Benedikt XVI.
Joseph Kardinal Ratzinger (* 16. April 1927 in Marktl, Landkreis Altötting, Bayern) ist Dekan des Kardinalskollegiums und war bis zum Tod Johannes Pauls II. Präfekt der Glaubenskongregation. Somit ist Joseph Kardinal Ratzinger einer der bedeutendsten Kardinäle und galt theologisch und persönlich als „rechte Hand“ Johannes Pauls II. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Ratzinger als konservativ und war in der Vergangenheit sowohl innerkirchlich als auch in der Außenwahrnehmung in vielen Punkten umstritten.
Leben
Von 1946 bis 1951 absolvierte er ein Studium der Theologie und der Philosophie. 1951 empfing Ratzinger zusammen mit seinem Bruder Georg Ratzinger das Sakrament der Priesterweihe. Im Jahre 1953 promovierte Ratzinger zum Doktor der Theologie, 1957 habilitierte er an der Universität München im Fach Fundamentaltheologie. Ein Jahr später, 1958, wurde Ratzinger Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und im gleichen Jahr noch Dozent an verschiedenen deutschen Universitäten (München, Münster, Tübingen und Regensburg) in den Fächern Fundamentaltheologie, Dogmatik und Dogmengeschichte. Diese Arbeit machte Ratzinger bis in das Jahr 1977, war jedoch während des Zweiten Vatikanischen Konzils Berater des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings. Außerdem ernannte man ihn 1976 zum Päpstlichen Ehrenprälaten. Im März 1977 ernannte Papst Paul VI. Joseph Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising, drei Monate später wurde er schon zum Kardinal erhoben. Als solcher empfing er den polnischen Episkopat in München, darunter auch Karol Wojtyla, der bald darauf nach dem kurzen Pontifikat des Johannes Paul I. zum Papst gewählt wurde. An beiden Wahlen war Ratzinger beteiligt.
Anfang Dezember 1981 erfolgte unter Papst Johannes Paul II. die Ernennung zum Präfekten der Glaubenskongregation. 1992 ernannte ihn der Papst zum Titularbischof der suburbikarischen Diözese Velletri-Segni. Ab 1998 war Ratzinger Subdekan des Kardinalskollegiums und wurde 2002 zum Dekan des Kardinalskollegiums und damit zum Titularbischof von Ostia gewählt.
Seit Januar 2005 wurde Ratzinger in der Presse zunehmend als möglicher Nachfolger von Papst Johannes Paul II. gehandelt. Doch hat sich bei allen vergangenen Papstwahlen der römische Grundsatz bewahrheitet: Wer als Papstkandidat ins Konklave zieht, kommt als Kardinal wieder heraus. Auch die Washington Times, die Ratzinger als papabile ansah, schrieb: Nicht jeder im Vatikan ist überzeugt, dass Ratzinger im Augenblick der richtige Mann wäre. Nicht nur Italiener, sondern auch viele nord- und südamerikanische Kardinäle wünschten sich lieber einen Italiener.
Ratzinger spricht zehn Sprachen.
Ratzinger fällt im Zusammenhang mit den Tode des Papstes Johannes Paul II. eine Schlüsselrolle zu. In seiner Funktion als Kardinalsdekan wird er die Kardinäle zum Konklave zusammenrufen und die Papstwahl leiten. Am Vormittag des 8. April 2005 leitete Ratzinger in Rom die Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Johannes Paul II.
Wirken
Ratzinger wird innerhalb der römisch-katholischen Kirche zum konservativen Flügel gezählt.
Als Präfekt der Glaubenskongregation ist er für die Ablehnung des Vatikans von Priesterehen, gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und Verhütungsmitteln mitverantwortlich. Gerade im Zeitalter von AIDS wird dies der römisch-katholischen Kirche von Kritikern als realitätsfremd vorgeworfen.
Ehrungen
Ehrendoktorwürden
- 1984 College of St. Thomas in St. Paul in Minnesota (Ehrendoktor von Human letters)
- 1985 Katholische Universität Eichstätt
- 1986 Pontificia Universidad Católica del Perú (Katholische Universität Lima)
- 1988 Katolicki Uniwersytet Lubelski (Katholische Universität Lublin)
- 1998 Universidad de Navarra, Pamplona
- 1999 Libera Università Maria SS. Assunta Roma (Freie Universität Maria SS. Assunta in Rom)
- 2000 Uniwersytet Wrocławski (Universität Breslau) (Ehrendoktor der Theologischen Fakultät)
Mitgliedschaften
Ordentliches Mitglied
- KStV Lichtenstein-Hohenheim zu Erfurt, KStV Isaria zu Freising und KStV Alemannia zu München, allesamt im Kartellverband Katholischer Deutscher Studentenvereine KV.
- 1964–1967 Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften (seit 1966 Korrespondierendes Mitglied)
- 1966 Académie des sciences religieuses, Brüssel
- 1991 Europäische Akademie für Wissenschaften und Künste, Abteilung Theologie, Salzburg
Korrespondierendes Mitglied
- 1966 Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften
Assoziiertes Mitglied
- 1992 Membre Associé Etranger der Académie des Sciences Morales et Politiques de l’Institut de France, Paris [1]
Ehrenmitglied
- 2000 Päpstliche Akademie der Wissenschaften
- 1978 KDStV Rupertia im Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen
- 1978 KAV Capitolina Rom im Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen
Auszeichnungen
- 1977 Großkreuz des nationalen Verdienstordens der Republik Ecuador
- 1977 Bayerischer Verdienstorden
- 1985 Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband
- 1985 Verfassungsmedaille des Bayerischen Landtages in Gold
- 1989 Ordine della Minerva der Universität Chieti
- 1989 Augustin-Bea-Preis (Rom)
- 1991 Leopold-Kunschak-Preis (Wien)
- 1992 Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande der Republik Österreich
- 1992 Literaturpreis "Capri S. Michele" in Anacapri
- 1992 "Premio Nazionale di Cultura Cattolica", Bassano del Grappa
- 1993 Literaturpreis Premio Letterario Basilicata per la Letteratura Spirituale e Poesia religiosa in Potenza (Italien)
- 1996 Bayerischer Maximiliansorden für Kunst und Wissenschaft
- 1998 Kommandeur der Ehrenlegion (Legion d'Honneur) der Republik Frankreich
- 1999 Bali di Gran Croce e Devozione des Souveränen Malteserordens
- 2002 Liberal Trieste
Ehrenbürgerwürden
Monografien
- Unterwegs zu Jesus Christus, Augsburg 2003.
- Glaube - Wahrheit - Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, 2. Aufl., Freiburg i. Brsg. 2003.
- Gott ist uns nah. Eucharistie: Mitte des Lebens. Hrsg. von Horn, Stephan Otto/ Pfnür, Vinzenz, Augsburg 2001.
- Gott und die Welt. Glauben und Leben in unserer Welt. Ein Gespräch mit Peter Seewald, Köln 2000.
- Der Geist der Liturgie. Eine Einführung, 4. Aufl., Freiburg i. Brsg. 2000.
- Vom Wiederauffinden der Mitte. Texte aus vier Jahrzehnten, Freiburg i. Brsg. 1997.
- Salz der Erde. Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende. Ein Gespräch mit Peter Seewald, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1996, ISBN 3-453-14845-2
- Wahrheit, Werte, Macht. Prüfsteine der pluralistischen Gesellschaft, Freiburg/ Basel/ Wien 1993.
- Zur Gemeinschaft gerufen. Kirche heute verstehen, Freiburg/ Basel/ Wien 1991.
- Auf Christus schauen. Einübung in Glaube, Hoffnung, Liebe, Freiburg/ Basel/ Wien 1989.
- Abbruch und Aufbruch. Die Antwort des Glaubens auf die Krise der Werte, München 1988.
- Kirche, Ökumene und Politik. Neue Versuche zur Ekklesiologie [Robert Spaemann zum 60. Geburtstag zugeeignet], Einsiedeln 1987.
- Politik und Erlösung. Zum Verhältnis von Glaube, Rationalität und Irrationalem in der sogenannten Theologie der Befreiung (= Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: G (Geisteswissenschaften), Bd. 279), Opladen 1986.
- Theologische Prinzipienlehre. Bausteine zur Fundamentaltheologie (= Wewelbuch, Bd. 80), München 1982.
- Das Fest des Glaubens. Versuche zur Theologie des Gottesdienstes, 2. Aufl., Einsiedeln 1981.
- Eschatologie, Tod und ewiges Leben, Leipzig 1981.
- Glaube, Erneuerung, Hoffnung. Theologisches Nachdenken über die heutige Situation der Kirche. Hrsg. von Kraning, Willi, Leipzig 1981.
- Umkehr zur Mitte. Meditationen eines Theologen, Leipzig 1981.
- Zum Begriff des Sakramentes (= Eichstätter Hochschulreden, Bd. 79), München 1979.
- Die Tochter Zion. Betrachtungen über den Marienglaube der Kirche, Einsiedeln 1977.
- Der Gott Jesu Christi. Betrachtungen über den Dreieinigen Gott, München 1976.
- Das neue Volk Gottes. Entwürfe zur Ekklesiologie (Topos-Taschenbücher, Bd. 1) Düsseldorf 1972.
- Die Einheit der Nationen. Eine Vision der Kirchenväter (= Bücherei der Salzburger Hochschulwochen), Salzburg u.a. 1971.
- Das Problem der Dogmengeschichte in der Sicht der katholischen Theologie (= Arbeitsgemeinschaft für Forschungen des Landes Nordrhein-Westfalen: Geisteswissenschaften, Bd. 139), Köln u.a. 1966.
- Die letzte Sitzungsperiode des Konzils (= Konzil, Bd. 4), Köln 1966.
- Ereignisse und Probleme der dritten Konzilsperiode (= Konzil, Bd. 3), Köln 1965.
- Die erste Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ein Rückblick (= Konzil, Bd. 1), Köln 1963.
- Das Konzil auf dem Weg. Rückblick auf die 2. Sitzungsperiode des 2. Vatikanischen Konzils (= Konzil, Bd. 2), Köln 1963.
- Die christliche Brüderlichkeit, München 1960.
- Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura (Habilitationsschrift), München u.a. 1959.
- Volk und Haus und Gottes in Augustins Lehre von der Kirche (= Münchner theologische Studien 2/7, zugl. München, Univ., Diss., 1951.), München 1954.
- Dogma und Verkündigung
- Einführung in das Christentum (2000)
Literatur
- John L. Allen: Cardinal Ratzinger. The Vatican's enforcer of the faith. Continuum, New York 2000
- Karl Wagner: Kardinal Ratzinger. Der Erzbischof in München und Freising in Wort und Bild. Pfeiffer, München 1977
Weblinks
- Ansprachen und Werke von Kardinal Ratzinger
- Deutsche Informationsseite
- Interview der Zeitung "Die Welt" mit Joseph Ratzinger, November 2004
- Kardinal Ratzinger Fanclub (es ist umstritten, ob diese Webseite die Ansichten Ratzinger korrekt wiedergibt)
- Interview des Senders "EWTN" mit Joseph Kardinal Ratzinger
- Analysis: Ratzinger in the ascendance (englisch)
Personendaten | |
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NAME | Ratzinger, Joseph Kardinal |
KURZBESCHREIBUNG | Dekan des Kardinalskollegiums und Präfekt der Glaubenskongregation |
GEBURTSDATUM | 16. April 1927 |
GEBURTSORT | Marktl (Landkreis Altötting) |