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Projekt 671RTM

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Daten
Herkunftsland UdSSR
Typ atomgetriebener Mehrzweck-U-Kreuzer (Angriffs-U-Boot)
Erste Einheit fertiggestellt 1977
Bauwerft Admiralitätswerft 12, Leningrad
Komsomolsk am Amur
Technische Daten
Länge 106,10 m
Breite 10,80 m
Tiefgang 7,80 m
Druckkörper Zweihüllenboot
Verdrängung (aufgetaucht) 6990 t
Verdrängung (getaucht) 7250 t
Geschwindigkeit

(über Wasser)

11,5 kn
Geschwindigkeit

(unter Wasser)

maximal 31 kn
Max. Tauchtiefe 400-600 m
Besatzung 96-102 Mann[1][2]
Antrieb 1 Druckwasserreaktor (Typ OK-300) mit 72 MWt Leistung;
1 Dampfturbine mit 30 MW Leistung
eine 5-flügelige Tandem-Schraube

2 elektrische Schleichfahrtmotoren mit je 275 PS Leistung;
je eine 2-flügelige Schraube

Sensoren MGK-300 Rubin (aktives/passives Sonar)
MRK-50 Topol Radar (Oberfläche)
MG-29 Chost (Hydrophon)
MG-14 (passives Sonar)
MG-24 Luch (Minenwarngerät)
Nichrom-M IFF (Freund-Feind-Erkennung)
Bulawa (ESM/ECM)
Pithon Schleppsonar
Sehrohre Angriffs- und Beobachtungsperiskop
Funkmast
Radarmast
Radarwarnmast (ESM)
Bewaffnung 4 Torpedorohre 533 mm
2 Torpedorohre 650 mm
SS-N-16 Stallion
SS-N-21 Sampson nur 671 PTMK
bis zu 18 Torpedos
bis zu 36 Minen

Als Victor-III-Klasse bezeichnete die NATO während des Kalten Krieges die sowjetischen Atom-U-Boote der Baureihe Projekt 671РТМ Щука , (russisch für Hecht), ein nuklearbetriebenes Jagd-U-Boot (SSN), das von der sowjetischen Marine zum ersten Mal im Jahre 1977 in Betrieb genommen wurde. Die letzten 5 U-Boote der Klasse erhielten eine andere Bewaffnung und entsprechende Leitsysteme für “Гранат“ Marschflugkörper und die Zusatzkennung „K“, hießen also „671 PTMK“.


Entwicklung und Bau

Der gesamte Bootskörper wurde gegenüber seinen Vorgängerklassen auf Geräuschdämmung hin optimiert. Die Ruder für die Tiefensteuerung wurden dünner und mussten deshalb aus hochfestem Titan hergestellt werden. Das ermöglichte es den „Buckel“ vor dem Turm, in dem sich das vordere Tiefenruder vorher befunden hatte, deutlich zu verkleinern.[1] Auf der Antriebswelle waren zwei gegenläufige Schrauben montiert, bei denen die hintere die Kavitation der vorderen verminderte, um so den Hauptantrieb leiser zu gestalten als bei den Vorgängerklassen. Ein weiteres markantes Merkmal war die sehr hohe Heckflosse mit dem großen tropfenförmigen Zylinder.

Die Bewaffnung und die zugehörigen Leitsysteme wurden modernisiert, so dass, neben den herkömmlichen Torpedos, auch Raketen vom Typ “Шквал“ (russisch für Sturmböe) über die Torpedorohre gestartet werden konnten. Die 5 U-Boote der Victor-III-Klasse aus der Leningrader Werft, die als letzte zwischen 1987 und 1992 in Dienst gestellt wurden, erhielten Marschflugkörper vom Typ “Гранат“ (russisch für Granat) und werden als Projekt 671PTMK bezeichnet. K-254 erhielt im Vorlauf zu diesem Projekt nachträglich einen, etwa einen Meter hohen, markanten Aufbau, der sich vor dem Turm einige Meter über das Vordeck erstreckte um die Systeme für die SS-N-21 zu testen.[1]

1991 entschied sich die Flotte die Boote der Victor III Klasse, sowie die noch im Dienst befindlichen U-Boote der Vorgängerklassen Victor I und Victor II neu zu klassifizieren. Dabei wurden aus den Namenskennungen mit „K“, Kennungen, solche die mit einem „B“ begannen. Die Maßnahme war sehr unpopulär und man vermutete, sie sei nur durchgeführt worden, um den Verantwortlichen für die „neue“ Klasse höhere Gehälter zuzuschustern. [2]

Bis auf 5 Boote wurden mittlerweile alle außer Dienst gestellt. Diese werden mittlerweile, teils durch die G8 Staaten finanziert, abgewrackt.[3] Die Boote werden dabei in drei Sektionen zerlegt. Während Bug- und Hecksektion verschrottet werden können, muss die Reaktorsektion noch Jahre sicher gelagert werden, bevor ihre Zerlegung beginnen kann.[4]Im Jahr 2005 kamen 2 Werftarbeiter bei der Zerlegung eines Victor-III Bootes bei Sewerodwinsk ums Leben, als bei Schweißarbeiten Treibstoffgase explodierten.[5]

Projekt 671РТМ und 671РТМК (NATO: Victor III)
takt. Nummer Bauwerft Projekt Kiellegung In Dienst seit außer Dienst gestellt Anmerkungen
К-524 Leningrad No 12 671РТМ 07.06.1976 28.12.1977 2002 trug den Namenszusatz "60 Jahre Leitung der VLKSM",
К-502 Leningrad No 12 671РТМ 23.07.1979 31.12.1980 2000 umbenannt in "Wolgograd"
К-254 Leningrad No 12 671РТМ 24.09.1977 18.09.1981 1998 -
К-527 Leningrad No 12 671РТМ 28.09.1978 30.12.1981 ca. 2000 -
К-298 Leningrad No 12 671РТМ 25.02.1981 27.12.1982 ca. 2000 -
К-358 Leningrad No 12 671РТМ 23.07.1982 29.12.1983 ca. 2000 -
К-299 Leningrad No 12 671РТМ 01.07.1983 22.12.1984 ca. 2000 -
К-244 Leningrad No 12 671РТМ 25.12.1984 25.12.1985 ca. 2000 -
К-292 Leningrad No 12 671РТМК 15.04.1986 27.11.1987 - umbenannt in "Perm"
К-388 Leningrad No 12 671РТМК 08.05.1987 30.11.1988 - umbenannt in "Sneschnogorsk"
К-138 Leningrad No 12 671РТМК 07.12.1988 10.05.1990 - umbenannt in "Obninsk"
К-414 Leningrad No 12 671РТМК 01.12.1988 30.12.1990 - umbenannt in "Daniil Moskovsky"
К-448 Leningrad No 12 671РТМК 31.01.1991 24.09.1992 - umbenannt in "Tambow"
К-247 Komsomolsk am Amur 671РТМ 15.07.1976 30.12.1978 1997 -
К-507 Komsomolsk am Amur 671РТМ 22.09.1977 30.11.1979 ca. 2000 -
К-492 Komsomolsk am Amur 671РТМ 23.02.1978 30.12.1979 ca. 2000 -
К-412 Komsomolsk am Amur 671РТМ 29.10.1978 30.12.1979 ca. 2000 -
К-251 Komsomolsk am Amur 671РТМ 26.06.1979 30.08.1980 ca. 2000 -
К-255 Komsomolsk am Amur 671РТМ 07.11.1979 26.12.1980 ca. 2000 -
К-324 Komsomolsk am Amur 671РТМ 29.02.1980 30.12.1980 ca. 2000 -
К-305 Komsomolsk am Amur 671РТМ 07.06.1980 30.09.1981 1998 -
К-355 Komsomolsk am Amur 671РТМ 31.12.1980 29.12.1981 1998 -
К-360 Komsomolsk am Amur 671РТМ 08.05.1981 07.11.1982 1998 -
К-218 Komsomolsk am Amur 671РТМ 03.06.1981 28.12.1982 ca. 2000 -
К-242 Komsomolsk am Amur 671РТМ 12.06.1982 26.10.1983 1998 -
К-264 Komsomolsk am Amur 671РТМ 03.04.1983 26.10.1984 ca. 2000 -
К-315 Komsomolsk am Amur 671PTM 01.01.1983 - 1983 vor der Fertigstellung abgewrackt

Einsätze

Die Boote der Victor III Klasse wurden neben den Gewässern um den Nordpol auch im Atlantik, Mittelmeer, der Karibik, im Pazifischen und im Indischen Ozean eingesetzt um Flottenaktivitäten des Westens auszukundschaften.

Mehrere Boote der Victor-III Klasse nahmen an zwei großen Operationen der Nordmeerflotte teil. Die Operationen trugen die Decknamen „Апорт“ (1985) und „Атрина“ (russische Phantasiebezeichnung „Atrina“) (1987).

  • Von Mai bis Juli 1985 liefen mehrere Boote und U-Jagdverbände zur U-Jagd-Operation „Апорт“ aus, um Informationen über SSBNs der NATO zu sammeln. Darunter K-502 das bei der Neufundlandbank eingesetzt war.[6]
  • Bei „Artina“ liefen im März 1987 die Victor-III Boote K-298, K-299, K -324, K -502 und möglicherweise auch K-524 in den Atlantik aus. Ihre Aufgabe war das Sammeln von Informationen über die Routen amerikanischer SSBNs und die U-Jagd-Taktiken der NATO. Das Auslaufen von 5 Jagd-U-Booten blieb nicht unbemerkt , aber erst als die Boote nicht einen der üblichen Patrouillensektoren ansteuerten, sondern auf einem unbekanntem Kurs verschwanden, begann die NATO eine umfassende Suchaktion. Die U-Boot-Operation wurde von sowjetischen Seeaufklärungsflugzeugen von Kuba und der Kolahalbinsel unterstützt. Als „Atrina“ nach 3 Monaten beendet war, hatten die Boote den Atlantik bis zum Bermudadreieck durchfahren und weitgehend unbemerkt die SOSUS-Linien durchbrochen. Erst im Zielgebiet wurden sie entdeckt aber fälschlicherweise als SSBNs erkannt. Alle Kommandanten der Boote wurden mit dem Rotbannerorden ausgezeichnet.[7][8][9]
1983: K-324, Bergungsschiff “Aldan”, USS Peterson
  • Am 31. Oktober 1983 befand sich K-324 in der Karibik und beschattete die US Fregatte USS McCloy um Informationen über das amerikanische SQR-15 Schleppsonar zu sammeln. Nach amerikanischen Angaben war die McCloy ihrerseits unterwegs um Informationen über K-324 zu sammeln.[10] Das Kabel des Schleppsonars der Fregatte geriet in die Schraube des U-Bootes, was eine Fehlfunktion im Kühlsystem auslöste und K-324 manövrierunfähig machte. Der Besatzung gelang es das Boot an die Oberfläche zu bringen. Allerdings blieb es amerikanischen Aufklärungsflugzeugen nicht verborgen und wurde am 1.November 282 Seemeilen westlich von Bermuda von einer P-3 gesichtet. Bevor es jedoch aufgebracht werden konnte, gelang es einem sowjetischen Schlepper das Boot zu übernehmen und am 5. November nach Cienfuegos auf Kuba zu schleppen. [1][2]
  • Auf Daniil Moskovsky (K-414) brach im September 2006 in der Barentssee ein Feuer im elektrischen System aus, das zwei Besatzungsmitglieder tötete und das Boot manövrierunfähig machte, so dass es eingeschleppt werden musste. [1]

Geräuschentwicklung

Eine der entscheidenden Eigenschaften für ein militärisches U-Boot ist dessen Geräuschentwicklung. Jede Unregelmäßigkeit an der Außenhülle kann Wasserverwirbelungen bilden, jede Geräuschquelle im Inneren des Bootes, verursacht durch Maschinen oder Arbeitslärm, kann sich über den Bootskörper als Vibration ins Wasser übertragen, so dass das Boot noch in großer Entfernung zu hören sein kann. Wie weit diese Geräusche zu hören sind, hängt auch von Faktoren wie Salzgehalt des Wassers, Tiefe des U-Bootes und Wassertemperatur ab. Über die Victor-III-Klasse liegen zur Geräuschentwicklung einige Angaben vor, die sich jedoch nicht unabhängig bestätigen lassen.

  • Nach amerikanischen Angaben, gelang es der USS McCloy 1983 K-324 sowohl mit ihrem Schleppsonar als auch mit ihrem AN/SQS-26 Passivsonar deutlich zu orten.[10]
  • K-324 seinerseits soll ein amerikanisches Jagd-U-Boot 28 Stunden lang verfolgt haben bevor der Kontakt abbrach.[2]
  • Während der Operation „Atrina“ gelang es der US Navy nicht 5 Victor-III U-Boote beim Durchbrechen der SOSUS-Linien zu erkennen. [8]

Fiktion

Boote der Victor-III-Klasse kommen unter anderem in Tom Clancys Roman Im Sturm (1986) vor. Ein U-Boot, dessen Äusseres offensichtlich auf K-254 basiert, ist in dem Film Die Welt ist nicht genug (1999) zu sehen.

Einzelnachweise

  1. a b c d e [1] atrinaflot.narod.ru, gesichtet am 15.11.2008
  2. a b c d [2]submarine.id.ru, gesichtet am 15.11.2008
  3. [www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Weltwirtschaftsgipfel/2005/wwg-2005-jahresbericht-der-globalen-partnerschaft-der-g8,property%3Dpdf] PDF Jahresbericht G8, 06.2005, gesichtet am 14.11.2008
  4. [3] ria.ru, Japan to finance dismantling of three Russian nuclear submarines, Englisch, gesichtet 18.11.2008
  5. [4]Fire kills two at nuclear submarine recycling site, bellona.org, gesichtet 18.11.2008
  6. [5]snariad.ru, gesichtet 15.11.2008
  7. [6] Operation Atrina: history lessons, V.N. Chernavin, gesichtet 15.11.2008
  8. a b Cold War Submarines, Polmar/Moore, Brassey's, 2004 ISBN 1574885944, Seite 171-172
  9. [7] Operation Atrina, russisch, gesichtet 15.11.2008
  10. a b [www.swonet.com/swm/2007/SW_2ndhalf_Fall2007_6.pdf]PDF, gesichtet am 16.11.2008
  • [8] Victor-Klasse bei submarine.id.ru (Russisch)
  • [9] Victor III Klasse bei snariad (Russisch)
  • [10] Ältere Informationen zur Victor-Klasse bei Globalsecurity (Englisch)