Endosymbiontentheorie
Die Endosymbiontenhypothese wird inzwischen als Endosymbiontentheorie anerkannt und besagt, dass eine Reihe von Zellorganellen in den Zellen von Eukaryoten durch Einverleiben oder Fusion von verschiedenen Organismen entstanden seien. Die Hypothese wurde erstmals zu 1905 von dem russischen Evolutionsbiologen Konstantin Sergejewitsch Mereschkowski formuliert. Doch erst seit ihrer Verbreitung durch Lynn Margulis seit 1971 wurde sie bekannter.
Die Theorie
Die Endosymbiontentheorie geht davon aus, dass Mitochondrien und Chloroplasten sich aus eigenständigen prokaryontische Lebewesen entwickelt haben. Im Zuge des Evolutionsprozesses sind diese Einzeller eine Endosymbiose mit einer eukaryontischen Zelle eingegangen, das heißt sie leben in ihrer Wirtszelle zum gegenseitigen Vorteil. Auch heute noch kann man beobachten, dass amoboide Einzeller (also solche mit einer „weichen“ Membran) Cyanobakterien aufnehmen ohne sie zu verdauen.
Das Zusammenspiel der beiden zellulären Organismen hat sich dann im Verlauf der Evolution zu einer gegenseitigen Abhängigkeit entwickelt, in der keiner der beiden Partner mehr ohne den anderen überleben konnte, das heißt es entstand eine Symbiose. Diese wird Endosymbiose genannt. Die Abhängigkeit geht so weit, dass die Organellen Teile ihres (nicht mehr benötigten) genetischen Materials verloren, da sie sich auf wenige Aufgaben (wie Fotosynthese oder Zellatmung) spezialisierten.
Genetische Vergleiche deuten darauf hin, dass Chloroplasten von Cyanobakterien und Mitochondrien von aeroben Purpurbakterien abstammen.
Indizien
Es gibt heute eine Reihe von Hinweisen, die die Endosymbiontenhypothese als wahrscheinlich erscheinen lassen:
- Man kann heute bei unterschiedlichen Lebewesen verschiedene Stadien zwischen Symbiose und Endosymbiose beobachten, d.h. ein derartiger Mechanismus ist denkbar.
- Korallen und einige Muscheln leben in Symbiose mit Algen oder Bakterien, die im Zellinneren des Wirtes leben.
- Die Wurzeln einiger Pflanzen leben in Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien.
- Einige Dinoflagellaten leben mit einzelligen Algen, die in Zukunft zu Chloroplasten werden könnten.
- Chloroplasten und Mitochondrien sind von ihrem Aufbau her Prokaryonten: kein Zellkern, ringförmige DNA, Größe entspricht kleinen Bakterien. Sie stellen ihre eigenen Proteine her. Ihre Ribosomen ähneln denen der Bakterien, nicht denen der Wirtszelle.
- Die DNA-Sequenzen der Chloroplasten und Mitochondrien ähneln denen anderer Prokaryonten, und weisen daher auf eine Abstammung von den Prokaryonten hin. Ein Vergleich mit der Wirts-DNA weist auf keine Abstammung der Organellen vom Wirt hin. Die DNA der Mitochondrien ist ringförmig, wie bei Bakterien und sie weist ebenfalls keine Introns auf.
- Chloroplasten und Mitochondrien sind von Doppelmembranen umgeben, wobei, der Hypothese entsprechend die äußere beim "Verschlucken" des Bakteriums hinzugekommen ist. Die innere Membran entspricht der von Bakterien (Vorkommen von Cardiolipin kein Cholesterin), die äußere der von Eukaryoten.
- Es wurde noch keine Neusynthese von Mitochondrien beobachtet. Mitochondrien entstehen durch Teilung und Fusion.
- Es gibt einige primitive Protozoen, die keine Mitochondrien (und keine Plastiden) besitzen ("Archaeozoa"); sie sind in der Evolution vermutlich unmittelbar aus der urtümlichen Wirtszelle der Endosymbionten hervorgegangen.
Allerdings gibt es Stimmen, die gegen die Richtigkeit der Endosymbiontentheorie sprechen. Sie führen an, dass die allermeisten Proteine aus denen Mitochondrien und Chloroplasten bestehen im Zellkern (nicht in der Organellen-DNA) kodiert sind und im Zellplasma gebildet werden. Ein Argument, dass leicht entkräftet werden kann, wenn man in Betracht zieht, welche lange Zeit die Endosymbionten hatten um eine derart große Abhängigkeit vom Wirt zu bilden, dass sie große Teile ihrer DNA verloren und vom Stoffwechsel des Wirt abhängig wurden. Desweiteren gibt es Hinweise darauf, dass Teile der endosymbiotischen DNA in das Kerngenom integriert wurden. So werden bei verschiedenen Arten unterschiedliche mitochondriale Proteine in den Mitochodrien bzw. dem Kern kodiert und es gibt Enzyme wie die ATP-Synthetase, bei denen beide Genome bei der Synthese zusammenwirken.