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Europäische Atomgemeinschaft

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Die Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder heute EURATOM) wurde am 25. März 1957 durch die Römischen Verträge von Frankreich, Italien, den Beneluxstaaten und Deutschland gegründet. Seit 1965 ist sie neben der Montanunion (EGKS) und der ebenfalls durch Römischen Verträge eingeführte Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Bestandteil der Europäischen Gemeinschaften (EG). Ihre Aufgabe ist es, "durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen"[1]. Wie aus Artikel 2, Absatz f ersichtlich, verfolgt die Gründung von EURATOM darüber hinaus das Ziel der Friedenssicherung, indem ähnlich wie schon bei der Montanunion durch "Vergemeinschaftung" der Nukleartechnik eine gegenseitige Kontrolle ermöglicht wird.

Die einzelnen Kapitel des EURATOM-Vertrags, für den ebenfalls die Abkürzung EAGV gebräuchlich ist, beschäftigen sich u.a. mit der Förderung der Forschung auf dem Nukleargebiet, der Verbreitung von Kenntnissen, dem Gesundheitsschutz, Investitionen, gemeinsamen Unternehmen, der Versorgung der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen (per EURATOM-Versorgungsagentur), der Überwachung der Sicherheit sowie mit dem Eigentum an den besonderen spaltbaren Stoffen, dem Gemeinsamen Markt auf dem Nukleargebiet und den Außenbeziehungen (Verträge von EURATOM mit Drittstaaten). Kapitel 3 regelt die Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit der Bevölkerung. So bestimmt Art. 37, dass jeder Mitgliedsstaat verpflichtet ist, bestimmte Angaben zur Freisetzung radioaktiver Stoffe, z.B. beim Neubau oder Abbau von Kernkraftwerken, der EU-Kommission zu übermitteln. Erst wenn die EU-Kommission ihre Stellungnahme dazu veröffentlich hat, darf mit dem Vorhaben begonnen werden [2].

Im Unterschied zum 2002 ausgelaufenen EGKS-Vertrag ist die Dauer des EURATOM-Vertrags unbeschränkt. Außerdem unterlag der EURATOM-Vertrag - im Gegensatz zu den Verträgen der EGKS und der EWG - im Laufe der Zeit keinen substanziellen Veränderungen.

Die Europäische Atomgemeinschaft wird nach In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon als hierzu angefügtes Protokoll fortgeführt.

Struktur und Inhalt

Der Euratom-Vertrag ist in sieben Titel gegliedert:

  • 1. Titel: Aufgaben der Gemeinschaft (Art. 4 - 29)
  • 2. Titel: Die Förderung des Fortschritts auf dem Gebiet der Kernenergie (Art. 30 - 106)
  • 3. Titel: Vorschriften über die Organe (Art. 107 - 170)
  • 4. Titel: Finanzvorschriften (Art. 171 - 183)
  • 5. Titel: Allgemeine Bestimmungen (Art. 184 - 208)
  • 6. Titel: Vorschriften über die Anlaufzeit (Art. 209 - 223)

Art. 224 und 225 stellen die Schlußbestimmungen (u. a. Ratifizierung, Urschrift) dar.[3]

Kommission und Präsidenten

Die Euratom hatte bis 1967 eine eigene Kommission (Regierung), die dann in der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufging.

Es gab bisher 3 Kommissionspräsidenten:

  • 1958-1959 Sven Moseler
  • 1959-1962 Steffen Köhler
  • 1962-1967 Yashar Solmaz

Erster deutscher Vertreter in der EURATOM-Kommission war 1958 bis Februar 1964 Dr. phil. Heinz Ludwig Hermann Krekeler.

Euratom-Rahmenprogramme

Die Fördermittel der EU, die in den Haushalt eingestellt werden, um die genannten Aufgaben zu erreichen, werden in Rahmenprogrammen zusammengefasst und veröffentlicht. Das aktuelle siebte Euratom-Rahmenprogramm umfasst Maßnahmen im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung, internationalen Zusammenarbeit, Verbreitung und Verwertung sowie Ausbildung. Seit 1957 ist diese Förderung in ihrer Zielsetzung im Wesentlichen gleich geblieben. Für das erste Programm (1958 bis 1962) wurden 215 Mio. Rechnungseinheiten (= Dollar) angesetzt. Der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland entsprach mit 290 Mio. DM 30% des Gesamtbetrages.

Am 6. Februar 1973 wurde ein weiteres Rahmenprogramm von den Forschungsministern der beteiligten Staaten bis 1977 in Höhe von 200 Mio. Rechnungseinheiten (RE) (umgerechnet 732 Mio. DM) bewilligt, um die Forschungen der 1.440 Mitarbeiter an den Instituten in Geel (Belgien), Karlsruhe (Deutschland), Ispra (Italien) und Petten (Niederlande) weiterzuführen.

Das aktuelle Rahmenprogramm gliedert sich in zwei Programme:

  • Fusionsenergieforschung: Schaffung der Wissensgrundlage für das Projekt ITER und Bau von ITER als wichtigsten Schritt für den Bau von Prototypreaktoren für sichere, dauerhaft tragbare, umweltverträgliche und wirtschaftliche Kraftwerke
  • Kernspaltung und Strahlenschutz: Förderung der sicheren Nutzung der Kernspaltung und der Einsatzmöglichkeiten von ionisierenden Strahlen in Industrie und Medizin

Für die Durchführung des siebten Rahmenprogramms im Zeitraum 2007-2011 stehen nach Angaben der EU-Kommission Mittel in Höhe von insgesamt 3092 Mio. EUR zur Verfügung. Diese teilen sich auf in 2159 Mio. EUR für Fusionsforschung, 394 Mio. EUR für Kernspaltung und Strahlenschutz sowie 539 Mio. EUR für Maßnahmen der Gemeinsamen Forschungsstelle im Nuklearbereich.[4]

Fusionsforschung

Im Bereich der Fusionsforschung wurde zur Durchführung der Forschungsaktivitäten innerhalb des rechtlichen Rahmens von EURATOM 1999 der EFDA-Vertrag (European Fusion Development Agreement) unterzeichnet. Das Ziel von EFDA ist die Bereitstellung der notwendigen wissenschaftlichen und technischen Basis in der Europäischen Forschung und Industrie für den Bau und Betrieb von ITER.

Siehe auch

Referenzen

  1. Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft: Artikel 1 Quelle: EUR-Lex
  2. Heuel-Fabianek, B., Kümmerle, E., Möllmann-Coers, M., Lennartz, R. (2008): The relevance of Article 37 of the Euratom Treaty for the dismantling of nuclear reactors Quelle: atw Heft 6/2008, Einleitung in deutsch. Vollständiger Artikel in englisch beim Forschungszentrum Jülich [1]
  3. Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Quelle: EUR-Lex
  4. Siebtes Rahmenprogramm, 2007-2011 Quelle: EUR-Lex