Hugo Haase

Hugo Haase (* 29. September 1863 in Allenstein, Ostpreußen; † 7. November 1919 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Politiker und Pazifist. Er war 1911-1916 einer der beiden Vorsitzenden der SPD. 1917-1919 war er Vorsitzender der USPD.
Rechtsanwalt und Sozialdemokrat in Königsberg
Hugo Haase wurde als Sohn eines jüdischen Schuhmachers und Kleinhändlers in Allenstein geboren. Nach dem Abitur in Rastenburg studierte er in Königsberg Rechts- und Staatswissenschaften und ließ sich dort 1890 als Rechtsanwalt nieder. In mehreren Prozessen verteidigte er politisch verfolgte Sozialdemokraten, so erreicht er im Königsberger Geheimbundprozess einen Freispruch für den späteren preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun. Als er 1911 zum SPD-Vorsitzenden gewählt worden war, gab er seine gut gehende Kanzlei in Königsberg auf und eröffnete unter erheblichen finanziellen Opfern eine neue Kanzlei in Berlin.
Seit 1887 gehörte Haase der SPD an. Wie sein Freund Karl Kautsky rechnete er sich zum so genannten zentristischen Parteiflügel, der im Revisionismus-Streit versuchte, zwischen Revisionisten und Marxisten zu vermitteln.
Haase war 1895 der erste Sozialdemokrat im Stadtrat von Königsberg. 1897 wurde er erstmals für den Wahlkreis Königsberg 3 in den Reichstag des Kaiserreiches gewählt. Bei der Reichstagswahl 1907 gelang es ihm nicht, erneut den Wahlkreis zu gewinnen. Nach seiner Rückkehr in den Reichstag 1912 wurde er neben Philipp Scheidemann SPD-Fraktionsvorsitzender im Reichstag.
SPD-Vorsitzender
Nach dem Tod Paul Singers 1911 wählte der SPD-Parteitag in Jena im September 1911 Haase in einer Kampfabstimmung gegen Friedrich Ebert zum Mitvorsitzenden der SPD, neben dem langjährigen Vorsitzenden August Bebel.[1] Haase war im rechten Flügel der Partei umstritten, da er auf dem Magdeburger Parteitag 1910 gegen die Revisionisten Stellung genommen hatte. Bei der Abstimmung erhielt Bebel 390, Haase 283 und Ebert 102 Stimmen. Haase stand politisch Bebel und Kautsky nahe.
Haases Mitstreiter Wilhelm Dittmann schrieb in seinen Erinnerungen: Bebel schätzte Haase sehr als grundsatzfesten Parteigenossen und als scharfsinnigen Juristen... Bei unseren radikalen Freunden galt Haase neben Bebel als der geschickteste und zugleich konzilianteste Führer des linken Flügels der Partei, und auch auf der Rechten wurde er ähnlich eingeschätzt.[2]
Nach Bebels Tod 1913 wurden Haase und Ebert zu gleichberechtigten Parteivorsitzenden gewählt. Die Rivalen Haase und Ebert repräsentierten klar die beiden zerstrittenenen Flügel der Partei. Haase selbst verstand sich allerdings nicht als Flügelmann, sondern hielt bis 1916 an der Vorstellung fest, er könne die einst in August Bebel verkörperte Einheit der SPD als radikale Oppositionspartei gegen das Kaiserreich und gegen den Imperialismus wiederherstellen.
Sein Kampf gegen Wettrüsten und Krieg
Im Januar 1912 wurde Haase wieder in den Reichstag gewählt. Im April 1912 attackierte er vor dem Reichstag die Heeresvorlage der Regierung Bethmann Hollweg: Die fortgesetzten Rüstungen würden die Gefahr des Weltbrandes steigern. Eine Einschränkung der Rüstungen sei auch im Kapitalismus möglich.
Im Juli 1914 organisierte Haase die Antikriegskundgebungen der SPD. Am 31. Juli und 1. August 1914 kämpfte Haase in der SPD-Fraktion gegen eine Annahme der Kriegskredite. Er konnte sich jedoch nicht gegen Friedrich Ebert und die Fraktionsmehrheit durchsetzen. Aus Gründen der Parteidisziplin musste Haase in der entscheidenden Reichstagssitzung dann selbst den gegen seinen Willen gefassten Beschluss der SPD-Fraktion begründen. Auf seine Äußerung „Wir lassen das Vaterland in der Stunde der Gefahr nicht im Stich“ reagierte die kaiserliche Reichsregierung mit der Verkündung des „Burgfriedens“.
Nach dem Scheitern der deutschen Kriegsplanungen Ende 1914 wandte sich Haase aber immer stärker und offener gegen den Krieg und gegen die Kriegspolitik der SPD-Reichstagsfraktion. 1915 wurde er deshalb zum Rücktritt als Fraktionsvorsitzender, 1916 zum Rücktritt als SPD-Vorsitzender gezwungen.
Die Spaltung der SPD
Im März 1916 übernahm er die Leitung der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft, in der sich die Kriegsgegner unter den SPD-Abgeordneten zusammengefunden hatten.
Nach Ostern 1917 wurde Haase Vorsitzender der neu gegründeten USPD, die sich von der Mehrheitssozialdemokratie (MSPD) abspaltete und für sofortige Friedensverhandlungen eintrat. Die von Haase geführte USPD errang bei den Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar 1919 nur 7,6 Prozent der Stimmen. Haase wurde in die Nationalversammlung gewählt und übernahm den Vorsitz der USPD-Fraktion. Nach Gründung der KPD sprach er sich für eine Wiedervereinigung von USPD und SPD aus und stellte sich damit gegen den radikalen USPD-Flügel, der einen Zusammenschluss mit der KPD und einen Anschluss an die Kommunistische Internationale anstrebte.
Im Rat der Volksbeauftragten
Im Zuge der Novemberrevolution bildeten die SPD-Politiker Ebert, Scheidemann und Otto Landsberg sowie die USPD-Politiker Haase, Wilhelm Dittmann und Emil Barth am 10. November 1918 eine provisorische Reichsregierung, den Rat der Volksbeauftragten. Haase übernahm deren stellvertretenden Vorsitz. Durch den Reichsrätekongress am 16.-20. Dezember 1918 verloren Haase und die USPD jedoch stark an Einfluss. Nachdem Ebert in den Weihnachtstagen 1918 das gewaltsame Vorgehen von Regierungstruppen gegen die revolutionäre Volksmarinedivision befohlen hatte, traten Haase und die beiden anderen USPD-Vertreter am 29. Dezember aus dem Rat aus.
Haases Ermordung 1919

Am 8. Oktober 1919 wurde Haase von Johann Voß, einem angeblich geistesgestörten Lederarbeiter, durch Schüsse schwer verletzt und starb am 7. November 1919 in Berlin an den Folgen des Attentats. Er war mit Thea Lichtenstein verheiratet und hatte einen Sohn.
Von August 1945 bis April 1953 war eine Straße in Leipzig, die heutige Erich-Weinert-Straße, nach Haase benannt. Heute existieren Hugo-Haase-Straßen in Roßla, Nürnberg, Strehla und Zwenkau.
Veröffentlichungen
- Reichstagsreden gegen die deutsche Kriegspolitik; Berlin: Neues Vaterland Berger & Co, 1919
Literatur
- Kenneth R. Calkins: Hugo Haase. Demokrat und Revolutionär. Colloquium-Verlag, Berlin 1976, ISBN 3-7678-0399-2.
- Dieter Engelmann, Horst Naumann: Hugo Haase. Lebensweg und politisches Vermächtnis eines streitbaren Sozialisten. Edition Neue Wege, Berlin 1999, ISBN 3-88348-216-1.
- Ernst-Albert Seils: Hugo Haase (1863-1919). Ein deutscher Politiker aus dem Ermland. In: Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands, Bd. 48 (1996), S. 99-137.
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Haase, Hugo |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist, Politiker und Pazifist |
GEBURTSDATUM | 29. September 1863 |
GEBURTSORT | Allenstein, Ostpreußen |
STERBEDATUM | 7. November 1919 |
STERBEORT | Berlin |