Benutzer:Urdenbacher/Spielwiese
Gegenstromaustauscher, auch Gegenstromfilter genannt, sind in der Wassertechnik, eine Bauart, die seit den 1970er Jahren die Gleichstromaustauscher für Arbeitsfilter (Kationen- und Anionen-Austauscher) einer Vollentsalzungsanlage weitgehend abgelöst haben. Einzelheiten zur Theorie und Technik des Ionenaustausches sind unter Ionenaustauscher angeführt.
Grundlagen des Gegenstromverfahrens
Die Gleichstrom-Austauscher der älteren Bauart, die durch diesen neuen Behältertyp ersetzt werden, sind bei Betrieb und Regeneration von oben nach unten durchströmt. Nachteilig ist, daß bei der Regeneration die unteren Harzschichten nur mit einer verunreinigte Regenerierlösung behandelt werden. Bei Durchfluß der oberen Harzschichten, werden die bei der Beladung aufgenommenen Ionen (Kationen oder Anionen, je nach Austauschertyp) ausgetauscht und hierdurch die Regenerierlösung verunreinigt. Mit einer verunreinigten Regenerierlösung ist aber kein weitgehender Austausch der Harze möglich. Der Gegenioneneffekt bei Betrieb steigt dadurch stark an. Um diese Nachteile zu mildern und auszugleichen wird ein deutlich höherer Aufwand an Regeneriermittel erforderlich. Der Kontakt der Harze, die bei Betrieb zuletzt durchflossen werden, mit verunreigten Regenerierlösung muß vermieden werden. Dies wird erreicht, wenn die Austauschharze bei Betrieb und Regeneration im Gegenstrom durchflossen werden. Hierbei sind zwei unterschiedliche Richtungen für den Durchfluß möglich. Betrieb von unten nach oben und entgegengesetzt Betrieb von oben nach unten mit entsprechend jeweils entgegengesetzter Durchflußrichtung bei der Regeneration.
Verfahren
Um die Wirtschaftlichkeit beim Ionenaustausch zu verbessern wurden deshalb diverse Techniken entwickelt und zwar:
- Verbundregeneration (Hintereinanderschaltung von 2 Austauschern, die zusammen regeneriert werden)
- Schichtbettaustauscher (Verwendung von 2 Harzsorten in einem Filter, beispielweise schwach und stark sauren Kationenaustauscher)
- Gegenstromaustauscher
Optimale Verbesserungen ohne andere Nachteile sind jedoch nur mit Gegenstromaustauschern erreichbar. Nachfolgend wird deshalb nur auf die Gegenstromverfahren näher eingegangen.
Verfahren mit Betrieb von oben nach unten
Eines der ersten mit Erfolg in der Praxis bereits in den 1960er Jahren eingeführte Gegenstromverfahren war das Permutit-Verfahren. Bei diesem Verfahren wird der Austauscher bei Betrieb normal von oben nach unten und bei Regeneration von unten nach oben durchflossen. Da zur Vermeidung von Umschichtungen bei der Regeneration der Freiraum über den Harzen stark begrenzt war, konnte die vor der Regeneration erforderliche Rückspülung im Arbeitsbehälter nicht erfolgen. Hierfür war oberhalb des Arbeitsbehälters ein hydraulisch verbundener und absperrbarer Rückspülbehälter angebracht. Dieses Verfahren war damit apperativ sehr aufwendig und damit teuer. Das Verfahren konnte sich deshalb in der Praxis nicht durchsetzen und wurde wieder von den nachfolgenden Verfahren verdrängt.
Schwebebettverfahren
Ein weiteres Verfahren war das bei Bayer Leverkusen entwickelte und patentierte Schwebebettverfahren. Bei diesem bei Betrieb von unten nach oben durchflossenem Verfahren wird der Behälter nur zu etwa 70% mit Harzen gefüllt. In Abhängigkeit von der Durchflußgeschwindigkeit bildete sich sowohl ein Festbett - oberste Harzschicht, die gegen den oberen Düsenboden drückt - und zusätzlich ein Schwebebett aus. In diesem Schwebebett sind Harze nicht fest gepackt sondern in Bewegung. Bei Abschaltung des Filters geraten alle Harze in Bewegung und setzen sich auf den unteren Düsenboden ab. Eine Rückspülung zur Auflockerung vor der Regeneration ist nicht notwendig. Nachteilig ist die mögliche Umschichtung der Harze bei der Außerbetriebnahme. Der für einen guten Gegenstromeffekt erforderliche kompakte Schichtaufbau der Harze wird durch diese Umschichtungen teilweise aufgehoben. Ein häufigeres An- und Abfahren des Austauschers vor eine Regeneration ist nicht zulässig, da besonders der Natriumschlupf bei Kationenharze ansteigt und damit die Reinwasserqualität verschlechtert wird. Die Nachteile wurden durch Modifikationen des Verfahren vermindert. Mit einer zusätzlichen Umwälzpumpe, die in der Betriebsphase das Absinken der Harze bis zu einer Regeneration verhindert, wird eine Vermischung der Harzschichten weitgehend vermieden. Zusätzlich wird der Freiraum der Harze durch einen höheren Harzanteil vermindert.
Festbettverfahren
Die Nachteile des Schwebebettverfahren werden bei dem Gegenstrom-Festbettverfahren vermieden. Dieses Verfahren ist eine Weiterentwicklung des Schwebebettverfahrens. Austauscher, die nach diesem Verfahren konzipiert sind, werden fast völlig mit Harzen gefüllt. Lediglich das Quellvermögen der Harze wird berücksichtigt. Die Volumenänderung beispielsweise eines stark sauren Kationenharzes beträgt zwischen Beladungs- und Regenerationsform etwa 5%. Dies ist bei der eingefüllten Menge des Harzes in den Austauschbehälters zu beachten. Nennenswerte Umschichtungen können bei An- und Abschaltung der Filters nicht auftreten. Die notwendige Auflockerung des Harzbettes vor einer Regeneration wird trotzdem erreicht. Besonders vorteilhaft ist die Möglichkeit zwei oder auch mehr Kammern in einem Behälter anzuordnen. Hierdurch können beispielsweise schwach und stark saure Kationenharze in einem Austauscher eingefüllt werden. Eine Vermischung wird durch einen trennenden weiteren Düsenboden verhindert. Mit derartigen Austauschern ist ein Ionenaustausch bei fast theoretischen Chemikalienaufwand und gleichzeitig niedrigem Gegenioneneffekt erreichbar.
Durch den Betrieb von unten nach oben können auch Lösungen mit einem deutlich höheren spez. Gewicht mit diesem Verfahren ohne Probleme durch Umschichtungen entsalzt oder umgesalzt werden. Beispielsweise wird hierdurch die Behandlung konzentriertere Zuckerlösungen deutlich erleichtert.
Je nach Ersteller der Anlage und Lieferant der Ionenaustauschharze werden unterschiedliche Vertriebsnamen für derartige Anlagen nach dem Festbettverfahren verwendet. Auch das ursprüngliche Schwebebettverfahren wird in der ursprünglich patentierten Form kaum noch angewendet. Nachfolgend einige Vertriebsnamen (nicht komplett und teilweise nicht mehr verwendet):
- Schwebebett-Verfahren
- Mannesmann-Gegenstromverfahren
- Econex-Verfahren
- Liftbett-Verfahren
- Rinsebett-Verfahren
- Mannesmann-Gegenstroverm
Regeneration
Die verwendeten Konzentrationen der Regenerierlösungen weichen von denen der Gleichstromfilter ab. Für Salzsäure werden mit bis ca. 10% deutlich höhere Konzentrationen angewandt. Bei Schwefelsäure muß eine progessive Verdünnung verwendet werden, wobei für die obere Schichten gegen Ende mindestens 6% erforderlich sind. Ein besonders effektiver Aufwand an Regeneriermittel ist mit einer zusätzlichen Zwischenverdünnung im Harzbett erreichbar.
Während bei den Kationenharzen höhere Konzentrationen verwendet werden, sind bei den Anionenharzen besonders für die unteren Schichten max. Konzentrationen der Regenerierlauge von < 2,8% erforderlich. Grund hierfür ist die bei Betrieb aufgenommene Kieselsäure (SiO2). Diese Kieselsäure reagiert mit der Regenerierlauge zu Natriumhydrogensilikat nach folgender Gleichung:
- Kieselsäure reagiert mit Natronlauge zu Natriumhydrogensilikat
Da das gebildete Natriumhydrogensilikat stark alkalisch ist, reagiert es in tieferen Harzschichten selbst als Regenerationsmittel unter Rückbildung von SiO2 nach der Gleichung:
- Natriumhydrogensilikat regeneriert mit Chlorid beladenes Anionenharz zur Basenform, Natriumchlorid, Wasser und Kieselsäure
Wenn die Durchströmgeschwindigkeit der Regenerierlösung zu gering ist, kommt es zu Ausfällungen von einem SiO2–Gel. Dieses bindet Na-Ionen und verschlechtert das Auswaschverhalten der Regenerierlauge sehr stark. Zusätzlich zur Steigerung der Strömung wird die Regenerierlauge erwärmt. Hierdurch wird der Ausfällung der Kieselsäure ebenfalls entgegengewirkt.
Während die Technik des Gegenstromes bei der Vollentsalzung deutlich wirtschaftlicher ist, sind bei der Enthärtung zwar Verbesserungen aber keine vergleichbar großen Vorteile erreichbar.
Literatur
- Power Engineering, Nov. 1971, pages 44 - 47
- VGB Kraftwerkstechnik, April 1981, Heft 4, Seiten 340 - 348
- VGB Kraftwerkstechnik, Jan. 1982, Heft 1, Seiten 42 - 48
- Rohm and Haas Comp., Broschüre Amberpack(TM) 2000