Engelbert Dollfuß
Engelbert Dollfuß (* 4. Oktober 1892 in Texing (Niederösterreich), † 25. Juli 1934 in Wien) war österreichischer Bundeskanzler. Im demokratischen Rahmen zu seinem Amt gekommen, entmachtete er jedoch das Parlament und regierte Österreich, das zum Ständestaat (siehe auch Austrofaschismus) umgestaltet wurde als Diktator. Er war energischer Gegner des Nationalsozialismus sowie der Sozialdemokratie und wurde während des Putschversuches österreichischer Nationalsozialisten im Juli 1934 ermordet.
Ursprünglich Bauernfunktionär für die Christlichsoziale Partei Niederösterreichs wurde er nach dem Scheitern der Regierung Buresch überraschend Bundeskanzler und übernahm auch das Außen- und Landwirtschaftsministerium. Wegen seiner Kleinwüchsigkeit erhielt er von der Bevölkerung den Spitznamen Millimeternich in Anspielung auf den Politiker Klemens Wenzel Fürst von Metternich.
Von Anfang an stand er den Sozialdemokraten unversöhnlich gegenüber. Er versuchte eine Allianz mit dem faschistischen Italien zu bilden, um Österreich vor Hitlerdeutschland zu schützen, zumal er ein Anhänger des italienischen Faschismus war. Die Westmächte wollten Österreich nicht unterstützen. Mussolini versprach damals, die Selbständigkeit Österreichs zu garantieren.
Dabei war die Umwandlung der Republik in einen Ständestaat, d.h. einen autoritären Staat auf der Basis berufsständischer Gliederung vorgesehen, wie dies auf der programmatischen Rede auf dem Trabrennplatz am 11. September 1933 dargelegt wurde. Politisch stützte er sich neben seiner eigenen Partei (hinter der die Katholische Kirche stand) vor allem auf die Heimwehren des Fürsten Starhemberg, ein Bund von Kriegsveteranenorganisationen, die schon seit langem für einen Umbau des Staates nach italienischem Muster kämpften. Ein Zufall ebnete Dollfuß den Weg: am 4. März 1933 traten alle drei Präsidenten des Nationalrates bei einer Abstimmung zurück, um von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Die Abgeordneten traten anschließend auseinander, ohne die Sitzung formal beendet zu haben. Dollfuß interpretierte dies als Selbstauflösung des Nationalrats; ein versuchtes Neuzusammentreten desselben ließ er durch die Polizei verhindern.
Auf Grund der Ausschaltung der Demokratie kam es zu Auseinandersetzung mit den Sozialdemokraten: Zwischen 12. und 15. Februar 1934 kam es zu Zusammenstößen (auch als Bürgerkrieg bezeichnet) zwischen Heimwehr und Republikanischem Schutzbund, den die Heimwehr militärisch für sich entscheiden konnte (Februarkämpfe). In weiterer Folge wurde die sozialdemokratische Partei verboten und deren Führer verhaftet bzw. hingerichtet.
Sein größter außenpolitischer Gegner war Hitler, der zum Anschluss seiner Heimat Österreich an das Deutsche Reich drängte. Dollfuß lehnte sich daraufhin mehr und mehr an Mussolini an, der als einziger Nachbar Schutz vor den Nationalsozialisten versprach. Der Nationalsozialismus hatte damals bereits mehrere Tausend Anhänger in Österreich und drohte bei Neuwahlen zu einer starken politischen Kraft zu werden; deren Partei wurde allerdings mit der Errichtung des Ständestaates gleichfalls verboten. Ein von längerer Hand vorbereiteter Putschversuch fand 25. Juli 1934 statt. Der "Juliputsch" war erfolglos, weil das Militär loyal blieb, aber die Putschisten konnten bis ins Bundeskanzleramt vordringen, wo Dollfuß kurz nach 13 Uhr erschossen wurde.
Die Beurteilung seines Regimes schwankt heute noch sehr stark: er hat zweifellos einen Bürgerkrieg vom Zaun gebrochen und eine Diktatur errichtet, aber hat auch gegen den Nationalsozialismus und für die Eigenständigkeit Österreichs gekämpft. Er wird von ÖVP-nahen Kreisen als Märtyrer und Patriot gesehen. Im Parlamentsklub der ÖVP hängt sein Bild bis heute. Die Sozialdemokraten werfen ihm allerdings vor, durch den Bürgerkrieg die Widerstandskraft gegen den Nationalsozialismus entscheidend geschwächt zu haben.
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Personendaten | |
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NAME | Dollfuß, Engelbert |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Bundeskanzler und Diktator |
GEBURTSDATUM | 4. Oktober 1892 |
GEBURTSORT | Texing, Niederösterreich |
STERBEDATUM | 25. Juli 1934 |
STERBEORT | Wien |