Alec Guinness
Sir Alec Guinness, * 2. April 1914 in London; † 5. August 2000 in Midhurst/Großbritannien, war ein britischer Filmstar und Charakterdarsteller
Die frühen Jahre
Sir Alec Guinness wächst in ärmlichen Verhältnisssen in London auf. Guinness, der später durch seine chamäleonhafte Wandlungsfähigkeit berühmt wird, erklärt dazu in seiner Autobiographie: "Ich wurde im Chaos geboren und versank darin für Jahre: Bis zum Alter von 14 hatte ich drei verschiedene Namen und lebte in ungefähr 30 verschiedenen Hotels". Guinness arbeitet bei einer Werbeagentur und erhält ein Schauspielstipendium. 1934 debütiert er am Theater. Zwei Jahre später ist er bereits Ensemblemitglied beim legendären Old Vic, wo er mit den größten britischen Theater-Stars - Sir Laurence Olivier, Sir John Gielgud und Sir Ralph Richardson - auf der Bühne steht.
Erste Filmerfolge
1946 spielt Guinness seine erste Filmrolle in Große Erwartungen. Regie führt Sir David Lean, mit dem er jahrzehntelang zusammenarbeiten wird. Lean ist auch sein Regisseur bei der berühmten Dickens-Verfilmung Oliver Twist, in der Guinness die Rolle des Juden Fagin spielt. Seine Konzeption des Charakters wird später kritisiert, weil sie antisemitische Klischees gefördert habe. 1949 gelingt Guinness mit einer bravourösen Performance in Adel verpflichtet der Durchbruch. In dieser klassischen Komödie porträtiert er in acht (!) Rollen die exzentrischen Mitglieder eines britischen Clans, die im Zuge einer Erbschaftsaffäre ermordert werden. Bis Mitte der 50er Jahre etabliert sich Guinness als der wichtigste Komödiant des britischen Kinos und ist der prägende Darsteller in den erfolgreichen Komödien der Ealing-Studios (Der Mann im weißen Anzug, Ladykillers). In Hollywood steht er an der Seite von Grace Kelly (Der Schwan) vor der Kamera. Zusammen mit seiner Frau konvertiert er zum Katholizismus. Guinness ist zeitlebens tief gläubig.
Der Charakter-Star
1957 spielt er in David Leans epischem Meisterwerk Die Brücke am Kwai die Rolle eines prinzipientreuen Colonels in japanischer Kriegsgefangenschaft. Der weltweite Erfolg des Films macht Guinness zu einem der führenden Charakterdarsteller des internationalen Kinos; er erhält den Oscar als bester Hauptdarsteller. 1959 wird Guinness in den Adelsstand erhoben. Er spielt in der Graham-Greene-Verfilmung Unser Mann in Havanna (1959) einen britischen Agenten und im Monumentalfilm Der Untergang des Römischen Imperiums (1964) den römischen Kaiser Marcus Aurelius. In David Leans Klassiker Lawrence von Arabien (1962) brilliert er in der tiefgründig angelegten Rolle eines mächtigen Araber-Scheichs. 1965 tritt er für Lean im Welterfolg Doktor Schiwago als kommunistischer General auf.
Ab Mitte der 60er Jahre werden Guinness' Rollen und Filme zunehmend weniger attraktiv. Hauptrollen gehen an die britischen Charakter-Stars der nächsten Generation (wie Richard Burton oder Peter O' Toole), während Guinness zunehmend in Nebenrollen oder in Fernsehfilmen auftritt. Wichtige Parts spielt er in Cromwell (1970; als König Charles I.) und in Hitler: Die letzten Tage (1973; als Adolf Hitler). Nachdem er 1976 als blinder Butler in der Krimi-Komödie Eine Leiche zum Desert zu sehen ist, gelingt ihm mit 63 Jahren ein spektakuläres Comeback. George Lucas verpflichtet ihn für sein Weltraummärchen Krieg der Sterne (1977). Guinness, bärtig und mit Kapuze, spielt Obi-Wan Kenobi, den weisen Lehrmeister des jungen Helden, und verleiht der Rolle eine machtvolle, mythische Ausstrahlung. Der gigantische Erfolg des Films macht den legendären Charakterdarsteller bei einem jungen Publikum bekannt und saniert seine Finanzen. Guinness selbst hält den von Spezialeffekten dominierten Märchenfilm für unerheblich und äußert sich später nur noch abfällig über ihn.
Die letzten Jahre
1979, mit 65 Jahren, spielt Sir Alec Guinness für das britische Fernsehen eine seiner populärsten Rollen: den verrenteten Meisterspion George Smiley, der in Dame, König, As, Spion einen Maulwurf im britischen Geheimdienst enttarnt. Er nimmt die Rolle in Smileys Leute (1982) wieder auf. Sein Bewunderer Dustin Hoffman überreicht ihm 1979 den Oscar für sein Lebenswerk. 1980 gelingt ihm in der Klassiker-Verfilmung Der kleine Lord die wohl definitive Interpretation des hartherzigen Earl of Dorincourt. In der kuriosen Rolle eines indischen Professors tritt er nach vier Jahrzehnten zum letzten Mal für David Lean vor die Kamera (Die Reise nach Indien, 1985). Ab Ende der 80er Jahre ist Guinness nur noch sporadisch im Kino zu sehen. In Steven Soderberghs Kafka (1991) fasziniert er in der Rolle eines dämonischen Bürochefs. Nach längerer Krankheit stirbt Sir Alec Guinness am 5. August 2000.
Der Schauspieler Guinness
Sir Alec Guinness gilt als einer der großen Filmschauspieler des 20. Jahrhunderts. Der äußerlich unscheinbare Darsteller war mit seinem Stan-Laurel-Gesicht weder für Liebhaber- noch für Heldenrollen geeignet. Doch er gestaltete seine Charaktere mit größter Meisterschaft und Präzision und schuf Meilensteine der Schauspielkunst. Als junger Komödiant entwickelte er einen subtil-britischen Humor und überzeugte das Publikum durch chamäleonhafte Wandlungsfähigkeit. Nachdem er in mittleren Jahren ins Charakterfach gewechselt war, stellte er mit großem Charisma Autoritätsfiguren wie Prinz Feisal oder Obi-Wan Kenobi dar, die stets von einer Aura cooler, überlegener Intelligenz umgeben waren. Die Rolle des George Smiley spielte er so weit herunter, dass er erklärte: "Wahrscheinlich hab ich's vermasselt." Letzteres war nicht der Fall, statt dessen gelang es ihm einmal mehr, hinter den scheinbar unbewegten Gesichtszügen eines Charakters eine außergewöhnliche Gefühls- und Bedeutungstiefe aufscheinen zu lassen. Sir Alec Guinness, der privat ein zurückgezogenes Leben führte und jahrzehntelang skandalfrei verheiratet war, bleibt einer der maßgeblichen Darsteller der Filmgeschichte.
Ehrungen
Alec Guinness wurde 1955 zum Commander of the Order of the British Empire ernannt, 1959 folgte der Ritterschlag. Seit 1994 war er zudem Companion of Honour.
Filmographie (Auszug)
- Mute Witness (1994)
- A Foreign Field (1993)
- Kafka (1991)
- Little Dorrit (1988)
- A Handful of Dust (1988)
- A Passage to India (1984)
- Star Wars: Episode VI - Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983)
- Lovesick (1983)
- Raise the Titanic (1980)
- Star Wars Episode V: Das Imperium schlägt zurück (1980)
- Star Wars Episode IV: Krieg der Sterne (1977)
- Murder by Death (1976)
- Hitler: The Last Ten Days (1973)
- Bruder Sonne, Schwester Mond (1972)
- Scrooge (1970)
- Cromwell (1970)
- The Comedians (1967)
- The Quiller Memorandum (1966)
- Hotel Paradiso (1966)
- Situation Hopeless... But Not Serious (1965)
- Doktor Schiwago (1965)
- The Fall of the Roman Empire (1964)
- Lawrence von Arabien (1962)
- H.M.S. Defiant (1962)
- A Majority of One (1961)
- Tunes of Glory (1960)
- Our Man in Havana (1959)
- The Scapegoat (1959)
- The Horse's Mouth (1958)
- Barnacle Bill (1957)
- Die Brücke am Kwai (1957)
- The Swan (1956)
- Rowlandson's England (1955)
- The Ladykillers (1955)
- The Prisoner (1955)
- To Paris with Love (1955)
- The Stratford Adventure (1954)
- Father Brown (1954)
- The Malta Story (1953)
- The Square Mile (1953) (voice)
- The Captain's Paradise (1953)
- The Card (1952)
- The Man in the White Suit (1951)
- The Lavender Hill Mob (1951)
- The Mudlark (1950)
- Last Holiday (1950)
- A Run for Your Money (1949)
- Kind Hearts and Coronets (1949)
- Oliver Twist (1948)
- Große Erwartungen (Great Expectations) (1946)
Werke
- Adel verpflichtet : Tagebuch e. noblen Schauspielers. - Berlin : Henschel, 1998
- Glück hinter der Maske : Autobiographie. - München : Knaur, 1988
Literatur
- Harwood, Ronald: Dear Alec. - New York : Limelight Edition, 1989
- O'Connor, Garry: Alec Guinness. - London : Hodder & Stoughton, 1994
- Von Gunden, Kenneth: Alec Guinness. - Jefferson, NC : McFarland, 1987
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Guinness, Alec |
ALTERNATIVNAMEN | Sir Alec Guinness |
KURZBESCHREIBUNG | englischer Schauspieler |
GEBURTSDATUM | 2. April 1914 |
GEBURTSORT | London |
STERBEDATUM | 5. August 2000 |
STERBEORT | Midhurst, West Sussex |