Diabetes mellitus
Diabetes mellitus (DM) ist der medizinische Name der Zuckerkrankheit und bedeutet honigartiger Durchfluss. Die Bezeichnung ist antiken Ursprungs und beschreibt die Hauptsymptome der Erkrankung: verstärktes Wasserlassen bei verstärkter Ausscheidung von Zucker mit dem Urin.
Geschichte des Diabetes mellitus
Die physiologische Ursache von Diabetes mellitus blieb bis in das 20. Jahrhundert ungeklärt. Erst 1921 gelang es Frederick Grant Banting und Charles Herbert Best, das Hormon zu isolieren, das in den Langerhansschen Inseln hergestellt wird: Insulin. Schon 1922 war eine erste, wirkungsvolle Therapie der Krankheit gegeben.
Überraschend schnell erhielt Banting 1923 den Nobelpreis für Medizin. Das Preisgeld teilte er mit Best, der, als Biochemiker Assistent Bantings, dem Nobelpreiskommitee nicht preiswürdig erschienen war. Beide Wissenschaftler verzichteten auf jegliche patentrechtliche Einnahmen und ermöglichten somit eine rasche, weltweite Verbreitung der Therapie mit Insulin.
Diagnose
Der Blutzucker wird üblicherweise aus dem Kapillarblut (der Fingerbeere oder des Ohrläppchens) bestimmt.
Diabetes mellitus liegt vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
- Nüchternblutzucker ≥ 7,0mmol/l (126mg/dl)
- Blutzucker ≥ 11,1mmol/l (200mg/dl) zwei Stunden nach der Gabe von 75g Glukose
- Blutzucker ≥ 11,1mmol/l (200mg/dl) und sonstige Anzeichen für Diabetes, wie z. B. starker Durst und häufiges Wasserlassen oder unerklärlicher Gewichtsverlust
WHO-Einteilungen
WHO Einteilung seit 2000
Es gibt mehrere Formen des Diabetes mellitus. Die Einteilung wurde in der Vergangenheit mehrmals geändert.
Seit 2000 wird Diabetes mellitus von der WHO nach der Art der Behandlung in fünf Gruppen eingeteilt:
- NIR: (non-insulin-requiring) Behandlung ohne externe Insulinzufuhr, z. B. nur mit Diät und/oder oralen Antidiabetika.
- IRC: (insulin requiring for control) Neben dem körpereigenen Insulin wird zusätzlich externes Insulin benötigt, um erhöhte Blutzuckerwerte zu senken.
- IRS: (insulin requiring for survival) Externe Insulinzufuhr wird zum Überleben benötigt. Dabei handelt es sich nach der alten Einteilung um Typ 1 Diabetes und um Typ 2 Diabetes mit stark reduzierter oder eingestellter eigener Insulinproduktion.
- IGT: (impaired glucose tolerance) Gestörte Glucosetoleranz.
- ND: (non diabetic) Nicht an Diabetes erkrankt.
WHO Einteilung 1997 bis 2000
Die WHO teilte seit 1997 und die Deutsche Diabetes Gesellschaft seit 1999 wie folgt ein:
- Typ 1 Diabetes mellitus: absoluter Insulinmangel aufgrund meist autoimmunologisch bedingter Destruktion (Zerstörung) der Inselzellen des Pankreas (früher Jugenddiabetes genannt)
- Typ 1a: immunologisch vermittelte Form
- Typ 1b: idiopathische Form
- Typ 2 Diabetes mellitus: Insulinresistenz (Hyperinsulinismus) dadurch relativer Insulinmangel. In der Folge nachlassende (versagende) Insulinproduktion. Oft im Zusammenhang mit Übergewicht und Metabolischem Syndrom (früher Altersdiabetes genannt).
- Typ 3 Diabetes mellitus: Alle anderen spezifischen Formen.
- Typ 3A: Betazellen genetisch gestört
- Typ 3B: genetische bedingte Insulinresistenz
- Typ 3C: Bauchspeicheldrüse (Pankreas) erkrankt oder zerstört
- Typ 3D: Diabetes durch hormonelle Störungen
- Typ 3E: Diabetes durch Chemikalien oder Drogen
- Typ 3F...3H weitere Ursachen
- Typ 4 Diabetes mellitus: Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes, GDM)
Therapie (siehe auch Insulintherapie)
- Beim Typ-1-Diabetes muss das fehlende körpereigene Insulin substituiert werden, d.h. es muss auf jeden Fall Insulin gespritzt werden.
- Beim Typ-2-Diabetes muss vor allem das Übergewicht abgebaut werden. Dies sollte durch Reduktion der Überernährung und/oder durch Steigerung der Bewegung erreicht werden. Eine medikamentöse Therapie ist erst nach Ausschöpfung der diätetischen Behandlung gerechtfertigt und sollte sich am Körpergewicht und nicht so sehr am Blutzucker orientieren. Medikamente, die das Körpergewicht erhöhen sind wahrscheinlich ungünstig (z.B. Sulfonylharnstoffe). Medikamente, die das Körpergwicht reduzieren sind wahrscheinlich besser (Acarbose, Metformin). Beim Typ-2-Diabetes ist das Pankreas zu einer Restsekretion von Insulin fähig, die durch Tabletten forciert werden kann. Der Bedarf des übergewichtigen Körpers nach Insulin ist zu hoch. Bislang steht für die meisten oralen Antidiabetika (OAD) der Beweis einer Prognoseverbesserung aus, so dass ihr Einsatz auch unter dem Aspekt der knappen Geldmittel im Gesundheitssystem als kritisch und oft nicht gerechtfertigt bezeichnet werden muss.
Bekannte orale Antidiabetika sind:
- Sulfonylharnstoffe (z.B. Glibenclamid, Glimepirid)
- Biguanide (z.B. Metformin)
- Acarbose (z.B. Glucobay®)
- Neuere Medikamente sind die so genannten Sensitizer (z.B. Actos®, Starlix®). Sie richten sich gegen die Insulinresistenz; das im Blut vorhandene Insulin gelangt besser in die Zelle und kann dort seine Arbeit tun, nämlich aus der Nahrung gewonnene Glukose verwerten helfen.
Prognoseverbesserung
Eine Verbesserung der Zukunftsprognose (= Prognose über die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Spätschäden) ist meist nur durch eine optimale Beherrschung des Diabetes, weniger aber durch die Lebensführung erreichbar. Grund: Auch der Diabetiker wird durch Umweltbedingungen (Arbeitsleben, privates Umfeld, Werbung, Lifestyle...) nicht unbeachtlich beeinflusst.
Personen, die entgegen der durch Untersuchungen und statistischen Erhebungen als günstig heraus gearbeiteten Empfehlungen (Siehe UKPDS-Studie, Steno-2-Studie...) leben, haben ein erhöhtes Risiko, Spätschäden zu erleiden. Zwar gibt es Diabetiker, die trotz vieler als ungünstig bekannten Lebensgewohnheiten (fettes Essen, Bewegungsmangel, mangelhafte oder fehlende Kontrolle des Blutzuckers, ...) lange und frei von Spätschäden leben, diese sind aber eindeutig in der Minderzahl.
Geht man davon aus, dass die Glycolisierung der Zellen (gegenwärtig an der Glycolisierung der roten Blutkörperchen durch den HBA1(C)-Wert gemessen) bereits nach 2 Stunden andauerndem erhöhten Blutzuckers in eine irreversivle chemische Verbindung mit den Zellmembranen übergeht, die nicht durch eine gute, sinnvolle und niedrige Stoffwechsellage kompensiert oder gar rückgängig gemacht sondern NUR (im Hinblick auf die Entwicklung von Spätschäden) aufgehalten werden kann, muss das oberste Ziel JEDER Diabetestherapie sein, diese irreversible chemische Reaktion der Glucoseablagerungen so gering wie nur möglich zu halten. (AGE-"RAGE"-Bildungsprozess (siehe Typ-2-Diabetes Mellitus - Neue Erkenntnisse zu einer Volkskrankheit - Hellmut Mehnert, Thomas Haak, - Diabetes Akademie Bad-Mergentheim - 1. Auflage 2003 - Seite 40, 1. Absatz)
Somit kann man zusammenfassend sagen, dass sich die Prognose, lange und spätschädenfrei zu leben um so mehr verbessert, je niedriger die Glycolisierung ist. Allerdings darf der Blutzucker NICHT durch Schwankungen erkauft werden, da diese wiederum von anderen Seiten die Prognose einer gewissen Lebenserwartung ohne Spätschäden verringert. Ein zu niedriger Blutzuckerspiegel durch einen zu hohen Insulinspiegel schädigt die Intima Media (Innenwand der Blutgefäße) mindestens genauso wie ein zu hoher Blutzuckerspiegel.
Für jeden Betroffenen muss eine sinnvolle und machbare Therapie gefunden werden, die das Ziel niedrigster Blutzuckerwerte bei den niedrigsten Zahl von Hypoglycämien zum Ziel hat.
In der Regel muss der betroffene Diabetiker die Feinsteuerung und nach Möglichkeit auch die Basalratenfindung im Alltag selbst lösen, da nur er die genaue Reaktion seines Körpers durch die Rahmenbedingungen (Essen, Bewegung, Insulin, Krankheit, Sport ...) kennt und einzuschätzen weiß. Somit kann auch gesagt werden, dass die Prognose um so besser ausfällt, je mehr sich die Betroffenen durch Wechsel der Lebensführung, Wissensaneignung und Umsetzung des Wissens um ihre Krankheit bemühen.
Beschwerden
Viele Typ 2 Diabetiker haben über Jahre überhaupt keine Beschwerden.
Typische Beschwerden bei hohen Blutzuckerwerten sind:
- Durst
- häufiges Wasserlassen
- Müdigkeit
- Antriebsarmut
- Kraftlosigkeit
- Sehstörungen
- Juckreiz
- Entzündungen der Haut
- schlecht heilende Wunden
- Infektionen an den Geschlechtsorganen
- Harnwegsinfekte
- Gewichtsverlust
- Fußprobleme
Folgeerkrankungen
Langfristig ist bei nahezu allen Patienten mit schwerwiegenden Folgeerkrankungen zu rechnen. Ursächlich dafür verantwortlich gemacht werden:
- Mikroangiopathie
- Makroangiopathie
- Polyneuropathie
- Dermatopathie
Weblinks
- http://www.m-ww.de/krankheiten/innere_krankheiten/diabetes.html - ausführliche und laienverständliche Darstellung des Diabetes
- http://www.zeit.de/2003/48/Diabetes_neu ausführlicher und hintergründiger Artikel über die künftige Entwicklung und Bedeutung des Diabetes (Typ II für das Gesundheitssystem)
- http://en.wikipedia.org/wiki/Diabetes_dictionary umfangreiche (englischsprachige) Übersicht sehr vieler, mit dem Diabetes befassten (Rand-)bereiche
- http://www.diabetes-symposium.de/ ONLINE Vorträge von anerkannten Diabetes-Zentren und -Spezialisten
Siehe auch:
Insulin -- Broteinheit -- Blutzucker -- Korrekturfaktoren_mit_Insulin