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Misburg-Anderten

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Misburg-Anderten ist der 5. Stadtbezirk in Hannover.

Misburg-Anderten untergliedert sich in die Stadtteile Misburg-Nord, Misburg-Süd und Anderten.

Die korrekte Aussprache von "Misburg" ist mit kurzem 'i' (weitverbreitet, aber falsch ist: "Miesburg").

Der Stadtbezirk hat 31.930 Einwohner (Stand: 1. Januar 2004), wobei 7.548 auf Anderten, 2.678 auf Misburg-Süd und 21.704 auf Misburg-Nord entfallen.

Die Bezirksbürgermeister ist Knut Fuljahn (SPD) (Stand 15. Februar 2004).

Anderten

Gedenkstein zur 1000 Jahr Feier

Anderten hat 7.548 Einwohner (Stand: 1. Januar 2004).

Geschichte

Anderten wurde erstmals im Jahr 985 urkundlich erwähnt. Der Kaiser Otto III. setzte damals zwischen Ostfalen und Engern - und damit zwischen den Diozösen Hildesheim und Minden - eine Grenze. Ein gewisser "Bernhard Bidonis filius de Ondertunun" war Zeuge dieser Gebietsregulierung. Der Name Ondertunun bezeichnete damals eine von einem Zaun geschützte Siedlung.

Um das Jahr 1600 bestand Anderten aus rund 60 Höfen. 1641 und 1661 wurde Anderten von großen Bränden heimgesucht, die annähernd das halbe Dorf zerstörten.

Im Jahr 1843 begann das Eisenbahnzeitalter im Königreich Hannover mit einer Zugfahrt von Hannover über Anderten und Misburg nach Lehrte.

1919 begann in Anderten der Bau der größten Binnenschleuse Europas, der Hindenburgschleuse am Mittellandkanal. Am 20. Juni 1928 wurde die Schleuse Hannover-Anderten durch den damaligen Reichspräsidenten von Hindenburg ihrer Bestimmung übergeben. Die Schleuse ist seither nach ihm benannt. Zur gleichen Zeit wurde der Verkehr auf dem Mittellandkanal bis Peine und Hildesheim freigegeben, nachdem bereits 1916 der Schiffahrtsbetrieb vom Dortmund-Ems-Kanal bis Hannover-Misburg aufgenommen worden war. Seit der Fertigstellung der Schleuse werden jährlich bis zu 22.000 Schiffe durch die 225 Meter langen Schleusenkammern des mächtigen Bauwerks geführt, um die 15 Meter hohe Wasserscheide zwischen Weser und Ems zu überbrücken.

Im Jahr 1974 wurde Anderten gemeinsam mit Misburg, Vinnhorst, Ahlem, Wettbergen, Bemerode und Wülferode im Rahmen einer Gebiets- und Verwaltungsreform mit Hannover vereint.

Tobias Müller aus Hannover-Bothfeld sagt dazu nur: "Schade".

Misburg

Geschichte

Misburgs Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde entscheidend durch Gustav Bratke geprägt. Nach Misburg, das seit Ende des 19. Jahrhunderts durch die Zementindustrie beherrscht war, kam der gelernte Lithograph 1910 und arbeitete hier zunächst als Lagerhalter im Konsumverein ("Konsum"), bald - gemeinsam mit seiner Ehefrau - als dessen Geschäftsführer. Seit 1912 gehörte er für die SPD dem Misburger Gemeinderat an, ein Ereignis, das er später mit den Worten kommentierte: "Als ich vor 40 Jahren zum ersten Male in die Gemeindevertretung Misburgs gewählt wurde, da wußte ich nicht, daß diese Wahl mein ganzes späteres Leben beeinflussen würde." 1919 wurde er Gemeindevorsteher (Bürgermeister) von Misburg und 1920 SPD-Abgeordneter im Provinziallandtag der preußischen Provinz Hannover (1926 außerdem Vorsitzender der Provinzialverwaltung). Gustav Bratkes vorausschauende Kommunal- und Sozialpolitik war durch eine Verbindung von gezielter Industrieansiedlung und kommunalen Investititionen gekennzeichnet. Er ließ die Gemeinde Bauland ankaufen, so daß es ihm gelang, 1931 die Ansiedlung der "Gewerkschaft Erdöl-Raffinierie Deurag-Nerag" in Misburg zu bewirken. Er ließ 154 gemeindeiegene Wohnhäuser sowie 250 Wohnungen in Misburg bauen und förderte den Eigenheimbau - sogar für Erwerbslose (in der Siedlerstraße). 1925/26 folgte der Bau des eigenen Wasserwerks (durch den Architekten Friedrich Fischer), der ersten Kanalisation und von zwei Kläranlagen, 1926 des Jugendheims (auch von Friedrich Fischer in Formen der neuen Sachlichkeit mit expressionistischen Zügen). In der Zeit der Weltwirtschaftskrise (von den damals ca. 7.000 Einwohnern Misburgs waren fast 2.000 arbeitslos) sorgte er u.a. für die Einrichtung einer Volksküche (in der Turnhalle).

Während des 2. Weltkriegs wurde Misburg bei ca. 45 Bombenangriffen - ein besonderes Ziel der Angriffe war die kriegswichtige Raffinerie Deurag-Nerag - von ca. 40.000 Spreng- und Brandbomben getroffen, 60% der Wohnhäuser wurden vernichtet oder beschädigt.

Persönlichkeiten

  • Julie Gräfin von Egloffstein (1792-1869), Malerin, Tochter von Henriette Gräfin von Egloffstein, die nach der Heirat mit dem Misburger Forstmeister Karl von Beaulieu-Marconnay (1777-1855) mit ihren Töchtern Julie, Karoline und Augusta aus Weimar ins Misburger Forsthaus zog, wo Julie 1811-16 lebte. Hier war August Kestner, der Sohn von Charlotte Kestner (die Lotte aus Goethes "Werther"), häufig zu Gast. Später lebte Julie von Egloffstein längere Zeit in Italien, zuletzt als Stiftsdame in Hildesheim-Marienrode
  • Friedrich Wilhelm Barkhausen (1831-1903), gebürtiger Misburger, Jurist, Kirchenpolitiker, Mitglied des preußischen Herrenhauses, Kurator des Klosters Loccum
  • Hermann Manske (1839-1918), Fabrikant, 1886 Gründer der Zementfabrik "Germania" in Misburg
  • Ernst Härke (1846-1914), gebürtiger Anderter, seit 1890 Inhaber der "Privatbrauerei Härke" in Peine
  • Max Kuhlemann (1857-1929), Fabrikant, Kommerzienrat, Inhaber der von seinem Vater Friedrich Kuhlemann gegründeten Portland-Zementfabrik in Misburg
  • Karl Kopp (1868-1940), erster Pfarrer der Misburger Herz-Jesu-Kirche
  • Gustav Bratke (1878-1952), 1919-1933 Gemeindedirektor von Misburg, 1946 erster, von der britischen Militärregierung eingesetzter Oberbürgermeister von Hannover, organisierte 1947 die erste Hannover-Messe, 1952 Ehrenbürger von Misburg
  • Christian Kuhlemann (1891-1964), Ingenieur, seit 1925 Direktor der von seinem Großvater Friedrich Kuhlemann gegründeten Portland-Zementfabrik in Misburg, Bundestagsabgeordneter (NLP/DP 1949-1953), Präsident der Industrie- und Handelskammer Hannover (1953-1964)
  • Anton Scholand († 1973), Lehrer, Heimatforscher
  • August Kleinert (1895-1966), 1945-58 Gemeindedirektor von Misburg
  • Robert Gerbrand (1903-1961), seit 1942 Pfarrer an der Misburger Herz-Jesu-Kirche
  • Harry Pott (1911-1985), 1936-71 bei der Deurag-Nerag (1947-65 Betriebsrat), 1948-52 Bürgermeister von Misburg, 1956-69 Ratsmitglied
  • Herta Dürrbeck (1914-1995), kommunistische Widerstandskämpferin

Literatur

  • Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten. [Hrsg.] von Anton Scholand. 2. Aufl. Hildesheim: Lax 1960.
  • Helmut Zimmermann: Von Anderten nach Stöcken. Streifzüge durch Hannovers Geschichte. Hannover: Harenberg-Labs 1987. ISBN 3-89042-023-0
  • Versteinerte Muscheln auf einer Reise nach Jerusalem. Misburg. In: Hannover zu Fuß. 18 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart. Ingo Bultmann (u.a.) (Hrsg.) Hamburg: VSA-Verlag 1989, S. 237-245. ISBN 3-87975-471-3
  • 75 Jahre Hindenburgschleuse 1928 - 2003. Informationen über Entwicklung und Bedeutung der Binnenschifffahrt, des Mittellandkanals und der Hindenburgschleuse in Hannover-Anderten. Zusammengestellt von Lorenz Kurz. Hannover: Wasser- und Schiffahrtsdirektion 2003.

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