Willi van Ooyen
Willi van Ooyen (* 23. Februar 1947 in Weeze) ist langjähriger Aktivist der Friedens- und Sozialforumbewegung, war ab 1976 Funktionär der Deutschen Friedensunion und wurde als Spitzenkandidat der Partei Die Linke zur Landtagswahl in Hessen 2008 in den Landtag gewählt.
Leben
Van Ooyen, ältestes von sieben Kindern seiner Eltern, besuchte von 1953 bis 1962 die Volksschule und absolvierte von 1962 bis 1965 eine Lehre als Elektro-Installateur bei der Bundesbahn. Neben der Berufstätigkeit legte er 1969 das Abitur ab. Wegen Familiengründung zog er 1972 nach Frankfurt am Main um. Dort begann er ein Studium der Geschichte und Pädagogik und schloss mit Auszeichnung zum Thema Hessische Rahmenrichtlinien als Diplom-Pädagoge ab.
Ab 1992 war er als Geschäftsführer der Werkstatt Frankfurt e. V. tätig. Er wurde als Geschäftsführer des Vereins wegen finanziellen Unregelmäßigkeiten und einer hohen Zahl von Arbeitsgerichtsverfahren gegen die Geschäftsführung aufgrund eklatanter Verstösse gegen Arbeitsschutzvorschriften 1996 entlassen. [1]. Gegen ihn wurde unabhängig davon wegen Subventionsbetrug und des Verdachts der persönlichen Bereicherung durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt. Diese Ermittlungen wurden später aber eingestellt. Seit 1997 ist er als Abteilungsleiter, Prokurist und Pädagogischer Leiter der "Praunheimer Werkstätten gGmbH" in Frankfurt am Main tätig. Die Werkstätten sind für die Betreuung von Menschen mit Behinderung für Frankfurt und den östlichen Main-Taunus-Kreis zuständig. Derzeit wirkt er bei der Planungskonzeptionen für die Situation behinderter Menschen im Betreuungsbereich bis zum Jahr 2020 mit.
Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.
Politischer Werdegang
Mit dem Beginn der Lehre trat er der Gewerkschaft GdED bei, später dann der ÖTV; heute ist er Ver.di-Mitglied. Er war aktiv in der Lehrlingsbewegung und nahm seit 1966 an den Ostermärschen der Friedensbewegung teil. 1969 verweigerte er den Kriegsdienst; während seiner Zivildienstzeit war er Sprecher der "Bundeszentrale der Selbstorganisation der Zivildienstleistenden" in Düsseldorf und war beteiligt an den ersten bundesweiten Streiks der Zivildienstleistenden im April 1971. Er war Mitglied im Bundesvorstand des Verbandes der Kriegsdienstverweigerer und nach der Fusion (1974) ehrenamtlicher Landesgeschäftsführer der DFG-VK Hessen. Er war verantwortlich für verschiedene Aktionen zum Thema Vietnamkrieg, Militärputsch in Chile, gegen "Berufsverbote" und führte deutsch-französische Seminare zu sozialen und Friedensthemen durch.
Ab 1976 war er hessischer Landesgeschäftsführer und ab 1984 hauptamtlicher Bundesgeschäftsführer der in ihren Gründungsjahren [2] kommunistisch gesteuerten Deutschen Friedensunion, die aus der DDR jährlich mit Millionenbeträgen finanziert wurde. Hierfür wurde van Ooyen während des Wahlkampfes 2008 von CDU und FDP scharf kritisiert. Van Ooyen erklärte, die “Probleme der Geldbeschaffung” habe er weggeschoben, das sei wohl “naiv” gewesen. Am 6. März 2008 liess er sich in der Zeitung „Die Welt“ vernehmen: „Für Geldflüsse war ich nicht zuständig. Wir haben überall gesammelt und alles genommen, was uns angeboten wurde. Bei mir ist nie jemand mit Geld aus der DDR oder Moskau angekommen.“ Im November 1989 zeigte er sich gegenüber der TAZ im Detail informiert über die Geldflüsse aus der DDR. Die TAZ fasste van Ooyens Äusserungen zusammen: „ ...Bundesdeutsche Handelsunternehmen im Ost-West-Geschäft investierten - notgedrungen oder gern - einen Teil ihrer Gewinne in den hiesigen Kampf für den Sozialismus. Wer in der BRD an Krim-Sekt oder Gorbatschow-Wodka verdienen wollte, hatte vertragsgemäß einen Teil der Rendite an DFU oder DKP auszuschütten. Van Ooyen plaudert damit aus, was in DFU- und DKP-Kreisen bislang als Verleumdung hartnäckiger Anti-Kommunisten galt.“[3]
Seit 1980 war er beteiligt, die Tradition der Ostermärsche wiederzubeleben. Er zählt zu den Initiatoren des "Krefelder Appells", war Mitorganisator der großen Friedensaktionen der 80er-Jahre und der Veranstaltungen "Künstler für den Frieden", der Konferenzen gegen Berufsverbote. Van Ooyen ist derzeit Prokurist und Pädagogischer Leiter der Praunheimer Werkstätten gGmbH in Frankfurt.
Er war ehrenamtlich aktiv in der "Sozialpolitischen Initiative" ("Armutsbericht für die Stadt Frankfurt am Main"), war Gründungs- und Vorstandsmitglied der "Denkfabrik e. V." (Kooperation Universität, Fachhochschule und Gewerkschaft), Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Sprecher des Ostermarschbüros und Vorsitzender der "Friedens- und Zukunftswerkstatt e. V."; er wirkte an der "Erfurter Erklärung" mit.
Ein weiterer Schwerpunkt in der Arbeit für NGOs ist die Sozialforumsbewegung. Willi van Ooyen ist der Kopf der bundesweiten deutschen Sozialforen und des hessischen Sozialforums in Wiesbaden. Vernetzt sind diese Initiativen mit dem Weltsozialforum und den europäischen Sozialforen.
Im September 2007 wurde er zum Spitzenkandidaten der Partei Die Linke zur Landtagswahl in Hessen 2008 gewählt. Seiner Nominierung vorangegangen war der gescheiterte Versuch, Dieter Hooge zum Spitzenkandidaten der Linken zu wählen. Statt seiner wurde das frühere DKP-Mitglied Pit Metz gewählt. Pit Metz trat kurz darauf von dieser Kandidatur zurück und Willi van Ooyen wurde neuer Listenführer. Er gehört der Partei nicht an. Mit dem Einzug der Partei in den hessischen Landtag gewann van Ooyen neben fünf anderen Kandidaten seiner Liste ein Abgeordnetenmandat. Die Landtagsfraktion wählte ihn am 11. Februar 2008 zu ihrem Fraktionsvorsitzenden.
Als seine Ziele in der hessischen Landespolitik nennt er: Eine engere Verbindung zu außerparlamentarischen Initiativen aufbauen, mehr Geld für Bildung, finanziert aus einem höheren Spitzensteuersatz, und mehr Förderung der öffentlichen Beschäftigung. Außerdem kritisiert er den Verfassungsschutz, weil dieser Ooyens Meinung nach als Repressonsinstrument und zur Bespitzelung gegen ihn eingesetzt wurde [4].
Der Historiker Hubertus Knabe warf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 9. Oktober 2008 van Ooyen vor, er habe nach 1976 eine Funktion eingenommen, die "man in der Zeit des Kalten Krieges einen Einflussagenten nannte".[5] Die CDU forderte van Ooyen daraufhin zu einer Reaktion auf.
Van Ooyen kündigte an, im Juni 2008 beantragte Akten der Birthler-Behörde über ihn als Gegenbeweis veröffentlichen zu lassen.[6] Die Behörde teilte mit, van Ooyen habe nicht für die Stasi gearbeitet.[7]
Einzelnachweise
- ↑ :Die WELT Andrea Ypsilantis riskanter Pakt mit Willi van Ooyen, 31. Oktober 2008
- ↑ SPIEGEL 35/1961, Rot und Rosa
- ↑ Hubert Knabe, Honeckers Millionen für ein Trojanisches Pferd, 9. Oktober 2008
- ↑ "Roland Koch ist ausländerfeindlich", sueddeutsche.de, 15.01.2008
- ↑ FAZ.net: Hubertus Knabe, Honeckers Millionen für ein Trojanisches Pferd, 9. Oktober 2008
- ↑ FAZ.net: CDU: Ooyen muss sich äußern, 9. Oktober 2008]
- ↑ Focus: Birthler-Behörde: Van Ooyen kein Stasi-Mitarbeiter, 10. Oktober 2008; FAZ.net: Linkspolitiker Ooyen: „Ich bin unbelastet“, 10. Oktober 2008
Werke
- Aspekte der politischen und historischen Entwicklungen der Friedensbewegung der Bundesrepublik Deutschland - Von Willi van Ooyen, erschienen in Michael Berndt und Ingrid El Masry (Hrsg.): Konflikt, Entwicklung, Frieden. Emanzipatorische Perspektiven in einer zerrissenen Welt, Kassel 2003 (Kasseler Schriften zur Friedenspolitik, Bd. 8), Verlag Winfried Jenior (ISBN 3-934377-83-1) online hier
Weblinks
- Webseite von van Ooyen
- Interview mit Willi van Ooyen über die Sozialforumsbewegung (mp3) [1]
- Seite auf Kandidatenwatch
Personendaten | |
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NAME | Ooyen, Willi van |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker |
GEBURTSDATUM | 23. Februar 1947 |
GEBURTSORT | Weeze |