arbeiten, weshalb er fast nur noch Aquarelle malte. Albert Anker starb am 16. Juli 1910 in Ins. Zu seinem Gedenken fanden im „Musée d'Art et d'Histoire“ in Neuenburg vom 1. bis 30. November 1910 und im Kunstmuseum Bern vom 15. Januar bis 12. Februar 1911 Ausstellungen statt.
Werke
Anker malte unter anderem Portraits von Kindern, Szenen mit religiösen und geschichtlichen Figuren, Stilleben und ländliche Landschaften. Von seinem Lehrer Gleyre unterschied er sich vor allem dadurch, dass er seine Figuren nicht makellos oder stilisiert malte, sondern sehr lebhaft.
Kinderdarstellungen in Ankers Werk
Anker gehört innerhalb der europäischen Malerei des 19. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Künstlern von Kinderdarstellungen. Er erfasst die Kinder individuell in ihren verschiedenen Reife- und Entwicklungsstadien und zeigt dabei sein sensibles Einfühlungsvermögen in die kindliche Psyche. Anker hat in seinem Leben ca. 600 Werke in Öl gemalt wovon gut 250 Werk Darstellungen von Kindern, alleine oder in Gruppen, zeigen. Im «Knöchelspiel» (Musée gruérien, Bulle) von 1864 malt Anker erstmals ein Gruppenspiel, das Ankers Auffassung des Spiels als Kompetenzerwerb für das spätere Leben in Gesellschaft und Staat vermittelt. Das Spiel hat dabei die Funktion, von der leichten Kinderexistenz in die ernste Erwachsenenwelt überzuleiten. Das Interesse Ankers am Spiel geht über das anthropologische, kulturvermittelnde und pädagogische Lernspiel hinaus. Es erfordert sowohl feinmotorisches Geschick als auch Konzentration, konstruktive Fantasie und Kreativität. Im Bildnis «Das Mädchen mit den Dominosteinen» um 1900, veranschaulicht Anker die schöpferische Kraft, des kleine Mädchens, das so stark aufs Spiel konzentriert, dass es aus der diesigen Welt entrückt scheint und in seiner Kinderwelt ist. In Ankers Darstellungen von Gemeinschaftsspielen erfährt das Kind seine Individualität durch sein schöpferisches Tun.
Betrachtet man Ankers Kinderwelt unter dem Fokus des pädagogischen Wandels in Europa im 19. Jahrhundert, begegnen wir in ihm einem humanistisch aufgeschlossenen Zeitgeist, der sich bildnerisch stark mit den Inhalten der keimenden Lehre der Schweizer Jean-Jacques Rousseau (1712−1778) und Johann Heinrich Pestalozzi (1746−1827) auseinandersetzte. Die Vermittlung von Bildung beschäftigte Albert Anker zeitlebens und durchzieht als Bildthema sein Œuvre. So erzählen die viele individuellen Darstellungen von Schülerinnen und Schülern mit Schiefertafel, Schreibheft, Schreibstiften, Schulbuch und die Mädchen noch zusätzlich mit geflochtenen Körben mit buntem Strick- und Nähzeug darin, von jener Zeit, als die Bildung für Landkinder noch keine Selbstverständlichkeit war und die Kinder als kleine Erwachsene angesehen wurden; erst 1874 wurde der unentgeltliche Primarschulunterricht in der Schweizerischen Bundesverfassung verankert und die neunjährige Schulpflicht obligatorisch (Textquelle: Isabelle Messerli, Bern)
Albert Anker und die Zeichnung
Anker stellte seine künstlerische Begabung als Zeichner schon in jungen Jahren unter Beweis, noch bevor er 1854 eine Malerausbildung in Paris begann. Als Kind nahm Anker jede Gelegenheit zum Zeichnen in der Schule, unterwegs oder zu Hause wahr. 1946 wurde er, während seiner privaten Zeichenstunden, für eine Farbstiftstudie nach einem Totenschädel am Neuenburger Gymnasium mit einem Schulpreis ausgezeichnet, die in der Folgezeit regelmässig an ihn gingen. Diese Anerkennungen seines Talentes gaben dem jungen Anker die Gewissheit, dass er die Fähigkeiten für den Malerberuf hatte. So wurde Anker bereits 1856 und 1858 an der „Ecole Impériale et Spéciale des Beaux-Arts“ in Paris im Figurenzeichnen früh gewürdigt. Sein Spektrum der Arbeiten auf Papier reicht von raschen Skizzen, die als Varianten und Entwürfe, als Muster für Auftraggeber dienten, bis zu detailliert ausgearbeiteten Blättern, die als eigenständige Werke gelten.
Bekannt sind Bleistift-, Kohle- und Tuschfederzeichnungen, Werke in Kreide-, Rötel-, Pastell- oder Sepia- sowie Mischtechniken in unterschiedlichen Formaten. Die Anzahl der Arbeiten auf Papier, die Anker zu Lebzeien anfertigte sind nicht bekannt, jedoch ist davon auszugehen, dass es mehrere 1000 sind. Der Duktus seiner Zeichensprache reicht von zart hingehauchten Stiftzeichnung bis hin zu kräftig gewischten schwarzen Kohlezeichnung und war die Grundlage für seine Werke der Aquarell-, Fayence- und Ölmalerei, die einen wesentlichen Teil seines Gesamtwerks ausmachen.[1]
Anker und das Aquarell
Nach einem Schlaganfall im Jahr 1901 litt Anker an einer rechtsseitigen Lähmung. Er wandte sich von der Ölmalerei ab und konzentrierte sich auf die Aquarellmalerei. Eine angenehme Arbeitsposition fand er, wenn er sich auf einen niedrigen Stuhl setzte, den Bildträger auf den Knien, und mit aufgelegter Hand malte. Mit unermüdlicher Schaffenskraft hielt er – bis kurz vor seinem Tod 1910 – seine Motive in gegen 600 Aquarellen fest. Diese zeugen von Ankers meisterlicher Hand: die Vorzeichnung mit Bleistift ist auf ein Minimum reduziert oder verschwunden, das Aquarell schwingt zwischen reiner Pinsel-Zeichnung und Malerei. (Textquelle: Isabelle Messerli, Bern)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 1856: Zwei Bronzemedaillen an der Ecole Impériale et Spéciale des Beaux-Arts in Paris
- 1858: Eine Silbermedaille an der Ecole Impériale et Spéciale des Beaux-Arts in Paris
- 1866: Goldene Medaille im Pariser Salon
- 1872: Eine Bronzemedaille für sein Bild Die Marionetten an der International Exhibition in London
- 1873: Eine Medaille für Fayence-Malerei, an der Weltausstellung in Wien
Werke (Auswahl)
Bild | Titel | Jahr | Grösse/Material | Eigentümer/Sammlung |
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Das Schulexamen | 1862 | 103 × 175 cm Öl auf Leinwand |
Kunstmuseum Bern |
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Die Kappeler Milchsuppe | 1869 | 97 x 137 cm Öl auf Leinwand |
Privatbesitz |
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Die Bourbakis | 1871 | 95 x 151 cm Öl auf Leinwand |
Musée d'art et d'histoires, Neuchâtel |
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Die Pfahlbauerin | 1873 | 65 x 81 cm Öl auf Leinwand |
Musée de Beaux-Arts, La Chaux-de-Fonds |
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Tee und Schmelzbrötchen | 1873 | 33 x3 48 cm Öl auf Leinwand |
Kunstmuseum Solothurn |
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Der Gemeindeschreiber |
1874 | 64.5 x 51 cm Öl auf Leinwand |
Privatbesitz |
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Des Künstlers Tochter Louise |
1874 | 64.5 x 51 cm Öl auf Leinwand |
Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten in Winterthur |
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Junge Mutter, bei Kerzenlicht ihr schlafendes Kind betrachtend | 1875 | 36.5 × 46.5 cm Öl auf Holz |
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Länderkinder | 1876 | 111 x 175 cm Öl auf Leinwand |
Musée d'art et d'histoires, Neuchâtel |
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Turnstunde in Ins |
1879 | 96 x 147.5 cm Öl auf Leinwand |
Privatbesitz |
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Schulknabe | 1881 | 56 × 42.5 cm Öl auf Leinwand |
Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten in Winterthur |
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Rotkäppchen | 1883 | 62 x 65 cm Öl auf Leinwand | |
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Die Arbeitsamen | 1883 | 86 x 55.5 cm Öl auf Leinwand |
Privatbesitz |
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Eine Gotthelf-Leserin | 1884 | 59 × 42 cm Öl auf Leinwand |
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Der Pfahlbauer | 1886 | 65 × 81 cm Öl auf Leinwand |
Kunstmuseum Winterthur |
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Mädchen die Haare flechtend | 1887 | 70.5 x 54cm Öl auf Leinwand |
Privatbesitz |
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Ziviltrauuung | 1887 | 76.5 x 127 cm Öl auf Holz |
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Königin Bertha und die Spinnerinnen | 1888 | 86 x 126.5 cm Öl auf Leinwand |
Museée Cantonal des Beaux Arts, Lausanne |
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Die Krippe | 1890 | Öl auf Leinwand |
Kunstmuseum Solothurn |
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Zwei schlafende Mädchen auf der Ofenbank | 1895 | 55.5 x 71.5 cm Öl auf Leinwand |
Kunsthaus Zürich |
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Stillleben - Unmässigkeit | 1896 | 48 × 62 cm Öl auf Holz |
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Schlafender Knabe im Heu | 1897 | 55 x 71 cm Öl auf Leinwand |
Kunstmuseum Basel |
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Stilleben: Bier und Rettich | 1898 | 32.5 x 52 cm Öl auf Leinwand |
Kunstmuseum Bern Depositum derGottfried Keller-Stiftung |
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Kleinkinderschule auf der Kirchenfeldbrücke | 1900 | 76x127cm | Kunstmuseum Bern |
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Das Mädchen mit den Dominosteinen | zwischen 1850/1900 | Durchmesser 37 cm, Öl auf Holz | Privatbesitz |
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Die kleinen Strickerinnen | zwischen 1850/1900 | 62 x 68,5 cm, Öl auf Holz | Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten in Winterthur |
Der grösste Privatsammler von Anker-Werken ist Christoph Blocher.
Literatur
- Isabelle Messerli: „...wenn mich dann des Nachts die Träume beständig in Ateliers führen...?“ In: Albert Anker - Wege zum Werk. Katalog zur Ausstellung Albert Anker 2000 in Ins, S. 63−68, Ins BE 2000
- Isabelle Messerli: Albert Anker: sein Atelier – seine Requisiten – seine Modelle. In: Anker. Catalogue Exposition Fondation Pierre Gianadda, S. 65−73, Martigny 2003−2004 (franz./deutsch)
- Isabelle Messerli: Spielsacheninventar. Stiftung Albert Anker-Haus Ins, Bern 2007 (unveröffentlicht)
- Isabelle Messerli: Anker as Draftsman and Watercolorist. In: Albert Anker. Exhibition in Japan: „The Bunkamura Museum of Art, Koriyama City Museum of Art, Matsumoto City Museum of Art, Museum Eki, Kyoto in cooperation with The Museum of Fine Arts, Bern, Switzerland. 1.12.2007−22.06.2008. S. 29−30, Tokyo 2007 (engl./jap.)
- Isabelle Messerli: Education and Learning. In: Albert Anker. Exhibition in Japan: „The Bunkamura Museum of Art, Koriyama City Museum of Art, Matsumoto City Museum of Art, Museum Eki, Kyoto in cooperation with The Museum of Fine Arts, Bern, Switzerland. 1.12.2007−22.06.2008. S. 106−127, Tokyo 2007 (engl./jap.)
- Isabelle Messerli: Play to Learn. In: Albert Anker. Exhibition in Japan: „The Bunkamura Museum of Art, Koriyama City Museum of Art, Matsumoto City Museum of Art, Museum Eki, Kyoto in cooperation with The Museum of Fine Arts, Bern, Switzerland. 1.12.2007−22.06.2008. S. 88−105, Tokyo 2007 (engl./jap.)
- Isabelle Messerli: Königin Bertha und die Spinnerinnen von Albert Anker. In: Kunst und Architektur in der Schweiz. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Heft 4, S. 58−61, Bern 2006.
Weblinks
- Commons: Albert Anker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Vorlage:PND
- Albert Anker-Haus in Ins
- Bilder von Anker
- Lydia Brefin erzählt im Anker-Haus in Ins aus dem Leben des Malers
Einzelnachweise
- ↑ Isabelle Messerli: „...wenn mich dann des Nachts die Träume beständig in Ateliers führen...?“ In: Albert Anker - Wege zum Werk, S. 63−68
Personendaten | |
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NAME | Anker, Albert Samuel |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Maler |
GEBURTSDATUM | 1. April 1831 |
GEBURTSORT | Ins |
STERBEDATUM | 16. Juli 1910 |
STERBEORT | Ins |