Zum Inhalt springen

Heiligsprechung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. April 2005 um 15:07 Uhr durch Robert Huber (Diskussion | Beiträge) (revert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eine Heiligsprechung (Kanonisation, auch Kanonisierung; von griechisch kanõn, »Richtschnur«) ist in der römisch-katholischen Kirche ein kirchenrechtliches Verfahren, durch das, nach entsprechender Prüfung, der Papst einen Menschen heilig sprechen kann. Dabei spielen Martyrium, Wunder und andere Kriterien eine Rolle.

Geistlicher Hintergrund

Eine Heilig- oder Seligsprechung bedeutet nicht, dass eine Person »in den Himmel versetzt« wird, sondern hat liturgische Bedeutung. Die Kirche bekundet damit ihr Vertrauen, dass der betreffende Mensch die Vollendung bei Gott bereits erreicht hat, so dass nicht mehr für ihn, sondern mit ihm und um seine Fürsprache bei Gott gebetet werden kann. Heilig im ursprünglichen Sinne ist nach Paulus jeder Getaufte -- nicht aufgrund moralischer Perfektion, sondern aufgrund der Hineinnahme in das Gottesverhältnis Jesu.

Geschichte des Verfahrens

Ursprünglich war es üblich, am Grab jedes Verstorbenen die Eucharistie zu feiern (vgl. den Bericht des heiligen Augustinus aus dem 5. Jahrhundert über die Bestattung seiner Mutter in den Confessiones). In den Verfolgungszeiten konnte dies am jeweiligen Jahrestag des Todes ungestört wiederholt werden, da Totenmähler an den Gräbern allgemein üblich waren und nicht auffielen. Man musste nur den Todestag eines bestimmten Märtyrers wissen, um sicher zu sein, an diesem Tag andere Christen am Grab anzutreffen. Der Brauch, an den Gräbern der Märtyrer die Eucharistie zu feiern, war schließlich so allgemein eingebürgert, dass man in den Wirren der Völkerwanderungszeit die Gebeine aus den Gräbern vor den Städten in die Kirchen der Innenstädte holte. Schließlich kam die Frage auf, ob auch andere besonders verehrte Gläubige unter dem Altar einer Kirche beigesetzt werden dürften, z. B. der heilige Martin, der nicht als Märtyer gestorben war. Da die Kirche dies bejahte, mussten Kriterien gefunden werden, die schließlich zur heutigen Form der Heiligsprechung führten, die letztlich nichts anderes bedeutet als die liturgische Verehrung der Reliquien und die liturgische Anrufung zu gestatten.

Das Verfahren heute

Die Vorstufe zur Heiligsprechung ist die Seligsprechung eines "Diener Gottes" (lat. servus dei). Der Verlauf eines Verfahrens ist bei der Selig- und Heiligsprechung weitgehend gleich.

Ausgangspunkt einer Heiligsprechung ist der Antrag einer Diözese oder Ordensgemeinschaft. Der Actor (lat. für den Antragsteller) holt beim Apostolischen Stuhl eine Unbedenklichkeitserklärung (lat. nihil obstat) ein. Steht der Aufnahme eines Verfahren nichts entgegen, beauftragt der Actor einen Postulator (lat. für "Forderer"), der biographische Informationen, Schriften der Person sowie schriftliche und mündliche Zeugnisse von Zeitgenossen sammelt. Das Resultat (lat. Transumptum) wird bei der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse eingereicht. Diese prüft die Unterlagen und stellt fest, ob die Person bedeutend genug für eine Heiligsprechung ist. Falls es sich um eine historisch bedeutsame Person handelt, werden zusätzlich Historiker konsultiert. Falls die Person kein Märtyrer war, muss zusätzlich ein Wunder vorliegen, welches von Medizinern geprüft wird. Sind alle Bedingungen erfüllt, steht der Heiligsprechung, dem Kanonisationsakt, durch den Papst im Rahmen einer liturgischen Feier nichts mehr im Wege.

Heiligsprechungen in der Orthodoxie

Die orthodoxe Kirche kennt kein einheitliches Verfahren der Heiligsprechung. Dies wird von Teilkirche zu Teilkirche unterschiedlich gehandhabt, und teilweise bildet sich die Verehrung spontan heraus, ohne jemals offiziell anerkannt worden zu sein.

Siehe auch: Heilige, Liste der Seligen und Heiligen, Heiligenkalender, Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet