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Prostitution

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Prostitution (von lat. prostituere, sich öffentlich hinstellen) bezeichnet das Anerbieten, sexuelle Handlungen gegen Entgelt vorzunehmen. Die Prostitution wird umgangssprachlich „ältestes Gewerbe der Welt“ und „das horizontale Gewerbe“ genannt.

Prostituierte

Es gibt sowohl männliche als auch weibliche Prostituierte, wobei die Frauen deutlich in der Überzahl sind. Weibliche Prostituierte befriedigen meist die Bedürfnisse von männlichen Kunden, den so genannten Freiern. Männliche Prostituierte (zum Beispiel Strichjungen und Callboys) erfüllen zumeist ebenfalls die Wünsche von männlichen Kunden. Weibliche Kunden von Prostituierten gibt es nur selten, sie gelten weitestgehend als ein von den Medien geschaffenes Phantom. Männer, die ihre Dienste ausschließlich Frauen anbieten, treffen in der Regel nicht auf genug Nachfrage, um dieses Angebot aufrecht erhalten zu können. Ausnahmen gibt es gelegentlich in den Randzonen der Prostitution durch so genannte Gigolos. Auch der in manchen Anzeigen männlicher Prostituierter zu findende Hinweis „Damen angenehm“ o.ä. sprechen eher für die Wünsche meist noch neuer, männlicher Prostituierter als für die Existenz weiblicher Kunden.

Für Prostituierte sind zahlreiche andere Bezeichnungen gebräuchlich, die teils eher abwertend, teils eher neutral verstanden werden, zum Beispiel Nutte, Hure, Dirne, Bordsteinschwalbe, Liebesdienerin. Manche Begriffe sind inzwischen veraltet und werden heute kaum noch verstanden, zum Beispiel Metze oder Hübscherin. Um deutlich zu machen, daß es sich bei der Prostitution um eine Form der Arbeit handelt, werden Prostituierte auch als Sexarbeiterinnen bezeichnet.

Formen der Prostitution

Die Grenzen der Prostitution sind fließend, sowohl hinsichtlich der Prostituierten als auch hinsichtlich der Dienstleistung. Bei den Prostituierten reicht das Spektrum von Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Prostitution verdienen, über solche, die sich gelegentlich damit etwas dazu verdienen, bis zu solchen, die bei Gelegenheit für eine einzelne angestrebte Gegenleistung (Urlaub, Geschenk) Sex anbieten oder in ihn einwilligen. Diese letzte Gruppe wird in der Regel nicht mehr zu den Prostituierten gerechnet.

Bei den angebotenen Dienstleistungen geht es vom Sex in allen möglichen Varianten über die Unterhaltung, an deren Ende Sex steht, bis zur Unterhaltung, die Sex einschließen kann aber nicht muss. Die beiden letzten Varianten – oft von so genannten Begleitern angeboten – sind untypisch für die Prostitution. Reine Unterhaltung gehört gar nicht zur Prostitution, weswegen die gelegentliche Bezeichnung von Geishas als Prostituierte falsch ist.

Art und Umfang der sexuellen Dienstleistungen wird zwischen Prostituierten und Freiern im Vorfeld verhandelt. Nicht angesprochene Wünsche sind in der Regel nicht im Preis enthalten, so dass es dann zu Nachforderungen seitens der Prostituierten kommen kann.

Prostitution findet oft im Rahmen des Rotlichtmilieus, manchmal in einem Rotlichtviertel statt.

Die gewerbsmäßige Prostitution gibt es in vier Hauptformen:

  • Straßenprostitution (Straßenstrich): Die Prostituierten stehen an bestimmten, offiziell dafür vorgesehenen, oder inoffiziell bekannten, Stellen am Straßenrand und bieten sich potentiellen Kunden an. Abwandlungen sind Prostitution in Hotelbars, Raststätten und an ähnlichen Orten.
Bei der Straßenprostitution findet der Sex in der Regel entweder im Auto des Freiers oder in Hotels statt, oft in so genannten Stundenhotels, die darauf spezialisiert sind.
Wohnwagenprostitution: Diese Geschäftsform findet man an einigen Land- und Bundesstraßen zumeist im ländlichen Raum. Die Prostituierten warten in Wohnwagen, die auf einsamen Parkplätzen oder Feldwegmündungen stehen, auf Kunden.
  • Prostitution in Bordellen: Hier findet die Prostitution in speziellen Häusern statt, die über einen Kontaktraum verfügen, in denen der Freier eine Prostituierte oder einen Stricher (House of Boys) auswählen kann und dann mit ihr oder ihm ein Zimmer für den Sex (ähnlich einem Stundenhotel) aufsuchen. Abwandlung sind Laufhäuser oder Straßen mit schaufensterähnlichen Räumen im Erdgeschoss, in denen die Prostituierten sitzen (zum Beispiel die Herbertstraße in Hamburg oder die Helenenstraße in Bremen ).
Die Prostituierten sind meist faktisch Angestellte oder befinden sich in noch größerer Abhängigkeit vom Bordell oder einzelnen Zuhältern, wenn auch aus rechtlichen Gründen oft die Fiktion geschaffen wird, sie seien selbständig.
  • Modellprostitution: Die Prostitutierten mieten auf eigenes Risiko Zimmer in so genannten Modellwohnungen an, die häufig ehemalige Gewerberäume oder Mietwohnungen sind. Sie werben in Lokalzeitungen oder im Internet und arbeiten auf eigene Rechnung.
  • Prostitution auf Anruf (Callgirls): Die Prostituierten werden direkt oder über eine Agentur vom Freier gebucht. Der Sex wird beim Kunden zu Hause, in einem Hotel oder in der eigenen oder einer extra angemieteten Wohnung vollzogen.
  • Eine Sonderform der Prostitution stellt die Sexualassistenz (auch Surrogat-Therapie genannt) dar. Behinderte, die behinderungsbedingt keine andere Möglichkeit der sexuellen Befriedigung haben, nehmen die Dienste von männlichen oder weiblichen Sexualassistenten in Anspruch. Sexualassistenten sind auf die besonderen Bedürfnisse der Behindertensexualität spezialisierte Prostituierte. Inzwischen gibt es spezielle Ausbildungsgänge zu Sexualassistenten. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen können die Kosten einer Sexualassistenz vom Sozialamt übernommen werden. Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse (‚Sex auf Krankenschein‘) ist jedoch gesetzlich ausgeschlossen.

Bei allen Formen der Prostitution können die Prostituierten unter der Kontrolle eines – meist männlichen – Zuhälters stehen, was jedoch bei männlichen Prostituierten unüblich ist. Es kann sein, dass ein Zuhälter die Prostituierten unter Einsatz von Gewalt oder psychischer Manipulation (also durch gezieltes Ausnutzen von persönlichen Schwächen), gelegentlich auch suchterzeugenden Drogen, in einem Zustand der Abhängigkeit hält; eine besondere gewaltsame Abhängigkeit wird im Fall des Menschenhandels (siehe auch Moderne Sklaverei) geschaffen. Betroffen sind häufig Frauen aus Südamerika, Osteuropa und Südostasien. In solchen Situation geht der Verdienst ganz oder weitgehend an den Zuhälter.

Besonders in Verbindung mit Menschenhandel können Zuhälter Teil organisierter Kriminalität sein oder von entsprechenden Organisationen (‚Mafia‘), kontrolliert werden.

In Städten oder Ländern mit rigiden Sperrgebietsverordnungen sind, wegen der verschärften Konkurrenzsituation auf engem Raum, die Prostituierten eher dem Zugriff von Zuhältern ausgesetzt. Eine Prostituierte ohne Zuhälter wird hier oft von den Zuhältern der anderen Prostituierten gewaltsam vertrieben.


Geschichte der Prostitution

Schon im Altertum, so in Babylon, existierte die so genannte Tempelprostitution. Gegen Geschenke wurden dort von Frauen sexuelle Handlungen vollzogen. In der griechischen Antike sind Prostituierte (Hetären) im heutigen Sinne bezeugt, das heißt ohne sakralen Hintergrund.

Zimmer eines Lupanar in Pompeji

Im 12. Jahrhundert werden in Europa die ersten Bordelle urkundlich erwähnt, historisch sind sie bereits aus dem römischen Altertum bekannt, wo zum überwiegenden Teil Sklavinnen und Sklaven beschäftigt waren.

Während des II. Weltkriegs wurden von der Wehrmacht und der SS Hunderte von Wehrmachtsbordellen eingerichtet. Zehntausende von Frauen wurden zur Prostitution gezwungen. Frauen, die sich bei dieser Form der Zwangsarbeit mit Geschlechtskrankheiten angesteckt hatten, wurden erschossen.

Prostitution in Deutschland

  • In Deutschland gibt es etwa 400.000 berufsmäßige Prostituierte. Dazu kommen noch eine Reihe von Gelegenheitsprostituierten, deren Zahl je nach Definition unterschiedlich angegeben wird.
    • Davon sind geschätzt 95 % weiblich und 5 % männlich.
    • Die Dienste der berufsmäßigen Prostituierten werden täglich von etwa 1,2 Millionen Männern in Anspruch genommen. Der Umsatz liegt heute bei über 6 Mrd. Euro im Jahr.
  • Herkunftsländer:
Nach Schätzungen von Hydra und anderen Hilfsorganisationen arbeiten in Deutschland 100 000 bis 200 000 Ausländerinnen als Protituierte, davon ein erheblicher und zunehmender Teil Osteuropäerinnen. Viele dieser Frauen werden von kriminellen Banden eingeschleust und dann zur Prostitution gezwungen.
  • Ausübungsorte:
    • Etwa 50 bis 60 % der Dienste finden in Bordellen statt.
    • Etwa 20 % auf der Straße.
    • Der Rest als Begleithostessen oder in Privatwohnungen.

In den 1990er Jahren machten in Deutschland gewerkschaftsähnliche Selbsthilfegruppen Prostituierter auf die rechtlose Situation von Prostituierten aufmerksam und forderten die Anerkennung von Prostitution als Beruf. Mit dem Prostitutionsgesetz (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostitution – ProstG vom 20. Dezember 2001; BGBl. I S. 3983) wurde die Prostitution in Deutschland gesetzlich geregelt. Vereinbarungen über sexuelle Handlungen gegen Entgelt begründen eine rechtswirksame Forderung der Prostituierten, sie gelten nicht mehr als rechtswidrig. Da die Menschenwürde nicht zur Disposition des Staates steht, auch nicht durch Gesetz, ist die Prostitution nach Auffassung von manchen Juristen auch weiterhin sittenwidrig (vgl. Palandt-Heinrichs § 138 BGB Rn. 52), durch das ProstG entstehe aber nach Vornahme der sexuellen Handlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Berlin war jedoch die Prostitution bereits vor dem Prostitutionsgesetz nicht mehr sittenwidrig: "...die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) darf nicht dazu mißbraucht werden, den einzelnen durch einen Eingriff in die individuelle Selbstbestimmung gleichsam vor sich selbst zu schützen..." (VG Berlin, Urteil vom 01.12.2000, VG 35 A 570.99). Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass Prostitution zu den Erwerbstätigkeiten gehört, die "Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens" im Sinne von Art. 2 EG sind (EuGH v. 20.11.2001 – Rs. C-268/99).

Seit 2002 nehmen auch gesetzliche Krankenversicherungen Prostituierte auf, da sie als Mitarbeiterinnen ihres Zuhälters entweder als Arbeitnehmerinnen oder als Scheinselbstständige gelten. Grundsätzlich könnten sich Prostituierte auch privat krankenversichern; allerdings werden sie von privaten Krankenversicherungen in der Regel wegen zu hoher Risiken abgelehnt.

Die Machtverhältnisse im deutschen Rotlichtmilieu haben sich im Laufe der Zeit massiv verändert.

Verbände und Selbsthilfegruppen

Die Gewerkschaft ver.di versucht, mit einem Arbeitskreis Prostitution (Fachbereich 13 Besondere Dienstleistungen), die Interessen von Prostituierten zu vertreten. Dabei konzentriert sich die Gewerkschaft auf die arbeitsrechtliche Absicherung von Prostituierten, unter anderem mit einem Muster-Arbeitsvertrag.

Als Arbeitgeberverband im Bereich der Prostitution gibt es den Bundesverband sexuelle Dienstleistungen e.V. (BUSD) mit Sitz in Berlin.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Selbsthilfegruppen und ‚Huren-Projekte‘ wie etwa Hydra.

Der Organisationsgrad von Prostituierten ist allerdings durchweg niedrig.

Prostitution in Japan

In Japan ist Prostitution weit verbreitet und der Übergang zu "unbezahltem, freiwilligen" Geschlechtsverkehrt viel fließender als im Westen. Millionen von jungen Mädchen haben zumindest zeitweise in Hostess-Clubs gearbeitet; Hunderttausende Oberschülerinnen verkaufen ihre Körper oder ihre Begleitung im Enjokosai-System.

Die japanischen Geishas stellen dagegen eine Art gebildete Unterhalterin dar. Zum Geschlechtsverkehr kommt es mit ihnen in der Regel nicht; sie gehören daher nicht zu den Prostituierten.

Prostitution ist weniger ehrenrührig als im Westen. Auf der Seite der Männer ist es ganz normal, den Geschäftspartner in anrüchige Clubs auf Firmenkosten auszuführen; auf der Seite der Frauen ist Prostitution fast immer freiwillig und wird ganz pragmatisch als eine Methode gesehen, schneller an Geld zu kommen als mit normalen Jobs. Dies illustriert ein häufiges Motiv japanischer Comics , wo der Vater oder der Freund beim Besuch eines Hostess-Clubs auf seine eigene Tochter bzw. Freundin trifft.

Prostitution in anderen Ländern ausserhalb Europas

  • In fast allen US-amerikanischen Bundesstaaten ist Prostitution sowie die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen strafbar (Ausnahme: Teile Nevadas). Dies bedeutet allerdings nicht, dass es in den USA keine Prostitution gibt. Im Gegenteil sind vom Straßenstrich bis zu teuren Callgirls viele Formen vertreten.
  • Viele Länder sind Ziel eines Sextourismus, zum Beispiel Kenia, Tschechien, die Niederlande, Kuba, die Philippinen, Thailand, die Karibik und Tunesien.

Kinderprostitution

Schätzungen von UNICEF zufolge werden weltweit etwa drei bis vier Millionen Kinder im Rahmen von Kinderprostitution kommerziell sexuell ausgebeutet; dabei ist die Definition von "Kind" meist "Person unter 18 Jahren". Prostitution von Personen unter 14 Jahren geschieht ebenfalls, ist aber sehr viel seltener.

Ursachen der Prostitution

Neben der freiwilligen Berufswahl führen als häufigste Ursachen wirtschaftliche Not oder Zwang in die Prostitution. Die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen Gründen und freiwilliger Berufswahl ist oft schwierig; viele Frauen gerade in wirtschaftlich schwachen Ländern werden Prostituierte, weil ihnen kein attraktiver oder auch nur akzeptabler Beruf offen steht.

Ein Grund für Prostitution kann auch Geldbeschaffung für Drogen sein. Hier kann ein Teufelskreis entstehen, in dem die schwierige emotionale Situation einer oder eines Prostituierten den Drang einer Betäubung mittels Drogen bedingt.

Bei der erzwungenen Prostitution werden vor allem Frauen aus wirtschaftlich schwachen Staaten von Menschenhändlern unter Vorspiegelung legaler Arbeitsmöglichkeiten in reichere Länder gelockt, wo sie durch Abnahme der Reisepapiere in persönliche und finanzielle Abhängigkeit gebracht und dann zur Prostitution gezwungen werden. Manche der Frauen wissen zwar von vornherein, dass sie als Prostituierte arbeiten sollen, wissen aber nicht über die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen bescheid. Andere werden mit falschen Hilfsarbeiter-Jobs geködert oder sogar schlicht gewaltsam entführt.

Siehe auch

Literatur

  • Tamara Domentat: Laß dich verwöhnen. *Prostitution in Deutschland. Aufbau Verlag, Berlin 2003.
  • Vera Jost: Fliegen oder Fallen: Prostitution als Thema in Literatur von Frauen im 20. Jahrhundert. Königstein/Taunus: Ulrike Helmer Verlag, 2002
  • John Preston: HUSTLING, A Gentleman's Guide to the Fine Art of Homosexual Prostitution, Masquerade Books, New York, 1994
  • Néstor Osvaldo Perlongher: O negócio do michê, prostituição viril am São Paulo, 1.a edição 1987, editora brasiliense
  • Laura Ibis: Im Rotlicht tanzend , Unser Forum Verlag Dortmund, 1996

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