Allgemeinverbindlicherklärung
Die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) eines Tarifvertrags bewirkt, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrags auch für alle bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb des sachlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags verbindlich werden.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisation der Arbeitgeber und der Spitzenorganisation der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich erklären, wenn
- die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und
- die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint.
Rechtsgrundlage für die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit ist § 5 Tarifvertragsgesetz. Zuständig ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Das Verfahren wird durch den Antrag einer Tarifvertragspartei (Gewerkschaft oder Arbeitgebervereinigung) eingeleitet.
Voraussetzung für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist, dass sie im öffentlichen Interesse geboten erscheint und dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen. Außerdem muss zuvor ein aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzter Tarifausschuss der Allgemeinverbindlichkeit zustimmen. Es sind zudem weitere relevante Stellen anzuhören.
Seit Beginn der 90er Jahre hat sich der der Anteil der allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge an allen geltenden Ursprungstarifverträgen auf weniger als die Hälfte verringert und liegt heute (2003) bei 2,5%. Der wichtigste Grund für diesen Rückgang liegt in der zunehmend ablehnenden Haltung der Arbeitgeberseite zu diesem Instrument: In den Tarifausschüssen haben die Arbeitgebervertreter in den letzten Jahren sehr viel häufiger als früher von ihrem Vetorecht gegen AVE-Anträge Gebrauch gemacht – manchmal auch gegen den Willen des betreffenden Branchenarbeitgeberverbands. Die Folge ist, dass die Allgemeinverbindlichkeit in Branchen, in denen sie früher regelmäßig beantragt und ausgesprochen wurde (wie z. B. dem Einzelhandel), heute kaum noch eine Bedeutung hat.
Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung wird im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Ein Verzeichnis der allgemeinverbindlichen Tarifverträge kann auch im Internet auf der Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit abgerufen werden. Die Allgemeinverbindlichkeit endet, wenn der Tarifvertrag gekündigt wird oder außer Kraft tritt oder wenn die Allgemeinverbindlichkeit aufgehoben wird.