Niederländische Renaissance


Der Begriff der Niederländischen Renaissance wird genutzt, um die nordeuropäische Variante dieses Baustils von der durch Italien geprägten, „klassischen“ Renaissance zu unterscheiden. Die Impulse dieses Stils gingen von den Burgundischen Niederlanden aus und verbreiteten sich im nördlichen Europa bis nach Skandinavien.[1] Oft wird daher auch analog von der Nordischen Renaissance gesprochen.
Da die Niederlande damals zum Heiligen Römischen Reich gehörten, ist der Begriff der Niederländischen Renaissance nicht zwingend im heutigen geographischen Kontext zu sehen. Die Übergänge zwischen der niederländischen Renaissance und den Stilformen der Backsteinrenaissance, der Weser- und der Lipperenaissance sind zum Teil fließend und eine genaue Abgrenzung nicht überall möglich.
Die Niederländische Renaissance in der Baukunst
Die Baukunst der im 15. Jahrhundert in Italien entwickelten Renaissance gelangte erst verspätet in die Länder nördlich der Alpen, die neuen Impulse wurden mit zunehmender räumlicher Entfernung freier interpretiert. Kennzeichnend für die Entwicklung des nördlichen Renaissancestils ist zum einen das dort weitgehende Fehlen der antiken Vorbilder, auf die sich die italienische Renaissance bezog (das Wort bedeutet „Wiedergeburt“), zum anderen die Fortführung der ursprünglich durch die Gotik bestimmten Bauformen Nordeuropas, die wiederum in Italien nur in einer weniger verbreiteten Form zu finden waren.[2]
Die Baumeister und Kunsthandwerker dieses Stils sind – anders als viele ihrer südlichen Kollegen – häufig unbekannt geblieben, eine der bekannteren Ausnahmen stellen die Mitglieder der flämischen Künstlerfamilie Steenwinckel dar. Die Baumeister der Zeit lernten die italienischen Vorbilder nur vereinzelt vor Ort kennen, Bildungsreisen, wie sie für spätere Architekten obligatorisch waren, fanden noch selten statt.[3] Daraus ergaben sich eigene Interpretationen der Renaissance, deren Bauten im Norden vor allem durch Reiseberichte oder Kupferstiche bekannt wurden.[4]
Die nordische Renaissance setzte im Vergleich zur südlichen Variante mit dem 16. Jahrhundert etwas später ein. Vollständige Neubauten dieses Stils waren Anfangs selten und häufig wurden vorhandene Bauwerke lediglich ergänzt oder umgebaut, so dass sich sowohl in der profanen, als auch vor allem in der Sakralarchitektur viele hybride Gebäude finden, an denen sich ältere Bauteile der Gotik mit den neuen Formen verbanden. Im Bürgerhaus blieb das nach gotischem Vorbild giebelständige Haus mit steilem Dach, im Sakralbau die Hallenkirche vorherrschend.
Die Niederländische Renaissance zeichnet sich durch die häufige – aber nicht ausschließliche – Verwendung von Backstein aus, der durch horizontale Elemente aus Sandstein gegliedert wurde. Sie übernahm althergebrachte, lokale Bauformen und übersetzte lediglich Baudetails in die neue Formensprache.[5] Typisch sind kleine Ziersäulen, Fensterbekrönungen nach italienischen Vorbildern, z. B. die der Tempelarchitektur entlehnten Dreiecksgiebel, oder die Verwendung von Schmuckobelisken auf den Stirnseiten der geschweiften Gebäudegiebel. Ebenfalls typisch für diesen Stil ist die Verwendung von Roll-, Beschlag- und Knorpelwerk. Türme, sowohl an weltlichen wie an sakralen Bauten, erhielten mehrfach durchbrochene und geschwungene Kupferhauben.
Galerie
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Die Westerkerk in Amsterdam
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Das Rathaus in Leiden
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Das Schwarzhäupterhaus in Tallinn
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Erker am Bocholter Rathaus
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Bürgerhaus in Stade
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Bürgerhaus in Friedrichstadt
Die Niederländische Renaissance in der Malerei
Der Begriff der Niederländischen Renaissance findet nicht nur in der Baukunst, sondern auch in der Malerei anwendung. Die Niederlande waren damals eines der europäischen Wirtschaftszentren und die reiche Oberschicht förderte zahlreiche Künstler. Die Malerei nahm eine in Europa vorherrschende Stellung ein und erstmals wurden im größeren Maßstab auch Alltagsmotive und Stilleben angefertigt, während bis dahin religiöse Motive dominierten. Zu den bekanntesten Künstlern der Zeit gehörten die Mitglieder der Familie Brueghel.
Quellen
- Hans Koepf, Baukunst in fünf Jahrtausenden. Kohlhammer, 1990. ISBN 3170110721
- Pevsner, Honour, Fleming: Lexikon der Weltarchitektur. Prestel, 1992. ISBN 3791320955
- Wilfried Koch: Baustilkunde. Bertelsmann, 2005. ISBN 3577104570