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St. Lorenz (Nürnberg)

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St. Lorenz

St. Lorenz ist eine der bedeutendsten mittelalterlichen Kirchen der ehemaligen freien Reichsstadt Nürnberg. St. Lorenz bildet städtebaulich das Pendant zu der älteren Kirche St. Sebald und zu der kaiserlichen Burg. Sie ist dem Heiligen Lorenz geweiht. Der im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Bau wurde nach dem alten Vorbild wieder aufgebaut.

Geschichte

St.Lorenz von Süden

Erste Erwähnungen einer Laurentius-Kapelle in Nürnberg liegen für die Jahre 1235 und 1258 vor; der Grundriss dieser Kapelle konnte bei einer Grabung 1929 ansatzweise ermittelt werden und Teile dieses Baues des frühen 13. Jahrhunderts sind im aufgehenden Mauerwerk wiederverwendet worden. Im 15. Jahrhundert wurde die Kirche um einen gotischen Hallenchor erweitert. St. Lorenz ist eine der ersten Kirchen in Deutschland, die evangelisch-lutherisch wurde (1525).

Die Kirche ist bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg und im Endkampf um Nürnberg im April 1945 schwer beschädigt und 1949 wieder aufgebaut worden. Hauptsächlich wurde bei den Luftangriffen das Dach und das Gewölbe zerstört. Der Dachstuhl wurde vollständig neu konstruiert, wobei der Dachstuhl über dem Langhaus auf Grund von Materialknappheit aus Stahl rekonstruiert wurde. Es mussten über 1,5 km Gewölbestreben neu gebaut werden. Es wurden auch neue Schlusssteine angefertigt, auf denen wichtige Vertreter der protestantischen Kirchengeschichte (Martin Luther, Johann Sebastian Bach, Paul Gerhardt) zu sehen sind.

In der Geschichte der Kirche finden sich viele bekannte Persönlichkeiten: So war als Prediger unter anderen Andreas Osiander in St. Lorenz tätig - sein Bild hängt heute noch in der Lorenzer Sakristei.

Baugestalt

Hinter der doppeltürmigen Westfassade mit einer vielfach gegliederten Rose (großes Radfenster) mit 9 m Durchmesser im Zentrum, liegt das dreischiffige Langhaus mit begleitenden Seitenkapellen und als Ostabschluss der mächtige Hallenumgangschor, an dessen Südseite eine zweistöckige Sakristei eingefügt ist.

Maße

Maße der Kirche Mittelschiff Seitenschiff Hallenchor
Länge: 91,20 m Höhe: 24,20 m Höhe: 11,50 m Höhe: 24,20 m
Breite: 30,00 m Breite: 10,40 m Breite: 5,90 m Breite: 28,60 m

Die Türme sind 80,8 m bzw. 81 m hoch.

Kunstwerke

Im Innern bietet die Ausstattung mit vielen mittelalterlichen Stücken ein recht geschlossenes Bild. Hier befindet sich auch das von Adam Kraft 1493–1496 geschaffene Sakramentshäuschen (gestiftet von Hans Imhoff d. Ä.). Es ist ein 18,70 m hoher Turm aus Stein, der an geflochtene Ranken eines Baums erinnert und von vier hockenden Figuren gestützt wird. Eine dieser vier Figuren ist ein Bildhauer und man nimmt an, daß sich Kraft mit dieser Figur selbst verewigt hat. Trotz seiner filigranen Gestalt und der starken Beschädigung der Lorenzkirche durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg konnte das Sakramentshäuschen durch eine Umhüllung aus Gips vor der Zerstörung bewahrt werden. Seit 1316 bis ins 19. Jahrhundert hinein beherbergte die Lorenzkirche im Deocharusaltar Reliquien dieses Heiligen aus Herrieden. Deocharus ist der erste Abt und auch der Gründer der Stadt Herrieden.

Nürnberg, St. Lorenz, Nordseite, Winkel von Lang- und Querhaus: Vorhalle mit Ölberg

Das zweite bedeutsame plastische Werk der Spätgotik ist der Englische Gruß (auch: Engelsgruß im Rosenkranz), der 1518 vom Patrizier Anton Tucher bei Bildschnitzer Veit Stoß in Auftrag gegeben wurde und im Chor aufgehängt ist. Zugehörig sind die 12 Leuchterengel über den Chorstühlen und der zentral vorgelagerte Marienleuchter.

Zahlreiche Altäre mit Schnitzwerk und Gemälden, viele Glasmalereien, einige Wandgemälde, Glocken, Epitaphien, Totenschilde und ein Chorgestühl vom Ende des 15. Jahrhunderts, sowie Einzelfiguren aus Stein und Holz vervollständigen das Bild. Als eines der wenigen datierten Altarwerke ist der Deocarus-Altar von 1436/1437 für die Geschichte der Nürnberger Malerei und Bilderschnitzerei als Angelpunkt von großer Bedeutung.

Am Außenbau sind zahlreiche Stücke in Kopie angebracht.

Glocken

Das Geläut der Lorenzkirche besteht aus insgesamt 17 läutbaren Glocken und stellt damit das zweitumfangreichste Geläut einer evangelischen Kirche in Deutschland dar. Es besteht aus dem zehnstimmigen Hauptgeläut (1–10), dem Cymbelgeläut (11–15) und den beiden Imhoffglocken. Die restaurierte Feuerglocke steht als Mahnmal an die beiden Weltkriege am Westportal.

Nr. Name Gussjahr Gießer Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
Glockenstuhl
1 Christusglocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 1815 4407 h0 −4 Nordturm
2 Tagmessglocke 1552 Hans (III) Glockengieser 1490 2006 d1 −1 Nordturm
3 Laurentia (Betglocke) 1409 Hainrich Grunwalt 1608 2600 e1 −1 Südturm
4 Totengedenkglocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 1180 1153 fis1 ±0 Südturm
5 Garausglocke ~1400 (Hermann Kessler) 1040 ~700 gis1 +2 Südturm
6 Paulusglocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 988 668 a1 −1 Südturm
7 Lutherglocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 885 480 h1 +1 Südturm-Oktogon
8 Osianderglocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 802 377 d2 ±0 Südturm-Oktogon
9 Lazarus-Spengler-Glocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 705 253 e2 −1 Südturm-Oktogon
10 Jugenddankglocke 1953 Friedrich Wilhelm Schilling 630 185 fis2 −1 Südturm-Oktogon
11 Laudate 1954 Friedrich Wilhelm Schilling 505 90 a2 +4 Nordturm-Oktogon
12 Magnifikat 1954 Friedrich Wilhelm Schilling 454 64 h2 +5 Nordturm-Oktogon
13 Bendedictus 1958(?) Friedrich Wilhelm Schilling 410 39 cis3 +5 Nordturm-Oktogon
14 Nunc Dimittis 1954 Friedrich Wilhelm Schilling 355 35 e3 +5 Nordturm-Oktogon
15 Adorate 1954 Friedrich Wilhelm Schilling 325 28 fis3 +4 Nordturm-Oktogon
16 Neue Imhoffglocke 1960 Friedrich Wilhelm Schilling 389 39 d3 +6 Silbertürmchen (Westgebiel)
17 Alte Imhoff-/Silberglocke 2. H. 14. Jh. (Hermann Kessler) 375 ~30 d3 +6 Ostchor
Feuerglocke 1. H. 14. Jh. (Hermann Kessler) 1504 2637 e1 +0,5 Westportal (abgestellt)

Orgelanlage

St. Lorenz, Blick zur Orgel mit Rosette

Die Lorenzkirche verfügt über drei Orgeln mit zusammen über 12.000 Pfeifen: die Hauptorgel (auf der Hauptempore unter der Rosette), die Laurentiusorgel (Schwalbennestorgel im Langschiff), die Stephanusorgel (Chororgel im oberen Hallenchorumgang). Mit 165 Registern beherbergt die Lorenzkirche Nürnberg die zweitgrößte Orgelanlage in Deutschland (in Passau befindet sich die größte Orgel Deutschlands) und die größte Orgelanlage einer evangelischen Kirche in Deutschland. Die Orgelanlage der Lorenzkirche ist damit eine der größten Orgeln der Welt. Alle drei Orgeln lassen sich über zwei elektronische Zentralspieltische im Kirchenschiff und auf der Westempore spielen. Die Laurentiusorgel sowie die Stephanusorgel verfügen über separate, mechanische Spieltische.


Die Hauptorgel

Die Hauptorgel ist das älteste für die Lorenzkirche erbaute Instrument und stammt aus der Werkstatt von Klais, kombiniert mit alten Steinmeyer-Registern von 1923. Ihr äußerer Aufbau wurde so gewählt, dass man die Rosette von der Kirche aus sehen kann. Klais baute 2005 ein Hochdruckwerk hinzu, welches mit 7 Registern alleine so laut ist wie die komplette Laurentiusorgel. Im gesamten verfügt die HO über 5 Manuale und Pedal und besitzt 108 Register.

Disposition Hauptorgel

Brustwerk Hauptwerk Schwellwerk Oberwerk Hochdruckwerk Pedal
Barem 8’ Praestant 16’ Hohlpfeife 16’ Geigend principal 8’ Principal 8’ Tromba 64’
Principal 4’ Quintade 16’ Principal 8’ Rohrgedackt 8’ Konzertflöte 8’ Praestant 32’
Gedacktflöte 4’ Octave 8’ Holzflöte 8’ Gemshorn 8’ Stentorgambe 8’ Octavbass 16’
Principal 2’ Rohrflöte 8’ Bordun 8’ Viola da Gamba 8’ Tuba Magna 16’ Violonbass 16’
Rohrflöte 2’ Gedackt 8’ Quintviola 8’ Kupferprincipal 4’ Tuba mirabilis 8’ Theorbe 16’
Flachflöte 1’ Gambe 8’ Aeoline 8’ Blockflöte 4’ Fanfare 8’ Subbass 16’
Großmixtur 12-16f 2’ Quinte 5 1/3’ Vox coelestis 8’ Quintade 4’ Clarine 4 Quintbass 10 2/3’
Mixtur 3-4f 1/2’ Superoctave 4’ Octav 4’ Meerflaut 4’ Superoctavbass 8’
Helle Cymbel 3-4f 1/4’ Flaut 4’ Russisch Horn 4 Quint 2 2/3’ Bassflöte 8’
Trompetenregal 16’ Quinte 5 1/3’ Zartgeige 4 Schweizer Pfeife 2’ Cellobass 8’
Klarinette 8’ Octave 2’ Nasat 2 2/3’ Waldflöte 2’ Quintbass 5 1/3’
Krummhorn 8’ Spitzflöte 2’ Koppelflöte 2’ Terz 1 3/5’ Choralbass 4’
Tremulant Octävlein 1’ Violine 2’ Superquinte 1 1/3’ Pommerbass 4’
Cornett 5f 8’ Terzflöte 1 1/3’ Septime 1 1/7’ Octavbass 2’
Mixtur 6f 2’ Nachthorn Mixtur 5-7f 1 1/3’ Nachthornbass 2’
Kleinmixtur 3-4f 2/3’ Grobmixtur 7-10f 2 2/3’ Jauchzende Pfeife 2f 1’ Sifflötenbass 1’
Trompete 16’ Klingende Cymbel 4-5f 1/4’ Scharff 4-6f 1/2’ Rauchbass 5f 4’
Trompete 8’ Bombarde 16’ Rankett 16’ Basszink 7f 2’
Clarine 4’ Schweizer Trompete 8’ Helle Trompete 8’ Cymbelbass 4-5f
Oboe 8’ Vox humana 8’ Posaunenbass 32’
Schweizer Trompete 4’ Singend Regal 4’ Sordunbass 32’
Tremulant Vox angelica 2’ (B) Posaunenbass 16’
Schweller Gambetta 2’ (D) Trompetenbass 16’
Tremulant Fagottbass 8’
Lurenbass 4’
Cornettbass 2’

Normalkoppeln, Sub- und Superoktavkoppeln auf diverse Teilwerke, 2 Cymbelsterne

Die Laurentiusorgel

Die Laurentiusorgel ist die jüngste Orgel in St. Lorenz, denn sie wurde erst 2005 erbaut und hängt nun im Obergaden an der Nordseite. An diesem Standort befand sich bereits im 12. J.h. eine Orgel. Somit bildet sie das Bindeglied zwischen der Hauptorgel im Westen und der Stephanusorgel im Osten. 33 Register verteilen sich auf 3 Manuale und Pedal.

Disposition Laurentiusorgel
Rückpositiv Hauptwerk Oberwerk Pedal
Gedackt 8’ Großgedackt 16’ Rohrflöte 8’ Principal 16’
Praestant 4’ Principal 8’ Salicional 8’ Großgedackt 16’
Gedackflöte 4’ Bordun 8’ Spitzflöte 4’ Octave 8’
Nasard 2 2/3’ Viola 8’ Gemshorn 2’ Bordun 8’
Flageolett 2’ Octave 4’ Larigot 1 1/3 Octave 4’
Terz 1 3/5’ Rohrflöte 4’ Cornett II 2 2/3’ Posaune 16’
Mixtur III 1’ Quinte 2 2/3’ Cromorne 8’ Trompete 8’
Bärpfeife 8’ Superoctave 2’ Glockenspiel
Tremulant Mixtur IV 1 1/3’ Tremulant
Rossignol Trompete 8’

Normalkoppeln, Cymbelstern

Die Stephanusorgel

Die Stephanusorgel ist die eigentlich älteste Orgel in St. Lorenz. Sie wurde 1937 von der Orgelbaufirma Steinmeyer für die Stadtpfarrkirche von Hersbruck erbaut, kam aber erst 2002 nach St. Lorenz. Mit 24 Registern ist sie die kleinste Orgel der Kirche. Da sie sich mit Ihrer romantisch angelegten Disposition gut für Literatur von romantischen Komponisten eignet, ist sie eines der Schmuckstücke von St.Lorenz.

Disposition Stephanusorgel

Hauptwerk Nebenwerk Pedal
Bourdon 16’ Geigenprincipal 8’ Subbass 16’
Principal 8’ Gedeckt 8’ Violon 16’
Tibia 8’ Dolce 8’ Octavbass 8’
Gedeckt 8’ Traversflöte 4’ Cello 8’
Gamba 8’ Fugara 4’ Posaune 16’
Salicional 8’ Flautino 2’
Octave 4’ Fagott-Clarinette 8’
Flöte 4’ Physharmonika 8’ (schwellbar)
Gemshorn 4’ Cymbelstern
Octave 2’
Mixtur IV 2’

Kirchengemeinde

St. Lorenz ist auch eine aktive evangelisch-lutherische Kirchengemeinde. Sie ist Sitz des Prodekanats Nürnberg-Mitte; seit 17. September 2006 ist dort Dekan Jürgen Körnlein tätig. Neben der Lorenzkirche gehört zu dieser Gemeinde noch eine Kapelle im Heilig-Geist-Saal. Bis 1994 gehörte der Heilig-Geist-Saal ebenfalls der Kirchengemeinde, wurde jedoch aus Kostengründen an die Stadt Nürnberg verkauft. Daneben betreibt die Kirchengemeinde in der Innenstadt einen Kindergarten, einen Jugendtreff und mehrere Gemeindechöre (Bachchor, Schola, Vokalensemble). Die Kirche ist oft Schauplatz verschiedener kirchenmusikalischer Konzerte mit freiwilligen oder professionellen Besetzungen. Dazu gehört auch die Brass-Band Lorenz Brass. Kirchenmusikalische Leitung hat Kirchenmusikdirektor Matthias Ank, welcher lokal für sein Engagement für Neue Musik Bekanntheit gewonnen hat.

Die Lorenzkirche ist offiziell Bischofskirche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Der bayerische Landesbischof wird jeweils dort in sein Amt eingeführt. Predigtkirche des Landesbischofs ist jedoch St. Matthäus in München, die deswegen im allgemeinen Sprachgebrauch auch als „Bischofskirche“ bezeichnet wird.

U-Bahnhof

U-Bahnhof Lorenzkirche

Am 28. Januar 1978 wurde der U-Bahnhof Lorenzkirche der Nürnberger U-Bahn eröffnet; an den Wänden befinden sich Nachbildungen der Rosette von der Westfassade. In unmittelbarer Nähe des U-Bahn-Tunnels befindet sich das Fundament des Südturms, es musste durch eine aufwendige Konstruktion aus unterirdischen Betonpfosten abgesichert werden.

Literatur

  • 500 Jahre Hallerchor St. Lorenz zu Nürnberg 1477-1977, 1977 (= Nürnberger Forschungen. 20) [nicht eingesehen].
  • Hermann Harrasowitz: Geschichte der Kirchenmusik an St. Lorenz. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Nürnberg 1973, ISBN 3-87432-019-7 (bib-bvb.de [abgerufen am 27. November 2008]).
  • Georg Stolz et. al.: Soli deo Gloria "Die Orgeln der Lorenzkirche" Bd. III, 2005
  • Julius Lincke: Das Chorgestühl der St.-Lorenz-Kirche in Nürnberg und die Meister seiner Wiederherstellung. In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 11 (1986)
  • Die Glocken von St. Lorenz: CD vom Glockenkonzert am Palmsonntag 2008

Siehe auch

Commons: St. Lorenz (Nürnberg) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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