My Favorite Things (Album)
My Favorite Things | ||||
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MusikalbumJohn Coltrane | von||||
Veröffent- |
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Label(s) | Atlantic | |||
Format(e) |
LP, CD | |||
Titel (Anzahl) |
4 | |||
40:42 | ||||
Besetzung |
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Studio(s) |
Rudy Van Gelder Studio, Englewood Cliffs, New Jersey | |||
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My Favorite Things ist ein Jazz-Album von John Coltrane, aufgenommen in Englewood Cliffs, New Jersey am 21., 24. und 26. Oktober 1960 und veröffentlicht im März 1961 auf Atlantic Records.
Das Album
Nachdem John Coltrane nach einer Europatournee endgültig[1] die Band von Miles Davis verlassen hatte, erneuerte er seine Anstrengungen zur Gründung einer eigenen Formation, zunächst mit Steve Kuhn, Steve Davis und Pete LaRoca. [2] Schließlich wechselte er für Kuhn im Sommer 1960 den Pianisten McCoy Tyner, für LaRoca im Herbst den Schlagzeuger Elvin Jones ein, mit denen er die drei Sessions für Atlantic im Oktober 1960 einspielen sollte.
My Favorite Things, das - nach Giant Steps und Coltrane Jazz - dritte Album des Saxophonisten für Atlantic Records wird von vielen Jazzkritikern als eine der bedeutendsten Aufnahmen des Modern Jazz bezeichnet. Mit dieser Session führte er sein neues Quartett ein, bestehend aus dem Pianisten McCoy Tyner, dem Schlagzeuger Elvin Jones und Steve Davis, dem bald die Bassisten Reggie Workman und schließlich Jimmy Garrison folgen sollten, der dann das klassische John Coltrane Quartett komplettierte.
Das Album markierte auch deutlich den musikalischen Wandel Coltranes von Spielformen des Hardbop hin zu denen des Free Jazz, was sich dann in den 1961 folgenden Aufnahmen für das Label Impulse! Tecords realisieren sollte. Das Album beginnt mit dem radikalen harmonischen Umarbeitung des Broadway-Songs „My Favourite Things“ aus dem Musical The Sound of Music, aus der Feder von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein.
Gleichzeitig war dies die erste Aufnahme, die von Coltrane auf dem Sopransaxophon erschien; es war zu dieser Zeit als Jazz-Instrument in Vergessenheit geraten.[3] Der Titel „My Favorite Things“ zeigt auf beeindruckende Weise die Neuaneignung des Instruments durch Coltrane in der Nachfolge des Sopransaxcophonisten Sidney Bechet und beeinflusst von den Experimenten eines Steve Lacy. Die Jazzkritiker Richard Cook und Brian Morton betonen in diesem Zusammenhang, Coltranes Bearbeitung sei als eine radikale Subversion eines populären Songs des Great American Songbooks zu betrachten. Zudem gilt Coltranes Spiel auf Skalen als Integration von westlichen und östlichen Idiomen, basierend auf Coltranes Interesse für die nordindische Musik von Ravi Shankar oder den Bearbeitungen afrikanischer Musik seines Freundes, dem Perkussionisten Babatunde Olatunji.[4] [5] „Dem Thema des Walzers von Rodgers und Hammerstein hängte Coltrane eine lange Passage in in E-moll, bzw. nach Wiederholung des Themas in E-dur an und improvisierte ausladend über beide Teile.“[6] Nach diesem Durchbruch spielt Coltrane größtenteils modal; in den folgenden Jahren wurde „My Favorite Things“ regelmäßiger Bestandteil des Liveprogramms des John Coltrane Quartetts, oft weit ausgedehnter und freier interpretiert als noch die 13minütige, eher kontrolliert gespielte Urversion des Stücks.
Die weiteren Titel des Albums, die George Gershwin Standards „Summertime“, „But Not for Me“ und Cole Porters „Everytime We Say Goodbye“ stehen unter dem Einfluss der modalen Spielweise der Miles Davis-Band, mit der Coltrane anderthalb Jahre zuvor den Klassiker Kind of Blue einspielte.
Die Ballade „Everytime We Say Goodbye“ wird von Coltrane ebenfalls auf dem Sopran mit weichen Tönen in den oberen Registern vorgestellt.[7] Die Coltrane-Biographen Filtgen und Außerbauer weisen auf das einfühlsame Solo von McCoy Tyner hin, der „mit fließender Melodik dem Thema neue Ebenen eröffnet.“ „Summertime“ hebt sich durch seinen energisch drängenden, im upbeat-Tempo gespielten Vortrag stark von der bekannten lyrischen Miles Davis-Version von 1958 ab, die der Trompeter auf dem Porgy and Bess einspielte. Tyners Solo ist ebenso kräftig wie Coltranes und perkussiv angelegt. Filtgen und Außerbasuer heben den Ausklang des Albums mit "But Not For Me" hervor; das Gershwin-Stück wird im mittelschnellen Tempo und ganz entspannt angegangen.
Bewertung und Wirkung des Albums
Die Woche im Oktober 1960 gilt nach Lewis Porter als bedeutendste in Coltranes Werk für Atlantic. Die Aufnahmen für My Favorite Things, insbesondere das Titelstück, war ein Jazzhit in den vereinigten Staaten und brachte dem Saxophonisten eine breite Anerkennung beim Jazzpublikum.[8] Der Coltrane-Biograph Ashley Kahn bezeichnet Coltranes Stil um 1960/61, kurz vor seinem Wechsel zum neu gegründeten Jazzlabel Impulse Records, als den damals einflussreichsten des Modern Jazz; mit seinen harmonischen Veränderungen wurde er als der führende Innovator respektiert bzw. verehrt.[9]
Richard Cook und Brian Morton, die in ihrem Penguin Guide to Jazz sowohl die Gesamtedition The Heavyweight Champion als auch die Einzel-LP mit der Höchstnote bewerteten, heben insbesondere den Titelsong als Kerrnstück des Coltrane-Repertoires hervor. Auch Brian Priestley hebt im Rough Guide Jazz das Album aus der umfangreichen Coltrane-Diskographie hervor und erwähnt die modale Improvisation des Titelstücks sowie die einfühlsame Ballade "Everytime We Say Goodbye".[10]
Diskographische Anmerkungen
Das im März 1961 veröffentlichte Album enthielt die ersten Aufnahmen der drei Oktober-Sessions des John Coltrane Quartetts. Die weiteren, am 21., 24. und 26. Oktober 1960 eingespielten Titel erschienen erst, als der Saxophonist bei Impulse! Records unter Vertrag war; im Juli 1962 das Album Coltrane Plays the Blues (Atlantic 1382) und im Juni 1964 Coltrane's Sound (Atlantic 1419). Die alternate takes der Oktober-Sessions wurden nach Coltranes Tod unter dem Titel The Coltrane Legacy (Atlantic 1553) im April 1970 und Alternate Takes (Atlantic 1668) im Januar 1975 veröffentlicht. Die kompletten Aufnahmen erschienen 1995 in der Reihenfolge ihrer Entstehung mitsamt der jeweils entstandenen alternate takes in der 6-CD-Edition The Heavyweight Champion - The Complete Atlantic Recordings.
Die Titel
- John Coltrane Quartet - My Favourite Things (Atlantic 1361 (LP)/ 812275350-2 (CD))
- My Favorite Things (Richard Rodgers/Oscar Hammerstein) — 13:41 (21. Oktober 1960)
- Everytime We Say Goodbye (Cole Porter) — 5:39 (26. Oktober 1960)
- Summertime (George Gershwin) — 11:31 (24. Oktober 1960)
- But Not for Me (Gershwin) — 9:34 (26. Oktober 1960)
Die Oktober-Sessions in chronologischer Abfolge
- 21. Oktober 1960, Atlantic Studios, NYC
- Village Blues (2 takes)
- My Favourite Things
- 24. Oktober 1960, Atlantic Studios, NYC
- Central Park West
- Mr. Syms
- Untitled Original (Exotica)
- Summertime
- Body and Soul (2 takes)
- Blues to Elvin (2 takes)
- Mr. Day
- Blues to You (2 takes)
- Blues to Bechet
- Satellite
- 26. Oktober 1960, Atlantic Studios, NYC
- Everytime We say Goodbye
- 26-2
- But Not for Me
- Liberia
- The Night Has Thousand Eyes
- Equinox
Literatur
- Ian Carr, Digby Fairweather & Brian Priestley: Rough Guide Jazz, Stuttgart, Metzler 2004 (2. Auflage), ISBN 978-3-476-01892-2
- Richard Cook & Brian Morton. The Penguin Guide to Jazz on CD 6th edition. ISBN 0-14-051521-6
- Gerd Filtgen/Michael Außerbauer: John Coltrane. Oreos, Schaftlach, 1989
- Ashley Kahn: The House That Trane Build. The Story of Impulse Records. Norton, London/NYC 2004. ISBN 978-0-393-05879-6
- Lewis Porter: John Coltrane - The Atlantic Years. Liner notes der Atlantic-Edition The Heavyweight Champion
Weblinks
- "John Coltrane, Avant Garde Jazz, and the Evolution of "My Favorite Things" — A thesis paper with musical analysis
Anmerkungen/Quellennachweise
- ↑ Coltrane wirkte dann noch als Gastmusiker als den zwei Miles Davis Titeln „Teo“ und „Someday My Prince Will Come“ im März 1961 mit, erschienen auf dem Columbia-Album Someday My Prince Will Come.
- ↑ Vgl. L. Porter, S. 16. In dieser Formation trat er nach der Europa-Tournee Anfang Mai `60 in der Jazz Gallery auf.
- ↑ Coltrane hatte das Instrument zuvor bei Live-Auftritten eingeführt und am 28. Juni bzw. am 8,. Juli 1960 einige Stücke mit den ornette Coleman-Musikern Don Cherry und Ed Blackwell aufgenommen. Vgl. Porter, S. 17.
- ↑ Für ihn schrieb Coltrane seine Komposition Tunji.
- ↑ Lewis Porter hebt als weitere Vorbilder Coltranes Dizzy Gillespie Erforschungen der lateinamerikanischen Musik sowie Ahmed Abdul-Malik; Bassist von Thelonoius Monk 1957, als Coltrane in desen Band spielte, der sich mit der Musik des Mittleren Ostens beschäftigte; vgl. Porter, S. 21.
- ↑ Zit. nach Filtgen/Außerbauer, S. 56.
- ↑ zit. nach Filtgen/Außerbauer, S. 151.
- ↑ Vgl. Porter und Kahn.
- ↑ Vgl. Ashley Kahn, S. 46 f.
- ↑ Vgl. Brian Priestley, S. 132.