Adal
Muslimischer Eroberungsversuch des christlichen Äthiopien (Abessinien) im 16. Jahrhundert, somit abwertende Bezeichnung für eine bestimmte Phase der Auseinandersetzungen zwischen Islam und Christentum am östlichen Horn von Afrika bzw. im Norden desselben. Abwertend deshalb, weil die Anhänger Mohammeds sich ja Gott (Allah) unterwerfen (Islam) und nicht etwa Mohammed anbeteten. Anstelle der analog "Christen" geschaffenen Bezeichnung "Mohammedaner" sind sie also Muslime (Moslems). Dem "Mohammedanersturm" folgte die Jesuiten-Mission in Äthiopien.
Durch die arabische Eroberung Ägyptens 641 war das christliche Äthiopien von der übrigen christlichen Welt, d.h. vor allem seinem natürlichen Verbündeten Byzanz, abgeschnitten, bis in den Sudan und in den Küstenregionen rund um Äthiopien (Eritrea, Somalia) breitete sich fortan der Islam aus. Bis 1344 unterwarf Äthiopiens Kaiser Amda Zion (Sion, Seyon, Seyum) von Gondar aus zwar mehrere somalische Emirate, das Sultanat Adal am Golf von Aden aber leistete erbitterten Widerstand.
1516 wurde es dennoch besiegt. Danach aber traten zwei neue ausländische Akteure auf. Seit 1493 hatte der portugiesische und damit katholische Einfluß am Kaiserhof zugenommen, 1513 besiegte eine portugiesische Flotte jene des muslimischen Ägypten im Golf von Aden. 1517 aber hatten die energischen türkischen Osmanen das morsche Reich der ägyptischen Mameluken und bald darauf auch den Hidschas bis Jemen erobert. Dieser Sieg entfachte den muslimischen Widerstand erneut, Adal griff abermals zu den Waffen.
Deren Sultan Ahmad ibn Ibrahim el-Ghasi, auch genannt Mohammed Gran (Granye), vereinigte die Hirtenkrieger der Stämme der Afar, Somali und Galla und eroberte zusammen mit türkischen Hilfstruppen in mehreren Feldzügen 1527-33 fast das gesamte Äthiopien, nur Teile des Hochlandes blieben unbesetzt. Das Land wurde von den Nomaden verwüstet, christliche Zeugnisse zerstört, große Teile der Bauern retteten sich durch den Übertritt zum Islam. Erst mit und dank der portugiesischen Schützenhilfe konnten die äthiopischen Resttruppen 1543 die Moslems schlagen, seit 1541 hatte eine portugiesische Flotte unter Vasco da Gamas Sohn Christoph Feuerwaffen gebracht und den türkischen Nachschub über das Rote Meer blockiert. Sultan Ahmad (+1543) fiel in der Schlacht am Tanase, die Äthiopier aber mußten dennoch weite Teile des Landes den Galla (Oromo) überlassen. Diese wiederum aber wurden teilweise seßhafte Bauern und nahmen fortan ihrerseits das Christentum an, was ihre Integration ermöglichte. An der nördlichen Küste (Eritrea) jedoch setzten sich die Türken zunächst fest, bis 1578 umfaßte deren Provinz "Habesh" (türkisch für Abessinien) sogar die eigentliche Spitze am östlichen Horn von Afrika.
Im eigentlichen Äthiopien aber nahm zur gleichen Zeit der katholische Einfluß zu, den Portugiesen folgten ab 1557, besonders aber im 17. Jahrhundert die Jesuiten, deren Ansprüche der siegreiche Kaiser Claudius (+1559) noch zurückwies. Dennoch gelang es ihnen, 1603 Kaiser Dengel (+1607) zum Übertritt zu bewegen. Dessen Sohn Socinius (Susenyos, Sissionos) stimmte zwar zunächst sogar einer Kirchenunion mit Rom zu (wie schon um 1450 Kaiser Zara Jakob alias Konstantin I.), widerrief dann aber 1630, die Unzufriedenheit seiner Untertanen fürchtend. Gestürzt und getötet wurde er 1632 dennoch, sein Nachfolger Fasilidas (Basilides) vertrieb die katholischen Priester oder ließ sie hinrichten. Das Land kehrte zum orthodoxen Christentum koptischer Prägung zurück, fand seinen Frieden wieder und verfiel bis ins 19. Jahrhundert faktisch in Isolation.