Erich Hartmann (Jagdflieger)
Erich Alfred Hartmann (* 19. April 1922 in Weissach; † 20. September 1993 in Weil im Schönbuch) war während des Zweiten Weltkrieges Jagdflieger und Offizier der deutschen Luftwaffe. Er erzielte 352 bestätigte Abschüsse, mehr als jeder andere Pilot in der Geschichte des Luftkampfs.[1][2] Er wird daher auch als Fliegerass bezeichnet.
Leben
Jugend
Bereits in der frühen Jugend war Hartmann als Segelflieger aktiv und wurde 1937 Segelfluglehrer in der Flieger-Hitlerjugend. Er legte an der Oberschule in Korntal das Abitur ab, wo er auch seine spätere Frau kennenlernte. Zeitweise besuchte er eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt („Napola“). 1940, ein Jahr nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, meldete sich Hartmann 18-jährig freiwillig als Offiziersanwärter bei der deutschen Luftwaffe.
Zweiter Weltkrieg
Seine fliegerische Grundausbildung absolvierte Hartmann ab 1940 an verschiedenen Ausbildungsstätten der Deutschen Luftwaffe, unter anderem dem Ausbildungsregiment 10 der Luftwaffe in Neukuhren und der Luftkriegsschule in Berlin-Gatow. An der Jagdfliegerschule in Zerbst/Anhalt lernte Hartmann, die Messerschmitt Bf 109 zu fliegen.
Nach Abschluss seiner Ausbildung wurde Hartmann im Oktober 1942 zum Jagdgeschwader 52 an die Ostfront in den Kaukasus versetzt, wo er am 5. November 1942 zum ersten Mal ein Flugzeug abschoss. Ab dem 2. September 1943 führte er die 9. Staffel des Verbandes. Ab Februar 1945 bis zum Kriegsende war er Gruppenkommandeur. Hartmann wurde wegen seiner hohen Abschusszahlen mit höchsten militärischen Orden ausgezeichnet, zuletzt mit dem Ritterkreuz mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten. Aufgrund seiner hohen Abschusszahlen bediente sich auch die NS-Propaganda der Person Hartmanns, indem sie in Zeitungsartikeln und in der Wochenschau über ihn berichten ließ.
Kurz vor Kriegsende, am 8. Mai 1945, wurde er durch den Geschwaderkommodore des Jageschwaders 52, Oberst Hermann Graf, zum Major befördert. Eine dazu notwendige Verfügung des Luftwaffenpersonalamtes lag jedoch nicht vor. Darüber kam es bei der Übernahme Hartmanns in die Bundeswehr später zu kleinen Meinungsverschiedenheiten zwischen Luftwaffenführung und der zivilen Seite des Bundesministeriums für Verteidigung.
Nachkriegsjahre
Am 8. Mai 1945 ergab sich Hartmann zusammen mit seiner Einheit und einer Gruppe deutscher Flüchtlinge der 90. U.S.-Infanteriedivision. In Übereinstimmung mit den Vereinbarungen der Jalta-Konferenz lieferten die Amerikaner die Kolonne geschlossen an die Sowjetunion aus.[3] Während seiner Gefangenschaft wurde Hartmann zunächst am 24. Dezember 1949 verhaftet und drei Tage später von dem Militärtribunal der MWD-Truppen des Bezirkes Ivanovo zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Ermittlungsverfahren in seiner Strafsache wurde nur formell durchgeführt. Hartmann wurde „ohne jeglichen Grund wegen Greueltaten gegen sowjetische Bürger, Beschießung von Militärobjekten sowie Abschuss von sowjetischen Flugzeugen und damit Schädigung der sowjetischen Wirtschaft verurteilt. Hartmann protestierte gegen das Urteil und betonte zu Recht, dass er als Militärflieger nur an den Kämpfen mit den Luftstreitkräften des Gegners teilgenommen und keine Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung begangen habe“[1]. Er erhob mehrmals Protest, trat in den Hungerstreik, weigerte sich zu arbeiten, verlangte, dass er als Unschuldiger zurück in die Heimat geschickt oder erschossen werden solle. Mehrmals wurde er mit Folterhaft bestraft. Im Juni 1951 wurde er vom Militärtribunal des Don-Militärbezirkes zu 25 Jahren Haft verurteilt als Angehöriger einer antisowjetischen Gruppe, die die Befreiung aller deutschen Kriegsgefangenen aus der Haft und ihre Repatriierung nach Deutschland zum Ziel habe[1]. Nach mehr als zehnjähriger Haft in verschiedenen Lagern in Sibirien wurde Hartmann 1955 zusammen mit den letzten deutschen Kriegsgefangenen im Zuge der Initiative von Konrad Adenauer entlassen.
Erich Hartmann trat im Jahre 1956 der im Zuge der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik neu aufgestellten Bundeswehr bei und wirkte maßgeblich an der Schulung junger Piloten und an der Aufstellung neuer Einheiten mit. Anfangs war er, nach der Umschulung auf amerikanische Kampfflugzeuge, Ausbildungsleiter der Waffenschule 10 in Oldenburg. Dort wurden die künftigen Jagdflugzeugführer der Luftwaffe ausgebildet. Er stellte 1959 mit dem Jagdgeschwader 71 „Richthofen“ das erste Düsenjäger-Jagdgeschwader der neu aufgestellten Luftwaffe auf, das er bis 1962 führte. Jedoch war er erst ab seiner Beförderung zum Oberstleutnant vollgültig Kommodore dieses Verbandes.
Er wurde am 12. Dezember 1960 zum Oberstleutnant und am 26. Juli 1967 zum Oberst befördert.
Als die Bundesregierung sich für die Beschaffung des Starfighter entschied, sprach er sich dagegen aus, da die damals noch junge Bundesluftwaffe seiner Meinung nach für ein derart komplexes Waffensystem noch nicht genug Erfahrung sammeln konnte. Offensichtlich war Hartmann jedoch nie selbst den F-104 Starfighter geflogen. Als sich die Unfälle mit diesem Flugzeugtyp häuften und sich daraus die Starfighter-Affäre entwickelte, nahm Hartmann eine kritische Haltung gegenüber seinen Vorgesetzten und der politischen Führung ein. Militärisch isoliert und auf für ihn wenig attraktive Dienstposten abgeschoben, resignierte Hartmann und schied vorzeitig als Oberst der Luftwaffe aus dem Dienst.
In der Bundeswehr galt Hartmann trotz seiner hohen Qualifikation als Flugzeugführer als schwieriger Untergebener, der mehr auf Einsatzeffektivität achtete, als auf den friedensmäßigen Ausbildungsbetrieb und seine Verantwortung als militärischer "Führer, Erzieher und Ausbilder" seines Geschwaders. Dies wurde ihm mehrfach in Beurteilungen zum Vorwurf gemacht, ohne dass man seine Einwände akzeptierte.
Von 1971 bis 1974 war er als Fluglehrer in Hangelar bei Bonn tätig.
Im Januar 1997, mehr als drei Jahre nach seinem Tod, wurde Erich Hartmann durch die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitiert und von allen gegen ihn erhobenen Anschuldigungen entlastet. Die Behörde stellte dabei ausdrücklich fest, dass Hartmann zu Unrecht abgeurteilt worden war.[4]
Privates
Erich Hartmann heiratete im Jahr 1944 seine Jugendliebe Ursula Paetsch. Er hatte zwei Kinder, von denen eines nach dem Krieg starb.
Ehrungen
- Eisernes Kreuz (1939) II. und I. Klasse
- Frontflugspange für Jäger in Gold mit Anhänger Einsatzzahl „1.300“
- Ehrenpokal für besondere Leistung im Luftkrieg
- Deutsches Kreuz in Gold am 17. Oktober 1943
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten
- Ritterkreuz am 29. Oktober 1943
- Eichenlaub am 2. März 1944 (420. Verleihung)
- Schwertern am 4. Juli 1944 (75. Verleihung)
- Brillanten am 25. August 1944 (18. Verleihung)
- Zweimalige Nennung im Wehrmachtbericht (24. und 25. August 1944)
Literatur
- Killy, Walther/Vierhaus, Rudolf (Hrsg.) (1996): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 4. London, England/München, Deutschland/New Providence, New Jersey/Paris, Frankreich: K. G. Saur. (ISBN 3598231644).
- Sims, Edward H. (1982): Jagdflieger. Die Großen Gegner von einst. 12. Auflage. Stuttgart, Deutschland: Motorbuch Verlag. (ISBN 3879431159).
- Toliver, Raymond F./Constable, Trevor J. (2001): Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. 60. Auflage. Stuttgart, Deutschland: Motorbuch-Verlag. (ISBN 3879432163).
- Weiß, Hermann (Hrsg.) (2002): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main, Deutschland: Fischer. (ISBN 3596130867).
Einzelnachweise
- ↑ a b c Günther Wagenlehner: Die russischen Bemühungen um die Rehabilitierung der 1941–1956 verfolgten deutschen Staatsbürger – Dokumentation und Wegweiser. Bonn 1999, ISBN 3-86077-855-2, S. 36 f.
- ↑ Raymond F. Toliver, Trevor J. Constable: Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. Motorbuch-Verlag, 60. Auflage, Stuttgart 2001, ISBN 3-879-43216-3.
- ↑ Raymond F. Toliver, Trevor J. Constable: Holt Hartmann vom Himmel! Die Geschichte des erfolgreichsten Jagdfliegers der Welt. Motorbuch-Verlag, 60. Auflage, Stuttgart 2001, ISBN 3-879-43216-3, S. 209
- ↑ Günther Wagenlehner: Die russischen Bemühungen um die Rehabilitierung der 1941–1956 verfolgten deutschen Staatsbürger – Dokumentation und Wegweiser. Bonn 1999, ISBN 3-86077-855-2, S. 78 f.
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Hartmann, Erich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Luftwaffenoffizier |
GEBURTSDATUM | 19. April 1922 |
GEBURTSORT | Weissach bei Stuttgart |
STERBEDATUM | 20. September 1993 |
STERBEORT | Weil im Schönbuch |