Paul Wolfowitz

Paul Dundes Wolfowitz (* 22. Dezember 1943 in Brooklyn, New York City) ist designierter Präsident der Weltbank, einer Organisation, die von 184 Staaten getragen wird und internationale Entwicklungsprojekte finanziert. Er tritt das Amt am 1. Juni 2005 an. Zuvor war Wolfowitz politischer Berater von George W. Bush und stellvertretender Verteidigungsminister der USA unter Donald Rumsfeld.
Von Leo Strauss beeinflusst, gilt der amerikanische Jude Wolfowitz als Neokonservativer, der sich leidenschaftlich für Israel und eine starke US-amerikanische Militärmacht vor allem auch im Nahen Osten einsetzt.
Ende der Achzigerjahre war er unter Präsident Ronald Reagan als US-Botschafter in Jakarta, Indonesien, tätig. Dort erlernte er die indonesische Amtssprache. Damals befand sich Osttimor im blutigen Unabhängigkeitskampf gegen den indonesischen Diktator Hadji Mohamed Suharto, dessen Truppen Osttimor okkupiert hielten. Beobachter mutmaßten, Wolfowitz' seinerzeitiges Engagement zugunsten Suhartos könne sich als Stolperstein auf dem Weg an die Weltbankspitze erweisen. Später setzte sich Wolfowitz vehement dafür ein, so genannte Schurkenstaaten zu bekämpfen - wenn nötig, auch militärisch.
Wolfowitz wird als eine der treibenden Kräfte hinter dem Irak-Krieg gesehen. Bereits im März 1992 entwirft er, damals Staatssekretär unter George H. W. Bush, eine Neufassung der globalen US-Militärstrategie (Defense Planning Guidance). In seinem Entwurf argumentiert er, die USA könnten zu Präventivschlägen (pre-emptive strikes) gezwungen sein, um den Einsatz oder die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen durch feindselige Staaten zu verhindern. Verantwortlich für diese Neufassung zeichnet offiziell der seinerzeitige Verteidigungsminister Dick Cheney, verfasst wurde sie jedoch von Wolfowitz und seinem Protégé und Assistenten Lewis Libby.
In den 90er Jahren leitete er als Dekan die Paul H. Nitze School of Advanced International Studies (SAIS) in Washington, D.C., eine Einrichtung der Johns Hopkins University mit Hauptsitz in Baltimore, Maryland. Sie hat sich auf Fragen der internationalen Beziehungen (International Relations) spezialisiert.
Am 26. Januar 1998 schrieben Paul Wolfowitz, Richard Perle, Donald Rumsfeld, Richard Armitage und vierzehn weitere Unterzeichner einen Brief an Präsident Bill Clinton, in dem ein gewaltsamer Regimewechsel im Irak und eine offensivere Politik im Nahen Osten gefordert wurde. Dieses Schreiben wurde vom Project for the New American Century (PNAC) gesponsort, das von William Kristol gegründet wurde.
Auf Grund der von vielen als fragwürdig angesehenen Rechtfertigung für den 2003 erfolgten militärischen Einsatz im Irak ist Wolfowitz in der amerikanischen Öffentlichkeit umstritten - ebenso wie zahlreiche weitere "Neokonservative" im Pentagon und im Weißen Haus.

Am 31. März 2005 wurde Wolfowitz von dem Exekutivrat der Weltbank, in dem die 184 Mitgliedsländer durch 24 Direktoren vertreten sind, einstimmig zu deren Präsident gewählt. Es gab keinen Gegenkandidaten. Wolfowitz war der Wunschkandidat von George W. Bush. Er folgt damit James Wolfensohn nach, dessen zehnjährige Amtszeit am 1. Juni 2005 endet. Traditionell nominieren die USA - größter Anteilseigner des Instituts - den Präsidenten der Weltbank, während der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Regel von den Europäern gestellt wird. Die Nominierung von Paul Wolfowitz stieß jedoch gerade in Europa auf Skepsis. Es wurde befürchtet, Wolfowitz könne die Weltbank im Sinne amerikanischer Interessen und zu Lasten der ärmeren Länder führen. Zudem verfügte Wolfowitz über wenig Erfahrung auf dem Gebiet der internationalen Entwicklungspolitik. Wolfowitz gelang es jedoch im Vorfeld, die Bedenken zu zerstreuen, indem er in Brüssel europäischen Entwicklungspolitikern seine Programmatik erläuterte - ein Novum in der Geschichte des Instituts. Er betonte, keine eigene politische Agenda zu verfolgen und die Weltbank im Sinne aller Mitglieder führen zu wollen. Wolfowitz' Amtszeit beginnt am 1. Juni 2005.
siehe auch
Literatur
- Koji, Watanabe/Emmott, Bill/Wolfowitz, Paul (Hrsg.): Managing the International System Over the Next Ten Years. Report to the Trilateral Commission. The Brookings Institution, 1997. - ISBN 0-93050-376-7
- Mann, James: Rise of the Vulcans. The History of Bush's War Cabinet. East Rutherford, NJ: Viking Books, 2004. - ISBN 0-67003-299-9
- Bellow, Saul: Ravelstein. Wheeler Publishing, 2001. - ISBN 1-56895-127-2 (Der Roman des Nobelpreisträgers beruht auf der Biographie des Straussianers Allan Bloom und enthält eine Figur, der Paul Wolfowitz Modell gestanden haben soll)
- Hayes, Stephen F.: The Brain. Paul Wolfowitz and the Making of the Bush Doctrine. HarperCollins Publishers, April 2007. - ISBN 0-06072-346-7 (Erscheinungstermin geplant; das Buch ist noch erhältlich!)
Weblinks
- Charlie Cray and Jim Vallette, Dancing with the Wolf (What did Wolfowitz know with regard to Halliburton's inside advantage in gaining Iraq contracts, and when did he know it? - AlterNet, 02.04.2005)
- Sicherheitsrisiko Wolfowitz: Weltbank-Mitarbeiter fürchten Terroranschläge (Spiegel Online, 01.04.2005)
- The Wolfowitz Chronology (An examination of the presumptive World Bank President’s works on oil, national security, development, corruption, human rights, and debt.)
- Siegfried Buschschlüter, Ein deutscher Philosoph und sein Einfluss auf den neuen Weltbank-Präsidenten
(Deutschlandfunk, Sendung: 31.03.2005, 07:53 Uhr - MP3-Audio-Datei) - Bernd W. Kubbig, Wolfowitz' Welt verstehen. Entwicklung und Profil eines "demokratischen Realisten"
(HSFK-Report 7/2004, Frankfurt/M. - PDF-Datei) - Michael Streck und Jan Christoph Wiechmann, Paul Wolfowitz - Der Überzeugungstäter ("Stern", 18.10.2004)
- John Cavanagh, Wanted: Dirty Rotten Scoundrel (Alternet.org, 05.03.2005 - Cavanagh, Mitarbeiter des Institute for Policy Studies - nach eigenem Bekunden älteste "progressive" Denkfabrik der USA - erläutert, weshalb Wolfowitz seiner Ansicht nach die Idealbesetzung für den Posten des Weltbank-Präsidenten wäre...)
- "Ich bin ein guter Zuhörer" - US-Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz über seine Nominierung zum künftigen Chef der Weltbank ("Die Welt", 19.03.2005)
Personendaten | |
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NAME | Wolfowitz, Paul Dundes |
ALTERNATIVNAMEN | Paul Wolfowitz |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Politiker, stellvertretender Verteidigungsminister der USA |
GEBURTSDATUM | 22. Dezember 1943 |
GEBURTSORT | New York |