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Pleuel

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Ein Pleuel (auch: Pleuelstange, Schubstange, Treibstange) ist die Verbindung zwischen der Kurbelwelle oder dem Kurbelzapfen und dem geradgeführten Teil, sei es Kreuzkopf oder Kolben, bei einem Kurbeltrieb. (Einzahl: Pleuel, Mehrzahl: Pleuel; das Pleuel (n), die Pleuelstange (w).)

Pleuel eines Boxermotors

Das Pleuel setzt die lineare Bewegung des Kraft- oder Arbeits-Kolbens in die kreisförmige Bewegung der Kurbelwelle um (linear oszillierend --> rotierend).

Anwendungsfälle

Pleuel kommen bei verschiedensten Maschinentypen zum Einsatz.

Biegestanze

Bei einer Biegestanze wird das Pleuel zur Umsetzung der meist obenliegenden Rotationseinheit auf die meist senkrecht zu betätigende Biege- oder Stanzeinrichtung verwendet. Dabei sind teils enorme Kräfte zu bewältigen. Der gewaltige Hub der Maschine muss durch entsprechende Fundamente aufgefangen werden. Als Besonderheit wurden in diesem Sektor zahlreiche Knick-Pleuel etabliert, die es erlauben, Kraft und Weg in gewissen Grenzen frei zu wählen und somit in der Lage sind, den Maschinenhub dem Werkstück und der Bearbeitung weitgehend anzupassen.

Nähmaschine

Bei einer Nähmaschine werden Pleuel zur Umsetzung der rotierenden Bewegung des Antriebs in eine vertikale Bewegung der Nähnadel verwendet. Historische durch Menschenkraft angetriebene Nähmaschinen benutzten ein Pleuel weiterhin zur Umsetzung der Kippbewegung der Fußplatte in die Drehbewegung der Antriebsachse.

Dampfmaschine

Auch bei Dampfmaschinen, Dampfschiffen oder sonstigen dampfbetriebenen Rotationsmaschinen finden sich Pleuel, die zur Umsetzung der linearen Kolbenbewegung auf eine Kurbelwelle dienen. Die frühen Modelle nach Newcommon hatten dieses Element noch nicht, benutzten allenfalls eine Umlenkung mittels Hebel und konnten somit nur lineare Verbraucher treiben, z. B. Hubkolben-Pumpen. Erst mit dem Design von Watt fand das Pleuel zusammen mit zunächst (als Notbehelf) dem Planetengetriebe und später (nach Erlöschen von Patentansprüchen) der Kurbelwelle wirklich Einzug in die Technik der Dampfmaschinen.

Kompressor

Großpleuel eines Industrie-Kompressors

Das Pleuel eines Kolbenkompressors überträgt die rotierend angreifenden Kraft-Komponenten der Kurbelwelle auf den linear bewegten Arbeitskolben zur Erzeugung der Verdichtung.

Verbrennungsmotor

Das Pleuel einer Verbrennungskraftmaschine nach Nikolaus Otto (Viertakt-Verfahren) überträgt die veränderlichen Gaskräfte des Verbrennungsraumes auf die Kurbelwelle in dem Takt Nr. 3 der Arbeitsbewegung, und überträgt die Kräfte der Kurbelwelle in den drei anderen Viertakt-Phasen: 1 Frischgas ansaugen, 2 verdichten, 4 ausschieben der verbrannten Gase.

Zu jedem Zylinder und Kolben gehört ein Pleuel als Koppelglied der Oszillationsbewegung in die Rotation. (Eine Ausnahme war lediglich der Kolben eines Honda-Versuchsrennmotors mit ovalem Kolbenquerschnitt in den 1980er Jahren, der zwei Pleuel nebeneinander betätigte.)

Formen

An beiden Enden (Pleuelkopf, Pleuelauge) des meist I-förmig ausgeformten Pleuelschaftes befinden sich Pleuellager. Am kleineren Pleuelauge wird der Kolbenbolzen durchgesteckt.

Für das größere Pleuelauge ist in aller Regel das Pleuel am sogenannten Pleuelfuß geteilt, mit zwei Verschraubungen. Der untere, demontierbare Teil wird auch Pleuelfuß oder Pleuellagerdeckel genannt. Neue Konstruktion ist auch das Pleuel mit gebrochener Teilung (BMW): die Teilfläche der großen Pleuelbohrung wird nicht mehr plangefräst, sondern das zunächst einteilige Pleuel mit Bruchkerben oder mit einer Laserkerbe versehen und gezielt in zwei Teile durchgebrochen (Cracken). Die Bruchflächen sind fertigungstechnisch vorteilhaft (preiswerter herzustellen) und passen zur Pleuelmontage exakt nur im Ursprungszustand zusammen, die erwünschte Folge: Verringerung von Montagefehlern. Jedoch müssen Pleuel und Pleueldeckel immer beisammenbleiben, die Bauteile sind nicht mehr austauschbar.

Im Pleuelfuß werden bei Verbrennungsmotoren zwei Stahl-Bronze-Halbschalen eingelegt und in Aussparungen gegen Herausrutschen und Verdrehen gesichert. Im oberen Pleuelauge steckt eine einteilige Bronze-Buchse. Beide Lagerungen aus NE-Metallen müssen im Betrieb durch Öl geschmiert und gekühlt werden: ein Pleuellager-Schaden ist fast immer ein Folgeschaden von Ölmangel. Zur Ölversorgung ist ein Pleuel zumeist über die gebohrte Kurbelwelle zuerst am großen Pleuelfuß-Lager ölversorgt, von dort aus wird oft über eine innere Bohrung in der Pleuelstange dem Kolbenbolzenlager Schmieröl zugeführt.

Die Passungen in Pleuellagern sind so dimensioniert, dass im vorausberechneten Warmzustand geringe Schmierspalte bestehen, aus denen das Öl austreten kann.

Das Pleuel hat Bronzebuchsen und zu jeder Buchse eine kleine Schmier-Bohrung. Es ist ein einteiliges Pleuel (d. h. ohne Fuß-Teilung) aus einem 7,5 ccm-Einzylinder-Modellflugmotor. Dessen Kurbelwelle hat eine einseitige Kröpfung, daher ist eine Fuß-Teilung des Pleuels verzichtbar.

Wenn der Pleuelfuß nicht geteilt ausgeführt ist (einteiliges Pleuel), muß zur Ermöglichung der Montage die Kurbelwelle gebaut sein, also aus mehreren montierbaren Bauteilen bestehen, d. h. sie darf nicht einteilig ausgeführt sein: der Kurbelwellenzapfen muss verschraubt sein bzw. in anderer Weise demontiert und wieder montiert werden können (Pressen, Wärmeschrumpf) (Hirth-Verzahnung).

Das verbindende Profil der beiden Pleuelaugen ist normalerweise ein H- oder Doppel-T-Profil. Im Rennmotorenbau der fünfziger und sechziger Jahre gab es auch sogenannte Messer-Pleuel mit schlankem Rauten-Querschnitt, die in der Mitte (Verbindungslinie der beiden Augen) dick und zu den Seiten hin scharfkantig waren: diesen Pleueln wurden gasdynamische Vorteile bei den Gastransport-Bewegungen von Zweitaktermotoren zugeschrieben. Bei Zweitaktern wird zumeist der Kolbenunterseite und dem Kurbelraum die Pumpbewegung für die Gaszufuhr aufgegeben (Ladungswechsel), daher stehen die Kurbelwelle, die Pleuel und die Kolbenunterseiten im Frischgas-Strom.

Bei V-Motoren wirken entweder zwei gleiche Pleuel auf eine Kröpfung der Kurbelwelle in Kurbelwellenrichtung nacheinander (die Folge: ein leichter Versatz der Zylinder), oder eines der beiden Pleuel ist als Gabel ausgebildet und umfasst das zweite, sodass das zweite Pleuel zwischen die Gabelöffnung auf die Kurbelwelle angreift. Dann gibt es keinen Längs-Versatz der Zylinder hintereinander, und somit auch keine zusätzlichen Kippmomente. Diese aufwendigere Bauart ist z. B. bei Motorrädern von Harley-Davidson zu finden; der vordere V-Zylinder ist gegen den hinteren Zylinder zwar gewinkelt, aber nicht seitlich versetzt.

Gabelpleuel von Puch

Es gibt auch eine andere Art von Gabel-Pleueln: ein Pleuelfuß auf einer Kurbelwellen-Kröpfung, jedoch gabelt sich das Pleuel Y-förmig nach oben, um daran zwei Kolben zu führen: Ein Kolben normal ausgeführt, Kolben und Pleuel-Auge jeweils mit runder Bohrung, das andere Auge ebenfalls rund, jedoch der Kolben mit einer Schlitz-Bewegungsfreiheit für den zweiten Kolbenbolzen. Diese Konstruktion wird für einen sogenannten Doppelkolben-Motor beim Zweitakt-Prinzip benötigt. Der Vorteil des Doppelkolbens liegt in der durch versetzte Hubbewegungen der beiden Kolben möglich werdenden Asymmetrie der Schlitz-Steuerungen des Gaswechsels. Dem stehen erheblichen Nachteile gegenüber: Kühlprobleme, der Bauaufwand, und ein ungünstig geformter doppelt-gemeinsamer Brennraum mit langen Flammwegen und relativ hohem Verbrauch. Dieses Bauprinzip findet sich an den Triumph-Motorrädern der deutschen Firma in Nürnberg zwischen Ende der vierziger und Mitte der fünfziger Jahre und bei Puch-Motorrädern Anfang der vierziger Jahre.

Weitere Alternative ist die Verwendung eines Hauptpleuels mit seitlich drittem Auge neben der Kurbelzapfenbohrung, an das ein kürzeres Nebenpleuel angreift. Nachteil dieser Technik: dies ist schwingungsmechanisch ein Koppelgetriebe mit hochkomplexer geometrischer Bewegungsbeschreibung der Nebenpleuel.

Knick-Pleuel und Doppel-Pleuel siehe http://www.evert.de/eft774.htm

Bei Sternmotoren greifen seitlich am Hauptpleuel, abhängig von der Zylinderzahl, bis zu 8 Nebenpleuel an (Neunzylinder-Motor).

Siehe auch: