Zum Inhalt springen

Ritter

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. April 2005 um 06:27 Uhr durch 84.148.64.23 (Diskussion) (fr:Chevalier). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Dieser Artikel behandelt den Ritter als Angehörigen des wehrfähigen Adels im Mittelalter, weiteres siehe: Ritter (Begriffsklärung).


Schwertleite

Ritter (lat. eques, franz. chevalier, ital. cavaliere span. caballero) war die Bezeichnung für die wehrhaften, adeligen Gefolgsleute des Königs. Jeder Adlige, der "Kriegsdienst" leistete, konnte diesen Titel erwerben. In einem feierlichen Akt, dem Ritterschlag, wurde man vom Herrscher zum Ritter gemacht, vorausgesetzt man brachte die dafür notwendigen sittlichen und militärischen Qualitäten mit. Seit dem 13. Jahrhundert bilden Ritter einen erblichen Stand.

Die Entwicklung des Rittertums

Bereits die Bezeichnung "Ritter", abgeleitet von germ. ridare (= reiten), bzw. ital. cavaliere, franz. chevalier hergeleitet von spätlateinisch caballum (= Pferd) hergeleitet), weist auf den Ursprung des Rittertums hin: die in der Spätantike entstandene Panzerreiterei.

Früh-Mittelalter: Frankenreich

Im Frankenreich der Merowinger und Karolinger wurde der Panzerreiter mehr und mehr zum Träger der Stoßkraft in den kriegerischen Aufgeboten, obgleich Fußvolk und leichte Reiterei weiterhin die Masse der Militärmacht stellten.

Der erhebliche materielle Aufwand, den der einzelne Freie für den Kriegsdienst zu leisten hatte, führte bereits in karolingischer Zeit dazu, daß nur solche Freien, die mehr als 9 Hofstellen besaßen, voll "wehrpflichtig" waren; ärmere mußten (nach einem detaillierten Schlüssel) zu mehreren gemeinsam nur einem von ihnen den Kriegsdienst finanzieren und ihn entsenden. Zur Finanzierung gehörten nicht nur Ausrüstung und Bewaffnung, auch für den Lebensunterhalt während des Feldzuges mußte der "Wehrpflichtige" selber sorgen.

Noch höher war naturgemäß der Aufwand für den Panzerreiter - ein schweres und besonders ausgebildetes Kriegspferd (der dextrier) und ein teurer Panzer wurden benötigt, vielfach auch noch Knechte als Begleitpersonal. Entsprechend kamen als Panzerreiter nur Reiche - entweder aus eigenem Besitz (Allod) und/oder aus königlichen Lehen - in Betracht. Durch diese Aufgabenteilung entstand eine "Kriegerkaste" - das germanische Volksheer der Völkerwanderungszeit blieb nur mehr in Resten erhalten und der mittelalterliche Adel bildete sich heraus.

Hoch-Mittelalter: Reich

Im Reich nördlich der Alpen entwickelte sich das Rittertum aus zwei gesellschaftlichen Gruppen -dem niederen Adel (in Fortsetzung der Tendenzen des Frankenreiches) und den Ministerialen. Außerhalb des Reiches stammten die Ritter jedoch fast ausschließlich aus dem niederen Adel.

Ministerialen waren ursprünglich Unfreie, die im Hofdienst der Bischöfe in herausgehobenen Positionen eingesetzt waren; dazu gehörte nicht nur der Dienst unmittelbar bei Hofe, sondern auch die Verwaltung abgelegener Besitzungen. Eine solche Verwaltung schloß meist den bewaffneten Schutz solcher Besitzungen gegen Übergriffe anderer "Großer" ein. Sie mußten damit diesen ebenbürtig bewaffnet und ausgerüstet - also Panzerreiter - sein. Zu Ende des 10. Jahrhunderts stellten die Bischöfe mit ihren Panzerreitern die Masse des Reichsaufgebotes.

Ministerialen erstritten sich auch im Laufe der Zeit zunehmend eigene Rechte - beispielsweise die Erblichkeit des Ihnen zu ihrem Unterhalt verliehen Lehens Lehnswesen. Die salischen und besonders die staufischen Herrscher bauten sich nach dem Vorbild der Bischöfe eigene Ministerialitäten auf; ihnen folgten andere "Große" wie Herzöge, Landgrafen usw.

Wiewohl Ministerialen rechtlich eigentlich unfrei waren, konnten sie jedoch besonders unter den Staufern höchste politische Ämter einnehmen. Zunehmend verwischte sich in der Realität der Unterschied zwischen den "Rittern" von Adel und denen aus der Ministerialität, zumal sie, wie auch der übrige Adel, die gemeinsamen Ideale des Rittertums verfolgten.

Bewaffnung und Ausrüstung des Ritters im Hochmittelalter

Zu seinem Schutz trug der hochmittelalterliche Ritter Kettenhemd, Helm und Schild, als Waffen Lanze, Schwert und Dolch.

Das eiserne Kettenhemd, ursprünglich wohl eine Erfindung der Kelten und seit mehreren Jahrhunderten v. Chr. nachweisbar, löste wahrscheinlich bereits im frühen Mittelalter den römischen Schuppen- oder Plättchenpanzer ab. Eine längere Übergangszeit, in der beide Formen nebeneinander bestanden, ist anzunehmen. Unter dem Kettenhemd wurde ein wattiertes Hemd, der sogenannte Gambeson, getragen. Dieser diente hauptsächlich dazu, die Wirkung eines Schlages oder Stoßes, der die Panzerung nicht durchdrang, auf eine größere Fläche des Körpers zu verteilen, um damit die Gefahr von Knochenbrüchen zu vermindern. Möglicherweise wurde das Gambeson teilweise durch einen Unterpanzer aus dickem, gehärteten Leder ersetzt. Über dem Kettenhemd wurde zum Schutz vor Sonneneinstrahlung spätestens seit den Kreuzzügen ein weiter Umhang getragen. Ergänzt wurde das Kettenhemd durch eine Kettenhaube mit weit ausladendem Kragen, die auch am Helm befestigt sein konnte, sowie durch Panzerhandschuhe und "Strümpfe" aus Kettengeflecht. Ab etwa 1200 reichte dieser Schutz gegen die gesteigerte Waffenwirkung insbesondere der Armbrust nicht mehr aus; Zusatzpanzerungen in Form von vorgehängten Metallplatten erscheinen sowie aus massivem Eisen bestehende Knieschützer.

Der Helm war halbkugelförmig bis spitz- oval, aus massivem Eisen und innen ausgepolstert, und hatte fast immer einen zusätzlichen Schutz für die Nase. Zu Ende des Hochmittelalters treten daneben auch Topfhelme auf, die das Gesicht zwar besser schützen, aber das Gesichtsfeld wesentlich einschränken, sowie auch andere Helmformen mit breitem Rand.

Der Schild hatte die klassische Form des Wappenschildes, bei der die verlängerte untere Spitze dem Schutz der Beine diente. Er war aus Holz gefertigt, häufig mit Leder bezogen, und hatte an den Rändern wie auch auf seiner Fläche eiserne Verstärkungen. Gehalten wurde er mit einer Schlaufe am Unterarm und einem Griff für die linke Hand, zusätzlich war mit einem Gurt um den Nacken gegen Verlust gesichert.

Die Lanze wurde zunächst über dem Kopf geschwungen und u. U. sogar wie ein Speer geworfen; das ab etwa 1100 zum Standard werdende Führen als reine Stoßwaffe unter dem rechten Arm kam wahrscheinlich erst auf, als die Lanzen immer länger und schwerer wurden und sich nicht mehr als Einhandwaffe eigneten. Damit wurden sie auch zu "Einwegwaffen", die nach dem ersten Zusammenprall zu unhandlich oder auch zerbrochen waren und dann weggeworfen wurden.

Das Schwert war die Hauptwaffe im Nahkampf nach dem ersten Zusammenprall; es wurde hauptsächlich als Hiebwaffe verwendet, seltener als Stoßwaffe mit seiner Spitze. Getragen wurde es auf der linken Seite in einer Scheide, die am Gürtel befestigt war. Das Gewicht des Schwertes wurde jedoch weitgehend durch einen Gurt um den Nacken aufgefangen.

Der Dolch (oder ein Kurzschwert) war eine Reservewaffe für den Fall, daß das Schwert verlorenging oder zerbrach oder der Ritter von seinem Pferd gestoßen war und zu Fuß weiterkämpfen mußte.

Daneben gab es noch eine Vielzahl anderer Waffen, die von Rittern geführt werden konnten; Keulen, Wurfstöcke mit Köpfen aus Stein oder Eisen, Bögen und Armbrüste werden in Quellentexten erwähnt oder kommen auf Bildern vor. Wie weit diese zum Standard gehörten oder Sonderfälle waren, läßt sich aus den Quellen nicht erschließen.

In der Regel zog der Ritter mit einem Gefolge in den Krieg. Dieses bestand zumeist aus einem Knappen sowie einigen Knechten. Ritter und Gefolge zusammen wurden als Gleve oder Glefe bezeichnet.

Spätmittelalter

Datei:CIMG4303 grazer zeughaus.jpg
Rüstungen im Grazer Zeughaus

Es war nicht, wie oft fälschlich angenommen wird, die Erfindung des Schießpulvers, die das Ende der militärischen Bedeutung der Panzerreiter eingeläutet hat, sondern die Etablierung gut organisierter Fußtruppen. Die Schlacht von Kortrijk/Courtrai 1302 stellt einen diesbezüglichen Wendepunkt dar: Flandrische Fußsoldaten haben das siegessichere französische Ritterheer vernichtet und ihnen die goldenen Sporen geraubt, weshalb die Ausseinandersetzung auch als Schlacht der goldenen Sporen bezeichnet wird. Bei diesem Waffengang haben allerdings noch Landschaft und Witterung die Fußkrieger begünstigt. 1386 bei Sempach jedoch besiegten die Schweizer Gewalthaufen die österreichische Ritterelite auf offenem Felde bei strahlendem Sonnenschein. Die Eidgenossen mit ihren Spießen und Hellebarden sollten in weiterer Folge zu den erbittertsten Gegnern der Ritter werden. Bei Grandson, Murten und Nancy 1476/77 zertrümmerten sie mit Burgund jene Macht, die als Inbegriff des Rittertums galt. Damit war der Kampf um die Vorherrschaft auf dem Schlachtfeld zugunsten der "modernen Infanterie" entschieden. Als das Schießpulver voll zur Geltung gekommen ist, hatten die Panzerreiter ihre ehemals überragende Bedeutung bereits weitgehend eingebüßt. Der Niedergang des Rittertums war jedoch in erster Linie eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung.

Die schwere Reiterei passte sich den im 14. Jahrhundert aufkommenden Feuerwaffen durch noch immer massivere Rüstungen an, mit denen sie auch ihre Schlachtrösser schützte. Als Lanzierer kam den schweren Reitern bis in das 16. Jahrhundert hinein eine wichtige taktische Aufgabe zu.

Untergang der Ritterschaft

Der Niedergang der Ritterschaft steht im Zusammenhang mit der Verdrängung der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft, was auf militärische Verpflichtungen bezogen die Ablösung von feudalen Bindungen durch finanzielle Bindungen zur Folge hatte. Die Fürsten und Könige des Spätmittelalters wollten sich aus der Abhängigkeit von ihren Untervasallen lösen, weshalb sie verstärkt auf Söldnerheere setzten. Dadurch verloren die Ritter stark an Bedeutung, da sie zuvor die wichtigste Stütze der feudalen Heeresaufgebote gebildet hatten.

Die allmähliche Auflösung der Ritterschaft stärkte die Macht der Könige und Kaiser und schwächte mehr und mehr die Ritter und deren Zusammenhalt. Man kann durchaus davon sprechen, dass viele Ritter eine Daseinskrise erlebten. Die Ritterschaft verarmte. Um sich selbst noch Bedeutung zu verschaffen und noch eine Überlebensgrundlage zu erhalten, gingen nicht wenige Ritter zum Raubrittertum über, in dessen Zuge sie andere Adlige und benachbarte Ritter ausraubten und bekämpften. Das Chaos und die innenpolitische Unsicherheit, das die Raubritter damit verbreiteten, besiegelten endgültig den Untergang des Rittertums. Die Truppen des Landesherrn hoben nun ohne Gnade ein Raubritternest nach dem anderen aus. Viele Ritter passten sich den veränderten Gegebenheiten an und traten als hochbezahlte Söldner in eine Lanzierer- oder Kürassier-Einheit ein.

Als letzte Ritterschlacht gilt die Schlacht bei Mühldorf/Ampfing im Jahre 1322.

Die Reichsritterschaft verlor mit dem Ende des "Heiligen Römischen Reiches" zwischen 1803 und 1806 ihre Herrschaftsrechte und Privilegien. Vergleiche Reichsdeputationshauptschluß

In Österreich und in Süddeutschland wurde der Titel eines "Ritters" noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert bis 1918 bei Nobilitierungen neu vergeben. Es bestanden Verdienstorden, deren Träger um die Nobilitierung ansuchen konnten (meist waren die Angehörigen der dritten Klasse berechtigt, um die Erhebung in den Ritterstand anzusuchen). Vergl. zum Beispiel Orden der Eisernen Krone.

In Großbritannien werden auch heute noch Personen zur Würdigung ihrer Verdienste zum Ritter (englisch: knight) geschlagen. Sie dürfen dann den Titel Sir (bei Frauen: Dame) tragen. Dieser Titel ist nicht vererbbar.

Literatur

  • Andreas Schlunk, Robert Giersch: Die Ritter. Geschichte - Kultur - Alltagsleben. Theiss, Stuttgart 2003 ISBN 3-8062-1791-2
  • Rainer Atzbach: Ritter. Die militia christiana als Lebensform im Mittelalter. In: Ritter, Burgen und Dörfer. Mittelalterliches Leben in Stadt und Land. Ausstellungskatalog, hrsg. vom Gebietsausschuß Fränkische Schweiz, Tüchersfeld 1997 ISBN 3-9803276-6-3; S. 48-51
  • Werner Hechberger: Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter. (Enzyklopädie deutscher Geschichte; Band 72). Oldenbourg, München 2004 ISBN 3-486-55083-7 (aktueller und umfassender Überblick des derzeitigen Forschungsstandes zum Thema und über 400 Verweise auf weiterführende Literatur)