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Ich

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Ich ist die Bezeichnung einer (grammatischen) ersten Person in der Einzahl, zurückweisend auf das Selbst des Aussagenden. Beispiel: "Ich denke, also bin ich" (aus dem lateinischen Cogito, ergo sum).

Das Ich in Wissenschaft und Psychologie

Die Kategorie des Ich findet besondere Berücksichtigung im philosophischen System Johann Gottlieb Fichtes, mit zumindest wissenschaftlichem Anspruch angegangen wurde es erstmals in der Psychoanalyse Sigmund Freuds.

Das Ich in der Psychoanalyse Freuds

Sigmund Freud war der erste, der sich mit dem Ich psychologisch ausführlich befasste. Seiner Meinung nach ist die menschliche Psyche in drei Teile geteilt:

  • Das Es, der vegetative Teil der Psyche, der meist im Unbewussten verbleibt und die grundlegenden Instinkte des Menschen umfassst.
  • das Über-Ich, das die Funktion des Gewissens einnimmt und das Ich leitet. Es wird von Freud als das Überbleibsel der elterlichen Autorität in der Kindheit angesehen.
  • das Ich, mit dem Freund das bewusst Erfahrene bezeichnet. Dieses Ich wird sowohl vom Über-Ich als auch vom Es beeinflusst und nähert sich demnach einem dieser beiden an.

Das Selbst in anderen Bereichen der Psychologie

Die Erforschung des Selbst ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Psychologie. Spezielle Forschungsbereiche umfassen z.B. die Bedeutung des Selbstwertes, der Selbstsicherheit, der Selbstkontrolle oder der Selbstwirksamkeitserwartung.

Physikalische Theorien über das Ich

Derzeit steht die Physik noch mit der Frage, ob und wie es ein Ich im Menschen auch physikalisch gibt, vor einem großen Rätsel. Es gibt zwar mehrere Theorien, von denen aber der Großteil als reine Spekulationen abgetan werden müssen. Es gibt sogar Wissenschaftler, die behaupten, das menschliche Gehirn sei nicht fähig, sich selbst zu erkennen, also zu definieren, was das Ich ist.

Neurobiologische Aspekte

Früher dachte man, das Ich sei auf ein bestimmtes Hirnareal beschränkt. Als heute einigermaßen anerkannte Theorie kann man dagegen die Theorie des Bindungprinzips ansehen. Diese Theorie geht davon aus, das sich das Ich auf das gesamte Gehirn (eventuell auch auf das gesamte Nervensystem) ausdehnt, wobei die Nervenzellen über einen noch nicht verstandenen Mechanismus miteinander interagieren und sich so als Ganzheit vereinigen (die dann mehr als die Summe ihrer Teile ist).

Ungeklärt ist auch, ob die Existenz des Ichs einen Vorteil in der Evolution darstellt.

Das Selbst im spirituellen und philospohischen Bereich

Das Transzendieren, die bewusste Klärung von Ich (Ego) und Selbst, ist das Hauptthema und Ziel im Hinduismus und im Buddhismus. Der Schüler (Tschela) eines geistigen Weges im Hinduismus (Yoga) erkennt, dass sein Ich sich im "inneren Selbst" (dem Atman) auflöst und damit die Einheit mit dem Göttlichen (Brahman) als Selbsterkenntnis stattfindet.

Dieses Erlebnis wird Samadhi genannt, im japanischen Buddhismus Satori. Alle Yogapraxis (Jnana-Yoga, Raja-Yoga) dient nur dazu, diese Täuschung einer eigenen separierten Existenz des Ichs (Egos) zu überwinden. Es gibt in der Erfahrung des eigenen Selbst das Licht-Erlebnis des Einen ohne ein Zweites (Erleuchtungserlebnis).

Das Ich (Ego) gibt seine Täuschungs-Existenz auf und wird eins mit dem Ganzen (mit dem spirituellen Licht des ewigen Lebens). Tatsächlich "wird" es nicht eins: Da das Ich (Ego) tatsächlich nie existiert hat, wird diese Einheit nach dem Loslassen von der Täuschung eines "Ichs" als allumfassende Glückseligkeit im ewigen Licht erlebt.

Entsprechende Licht-Erlebnisse haben Eingang in die religiöse Literatur aller Kulturen gefunden, obwohl sie nicht überall als zentrales Gotteserlebnis begriffen werden. Diese Selbsterfahrung wird auch in der Bibel bei Johannes beschrieben: Gott ist Licht und in ihm ist keine Finsternis Weiter wird Jesus ein Satz in den Mund gelegt, womit er sich selbst, aber auch das Prinzip der Selbst-Erkenntnis meinte: Das Licht leuchtet in der Finsternis (Ego), und die Finsternis hat es nicht begriffen. Auch der Satz über dem Eingang zum Orakel von Delphi Erkenne dich selbst!, als Imperativ auch als Leitsatz dem Sokrates zugeschrieben, handelt von der Transzendenz des Egos hin zum göttlichen Selbst (Licht).

Im christlichen Bereich ist besonders der Mystiker Joel S. Goldsmith (†1964) zu erwähnen, der die philosophischen Grundlagen für das Loslassen des menschlichen Ichs (Egos) hin zum göttlichen Selbst in seinen Büchern beschreibt:

  • Das mystische Ich
  • Der Donner der Stille
  • The infinite way

Das Ich im Symbolischen Interaktionismus

Einen großen Stellenwert nahm das Ich in der in den USA entwickelten mikrosoziologischen Theorie des Symbolischen Interaktionismus ein. Diese Theorie ging von der philosophischen Richtung des Pragmatismus aus, die den Menschen als ein aktives Wesen bezeichnet, das sich seine Welt mittels Interaktion mit ihr selbst konstruiere. Mit anderen Worten: Ohne das Individuum existiere die Welt nicht.

Im Symbolischen Interaktionismus sind die Theorien von Charles Cooley, George Herbert Mead und Erving Goffman richtungsweisend.

Charles Cooley war der erste, der sich mit dem Ich im Rahmen dieser Theorie beschäftigte. Für ihn entsteht das Selbst bzw. das Ich einzig und allein in der Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt. Sein Modell wird auch Spiegel-Ich genannt, da sich das Individuum seiner Theorie zufolge nach der Weise definiert, wie es von anderen Menschen wahrgenommen wird.

George Herbert Mead ging von einer ähnlichen Theorie aus, nach ihm gibt es jedoch zwei Dimensionen des Ich, das I und das ME. Das ME entspricht in etwa dem Spiegel-Ich Cooleys, es besteht aus der Reflexion mit dem Umweg über die Gesellschaft in Form von Normen und Regeln. Das I jedoch ist eine autonome, unvorhersehbare, individuelle Dimension des Ich. Hier befindet sich laut Mead die menschliche Kreativität. I und ME befinden sich in einer permanenten Interaktion untereinander.

Erving Goffman sieht das Ich dagegen in seinem sogenannten Dramaturgischen Modell als eine Art Schauspieler an, das in verschiedenen Situationen verschiedene Formen annimmt. Laut Goffmann ist es unmöglich, das Ich einer Person wirklich zu definieren, da dieses Ich auch in der Selbstreflexion verschiedene Rollen annehmen kann.

Werke mit dem Titel "Ich"

"Ich" ist der Titel des 34. Bandes von Karl Mays gesammelten Werken, erschienen im Karl May Verlag. Der Band enthält zum Teil von fremder Hand bearbeitete autobiographische Schriften, u. a. die 1910 erschienene Autobiographie Mein Leben und Streben.

"Ich" als Wort

Als Wort spielt "Ich" in der Kommunikation eine spezielle Rolle, wo es in Beziehung zu einem "Du" tritt oder "etwas" über eine Sache oder 3. Person mitteilt. Für Psychologie oder Soziologie und in Gesprächen ist es interessant, ob und wann das "Ich" umschrieben wird (etwa durch "man" oder "wir"), und wieweit dies mit Unsicherheit und Selbstwertgefühl zu tun hat. Siehe auch Grammatik, Singular.


Siehe auch

Zitat

Das Leib-Seele-Problem ist eine philosophische Fragestellung, die sich mit der Konzeption des Ichs auseinandersetzt: Bin ich nur mein Körper als Biomaschine, oder besitze ich eine Seele, die eventuell sogar unabhängig von der materiellen Substanz von mir existiert. Auch die Neurologie und die Hirnforschung vermögen diese Frage noch nicht abschliessend zu beantworten, und so bleibt die Fragestellung weiterhin eine Domäne der Metaphysik und der Religion. Siehe auch bei Immanuel Kant:

Ich, als denkend, bin ein Gegenstand des innern Sinnes und heiße Seele. Dasjenige, was ein Gegenstand äußerer Sinne ist, heißt Körper. - Immanuel Kant (Kritik der reinen Vernunft, B 400)