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Selenocystein

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‘’‘Seleneocystein’‘’, die sog. “21te Aminosäure”: ein reaktives Analogon des Cysteins

Der genetische Code gilt prinzipiell für alle Hauptformen des Lebens, jedoch gibt es einige Besonderheiten. Während der Standard-Code es Zellen ermöglicht, Proteine aus den bekannten 20 Aminosäuren herzustellen, können Bakterien, Archaea und Eukaryoten während der Translation eine 21te Aminosäure über einen ‘’“Translationskodierung”’‘ genannten Mechanismus einbauen: Selenocystein (Sec). Selenocystein, das die Funktionsfähigkeit vieler essenzieller Enzyme (Glutathion-Peroxidase, Dejodase) erst ermöglicht, ähnelt dem Cystein, enthält jedoch statt des Schwefels ein Selenatom.

Selenocystein: Bildung und Einbau in Proteinketten

Biochemisch entsteht Sec nach der Bindung der Aminosäure Serin (Ser) an eine besondere Transfer-RNA (tRNA; Schritt 1). Diese tRNA wird enzymatische mit Selen versehen (selenyliert; Schritt 2), wobei tRNASec entsteht. tRNASec paart mit dem Codon UGA, das normalerweise “Translationsstopp” bedeutet. Bildet die mRNA darüber hinaus eine weitere Schlaufen-artige (sog. ́stem-looṕ Struktur) aus, so kann diese Regel durchbrochen werden: das Stoppcodon wird ignoriert, dafür wird Sec eingebaut. Bei Bakterien findet sich eine solche ́Seciś (́selenocysteine insertion sequencé) genannte Sequenz in unmittelbarer Nachbarschaft zum UGA Codon, bei Eukaryoten (Abb.) weit davon entfernt. Die gleichzeitige Anwesenheit von Sec-tRNA und Secis wird durch einen spezifischen, GTP-abhängigen Translationsfaktor (grüne Kugel) erkannt (3), der die Neu-Interpretation des UGA-Codeworts und den Einbau von Sec ermöglicht (4) .

Mehrere Dekaden nach der Entdeckung des Selens als wichtiges Spurenelements in Wirbletieren, sind heute über 30 eukaryotische und mehr als 15 bakterielle Sec-haltige Proteine bekannt. Viele davon sind Enzyme, die Redox-Reaktionen vermitteln und dort befindet sich das hochreaktive Selenocystein am aktiven Zentrum. Besondere Beachtung hat Glutathion-Peroxidase erlangt, die zur zellulären Abwehrbrigade gegen Folgen eines oxidativen Stress gehören. Störungen in der Funktion solcher Selenoproteine gehe mit Mangelsyndromen wie der Keshan und Kashin-Beck Krankheit einher und mögen eine Rolle bei der Tumorentstehung und Artzherosklerose spielen