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Polyethylen

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Polyethylen (Kurzzeichen PE, veraltet Polyäthylen, gelegentlich auch Polyethen genannt) ist ein durch Polymerisation von Ethen hergestellter, teilkristalliner, thermoplastischer Kunststoff mit der Formel . Es gehört zur Gruppe der Polyolefine.

Historische Informationen

Polyethylen wurde 1898 von dem Chemiker Hans von Pechmann entdeckt. Polyethylen wurde am 27. März 1933 zum ersten Mal durch Reginald Gibson und Eric Fawcett in den ICI-Laboratorien in England industriell unter einem Druck von mehreren hundert bar und bei einer Temperatur von 170 °C hergestellt. Erst 1940 konnte ein wirtschaftlich rentables Verfahren entwickelt werden. 1953 entwickelten der Deutsche Karl Ziegler und der Italiener Giulio Natta den Ziegler-Natta-Katalysator, mit dessen Hilfe eine Polymerisation von Ethen auch bei Normaldruck möglich wurde. Die beiden erhielten dafür 1963 den Nobelpreis in Chemie. Kommerziell wird Polyethylen in großen Mengen seit 1957 - vor allem in Rohrleitungssystemen für die Gas- und Wasserversorgung und in Verpackungsmaterialien - eingesetzt.

PE-Typen

Man unterscheidet zwischen

  • PE-LD: stark verzweigte Polymerketten, daher geringe Dichte zwischen 0,915 g/cm3 und 0,935 g/cm3, ("LD" steht für "low density").
  • PE-HD: schwach verzweigte Polymerketten, daher hohe Dichte zwischen 0,94 g/cm3 und 0,97 g/cm3, ("HD" steht für "high density").
  • PE-LLD: lineares Polyethylen niederer Dichte, dessen Polymermolekül nur sehr wenige und kurze Verzweigungen aufweist.
  • PE-HMW: hochmolekulares Polyethylen. Die Polymerketten sind länger als bei PE-HD, PE-LD oder PE-LLD, die mittlere Molmasse liegt bei 500 bis 1000 kg/mol.
  • PE-UHMW: ultrahochmolekulares Polyethylen mit einer mittleren Molmasse von bis zu 6000 kg/mol und einer Dichte von bis zu 0,99 g/cm3.


Vergleichsparameter PE-LD PE-HD
Kristallisationsgrad in % 40 bis 50 60 bis 80
Dichte in g/cm³ 0,915 bis 0,935 0,94 bis 0,97
Schubmodul N/mm² ~130 ~1000
Kristalitschmelzbereich in °C 105 bis 110 130 bis 135
Chemikalienbeständigkeit gut besser
Spannung an der Streckgrenze in N/mm² 8,0-10 20,0-30,0
Dehnung an der Streckgrenze in % 20 12
E-Modul (N/mm²) 200 1000
Lineare Wärmedehnzahl (1/K) 200 * 10-6 150 * 10-6

Eigenschaften

Im Gegensatz zu PVC besteht Polyethylen lediglich aus Wasserstoff und Kohlenstoff, es kann also in der Müllverbrennung im Idealfall zu Kohlendioxid und Wasserdampf verbrennen. Es verbrennt mit tropfender, heller Flamme und brennt auch weiter, wenn man die Flamme entfernt. Die Ökobilanz ist gut. Polyethylen besitzt eine hohe Beständigkeit gegen den Angriff von Säuren, Laugen und weiteren Chemikalien. Polyethylen ist teilkristallin, mit steigendem Kristallinitätsgrad steigt die Dichte. Durch höhere Kristallinität erhöhen sich auch die mechanische und chemische Stabilität. Polyethylen nimmt kaum Wasser auf, es schwimmt auf Wasser; Wasseraufnahme weniger als 0,1%, Dichte <1 g/cm³, und quillt in polaren Lösungsmitteln praktisch nicht. Für Wasserdampf ist es undurchlässig; Sauerstoff, Kohlendioxid und Aromatstoffe lässt es hingegen gut durch. Seine Eigenschaften lassen sich durch geeignete Copolymerisation gezielt ändern.

Ein Nachteil des Polyethylens ist, dass es bei Temperaturen von über 80 °C nicht einsetzbar ist. Ungefärbtes Polyethylen ist milchig-trüb und matt. Polyethylen fühlt sich wachsartig an, es ist ritzbar.

Aufgrund der unpolaren Oberfläche ist Polyethylen ohne geeignete Vorbehandlung (z. B. Coronaentladung oder Abflammen) nur schlecht zu bedrucken oder zu kleben.

Grundsätzlich steigt die Chemikalienbeständigkeit von PE mit der Dichte.

Herstellung

  • PE-LD wird bei Drücken von 1000 bis 3000 bar und Temperaturen von 100 °C bis 300 °C unter Einsatz von Katalysatoren (Sauerstoff oder Peroxide) aus dem Monomer Ethen hergestellt.
  • PE-HD wird industriell nach dem Ziegler-Natta-Verfahren produziert. Kennzeichnend sind bei diesem Verfahren der geringe Druck (1 bis 50 bar) und die niedrige Temperatur (20°C bis 150°C). Als Katalysatoren werden Titanester, Titanhalogenide oder Aluminiumalkyle verwendet. Alternativ erhält man PE-HD auch mit dem Phillips-Verfahren bei Temperaturen von 85 bis 180°C und Drücken von 30 bis 40 bar.
  • PE-UHMW ist mit modifizierten Ziegler-Katalysatoren herstellbar.

Polyethylen ist mit einem Anteil von ca. 29 Prozent der weltweit am meisten produzierte Kunststoff. Im Jahr 2001 wurden 52 Millionen Tonnen hergestellt.

Vernetzung

PE-Makromoleküle lassen sich dreidimensional vernetzen. Durch die Vernetzung verbessert sich die Temperaturbeständigkeit des Materials. Außerdem erhöhen sich die Schlagzähigkeit und die Spannungsrissbeständigkeit. Die Vernetzung erfolgt während der Verarbeitung oder im Anschluss daran. Vernetztes Polyethylen wird als PE-X bezeichnet. Es kommen vier Vernetzungsarten zur Anwendung:

  • PE-Xa (Peroxid-Vernetzung)
  • PE-Xb (Silan-Vernetzung)
  • PE-Xc (Strahlen-Vernetzung)
  • PE-Xd (Azo-Vernetzung)

Anwendungsgebiete

  • PE-LD und PE-LLD: das Material wird vor allem in der Folienproduktion eingesetzt. Typische Produkte sind Müllsäcke, Schrumpffolien und Landwirtschaftsfolien. In geringem Umfang wird PE-LD und PE-LLD auch zur Herstellung von Kabelummantelungen, Rohren und Höhlkörpern verwendet.
  • PE-HD: wichtigstes Anwendungsgebiet sind im Blasformen hergestellte Hohlkörper, beispielsweise Flaschen für Reinigungsmittel im Haushalt, aber auch großvolumige Behälter mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1000 l (so genannte IBC). Außerdem wird PE-HD zu Spritzgußteilen (überwiegend Verpackungen), Folien und Rohren verarbeitet.
  • PE-UHMW: wird beispielsweise für Pumpenteile, Zahnräder, Gleitbuchsen, Implantate und Prothesen verwendet.
  • PE-X: wird unter anderem für Warmwasser-Rohre und als Isolation von Mittel- und Hochspannungskabeln eingesetzt.