Entdeckung Amerikas

Die Entdeckung Amerikas wird in der Regel Christoph Kolumbus zugeschrieben (12. Oktober 1492), jedoch ist dies nicht unumstritten. Schon rund 500 Jahre vorher waren z. B. die Wikinger unter Leif Eriksson in Amerika. Das Festland erreichte als erster Giovanni Caboto, als eigener Kontinent wurde Amerika erst 1507 von Amerigo Vespucci erkannt und im selben Jahr von Martin Waldseemüller nach Vespucci als "America" benannt.
Schließlich kann man auch argumentieren, dass natürlich schon Jahrtausende vor Kolumbus Menschen Amerika erreichten und der Begriff der "Entdeckung Amerikas" nur auf die europäische und eventuell asiatische Sicht zutrifft. So stellte bereits im 18. Jahrhundert der deutsche Physiker und Meister des Aphorismus, Georg Christoph Lichtenberg, fest: "Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung." Doch selbst die Ureinwohner Amerikas, die Indianer, werden als erste Amerikaner in Frage gestellt. Die Indianer kamen vor 12.000 Jahren aus Nordostasien.
Hier sind einige Völker und Personen aufgelistet, bei denen es sich möglicherweise um die "Entdecker Amerikas" handelt.
Sicher belegte Entdeckungsfahrten
Solutréener (um 14000 v. Chr.)
Menschen der aus Südfrankreich stammenden Kultur des Solutréen überquerten nach einer Theorie der US-Amerikaner Bruce Bradley und Dennis Stanford den Atlantik. In Cactus Hill (Virginia) fand man Speerspitzen aus der Zeit vor Clovis, die denen des Solutréen sehr ähnlich sind. Den Beweis für die Theorie brachte jedoch eine Gen-Analysen einiger Indianer-Stämme, die eine Vermischung von ursprünglich aus Asien stammenden Menschen mit anderen aus Westeuropa um 13000 v. Chr. belegte.
Siehe hierzu auch den Artikel über den Kennewick-Mann.
Nach heutigen Erkenntnissen war mit hoher Wahrscheinlichkeit Leif Eriksson der erste Europäer, der Amerika entdeckte. Leif brach um das Jahr 1000 von Grönland aus auf, wo sein Vater Erik der Rote 986 die erste Siedlung gegründet hatte. Auf der Suche nach neuem Land im Westen gelangte Leif Eriksson mit seiner Mannschaft nach Amerika. Die Wikinger nannten das von ihnen entdeckte Küstengebiet Vinland, wobei es sich wahrscheinlich um das heutige Neufundland handelte. Bei L'Anse aux Meadows wurden im 20. Jahrhundert archäologische Funde gemacht, die den Wikingern zugeordnet wurden.
Auf einer Expedition von Leifs Bruder Thorvald kam es offenbar zu einer ersten Begegnung von Indianern und Wikingern. Die Wikinger nannten die amerikanischen Ureinwohner Skraelinger ("Hässliche Menschen"). Um 1020 begab sich der Wikinger Thorfinn Karlsefni nach Vinland, um dort eine Siedlung zu gründen. Nahrungsmangel und Kämpfe mit den Indianern zwangen die Wikinger dazu, Vinland nach wenigen Jahren wieder zu verlassen.
Offen ist, ob die Wikinger auch das amerikanische Festland erreichten. Die Grönländer-Saga, die von den Entdeckungsfahrten der Wikinger nach Vinland berichtet, nennt auch die Länder Helluland und Markland, an denen sie auf dem Weg nach Vinland vorbeigekommen seien. Bei diesen Ländern könnte es sich um die Baffininsel und Labrador handeln. Es gibt auch Forscher, die Vinland nicht mit Neufundland gleichsetzen, sondern mit Neuschottland oder Massachusetts.
Dass die Wikinger auch weiter ins Landesinnere vordrangen, ist unwahrscheinlich. Der 1898 in Minnesota gefundene Runenstein von Kensington wird heute als Fälschung angesehen.
Laut einer Wikinger-Legende landete auch Gunnbjørn, der Entdecker Grönlands um 975 am amerikanischen Kontinent, wissenschaftliche Beweise für diese These gibt es aber nicht.
Siehe hierzu: Entdeckung Amerikas 1492
Der italienische Forscher und Seefahrer Giovanni Caboto (engl. John Cabot) trat 1484 in englische Dienste. König Heinrich VII. beauftragte ihn 1496 mit der Suche eines Westwegs nach China. In Begleitung seines Sohns Sebastiano trat er die Reise an und entdeckte dabei am 24. Juni 1497 als erster Europäer der Frühen Neuzeit das nordamerikanische Festland, wobei es sich wahrscheinlich um Labrador handelte. Caboto hatte ein Brief für den Chinesischen König dabei, welcher nie ankam, da er während seiner zweiten Reise nach Amerika 1498 plötzlich verschollen war.
Hypothetische Entdeckungsfahrten
Konkrete Jahres- und Personenangaben
Die erste Überlieferung, die für eine Reise von Chinesen nach Amerika spricht, stammt aus dem Jahr 499. Damals soll ein chinesisches Schiff das Land Fusang erreicht haben, das nach einem Baum benannt war, der dort vorkam. Dieser Fusang-Baum wird ähnlich dem mittelamerikanischen Maguey beschrieben.
Der irische Mönch Brendan soll im 6. Jahrhundert von Irland aus über verschiedene Inseln, die als Shetland, Färöer und Island gedeutet werden können, ins "Gelobte Land" gereist sein. Dies ist jedoch hochspekulativ, angeblich reiste Brendan mit 12 Begleitern und keine der von ihm beschriebenen Inseln im Westen wurden je gefunden.
Madoc war ein walisischer Prinz, der 1170 nach Westen reiste. Nach seiner Rückkehr berichtete er von einem riesigen Land, in dem er gewesen sei. Mit einer Gruppe von Siedlern brach er dorthin auf. Es gab nie wieder ein Lebenszeichen von ihnen.
In späteren Jahrhunderten gab es immer wieder Gerüchte, dass im Inneren Nordamerikas ein Indianerstamm existiere, dessen Angehörige Walisisch sprächen. Es soll sich dabei um den Stamm der Mandan im heutigen Missouri gehandelt haben.
Nach einer Theorie des malischen Historikers Gaoussou Diawara überquerte der König von Mali, Abubakari II., vom heutigen Gambia aus den Atlantischen Ozean. Zuvor hatte er die Regentschaft an seinen Bruder, Mansa Musa, abgegeben. Er landete an der Küste Brasiliens, nahe dem heutigen Recife. Der heutige Name der Region, Pernambuco, stammt nach Meinung von Diawara vom Namen der reichen Gold-Minen Malis, Boure Bambouk.
Im Jahr 1421 soll sich eine große chinesische Flotte unter den Admiralen Zhou Man, Zhou Wen und Hong Bao aus dem Gefolge Zheng Hes auf den Weg gemacht haben, die Welt zu erkunden. Sie sollen das Kap der Guten Hoffnung umrundet und auf verschiedenen Routen fast alle Küstengebiete Amerikas und Australiens erkundet haben. Zwar gibt es für diese Reise keine unmittelbaren Belege, doch kann durch arabische, indianische, australische und europäische Überlieferungen sowie durch Überreste von Schiffswracks und chinesischem Porzellan die mögliche Reiseroute nachvollzogen werden. Diese wird in dem Buch 1421 - Als China die Welt entdeckte von Gavin Menzies detailliert beschrieben.
Im 15. Jahrhundert soll es portugiesische Entdeckungsfahrten nach Mittel- und Südamerika gegeben haben. 1431 und 1448 sollen sie die Großen Antillen erreicht haben und dort eine Kolonie gegründet haben, die bei Kolumbus' Ankunft noch bestanden haben soll.
Auch auf dem südamerikanischen Festland sollen Portugiesen gelandet sein. Sie hielten das Land für unbedeutend und so kam es, dass die Entdeckung unbekannt blieb. Für diese Reise spricht, dass durch den Vertrag von Tordesillas im Jahr 1494 alle Länder westlich einer bestimmten Linie an Spanien fielen. Diese Regelung betraf alle bis dahin entdeckten Gebiete in Amerika. Erst das nach offizieller Darstellung im Jahr 1500 und damit sechs Jahre nach dem Vertrag von Tordesillas entdeckte Brasilien gehörte nach den Vertragsbedingungen den Portugiesen.
1473 führte eine dänische Expedition unter den Hildesheimern Didrik Pining und Hans Pothorst, dem Dänen Scolvus und dem Portugiesen Corte-Real in den Nordatlantik. Die Expedition erreichte Grönland. Einige Forscher sehen es als erwiesen an, dass sie auch Labrador und Neufundland erreichten und Kolumbus sich auf die Daten dieser Entdeckungsreise gestützt hat. Manche gehen so gar so weit, Johannes Scolvus mit Kolumbus gleichzusetzen.
Mögliche Entdeckungen ohne Jahres- und Personenangabe
Auf dem südamerikanischen Kontinent entdeckte man Schädel und Knochenreste von Menschen. Es stellte sich heraus, dass diese Schädel keine Mongoliden (wie die typischen Indianer), sondern Negriden waren. Sie könnten vor dem Eintritt der Indianer das Festland erreicht haben, da sie sehr früh Schifffahrt betrieben. Sie wurden wahrscheinlich von den aus dem Norden kommenden Indianern nach Süden vertrieben.
Der norwegische Anthropologe Thor Heyerdahl bewies 1970, dass eine Überquerung des Atlantiks mit einem Schilfboot nach altägyptischer Bauweise möglich ist. Bislang gab es jedoch keinen Hinweis, dass solche Fahrten in der Antike tatsächlich stattfanden. Bei Haaranalysen ägyptischer Mumien fand man allerdings Spuren von Kokain und Nikotin, was erneut Spekulationen über Transatlantikfahrten in vorchristlicher Zeit auslöste. Bislang ging man nämlich davon aus, dass die ausschließlich in Südamerika heimische Coca-Pflanze erst 1569 durch den spanischen Arzt Nicolás Monardes nach Europa kam. Es gibt für diese Kokain- und Nikotinspuren allerdings auch die Theorie, dass sie von afrikanischen Pflanzen stammen könnten, die bis heute noch nicht umfangreich chemisch analysiert wurden. Was bei einigen tausenden der Fall sein soll.
Die fähigen Seefahrer der Phönizier durchfuhren das gesamte Mittelmeer und darüber hinaus. Nachgewiesen sind Entdeckungsfahrten zu den britischen Inseln (durch Himilkon) und zum Golf von Guinea (durch Hanno) im frühen 5. Jahrhundert v. Chr., als ebenfalls wahrscheinlich gelten Fahrten zu den Kanaren und Azoren, sowie die Umrundung Afrikas im Auftrag des ägyptischen Pharaos Necho.
Möglichweise entdeckten sie auf einer ihrer Fahrten auch Teile Amerikas, Beweise für diese Theorie gibt es bislang aber nicht. Die in Brasilien gefundenen phönizischen Münzen erwiesen sich als Fälschung.
Römische Seefahrer fuhren im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus nachweislich bis Ceylon. Wahrscheinlich erreichten sie sogar China, was chinesische Berichte vermuten lassen. Hinweise oder schriftliche Quellen für Reisen von Römern über den Atlantik gibt es jedoch nicht. Meldungen römischer Münzfunde an der US-amerikanischen Ostküste und aus anderen amerikanischen Staaten gab es wiederholt, konnten jedoch nie bestätigt werden.
An der Küste von Ecuador, nahe Valdivia fand man 1960 Töpferware aus dem 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. im Stil der japanischen Jomon-Kultur. Es ist unklar wie sie dorthin gelangte, man vermutet das japanische Fischfänger in einen Sturm gerieten und bis nach Südamerika getrieben wurden.
Diese Hypothese wird von Fachleuten als möglich, aber unwahrscheinlich gehandelt. Eine ähnliche Hypothese gibt es mit den Chinesen. Vor der kalifornischen Küste werden immer wieder chinesische Ankersteine gefunden, allerdings kann man nicht feststellen aus welcher Zeit diese stammen.
Sonstiges
Landkarten
Die Vinland-Karte ist eine der umstrittendsten Landkarten der Erde. Sie zeigt im Nordatlantik die Inseln Island, Grönland und Vinland, letztere mit der Anmerkung "von den Gefährten Bjarni und Leif entdeckt". Grönland ist bereits als Insel in einer ähnlichen wie der heute bekannten Form dargestellt.
Die Herkunft der Karte lässt sich nur bis ins Jahr 1957 zurückverfolgen, doch konnte das Pergament mit der Radiokarbonmethode auf 1434 datiert werden. Die Zeichnungen allerdings wurden mit einer Tinte angefertigt, die Titandioxid enthielt - was erst 1923 entwickelt wurde. Somit wurde die Karte als Fälschung eingestuft.
Neuere Forschungen allerdings erwiesen, dass eine solche Tinte vereinzelt schon im 14. Jahrhundert genutzt wurde. Dadurch flammte der Streit um die Karte wieder auf.
1929 wurde in Istanbul eine alte Landkarte des Atlantiks des osmanischen Flottenadmirals Piri Reis entdeckt. Die Karte stammt vermutlich aus dem Jahr 1513. Er selbst gab an, dass er für die Landkarte ca. zwanzig verschiedene (ältere) Karten verwendet habe. Auf der Karte sind Länder eingezeichnet, die zu seiner Zeit noch nicht entdeckt waren. Während Nordamerika nicht eingezeichnet war, ist Südamerika sehr genau abgebildet. Mittelamerika und die Karibik wurden übergroß dargestellt. Piri Reis hat bei der Abzeichnung einige Fehler gemacht, so wurde z. B. der Amazonas doppelt und Kuba senkrecht gezeichnet. Nebenbei sind auch Tiere abgebildet, wie z. B. Affen in Südamerika und Papageien auf den karibischen Inseln. Es wurde nicht angegeben woher Piri Reis die Karten hat und aus welchem Jahr sie stammen.
Bauwerke
Die Pyramiden von Güímar sind eine Ansammlung von sechs kleinen Stufenpyramiden unbekannten Alters auf der Insel Teneriffa. Sie wurden erst Anfang der 1990er von Thor Heyerdahl untersucht. Bekannt ist, dass es solche Pyramiden einst an vielen Orten der Kanarischen Inseln gab, jedoch sind sie nur in Güímar erhalten geblieben.
Den Pyramidenbau, der in Mittelamerika ebenso wie im Vorderen Orient unabhängig voneinander entwickelt wurde, sah Heyerdahl als Indiz seiner Theorien an, nach denen die Menschheit schon im Altertum transozenanische Kontakte gepflegt habe. Die Tatsache, dass ausgerechnet auf Teneriffa Stufenpyramiden entdeckt wurden, sah Heyerdahl als "missing link" für seine Theorien an, da die Kanaren am günstigsten Schifffahrtsweg zwischen dem Mittelmeer und Zentralamerika liegen.
Literatur
- Ernst Samhaber: Geschichte der Entdeckungsreisen. Die großen Fahrten ins Unbekannte. München-Zürich 1970. ISBN ?
- Oskar Peschel: Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Leipzig 1930. ISBN ?
- Richard Konetzke: Entdecker und Eroberer Amerikas. Frankfurt am M. 1963. ISBN ?
- Andreas Venzke: Der "Entdecker Amerikas" - Aufstieg und Fall des Christoph Kolumbus. Zürich 1991. ISBN ?
- James Robert Enterline: Erikson, Eskimos & Columbus. Medieval European Knowledge of America. Baltimore & London 2002. ISBN 080186660X
- Jacob Burckhardt: Weltgeschichtliche Betrachtungen. Stuttgart 1978. ISBN 3520055120
Siehe auch: Geschichte Amerikas, Entdeckung der Antarktis, Entdeckung Australiens