Zum Inhalt springen

Kernkraftwerk Kosloduj

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Oktober 2008 um 15:24 Uhr durch Felix König (Diskussion | Beiträge) (Geschichte: typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Kernkraftwerk Kosloduj
Datei:KozloduyNPP.jpg
Lage
Kernkraftwerk Kosloduj (Bulgarien)
Kernkraftwerk Kosloduj (Bulgarien)
Koordinaten 43° 44′ 46″ N, 23° 46′ 14″ OKoordinaten: 43° 44′ 46″ N, 23° 46′ 14″ O
Land Bulgarien
Daten
Eigentümer ME
Betreiber Kozloduy NPP-plc
Projektbeginn 1967
Kommerzieller Betrieb 28. Okt. 1974

Aktive Reaktoren (Brutto)

2  (2000 MW)

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

4  (1760 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2006 11.964 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 381.846 GWh
Stand 25. Juli 2007
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Das Kernkraftwerk Kosloduj (auch: Kozloduj oder Kozloduy; bulgarisch Козлодуй) ist das einzige zur Zeit in Betrieb befindliche Kernkraftwerk Bulgariens. Es liegt 200 Kilometer nördlich von Sofia und fünf Kilometer östlich von Kosloduj an der Donau. Der Bau des Kernkraftwerks begann am 6. April 1970.

Geschichte

Insgesamt wurden am Standort Kosloduj sechs Druckwasserreaktoren mit einer Gesamtleistung von 3.760 MW errichtet. Vier Blöcke des Kernkraftwerks sind vom alten sowjetischen Typ WWER-440/230 und wurden in Übereinkunft mit der Europäischen Union bis Ende 2006 stillgelegt.[1] Die Blöcke 1 und 2 wurden bereits Ende 2002 stillgelegt. Die Blöcke 3 und 4 folgten am 31. Dezember 2006, unmittelbar vor dem EU-Beitritt Bulgariens. Die Bauart der Blöcke 5 und 6 ist vom neueren sowjetischen Typ WWER-1000. Die Blöcke 5 und 6 haben zusammen eine Leistung von 1906 MW.

Das Partnerkraftwerk von Kosloduj ist das russische Kernkraftwerk Kola.

Energiepolitische Bedeutung

Reaktorblock fünf und sechs

Alle sechs Blöcke zusammen konnten 44 % des bulgarischen Strombedarfs decken und erlaubten dem Land sogar, bis zu 20 % seiner Stromproduktion zu exportieren. Nach der Abschaltung der Blöcke 3 und 4 ist dies nicht mehr in diesem Umfang möglich. Für viele Staaten in Südosteuropa hat die Abschaltung und die damit einhergehende Verteuerung der Strompreise zur Folge, dass sie die Stromversorgung nicht mehr aufrecht erhalten können.

Die bulgarische Regierung beschloss im April 2005, als Ausgleich für die Abschaltung der vier Blöcke den Bau des Kernkraftwerks Belene wieder aufzunehmen, welcher seit 1990 ruhte.[2]

Störfälle

Reaktorblöcke eins bis vier

Im Volllast-Betrieb entstand 2003 plötzlich ein Leck an einer Schweißnaht des Primärkreislaufs des 3. Reaktors. Die Notkühlung trat in Funktion. Die mittlerweile stillgelegten Blöcke 1 bis 4 konnten hier – im Gegensatz zu den leistungsstärkeren Blöcken 5 und 6 sowie allen westlichen Druckwasser-Reaktoren – einzelne Segmente des Primär-Kreislaufs mit Ventilen absperren. Eine Absperrung wurde vorgenommen, womit der Wasserverlust nach relativ kurzer Zeit gestoppt werden konnte.[3]

Während des Herunterfahrens des 5. Blocks am 1. März 2006 nach dem Ausfall einer Hauptkühlmittelpumpe blieben ein Drittel aller Steuerelemente in der oberen Position hängen. Zur Abschaltung des Reaktors musste Borsäure in den Reaktor eingepumpt werden. Der Betreiber hatte den Zwischenfall ursprünglich auf INES Level 0 eingeordnet, aber die Aufsichtsbehörde korrigierte auf Level 2.[4][5]

Brennstäbe

Im August 2008 wurden Anschuldigungen des Atomphysikers Georgi Kotev, der im Kraftwerk für die Überprüfung der Qualität der Brennstäbe verantwortlich ist, bekannt, dass in dem Kraftwerk Brennstäbe niederer Qualität mit unbekannten Eigenschaften verwendet würden. Im Oktober 2004 wurden die Brennstäbe des Typs TSVM durch Brennstäbe des Typs TSVA ersetzt. Diese neuen Brennstäbe stimmen nicht mit denen in den Dokumenten angegebenen überein. Die Abweichungen von den dokumentierten Brennstabeigenschaften wurde von den bulgarischen Behörden und auch von Premierminister Sergei Stanischew bestätigt. Ein Sicherheitsproblem würde dadurch aber nicht entstehen. Dies wird von westlichen Experten bestitten.[6][7]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Kosloduj hat insgesamt sechs Blöcke:

Reaktorblock[8] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommerz-
ieller Betrieb
Abschal-
tung
Kosloduj-1 WWER-440/230 408 MW 440 MW 01.04.1970 24.07.1974 28.10.1974 31.12.2002
Kosloduj-2 WWER-440/230 408 MW 440 MW 01.04.1970 24.08.1975 10.11.1975 31.12.2002
Kosloduj-3 WWER-440/230 408 MW 440 MW 01.10.1973 17.12.1980 20.01.1981 31.12.2006
Kosloduj-4 WWER-440/230 408 MW 440 MW 01.10.1973 17.05.1982 20.06.1982 31.12.2006
Kosloduj-5 WWER-1000/320 953 MW 1.000 MW 09.07.1980 29.11.1987 23.12.1988 2018 geplant
Kosloduj-6 WWER-1000/320 953 MW 1.000 MW 01.04.1982 02.08.1991 30.12.1993 2023 geplant

Einzelnachweise

  1. ORF: Bulgarien dementiert Bericht über Kosloduj-Störfall
  2. Handelsblatt - Stromengpässe nach Reaktorschließung - Auf dem Balkan gehen die Lichter aus, 17. Januar 2007
  3. Der Tagesspiegel: In letzter Minute, 24. April 2006
  4. Presseinfo vom 5. Mai 2006; IPPNW Deutschland
  5. Nuclear Monitor 647, 30. Juni 2006 (englisch)
  6. Der Spiegel: Reaktor soll mit dubiosen Brennstäben laufen, 23. August 2008
  7. Deutsche Welle: Verdacht auf Korruption – schwere Vorwürfe gegen die Leitung des bulgarischen AKW-Kosloduj, 13. August 2008
  8. Power Reactor Information System der IAEA: „Bulgaria, Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)

Siehe auch