Jehovah
Jehovah (bzw. Jehova) ist über Jahrhunderte der gebräuchlichste lateinische Name Gottes in der christlich-jüdischen Tradition im deutschen und westeuropäischen Sprachraum. Er stützt sich auf die 4 hebräischen Konsonanten JHWH – denn lediglich in dieser Form enthalten die ältesten hebräischen Bibelhandschriften den Namen Gottes. Diese vier Konsonanten werden meist Tetragramm oder Tetragrammaton genannt, zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern tetra (vier) und grámma (Buchstabe). Man kann sie ins Deutsche mit JHWH (auch JHVH, YHWH) transkribieren.
Die ursprüngliche Aussprache des Namens Gottes ist nicht überliefert. Zum einen enthält die hebräische Schrift keine Vokale. Geschrieben werden nur die stummen Laute, die Konsonanten (Konsonantenschrift), in denen der Leser die Vokale einfügt, zum anderen wurde der Gottesname im Judentum spätestens seit dem 2. nachchristlichen Jahrhundert nicht mehr ausgesprochen. Dies hing mit der Ehrfurcht vor dem Gottesnamen und seiner Heiligung zusammen, die im Dekalog (Zehn Gebote) ebenso wie das Bilderverbot als unmittelbare Folge des 1. Gebots erscheint.
In Ex 20,7 EU heißt es gemäß der Einheitsübersetzung der Bibel: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht.. In der unrevidierten Elberfelder Bibel heißt es an dieser Stelle (Ex 20,7 ELB): „Du sollst den Namen Jehovas, deines Gottes, nicht zu Eitlem aussprechen, ...“. Bereits vor der Zeitenwende gingen die Israeliten dazu über, den Gottesnamen nicht mehr auszusprechen.
Entstehung
Moderne Gelehrte sind sich einig, dass die Masoreten das Tetragramm nicht mit den tatsächlichen Vokalpunkten überschrieben haben, sondern dass vielmehr die Vokalpunkte für das Wort 'Adhonáj (d.h. auf deutsch "mein Herr") auf das Tetragramm JHWH gesetzt wurden, um die Gläubigen daran zu erinnern, beim Vorlesen (Vorsingen) "Herr" zu gebrauchen.
Wer es daher vermied, den Gottesnamen auszusprechen, konnte ihn durch Unachtsamkeit auch nicht entheiligen oder sonstwie missbrauchen. Somit wurde im Judentum das Tetragramm meist als 'Adhonáj (souveräner Herr - eigentlich ein Dual bzw. Plural mit Suffix der 1. Person Singular, der als Pluralis Majestatis zu verstehen ist und daher nicht mit Polytheismus verwechselt werden sollte) gelesen.
In den Psalmen findet sich der Name Gottes auch in der Kurzform Jah, so z. B. in Ps 150,6 EU (dem letzten Vers des Buches). In dieser Form ist er bis heute im Wort Halleluja enthalten (hebr.: „halelu-Jah“ = „lobpreiset Jah“), das sich im Psalm 104,35 EU wie Ps 146,1 EU (auch Offb 19,1 EU) findet. Die Aussprache „Jahwe“ als wahrscheinlichste Variante für die Langform des Namens wurde vor allem aufgrund der Kurzform Jah sowie griechischer Transkriptionen erschlossen.
Geschichte des Namens Jehova
Der Name Jehova tritt wiederholt schon im 13. Jahrhundert in lateinischer Form Iéhouah auf. Der spanische Mönch Raymond Martini[1] übersetzte um das Jahr 1270 verschiedene Bibelteile aus dem Hebräischen. Auf seinen Manuskripten befindet sich auf der rechten Seite der hebräische Text und links der lateinische mit Iehovah.
Kardinal Nikolaus von Kues verwendete das Tetragramm vokalisiert als Iehouah in mehreren seiner Werke, so um 1428 in seinem Sermon In Principio Erat Verbum.
Petrus Galatinus veröffentliche im Jahre 1518 sein Werk „De Arcnis catholicae veritatis“.
Als William Tyndale 1530 den Pentateuch übersetzte, übertrug er das Tetragramm ebenfalls mit Jehovah.

Der Lautenthaler von 1685 zeigt das Münzbild der Sonne und den Namen Iehovah, die beide jeweils von einem Strahlenkranz umgeben sind. Die Übersetzung der lateinischen Umschrift „TU TANDEM ABIECTAM REDDES DEUS ALME SONORAM“ lautet: „Du gütiger Gott wirst einstmals verlorenen Klang zurückgeben.“
In vielen katholischen und evangelischen Kirchenliedern findet sich der Name Jehova. Weltweit bekannt ist z. B. das altkirchliche Lied „Dir, Dir Jehova will ich singen“ in der Melodie von Bach (1685-1750); seine Textfassung entstand um 1697 in Halle durch Bartholomäus Crasselius (1667-1724). Auch in Giuseppe Verdis Oper Nabucco ist der Name zu finden. Franz Schubert vertonte in seinem Lied „Die Allmacht“ (D 852 op. 79,2) den Text „Groß ist Jehova, der Herr“ von Johann Ladislaus Pyrker. In Georg Friedrich Händels Opern bzw. Oratorien Samson, Esther, Saul, Belshazzar und Jephtha steht Jehova.

Die Elberfelder Bibel[2] verwendete über viele Jahrzehnte den Namen Jehova. Die neuere revidierte Bibelübersetzung hat diesen durch den Titel „HERR“ ersetzt. Genauso hatte die Miniaturbibel von Franz Eugen Schlachter (Erstausgabe 1905) an den Stellen, die den Eigennamen Gottes im Gegensatz zu den Heidengötzen gebrauchten, auch den Namen Jehova. Ansonsten übersetzte Schlachter „Herr“. Die erste Revision von Linder und Kappeler von 1913 bzw. 1918 behielt diese Schreibweise bei. Seit der Revision 1951 ist in dieser Übersetzung Jehova durchgehend mit „HERR“ wiedergegeben.
Außerdem wurde der Name Jehova im Mittelalter vielerorts bei AltärenLink-Text von Kirchen eingraviert, z. B. auf Fehmarn, oder über Kircheneingängen eingemeißelt, z. B. in Herford und auch in Balken von Fachwerkhäusern eingeschnitzt, z. B. in Bad Salzuflen im Ortsteil Schötmar.
Auch in Kirchenbauten der Barockzeit taucht er oft auf, z. B. als Tetragramm im Glasfenster hoch über dem Hauptaltar der Wiener Karlskirche oder im Schild des Michael über dem (im Barock ergänzten) Portal der romanischen Michaelerkirche in Wien, das Gottes Allmacht symbolisiert und durch seinen warmen Gelbton gleichzeitig Gottes Liebe.

Viele christliche charismatisch-afrikanische Pfingst-Kirchen verwenden heute noch den Namen Jehovah in ihrem Gottesdienst unter anderem auch in ihren Gospelliedern.
Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas verwendet den Namen Jehova heute unter anderem in ihrer Bibelübersetzung „Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift“, sowohl im Alten Testament (6973 mal) als auch im Neuen Testament (237 mal). Deswegen wird im neueren Sprachgebrauch der Gottesname Jehova oft mit dieser Religionsgemeinschaft in Verbindung gebracht, obwohl er bereits seit Jahrhunderten im deutschen Sprachraum verwendet wird.
Auch die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, bekannter als Glaubensgemeinschaft der Mormonen, verwendet die Bezeichnung Jehova, allerdings nicht ausschließlich. Der Name erscheint vor allem in den Tempelritualen dieser Kirche. Im üblichen Sprachgebrauch werden alle anderen Namen und Attribute aus der Bibel verwendet, wie der HERR, englisch the LORD oder Erlöser, Heiland, Jesus, Christus, Messias usw.; Tempel werden das „Haus des Herrn“ genannt.
Einzug in die Netzkultur fand der Name durch seine Verwendung im Film Das Leben des Brian.
Siehe auch
Literatur
- Paul F. Kiene: Das Heiligtum Gottes in der Wüste Sinai, 6. Auflage 1992, Schulte & Gerth, ISBN 3-89437-283-4
- Karl Heil: Der heilige Name Gottes, St. Johannis Druckerei C. Schweickhardt, Lahr-Dinglingen
- Hans-Peter Marquardt: Der Name Gottes auf Münzen, Talern und Medaillen, Hennigsdorf, 2004. ISBN 3-00-014253-3
- Martin Rösel: Adonaj - Warum Gott "Herr" genannt wird. Tübingen 2000. ISBN 3-16-147193-8
Weblinks
- Gebäude mit dem Namen Jehovah
- Internationales Dokumentationsarchiv über dem Namen Gottes
- ev. und kath. Gesangbücher, die den Namen Gottes enthalten
- Gebrauch des Gottesnamen in Bibeln und Nachschlagwerken
Quellenangaben
- ↑ Raymond Martini: Pugio Fidei adversus Mauros et Judaeos, 1270 S. 559.
- ↑ Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext übersetzt; aus dem Vorwort: „Jehova. Wir haben diesen Namen des Bundesgottes Israels beibehalten, weil der Leser seit Jahren an denselben gewöhnt ist.“, Hückeswagen: Christliche Schriftenverbreitung, unrev. Ausgabe 2007 S. VII.