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Altes Gymnasium (Bremen)

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Altes Gymnasium Bremen
Schulform Humanistisches Gymnasium
Gründung 1528
Adresse Kleine Helle 7–8
Ort Bremen
Land Bremen
Staat Deutschland
Koordinaten 53° 5′ 0″ N, 8° 48′ 5″ OKoordinaten: 53° 5′ 0″ N, 8° 48′ 5″ O
Schüler ca. 1.100
Lehrkräfte ca. 85
Website www.altes-gymnasium-bremen.de

Das Alte Gymnasium (kurz: AG) ist ein humanistisches Gymnasium in der Bremer Innenstadt. Es wurde 1528 als Lateinschule gegründet und ist die älteste Schule Bremens. Die Schule war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ein reines Jungengymnasium. Das erste Gymnasium für Mädchen in Bremen war das Kippenberg-Gymnasium.

Schwerpunkte und Standort der Schule

Der Schwerpunkt liegt im Bereich der alten Sprachen: Latein ist Pflichtfach für alle Schüler der 7.-10. Klassen (für Schüler die in 12 Jahren Abitur machen, ab der 6. Klasse). Ab der 9. Klassenstufe müssen die Schüler entweder Französisch oder Altgriechisch (klassenübergreifend) als dritte Fremdsprache wählen. Für die Schüler der gymnasialen Oberstufe besteht die Möglichkeit Hebräisch und weitere Sprachen wie Spanisch und Italienisch zu lernen; weitere Sprachen werden schulübergreifend angeboten.

Als einzige Schule in Bremen bietet das Alte Gymnasium außerdem die Möglichkeit, Astronomie in der 13. Jahrgangsstufe als Grundkurs zu wählen.

Die Schule ist offen für Schüler der Stadt Bremen von der 5. bis 13. Klasse.

Nachdem die Schule ihren ursprünglichen Standort in der Dechanatstraße (heute Hauptgebäude des Musikbereichs der Hochschule für Künste) verlassen musste, befindet sie sich seit 1987 am Standort des ehemaligen Gymnasiums an der Kleinen Helle. Seit 2006, nach dem Umzug der Hochschule für Künste in die Überseestadt, nutzt die Schule auch das Gebäude am Wandrahm. Dort entsteht unter anderem eine Mensa für die Schule, die gegenwärtig zu einem Ganztagsgymnasium ausgebaut wird.

Die Schule bildete die Kulisse sowohl für den Spielfilm Ich bin ein Elefant, Madame (1969) von Peter Zadek, als auch 1993 - 1997 für die ARD-Vorabendserien Nicht von schlechten Eltern und Aus gutem Haus; beide produziert von Radio Bremen.

Geschichte

Freie Lateinschule

Das frühere Katharinenkloster, das erste Schulgebäude an der Sögestraße

„Anno 1528 is tho Bremen ein frey Schole angerichtet dorch den erbaren Radt“ - so lautet die Nachricht über die Gründung des Alten Gymnasiums in einer alten Chronik. Nahezu 500 Jahre also existiert das Alte Gymnasium schon, und es hat eine wechselvolle Geschichte.

Die „Schola Bremensis“, wie sie damals hieß, war eine Frucht der Reformation. Mit der Einführung des neuen Glaubens wurden auch die bis dahin für die Bildung zuständigen Klosterschulen aufgelöst. Nun sollten sich die Obrigkeiten in Stadt und Land – so die Aufforderung des Reformators Martin Luther – um die Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen kümmern. Zunächst stand in der neuen „Gelehrtenschule“, die in den Räumen des ehemaligen Dominikanerklosters in der Katharinenstraße unterkam, das Studium der für das Verständnis der Bibel wichtigen alten Sprachen im Vordergrund: „Lectiones in der hebreischen, grekeschen und latinischen Sprache“.

Nachdem 1562 Bürgermeister Daniel von Büren der Jüngere die lutherische Orthodoxie in Bremen überwunden hatte, öffnete er die Schule auch für die Sprösslinge der „gemeinen Bürgersleute“, und der Rat beschloss einen Lehrplan, der „fundamenta Pietatis, Latinae linguae, Arithmeticae et Musicae“ beinhaltete. Johann Molanus aus Flandern – ein Schüler Philipp Melanchthons und Freund des Reformators Albert Rizaeus Hardenberg - wurde zum Rektor berufen.[1] Bürens weitere Helfer war Christoph Pezel. 1579 wurde er gebeten, die Lehrstreitigkeiten in Bremen unter den Predigern zu schlichten. 1581 blieb er endgültig in Bremen und wurde 1584 Superintendent. 1595 entstand mit seiner Hilfe der "Consensus Bremensis", die reformierte Lehr- und Kirchenordnung. Pezel lehrte als Professor am "Gymnasium illustre" Theologie, Geschichte und Ethik.

Paedagogeum und Gymnasium illustre

Als die Schule in eine Krise geraten war, gliederte der Rat die Anstalt im Jahre 1610 neu: Neben einer sechsklassigen „Basisschule“, dem sogenannten „Paedagogeum“, stand das darauf aufbauende „Gymnasium illustre“, das ein Hochschulstudium in den vier klassischen Fakultäten Theologie, Jurisprudenz, Medizin sowie Philosophie und Philologie ermöglichte. Dieses Gymnasium illustre genoss einen guten Ruf und zog Studenten von überallher an. 1613 haben sich 70 Studierende eingeschrieben. Die Zahl der Einschreibenden schwankte danach zwischen 27 und 106 in den Jahren bis 1730. Dann nahm die Zahl drastisch ab, in manchen Jahren waren es nur 8 bis 15 Zugänge. In der Matrikel "Album Studiosorum" von 1610 bis 1810 werden 7.755 Namen geführt.

Im 18. Jahrhundert begann jedoch ein allmählicher Niedergang der Hochschule. Die Konkurrenz anderer Universitäten wie Göttingen und die nachlassende Bedeutung eines christlich-konfessionell geprägten Hochschul-Bildungsgangs entzogen dem „Gymnasium illustre“ nach und nach den Boden, so dass das „Paedagogeum“ immer mehr in den Vordergrund rückte.[2]

Hermann Entholt zeichnet in seiner 1928 erschienenen Schulgeschichte ein anschauliches Bild von den im Paedagogeum herrschenden Zuständen: „(Die Schüler) kamen oft schon als ‘zarte Pflänzgen’ im Alter von drei Jahren... Um 1600 wurden sie selbst sonntags unausgesetzt beschäftigt, mit mehrmaligem Kirchgang und schulmäßigem Unterricht über das Gehörte, und noch 1749 saßen zum Beispiel die Quartaner von morgens 7 Uhr bis abends 7 Uhr in der Schule, bei nur einstündiger Mittagspause. Dafür rächten sie sich dann durch Tumultieren, Steinwerfen und ‘unmenschliches Brummen’ ... Das Schreiben geschah auf den Knien, wenn nicht gar auf den Bänken, da noch keine Tische vorhanden waren. Geographie wurde so gelehrt, dass nur das Lehrbuch vorgelesen wurde, ohne jede Landkarte. Mathematikunterricht gab es lange Zeit überhaupt nicht, da man keinen geeigneten Lehrer dafür besaß... Natürlich redeten die Knaben untereinander stets plattdeutsch, ‘die Pöbelsprache', wie die Lehrer sagten..." Als Lehrkräfte am Paedagogeum dienten fast ausschließlich arme Theologiekandidaten, die nebenbei noch Privatstunden erteilen mussten, um finanziell auch nur einigermaßen über die Runden zu kommen.

Paedagogeum wird zum Alten Gymnasium

Das ehemalige lutherische Athenäum (lateinische Domschule "Lyzeum", dann Gelehrtenschule bis 1858
Bürgermeister Johann Smidt, um 1848

Um 1800 besaß Bremen neben dem „Paedagogeum“ noch eine weitere höhere Schule, das von Lutheranern im vorwiegend calvinistisch geprägten Bremen gegründete „Lyceum“.

Als der spätere Bremer Bürgermeister Johann Smidt als „Scholarch“ für das Bildungswesen verantwortlich wurde, organisierte er die Bremer Oberschulen neu. Er fasste 1817 Paedagogeum und Lyceum zur aus drei Zweigen bestehenden „Allgemeinen Gelehrten-, Handlungs- und Vorschule“, später kurz „Hauptschule“ genannt, zusammen. Die Basis bildete die Vorschule, in der Jungen vom 8. bis zum 14. Lebensjahr in Religion, Deutsch, Latein, Französisch, Geschichte, Geographie, Naturkunde, Mathematik und Zeichnen unterrichtet wurden. Als Wahlfächer kamen im letzten Vorschuljahr Englisch und Griechisch hinzu.

Der Eschenhof, ehemalige Kurie des Domdechanten, seit 1817 Hauptschule an der Domsheide; links einige Schüler

Danach konnten die Zöglinge dann entweder die Handelsschule besuchen, die auf den Kaufmannsberuf vorbereitete, oder die bald „Gymnasium“ genannte Gelehrtenschule, die die Voraussetzung für das Universitätsstudium schuf. Vorschule und Handelsschule wurden in einem Gebäude der Domdechanei an der Domsheide untergebracht, dem sogenannten „Eschenhof“.

Das alte Schulgebäude an der Dechanatstraße, erbaut 1875 (1875).

Die Gelehrtenschule blieb vorerst noch in den Räumen des Lyceums im Kapitelhaus am Dom, fand aber 1857 ebenfalls im Eschenhof Platz und wurde nun „Gymnasium“ genannt. 1875 dann bezogen alle drei Zweige der Hauptschule einen klassizistischen Neubau, der an der Dechanatstraße errichtet wurde und der die Schule bis 1987 beherbergen sollte. 1886 wurde die Vorschule aufgelöst und größtenteils den beiden anderen Schulen angegliedert. Und wenig später wurde die Handelsschule zur Oberrealschule umbenannt. Jetzt umfasste die Hauptschule im Bau an der Dechanatstraße mit dem Gymnasium und der Oberrealschule nur noch zwei Schulzweige, die nun aber über neun Klassenstufen von der Sexta bis zur Oberprima verfügten. Wachsende Schülerzahlen und Veränderungen des Schulwesens im Deutschen Reich veranlassten den Senat 1905 dazu, das höhere Schulwesen Bremens erneut umzuorganisieren: Das Gymnasium erhielt jetzt den offiziellen Namen „Altes Gymnasium“. Ihm wurden mit dem „Neuen Gymnasium“ am Barkhof und dem Realgymnasium an der Kaiser-Friedrich-Straße (heute Hermann-Böse-Straße) zwei weitere Bildungseinrichtungen an die Seite gestellt, die zum Abitur führten.

Das Eingangsportal des Alten Gymnasiums nach dem Umzug in das Schulgebäude des ehemaligen Gymnasiums an der Kleinen Helle

Während des „Dritten Reichs“ konnte das Alte Gymnasium sich den Versuchen zur Gleichschaltung nicht völlig widersetzen, das humanistische Profil der Schule blieb jedoch im Wesentlichen erhalten. Und viele Lehrer und Schüler wahrten eine „innere Distanz“ zum Geist der Zeit.

Nach dem Krieg, in dem die Schule mit nicht allzu gravierenden Schäden durch Bombardierung davongekommen war, wurde der Lehrbetrieb wieder aufgenommen, allerdings erwies sich das Gebäude bald als zu klein, so dass die Oberrealschule 1958 in die Parsevalstraße verlegt wurde. Doch die Raumnot blieb; außerdem verfiel das Gebäude, das durch die Stadt lange vernachlässigt worden war. Daher verfügte der Senat im Zuge eines Programms zur Schließung zahlreicher Bremer Gymnasien die Umsiedlung des Alten Gymnasiums in das Gebäude des gleichzeitig geschlossenen Gymnasiums an der Kleinen Helle. 1987 wurde der Umzug vollzogen. In dem Gebäude in der Dechanatstraße befindet sich heute der Fachbereich Musik der Hochschule für Künste Bremen sowie das Klaus-Kuhnke-Archiv für Populäre Musik.

Das Schulsiegel des Alten Gymnasiums

Datei:Schulsiegel.jpg
Schulsiegel des Alten Gymnasiums

Das Schulsiegel des Alten Gymnasiums stammt aus der Frühzeit der Schule, als diese noch „Gymnasium illustre“ genannt wurde. In der heute bekannten Form stammt es aus dem 17. Jahrhundert, und zwar als Oblatensiegel auf einer Zitation des Studiosus Ptolemäus Sticht aus Jever vom 13. Juni 1647. Und wie es früher üblich war, wurde auf dem Siegel auch eine deutliche Aussage gemacht, die auf die Herkunft und die Zielsetzung der Schule verweist.

Ein aufrecht stehender goldener Löwe auf rotem Feld bildet das Siegel; in der Rechten hält er den silbernen Stadtschlüssel, in der Linken die aufgeschlagene Bibel. Auf den beiden Blättern des Buches liest man die Anfangsbuchstaben des lateinischen Textes aus dem biblischen Josuabuch (1,8): „Ne discedat liber iste legis ex ore tuo; sed meditaberis de eo interdiu atque noctu.“ Die deutsche Übersetzung lautet: „Dieses Gesetzbuch soll nicht aus deinem Mund weichen, sondern denke Tag und Nacht darüber nach (und es geht weiter: damit dein ganzes Tun an meinen Weisungen ausgerichtet ist. Dann wirst du Erfolg haben und wirst alles, was du beginnst, glücklich vollenden)“.

Berühmte Schülerinnen und Schüler und Studierende

Abiturklasse von 1876: in der Mitte Schuldirektor Wilhelm Adolf Boguslaw Hertzberg (* 1813; Dritter von links in der zweiten sitzenden Reihe); Ludwig Quidde in der ersten stehenden Reihe Dritter von rechts

Bedeutende Rektoren und Lehrer

Quellen

  1. Friedrich Prüser: Das Bremer Gymnasium Illustre in seiner landschaftlichen und personellen Beziehungen. In: Bremisches Jahrbuch der Historischen Gesellschaft 1957, S. 52ff.
  2. Friedrich Prüser: Das Bremer Gymnasium Illustre in seiner landschaftlichen und personellen Beziehungen. In: Bremisches Jahrbuch der Historischen Gesellschaft 1957, S. 52ff.