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Laesio enormis

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Die Laesio enormis (lateinisch, wörtlich: erhebliche Schädigung), deutsch auch Verkürzung über die Hälfte, ist ein Rechtsinstitut mit Ursprung im römischen Recht.

Österreich

Erhält bei einem entgeltlichen Geschäft eine Partei weniger als die Hälfte was sie der anderen Partei gibt, kann sie den Vertrag anfechten. Es wird der gemeine Wert zu Vertragsabschluss herbeigezogen.

Beispiel: Jemand bezahlt für einen Gebrauchtwagen, der nur 4000 € Wert ist, über 10000 €.

Der andere Teil kann die Anfechtung dadurch abwenden, dass er sich bereit erklärt, die Hälfte des gemeinen Werts zu zahlen. Eine Ausnahme besteht, wenn eine ausdrücklich genannte Vorliebe der kaufenden Partei besteht.

Deutschland

Das deutsche Zivilrecht kennt keinen geschriebenen Grundsatz der laesio enormis. Der Bundesgerichtshof geht aber in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig ist, wenn die Gegenleistung im Wert um mehr als die Hälfte hinter dem Wert der Leistung zurückbleibt. Zusätzlich ist allerdings subjektiv erforderlich, dass die bevorteilte Vertragspartei das Ungleichgewicht erkannt oder sich dieser Erkenntnis fahrlässig verschlossen hat.


Schweiz

Das Schweizerische Obligationenrecht sieht in seinem Art. 21 ("Übervorteilung") folgendes vor: "Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung durch einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des andern herbeigeführt worden ist, so kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen" (Abs. 1). "Die Jahresfrist beginnt mit dem Abschluss des Vertrages" (Abs. 2). Die Bestimmung ist bislang nicht häufig angewendet worden, wobei aber doch auf ein neueres Leiturteil des Schweizerischen Bundesgerichts BGE 123 III 292 zu verweisen ist.