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Spätantike

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Spätantike ist eine moderne Bezeichnung für die Epoche der Mittelmeerwelt im Übergang von der Antike zum Mittelalter. Auch wenn die zeitliche Abgrenzung in der Forschung umstritten ist, gilt als Beginn dieser Übergangsepoche der Regierungsantritt des römischen Kaisers Diokletian 284 n. Chr. Das Ende ist Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Als grober Rahmen kann gelten: Im Westen des römischen Reiches dauert die Spätantike etwa bis zur Ablösung des letzten Kaisers Romulus Augustulus im Jahre 476, im Osten bis etwa zum Tod des oströmischen Kaisers Justinian I. 565 n. Chr. bzw. bis zur arabischen Expansion (ab 632).

Die Spätantike bildet einen relativ eigenständigen Zeitraum des Altertums, der zwar nicht mehr der "klassischen Antike" angehört, aber auch noch nicht dem Mittelalter zugerechnet werden kann. Statt wie früher von einem Niedergang, sollte für die Jahre von ca. 300 bis 600 eher von einer Transformation des antiken Erbes gesprochen werden. Ein herausragendes Ereignis dieser Epoche stellt der Siegeszug des Christentums und damit verbunden der Niedergang von heidnischen Traditionen dar. Auch in der Kunst und der Literatur entsteht durch die Ablösung 'klassisch' römischer durch christlich geprägte Formen und Themen ein eigener, charakteristischer Stil. Die Spätantike steht außerdem unter den Zeichen der Reformierung von Heer und Verwaltung durch Diokletian und Konstantin den Großen, der Zementierung der sakralen Stellung des Kaisers, der Völkerwanderung und in deren Folge schließlich der Transformation des westlichen Teils des römischen Reiches in jene germanisch-romanische Welt, die das Mittelalter prägen sollte.

Zeitliche Abgrenzung

Allgemeines

Die zeitliche Abgrenzung der Spätantike ist – wie Epocheneinschnitte allgemein – Gegenstand der geschichtswissenschaftlichen Diskussion und bis zu einem gewissen Grad willkürlich gesetzt. Die Jahrhunderte zwischen Diokletian und Mohammed stellen eine Übergangsepoche dar, bei der es schwerfällt, eindeutige Schnitte zu setzen. Nicht alle Forschungsrichtungen gewichten die verschiedenen (politik-, kunst-, kultur-, religions-)historischen Faktoren des allmählichen Wandels gleich, zudem gibt es erhebliche regionale Unterschiede – im östlichen Mittelmeerraum hielten sich antike Strukturen fraglos länger als etwa am Rhein oder in Britannien. Für den Beginn wird meist das Jahr 284 n. Chr. (Herrschaftsantritt Diokletians) angegeben; aber auch die Zeit Konstantins mit ihrer religiösen Neuorientierung kann als entscheidender Einschnitt gelten. Hingegen ist das Ende der Spätantike weitgehend offen, da je nach Lehrmeinung verschiedene Ansätze möglich sind.

Problematik des „Endes der Antike“

Meistens wird für das Ende der Spätantike ein Einschnitt mit dem Ende des römischen Reiches im Westen 476 n. Chr. (so vor allem die ältere Lehrmeinung, beispielsweise Otto Seeck; es gilt heute aber mehr als fraglich, ob die damaligen Menschen dieses Jahr ebenfalls als Zäsur begriffen haben, in der neueren Forschung wird dem Jahr daher auch nicht mehr so viel Gewicht beigemessen wie noch in der älteren Forschung), oder schon mit der Reichsteilung durch den römischen Kaiser Theodosius I. im Jahre 395, oder erst mit dem Ende der Regierung Justinians I. im Jahre 565 gewählt. Justinian agierte noch klar in der Tradition der antiken römischen Kaiser, was unter anderem in seinem universalen Herrschaftsauffassung deutlich wird, und betrieb gar eine Politik, die auf die Wiederherstellung des Reiches in seinen alten Grenzen abzielte (Restauratio imperii), was in Teilen sogar kurzfristig gelang. Der letzte große Zug der spätantiken Völkerwanderung, der Einfall der Langobarden in Italien, erfolgte 568, nur drei Jahre nach Justinians Tod.

Manche Historiker setzen das Ende noch später an, und zwar mit dem Einbruch der Araber in den Mittelmeerraum (siehe auch so genannte Pirenne-These). Unabhängig davon, dass Pirennes These, erst islamische Seeräuber hätten die antike "Einheit der Mittelmeerwelt" zerstört, heute als widerlegt gilt, stellt die arabische Expansion zumindest für das Oströmische Reich in der Tat einen massiven Einschnitt dar, da das Imperium nun im wesentlich auf Kleinasien und den Balkan beschränkt war und sich unter dem äußeren Druck auch im Innern vieler antiker Traditionen entledigte. Dass die Kontakte zwischen Ostrom und dem Westen noch zu Beginn des siebenten Jahrhunderts recht eng waren, wird heute nicht mehr bestritten. Das letzte antike Monument auf dem Forum Romanum ist die Säule des Kaisers Phokas (602-610). Erst unter Kaiser Herakleios (610-641) endete die spätrömische Phase des Oströmischen Reiches, dessen Reste sich in das mittelalterliche Byzanz verwandelten.

Die arabischen Truppen eroberten nicht nur den römischen Orient, sondern vernichteten auch das Neupersische Reich der Sassaniden, das die gesamte Spätantike hindurch als zweite Großmacht neben Rom ein bedeutender Machtfaktor gewesen war.

Insgesamt herrscht im anglo-amerikanischen Raum die Tendenz vor, das Ende der Antike mit dem Ende der Herrschaft Justinians gleichzusetzen, so etwa Averil Cameron und John B. Bury (etwas eigenwillig Arnold Hugh Martin Jones 602 mit dem Tod des Kaisers Maurikios). Der letzte Band der Cambridge Ancient History behandelt die Jahre 425 bis 600. Aber auch im deutschsprachigen Raum hat man sich in großen Teilen von der Idee verabschiedet, am künstlichen Epochenjahr 476 festzuhalten (siehe Alexander Demandt, Heinz Bellen, Jochen Martin oder Hartwin Brandt) und bevorzugt nun zumeist 565. So ergeben sich als die gängigsten Grenzen der Spätantike derzeit also die Jahre 284 und 565. Doch eine Ausweitung der Epoche bis 632 erscheint sinnvoll und setzt sich zunehmend durch, da zumindest für Ostrom erst der Einfall der Araber den entscheidenden Einschnitt markierte.

Auch dürfte im Westen die Zeit Theoderichs des Großen eher zur Antike als zum Mittelalter zählen, so dass es fast unmöglich ist, ein exaktes Datum festzulegen. Bis zum Langobardeneinfall läßt sich antike Kultur in Italien nachweisen; der weströmische Senat verschwindet erst gegen Ende des sechsten Jahrhunderts aus den Quellen. In ähnlicher Weise knüpften die Merowinger an das antike Erbe an, bereits Chlodwig legte Wert auf alte römische Ehrentitel. Man muss so von einer Übergangsphase sprechen, die je nach Region unterschiedlich lange andauerte.

Die Problematik liegt letztlich darin begründet, dass die Spätantike eine Epoche des Um- und Aufbruchs war, wobei einerseits noch eine Kontinuität zur Antike gegeben war und andererseits sich bereits die Welt des Mittelalters abzeichnete, die mit der Spätantike vor allem eines verband: die Verklammerung der Gesellschaft durch die christliche Kirche. Kulturell kann als wichtiger Unterschied zur späteren Zeit der in der Spätantike noch vorhandene Zugriff auf die klassischen Traditionen gelten. Noch im sechsten Jahrhundert blühte die spätantike, an klassischen Vorbildern orientierte Literatur (Boethius, Cassiodor, Corippus, Prokopios von Caesarea, Agathias). Die mittelalterliche Welt mit ihrer weitaus geringeren Arbeitsteilung verfügte dann nicht mehr die über die Kapazität, die klassische Bildung zu bewahren - der größte Teil der antiken Literatur ging im Westen nach etwa 600 verloren.

Die Existenz von Byzanz in einer intakten Spätantike

Das oströmische bzw. Byzantinische Reich existierte in einer relativ intakten 'Spätantike' bis zum Fall Konstantinopels 1453, da es im Osten zu keinem derart radikalen Bruch der antiken Tradition gekommen war wie im Westen, wo das Kaisertum 476 (bzw. 480, siehe Julius Nepos) untergegangen war. Die Byzantinistik bezeichnet daher etwa den gleichen Zeitraum, der auf dem Boden des weströmischen Reichs als Spätantike gilt, als "frühbyzantinisch". Dennoch sind auch hier die Unterschiede zwischen dem sechsten und elften Jahrhundert erheblich. Im Ostreich ist neben der arabischen Expansion auch die endgültige Verdrängung der lateinischen Amtssprache durch das Griechische unter Kaiser Herakleios als signifikanter Einschnitt zu betrachten. Die Angriffe der Araber führten in Ostrom zudem zum Untergang der spätantiken senatorialen Aristokratie und zu einem erheblichen Rückgang an antiker Bildung; überdies brachte der weitgehende militärische und ökonomische Zusammenbruch des Reiches nach 636 auch das endgültige Ende der klassischen Städte (Poleis), die seit der Archaik den Mittelmeerraum geprägt hatten, mit sich.

Quellensituation und Forschungsstand

Quellen

Die Quellenlage der Spätantike ist wohl die beste der gesamten Antike, vor allem begründet durch die reichhaltigen monumentalen Quellen. Allerdings verfügen wir über keine durchgehende Historiographie. Wichtigste erzählende Quelle ist Ammianus Marcellinus. Dem folgt mit weitem Abstand der subjektive Heide Zosimos und mehrere Kirchengeschichten (wie die des Eusebius sowie Werke des Ambrosius und des Augustinus). Hinzu kommen unter anderem Jordanes, Agathias, Gregor von Tours und die Werke und Fragmente anderer Historiker. Bei einer Spätdatierung des Endes der Spätantike ist Prokopios von Caesarea eine hervorragende Quelle. Des Weiteren sind Reden wie die des Libanios und des Themistios sowie eine Fülle von Urkunden (der beste Bestand aus der Antike) von Bedeutung. Dazu kommt das berühmte Corpus iuris civilis, Inschriften, Münzfunde und Papyri, wie auch die Befunde der Archäologie.

Forschungsstand

Problematisch war die Erforschung der Spätantike, wie bereits angesprochen, schon aufgrund der relativ fließenden Grenze zum Mittelalter hin. In der älteren Forschung wurde die Auffassung vertreten, dass die Spätantike ein Zeitalter des moralischen und kulturellen Verfalls gewesen sei (Dekadenztheorie nach Edward Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire; auch Voltaire: Essai sur les moeurs et l'esprit des nations; Assoziation von spät mit Dahinwelken, Verfall). Diese Lehrmeinung war auch noch im 19. Jahrhundert vorherrschend, und noch Otto Seeck vertrat diesen Standpunkt in seinem berühmten Hauptwerk Geschichte des Untergangs der antiken Welt.

Diese negative Bewertung der Spätantike ist jedoch nach allgemeiner Ansicht inzwischen obsolet geworden und wird in neueren Darstellungen nicht mehr angeführt, ist in populären Darstellungen und im Film aber immer noch verbreitet. Die Studien von John B. Bury und anderen sorgten vielmehr für eine Neubewertung dieser Epoche, die nicht mehr als reine Verfallszeit begriffen wurde. Inwieweit der spätantike Staat ein "Zwangsstaat" gewesen ist, bleibt weiter umstritten, auch wenn die harte Meinung der älteren Forschung so nicht mehr akzeptiert werden kann. In neuerer Zeit hatte Peter Brown in seinen Arbeiten auf die Metamorphose der antiken Welt in dieser Zeit aufmerksam gemacht, wobei er sich vor allem den kulturellen und religiösen Veränderungen widmete; ähnlich auch Averil Cameron und andere.

Geschichtlicher Grundriss

Diokletian - Stabilisierung und Reform

Datei:Diokletian.jpg
Bronzemünze mit dem Bild Diokletians

Mit dem Regierungsantritt des Kaisers Diokletian trat das Römische Reich in seine Spätphase ein. Die vorangegangene Krisenzeit der Soldatenkaiser hatte das Reich destabilisiert. Von Außen sah sich das Imperium mit der ständigen Bedrohung durch das Perserreich der Sassaniden im Osten und den Germanen an Rhein und Donau konfrontiert. Im Inneren war es teilweise zu einer Handlungsunfähigkeit der Verwaltung gekommen sowie der Loslösung von Teilgebieten des Imperiums (siehe Gallisches Sonderreich). Diokletian bemühte sich daher, den römischen Staat zu stabilisieren und zu reformieren. So kam es zu einer grundlegenden Reform der Verwaltung, wie etwa zu einer stärkeren Zentralisierung und Bürokratisierung, was sich auch in einem restriktiveren Steuersystem bemerkbar machte. Auch wurde das Reich in Diözesen eingeteilt, um so eine bessere Verwaltung zu garantieren. Um dem Staat fließende Steuereinnahmen zu sichern, wurde das Capitatio-Iugatio-System geschaffen und gleichzeitig eine Währungsreform in Angriff genommen, der jedoch kein durchschlagender Erfolg beschieden war.

Zentrales Element der Heeresreform war die Aufteilung in ein Feldheer (Comitatenses) und ein Grenzheer (Limitanei), so dass Durchbrüche an der Grenze leicher mit dem Bewegungsheer abgefangen werden konnten. Diese Reformen sollten sich insgesamt bewähren und dem Chaos, das teils noch in der Zeit der Soldatenkaiser geherrscht hatte, ein Ende bereiten sowie die Grenzverteidigung an Rhein und Donau stärken. Im Osten behauptete sich Rom nun auch gegen die Sassaniden, die 297 von Diokletians Caesar Galerius geschlagen wurden.

Weniger Erfolg hatte Diokletian allerdings mit dem von ihm erdachten Regierungssystem der Tetrarchie (Viererherrschaft), welches je zwei Seniorkaiser (Augusti) und zwei Juniorkaiser (Caesares) vorsah und zudem religiös durch die künstliche "Adoption" der Götter zementiert wurde. So nahm etwa Diokletian, der auch in diesem System weiterhin die bestimmende Figur war, den Beinamen Iovius an (etwa = Schützling und Abkömmling des Gottes Jupiter). Das System konnte sich gegen die dynastische Idee jedoch nicht durchsetzen, wie es die Ereignisse nach Diokletians freiwilligen Rücktritt 305 zeigen sollten.

Konstantin der Große und der Durchbruch des Christentums

Datei:136 ConstantinI.jpg
Ae Konstantins I.

Konstantin der Große, der Sohn des Tetrarchen Constantius Chlorus, setzte sich in dem Machtkampf durch, der kurz nach dem Rücktritt Diokletians 305 entbrannt war. Zuerst bekämpfte Konstantin Maxentius, den Sohn des Tetrarchen Maximian. Im Zusammenhang des Machkampfes zwischen Konstantin und Maxentius kam es 312 zur Schlacht bei der Milvischen Brücke und zur rätselhaften "Bekehrung" Konstantins zum Christentum, da ihm angeblich vor der Schlacht das Zeichen des Kreuzes erschienen war und er anschließend im Zeichen des Kreuzes auch den Sieg errang.

Nach 324 war Konstantin Alleinherrscher des Reiches, nachdem er auch seinen letzten Konkurrenten Licinius im Osten ausgeschaltet hatte. Konstantin baute anschließend die Reformen des Diokletian weiter aus, so in der Verwaltung (Schaffung neuer Hofämter, Praefectus praetorio als höchsten Zivilbeamten und zusätzliche Steuern) und im Militär (Schaffung des Titels Magister militum). Unter seiner Herrschaft erfolgte auch der weitreichendste Schritt eines römischen Kaisers seit der Begründung des Prinzipats durch Augustus: die Förderung des Christentums als privilegierte Religion, auch wenn Konstantins eigenes Verhältnis zum Christentum weiterhin in der Forschung umstritten ist. Konstantin ließ zudem eine neue Hauptstadt errichten: Konstantinopel, Stadt des Konstantin, das neue Rom. Damit verlagerte sich der Schwerpunkt des Reiches endgültig nach Osten.

Der Sassanidenfeldzug Julians

Das Ende der konstantinischen Dynastie

Nach dem Tod Konstantins 337 entbrannte ein blutiger Machtkampf, der die konstantinische Dynastie dezimierte. Konstantins Sohn Constantius II. setzte sich schließlich 351 als Alleinherrscher durch. Er förderte den Arianismus und war bei der Stabilisierung der Grenzen recht erfolgreich. Für die Zeit ab 353 steht uns das letzt große in Latein abgefasste Geschichtswerk der Antike zur Verfügung, die Kaisergeschichte des römischen Offiziers Ammianus Marcellinus, wenn sein Werk auch nicht völlig frei ist von Parteinahme, vor allem für den Vetter des Constantius, Julian. Dieser war auch bei dem von ihm geführten gallischen Heer sehr beliebt, so dass es bald zu Spannungen zwischen ihm und dem Kaiser kam. Julian wurde von den Truppen in Paris zum Kaiser ausgerufen und nur der bald darauf folgende Tod des Constantius bewahrte das Reich vor einem neuen Bürgerkrieg.

Den neuen Kaiser kennt die Nachwelt unter dem Namen Julian Apostata, da er kurz nach seinem Regierungsantritt im Jahre 361 eine Renaissance des Heidentums einleitete. Diese hatte jedoch keinen nachhaltigen Erfolg, zumal Julians Versuch, aus den vielen Kulten eine vereinheitlichte heidnische Staatskirche zu schaffen, um so das Christentum zurückdrängen zu können, misslang. Nach dem Tod Kaiser Julians auf einem Feldzug gegen die Sassaniden im Jahr 363, welcher gleichzeitig eine der größten Militäroperationen der Spätantike darstellte, blieb das Christentum die beherrschende Religion. Alle nachfolgenden Kaiser waren Christen, wie bereits der Julian nachfolgende und nur kurze Zeit regierende Jovian, der mit den Persern Frieden schließen musste. Der Osten wurde nun immer stärker christianisiert, aber auch der Westen, vor Konstantin weitgehend heidnisch, öffnete sich mehr und mehr dem Christentum, auch wenn es in der Folgezeit zu einer ganzen Reihe von schweren innerkirchlichen Krisen kam (Donatisten, Arianer, später im Osten die Monophysiten). Allerdings hielt sich das Heidentum noch lange Zeit, vor allem im Westen, und zwar besonders bei der Landbevölkerung (daher der Ausdruck paganus = Landbewohner), sowie in Teilen der Senatsaristokratie und in verschiedenen philosophischen Kreisen.

Außenpolitisch kam das Reich nicht mehr zur Ruhe. Am Rhein und entlang der Donau wurde es von Germanen und später von den Hunnen bedrängt, während im Osten die Gefahr durch die Sassaniden weiter bestand.

Von Valentinian I. bis zum Tod Theodosius des Großen - Völkerwanderung und die Behauptung des Imperium Romanum

Europa mit den wesentlichen Völkerwanderungsbewegungen

Das Reich wurde seit Kaiser Valentinian I., der Jovian 364 nachfolgte, wieder von je zwei Kaisern regiert, da man sich ansonsten nicht in der Lage sah, der äußeren Bedrohung Herr werden zu können.

Valentinian setzte seinen Bruder Valens im Osten ein und widmete sich selbst intensiv der Grenzverteidigung. Es gelang ihm denn auch, die Rheingrenze nachhaltig zu stabilisieren. Währenddessen ereigneten sich im Osten umwälzende Veränderungen. In den 70er Jahren des 4. Jahrhunderts setzte die Völkerwanderung in Europa ein. Die vor den Hunnen über die Donau geflüchteten Goten, die zunächst vom Imperium aufgenommen wurden, dann aber aufgrund unzureichender Versorgung revoltierten, fügten dem Ostkaiser Valens 378 in der Schlacht von Adrianopel eine vernichtende Niederlage zu. Valens fiel in dieser Schlacht, und Gratian, der älteste Sohn Valentinians I. und seit 375 Kaiser im Westen, setzte 379 den Spanier Theodosius als Kaiser im Ostteil des Imperiums ein. Theodosius übernahm denn die schwierige Aufgabe, dem Osten des Reiches wenigstens vorläufig wieder zu stabilisieren. 382 schloss er einen Vertrag mit den Goten, wonach sie im Reich bleiben konnten und als Soldaten (Foederati) dienen sollten, aber autonom blieben. Dieser Gotenvertrag ebnete den Weg für die Reichsbildungen der Germanen innerhalb des Imperiums, stabilisierte aber vorläufig die Lage, da Theodosius nun wieder über ausreichend Truppen verfügen konnte. 387 folgte ein Vertrag mit Persien in Bezug auf den Zankapfel Armenien, welches seit Jahrhunderten zwischen den beiden Großmächten umstritten war: Rom erhielt 1/5, Persien den Rest des Landes (so genanntes Persarmenien). Darüber hinaus betrieb Theodosius eine rigoros antiheidnische Kirchenpolitik, für die ihm später der Beiname der Große gegeben wurde.

Darstellung Theodosius' I. auf einer römischen Münze

Im Westen hatten sich währenddessen die Ereignisse überschlagen: Gratian, der einige erfolgreiche Feldzüge, wie gegen die Alemannen, geführt hatte, wurde 383 infolge eines Soldatenaufstandes in Britannien, der sich rasch auf das Festland ausgebreitet hatten, in Lyon ermordet. Theodosius hatte sich mit dem Usurpator Magnus Maximus zunächst noch einigen können, ihn schließlich 388 aber besiegt und hingerichtet. Daraufhin übergab er dem 17jährigen Valentinian II., dem jüngeren Bruder Gratians, die Herrschaft im Westen. Der faktischen Macht des Heermeisters des Westens, des Franken Arbogast, hatte der junge Kaiser aber nichts entgegenzusetzen. Er fand schon 392 ein gewaltsames Ende durch Mord oder Selbstmord. Anschließend ließ Arbogast den heidnisch gesinnten Rhetor Eugenius zum Kaiser erheben und betrieb mit ihm eine ausgeprägte Restauration der heidnischen Tradition. Diese Situation konnte Theodosius nicht akzeptieren, so dass er wieder nach Westen marschierte, wo er das Heer des Eugenius 394 in der Schlacht am Frigidus vernichtend schlagen konnte. Eugenius wurde hingerichtet, woraufhin Arbogast sich das Leben nahm. Das Heidentum, welches Theodosius bereits 380/81 in mehreren Gesetzen empfindlich beeinträchtigt und durch weitergehende Gesetz in Jahren 391 und 392 verboten hatte, erhielt damit den endgültigen politischen Todesstoß. Theodosius einigte das Reich noch einmal für eine kurze Zeit, bevor es nach seinem Tod unter seinen Söhnen Honorius (im Westen) und Arcadius (im Osten) 395 zur endgültigen Reichsteilung kam.

Das römische Reich zum Zeitpunkt des Todes Theodosius I. 395 n. Chr.

Von der Reichsteilung 395 bis zur Eroberung Roms 410

Im Osten begann eine Periode relativen Friedens, der nur von gelegentlichen Kämpfen an der Donaufront (Hunnen und Germanen) und ab dem späten 5. Jahrhundert an der Ostgrenze gegen die Sassaniden gestört wurde. Erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts musste sich auch das Ostreich wieder verstärkt der Verteidigung seiner Grenzen zuwenden. Der Osten war wirtschaftlich weiterhin der stärkere Reichsteil und konnte noch immer große Summen Geldes mobilisieren; zudem gelang es der oströmischen Diplomatie, mehrere Angriffswellen nach Westen umzuleiten. Vor allem konnte der Einfluss der Heermeister, die oft barbarischer Abstammung waren, teils eingedämmt und schließlich zurückgedrängt werden. Arcadius und sein Sohn Theodosius II. waren zwar keine fähigen Herrscher, doch funktionierte die Verwaltung des Reiches weiterhin relativ reibungslos, auch wenn es zu Beginn der Regierungszeit des Arcadius zu einem Konflikt mit dem Westreich um den Besitz des Illyricum gekommen war.

Der Westkaiser Honorius hatte eine Zeitlang, vom mächtigen Heermeister Stilicho gedrängt, sogar erwogen, gegen das Ostreich militärisch vorzugehen, was aber unterblieben war, zumal die Reichsgrenze am Rhein 406 endgültig kollabierte und sich eine wahre Flut von Germanen über das Westreich ergoss. 408 wurde auch Stilicho mit dem Wissen seines Schwiegersohnes Honorius umgebracht. Es zeigte sich wieder einmal, dass die Kaiser allzu mächtigen Militärs misstrauten - und dies nicht immer zu Unrecht.

Der Westen kam nicht mehr zur Ruhe. Von Germanen und Hunnen bedroht, zudem immer der Gefahr eines Putsches durch einen Heermeister ausgesetzt und teils von unfähigen Kindkaisern regiert, verlor das Weströmische Reich nach und nach seine wichtigsten Provinzen an die Germanen. Britannien ging zu Beginn des 5. Jahrhunderts verloren, während sich die weströmische Armee, die immer mehr durch die Aufnahme von Germanen barbarisiert worden war, nach dem Tod des Aetius um die Mitte des 5. Jahrhunderts de facto selbst auflöste. Im Westen formierten sich ab der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts auf dem Boden des Imperium Romanum germanische Reiche (Vandalen, Westgoten, Franken, Angelsachsen, Ostgoten u.a.), und 410 wurde gar Rom, zwar längst nicht mehr Hauptstadt des Westreiches, aber immer noch ein Prestigeobjekt, von den Westgoten unter Alarich geplündert. Dieser war schon zuvor im Ostreich aktiv gewesen war, teils als Verbündeter des Stilicho und Westroms, teils auf eigene Faust, und wollte nun im Westreich für sein Volk neues Siedlungsland erkämpfen. Der Fall Roms war ein Fanal - für die Heiden war dies ein untrügliches Zeichen der Götter, die das Reich für die Abkehr vom alten Glauben bestrafen wollten. Augustinus von Hippo schrieb daraufhin sein großes Werk De Civitate Dei (Über den Gottesstaat), als direkte Antwort auf diese Unterstellung.

Stabilisierung im Osten und der Zusammenbruch des Westens

Die militärische Katastrophe war für den Westen mit dem Zusammenbruch der Rheingrenze 406 vollkommen. Die wichtigsten Provinzen des Reiches gingen den weströmischen Kaisern (die seit Honorius in Ravenna residierten) verloren. Die Westgoten wurden 418 in Aquitanien angesiedelt, wo sie bald darauf einen Staat im Staate errichteten, was jedoch im Einvernehmen mit der einheimischen Aristokratie geschah - es existierte ohnehin kein schlagkräftiges römisches Heer im Westen mehr. Die Westgoten nahmen in den folgenden Jahrzehnten mit den Sueben Hispanien in Besitz, während sich die Franken in der Belgica, im Norden Galliens einrichteten. Die Vandalen setzten 429 von Spanien nach Africa über, eroberten 439 Karthago und entrissen so die reichste Provinz des Westreiches dem Zugriff des weströmischen Kaisers, der danach effektiv nur noch über Italien und Teile Süd-Galliens herrschte. Die Gefahr der Hunnen unter Attila konnte jedoch durch den mächtigen Heermeister Aetius, der seit den 30er Jahren der mächtigste Mann des Westreiches war, 451 abgewendet werden. Aetius hatte dabei aber bezeichnenderweise auf germanische Foederati zurückgreifen müssen - die weströmische Armee war bereits im Verschwinden. 454 ließ Kaiser Valentinian III., der letzte Kaiser des Westens aus der theodosianischen Dynastie, den General aus Furcht vor dessen Einfluss umbringen - was der Kaiser bald darauf mit seinem Leben bezahlen musste.

Die nachfolgenden Kaiser im Westen waren kaum fähiger, zumal nach dem Ende des Aetius bis 472 der Magister militum Ricimer de facto alleine die Reichsgeschäfte im Westen führte. Ricimer konnte durchaus einige kleinere Erfolge im Abwehrkampf Westroms verbuchen, dennoch wurde Rom 455 von den Vandalen geplündert. Eine gemeinsame Operation des West- und des Ostreiches gegen die Vandalen scheiterte denn 468, was zur Anerkennung des Vandalenreiches durch Byzanz führte.

Der Osten hingegen erwehrte sich der äußeren Bedrohung. Kaiser Markian, der 450 die Nachfolge von Theodosius II. angetreten hatte, verweigerte gar den Hunnen den Tribut und schaffte es, dass sie ihre Angriffe gegen das Westreich richteten, während die Ostgrenze gegen die Sassaniden gehalten wurde.

Mit der Absetzung von Romulus Augustulus 476 durch Odoaker erlosch das weströmische Reich (letzter legitimer Kaiser war allerdings Julius Nepos, der 480 in Dalmatien verstarb), welches jedoch bereits seit der Reichsteilung, spätestens aber nach dem Zusammenbruch der Rheingrenze kaum noch lebensfähig gewesen ist.

Datei:Roman hunnic empire 450.jpg
Die Mittelmeerwelt um 450 n. Chr. Kenntlich sind auch die Siedlungsräume germanischer Stämme innerhalb des Imperium Romanum

Ausblick: Von der antiken Welt ins Mittelalter

Das ökonomisch gesündere und dichter bevölkerte Oströmische Reich konnte sich im Gegensatz zum weströmischen Reich behaupten. Kaiser Leo I. schaltete mit Hilfe des späteren Kaisers Zenon den gotischen Heermeister Aspar aus. Anastasios I. hinterließ seinen Nachfolgern den gewaltigsten Staatsschatz in der römischen Geschichte. Kaiser Justinian I. konnte gar eine großangelegten Restaurationspolitik betreiben, wobei diesem Versuch der Wiederherstellung des Imperiums allerdings nur kurzfristiger Erfolg beschieden war. Im oströmischen beziehungsweise byzantinischen Reich bestand das römische Reich staatsrechtlich fort - ebenso lebte dort die Kultur der Antike weiter, wobei das kulturelle Leben im Osten in den nachfolgenden Jahrhunderten einen Wandel erfuhr und Byzanz schon bald nach Justinian, der als letzter Kaiser Latein als Muttersprache sprach, eigene Wege ging.

Währenddessen kam es im Westen zu einer Transformation hin zu einer germanisch-romanischen Welt: Das Westgotenreich, welches sich im 6. Jahrhundert auf ganz Spanien ausbreitete, ist in vielerlei Hinsicht ein Beispiel für die Symbiose von spätantiker Gesellschaft und germanischer Herrschaft. Es wurde indes im frühen 8. Jahrhundert von den nach Norden drängenden Muslimen überrannt und ausgelöscht. In Britannien ging die römische Kultur wohl schon bald nach der Eroberung durch die Angeln, Sachsen und Jüten, die ursprünglich nach dem Abzug der kaiserlichen Truppen (410) von der römischen Bevölkerung als Föderaten ins Land gerufen worden waren, unter. Nur eine einzige der germanischen Reichsgründungen "der ersten Stunde" hatte letztendlich dauerhaften Bestand: das Frankenreich. 496 hatte sich der Frankenkönig Chlodwig I. taufen lassen und war das römische Erbe in Gallien angetreten. In Italien hatte der Ostgote Theoderich der Große sein Reich weiterhin nach römischen Muster führen lassen, doch verschwand das Ostgotenreich bereits um die Mitte des 6. Jahrhunderts durch die von Justinian I. eingeleitete Restauratio imperii. Noch bis weit ins sechste Jahrhundert akzeptierten die Germanenreiche zumeist die oströmische Oberhoheit; dies änderte sich erst, als die Kaiser durch die Angriffe der Araber zu sehr geschwächt waren, um weiter im Westen aktiv zu werden.

Das Frühmittelalter nahm in den folgenden Jahrzehnten langsam Gestalt an, wobei es jedoch im Westen parallel zu einem schleichenden kulturellen Niedergang kam (wie unter anderem am Rückgang der Schriftlichkeit oder dem Verfall der Städte ersichtlich, wobei oft Schriftgut nur in Klöstern gerettet wurde, wie beispielsweise Cassiodors Vivarium). Viele Regionen des ehemaligen Reichs fielen in völlige Überlieferungslosigkeit zurück, so dass die Rede von den "dunklen Jahrhunderten" nicht unberechtigt ist. Meist ist nicht einmal das Fortbestehen der wichtigen Bistümer gesichert; Köln weist etwa eine Lücke in seiner Bischofsliste zwischen etwa 400 bis in die Mitte des 6. Jhs. auf. Dennoch scheint die materielle und wirtschaftliche antike Kultur manchenorts auch im Norden (z.B. Trier) länger weitergelebt zu haben, als dieses Dunkel der Geschichte erwarten läßt. Das Mittelalter 'erhebt' sich aus diesem Dunkel nicht überall zur gleichen Zeit; so setzt das fränkische Mittelalter mit der merowingischen Reichsgründung und dynastischen Konsolidierung auf den Fundamenten der römischen Verwaltungsstrukturen bereits sehr früh ein. Römische Städte weiter im Norden und Nordosten haben ein anderes Schicksal; so wird Wien (spätantik Vindomina oder Vindomana) zuletzt bei Jordanes in seiner Gotengeschichte genannt, und erst 881 ist von der Stadt (nun Wenia) wieder die Rede.

Sozial-kultureller Grundriss

Kulturelles Leben

Rat der Götter. Illustration zu Vergils Aeneis in einem Codex des 5. Jhs.

Die spätantike Literatur zeigte kaum Anzeichen des Niedergangs. Gerade die syrische Literatur brachte einige bedeutende Werke hervor, und in der lateinischen Literatur ragen das letzte große in Latein verfasste Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus und die Dichtungen Claudians, des letzten bedeutenden Dichters des heidnischen Rom († nach 404) heraus. Der bedeutendste griechische Historiker der Spätantike ist Prokopios von Caesarea. Auch in Gallien und Spanien blüht eine stark rhetorisch geprägte Dichtkunst (Ausonius). Die christliche Philosophie bringt mit dem Trost der Philosophie des Boethius und den Schriften des Kirchenvaters Augustinus Werke von weltliterarischem Rang hervor. Die Literatur setzte sich vielfach zum Ziel, die klassischen nationalrömischen Texte durch gleichwertige christliche Gegenentwürfe zu ersetzen (Prudentius), schuf aber auch neue Formen (Hymnen des Ambrosius). Im Gegenzug versuchen Vertreter der 'alten' Bildung, diese in philologischer Arbeit zu bewahren (Donat, Servius, Macrobius) und zu sammeln. Der Nordafrikaner Martianus Capella unternahm (wohl nach 470) einen letzten Versuch, das pagan-römische Wissen in einer großen Götterallegorie zusammenzufassen.

Im griechischen Osten des Reiches ist besonders Libanios hervorzuheben, während im Bereich des Neuplatonismus bis ins sechste Jahrhundert hinein eine Fülle von philosophischen Werken entstanden. Hier blühte auch die Geschichtsschreibung noch bis ins frühe 7. Jh. (Theophylakt Simokattes). Gleichzeitig setzte sich das Buch (Codex) gegenüber der Schreibrolle durch und es entstanden neue Bautypen (Basilika). Von Bedeutung war die Mosaikkunst, auch wenn in der Kunst insgesamt (im Vergleich zur "klassischen Antike") einfachere Formen dominierten.

Im Westen hatte sich Latein fast völlig durchgesetzt. Die griechischsprachigen Gebiete in Italien und auf Sizilien verschwanden, die Kenntnisse des Griechischen ließen auch in der Oberschicht ab etwa 400 spürbar nach. Erst nach den Eroberungen Justinians I. kam es zu einer erneuten Gräzisierung einiger Regionen. Im Osten war Griechisch seit langem absolut vorherrschend, aber im Heer, am Hof, in der Verwaltung und Teilen Thrakiens und Illyriens sprach man noch Latein. Allgemein ging allerdings die Verbreitung der zweiten Bildungssprache in den Oberschichten (im Westen Griechisch, im Osten Latein) zurück, wenngleich man im Osten nachweislich noch unter Justinian eine fundierte Ausbildung in lateinischer Literatur und Sprache erfahren konnte. Erst unter Herakleios wurde Griechisch hier zur alleinigen Amtssprache erhoben; seit dieser Zeit vertiefte sich aufgrund der Sprachbarriere auch die Kluft zwischen Byzanz und dem lateinischen Westen.

Wirtschaft

Im Westen war zwar ein gewisser Bevölkerungsrückgang festzustellen, aber dieser setzte erst im 5. und 6. Jahrhundert in voller Stärke ein. Die großen Städte, vor allem Rom, Karthago, Konstantinopel, Antiochia und Alexandria, standen immer noch in ihrer Blüte und verfielen (im Westen) erst nach den Eroberungen durch die Germanen. Der Westen erlebte, auch bedingt durch den Einfall der Germanen, einen wirtschaftlichen Niedergang. Dem Osten erging es wesentlich besser, auch aufgrund der Tatsache, dass die wichtigen Industrien und Handelszentren im Osten lagen, wo auch die Seidenstraße endete und es einen regen Handelsaustauch mit Persien gab. Die in der älteren Forschung teils vertretende Ansicht, die spätantike Wirtschaft habe zu wenig Produzenten und zu viele Konsumenten gehabt, ist inzwischen in Frage gestellt worden (siehe Cameron, The Mediterranean World in Late Antiquity, S. 241).

Das private Vermögen verteilte sich auf eine relativ kleine und wohlhabende Oberschicht, die sich häufig auf prächtige Landgüter zurückzog (was teils als ein Indiz für eine beginnende Feudalisierung gedeutet wurde). Dem gegenüber galt der Großteil der Bevölkerung als arm, was bedeutete, dass es galt vom jeweiligen Tageslohn zu leben. Auf dem Land galt für die Pächter der Großgrundbesitzer in der Regel die Bindung an das zu bearbeitende Stück Land (Schollenbindung, siehe Colonen). Auf dem Land (vor allem in Gallien) kam es jedoch auch zu Aufständen der so genannten Bagauden. Wie die Rolle der Sklaven einzustufen ist, bleibt in der Forschung umstritten, allerdings ist davon auszugehen, dass es keinen wirklichen Bruch gegenüber der vorherigen Praxis gegeben hat und die Sklaverei auch weiterhin wenigstens eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat.

Der spätrömische Staat und Bedeutungsgewinn der Kirche

Der Kaiser nahm im spätrömischen Reich eine sakrale Stellung ein, nicht unähnlich der eines Vizekönigs Gottes auf Erden (näheres dazu im Artikel Kaiser), wobei er allerdings immer noch an das altrömische Prinzip der Fürsorgepflicht gebunden war und neue Kaiser durch Akklamation erhoben wurden.

Zudem war die Gesetzesherrschaft keineswegs suspendiert (wie oft mit dem Begriff des Dominats in der älteren Forschung suggeriert wurde); vielmehr zeigen zahlreiche Erlasse in den Codizes, dass die Kaiser sich weiterhin an das Recht als solches (freiwillig) gebunden fühlten (siehe beispielsweise die Äußerung im Codex Justinianus, 1,14,4). Im Inneren zeichnete sich ein Trend zur stärkeren Zentralisierung der Verwaltung ab, wobei vor allem Konstantin zahlreiche neue Hofämter schuf. Die Bürokratie nahm zu, ebenso wie der Steuerdruck. Auch wurde die Verwaltung effizienter organisiert: der höchste zivile Reichsbeamte war seit Konstantin der Praefectus praetorio.

Auch die spätrömische Armee wandelte sich: zunächst in ein Marsch- (Comitatenses) und ein Grenzheer (Limitanei) unterteilt, wurde es, vor allem im Westen, durch die stetige Aufnahme von Foederati zunehmend "barbarisiert". Im Westen mündete dieser Prozeß schließlich im 5. Jahrhundert in die faktischen Selbstauflösung des Heeres, zumal im Westen auch die finanziellen Mittel zum Unterhalt fehlten.

Im Westen verlor Rom seine zentrale Stellung als Hauptstadt, nicht jedoch den Wert als Symbol. Aber schon längst residierten die Kaiser näher an den gefährdeten Grenzen (Trier, Sirmium). Im Westen wurde denn zunächst Mailand, schließlich das aufgrund seiner geographischen Lage als uneinnehmbar angesehene Ravenna Hauptstadt des Westenreiches. Im Ostreich hingegen residierten die Kaiser seit Theodosius I. nunmehr dauerhaft in Konstantinopel.

Die Kirche trat vor allem im Westen an Stelle des dort nicht mehr funktionsfähigen Staates (im 5./6. Jahrhundert). Im Inneren festigte sich ihre Stellung. Es kam jedoch zu mehreren Kontroversen: sowohl das Heidentum (welches noch im 5. und 6. Jahrhundert aktiv war) als auch theologischen Differenzen innerhalb der Kirche erschwerten die innere Festigung (siehe Konzil von Nicäa; Arianismus; Monophysitismus). Hinzu kam der Schock von 410 (Plünderung Roms), auf den Augustinus, Orosius und andere literarisch reagierten. Ohnehin ist es falsch zu glauben, dass das Heidentum mit der konstantinischen Wende verschwand. Es hielt sich noch lange Zeit auf dem flachen Land, vor allem im Westen, und erfreute sich auch teils bei der gebildeten Aristokratie noch großer Beliebtheit. In der Spätantike entwickelte sich auch das Amt des Bischofs von Rom hin zum Papsttum, während im Osten, genauer gesagt in Ägypten, das Mönchtum seinen Anfang nahm. Die erstarkte Stellung der Kirche kam auch dadurch zum Ausdruck, dass sich verstärkt befähigte Personen gegen den Staatsdienst und für den Dienst in der Kirche entschieden (siehe beispielsweise Ambrosius).

Kultureller Wandel

Im Westen setzte bereits im 5. Jahrhundert ein Transformationsprozess ein, der langsam, eben bedingt durch die Entstehung germanischer Reiche auf dem Boden des Imperiums, zum Übergang ins Frühmittelalter führte, wobei die Germanen keineswegs versuchten, die römische Kultur zu beseitigen, wie die römische Verwaltungspraxis von Theoderich dem Großen oder die Rechtspraxis der Westgoten zeigt. Dennoch waren die Grenzen fließend: im Osten kam es zu keinem Ereignis wie im Westen 476 - wobei die moderne Forschung allerdings den Untergang Westroms nicht mehr so sehr als Zäsur begreift wie es noch die ältere Forschung tat. Doch beendete der Einbruch der Araber zu Beginn des 7. Jahrhunderts endgültig die (wenn auch nur noch sehr bedingt gegebene) Einheit der Mittelmeerwelt (siehe Islamische Expansion).

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Literatur

Quellen in Auswahl

Sekundärliteratur in Auswahl

Die umfassendste Darstellung stammt aus der Feder des Historikers Otto Seeck (Otto Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt, 6 Bde., verbesserte Aufl., Stuttgart 1921, Nachdrucke Darmstadt 1966 und 2000), die jedoch stark von dessen darwinistischer Grundanschauung geprägt ist und daher in vielem veraltet ist.

Moderne Darstellungen:

  • Averil Cameron u.a. (Hrsg.): The Cambridge Ancient History, Bd. 13 und 14, 2. neugestaltete Aufl., Cambridge 1997 ff. Beste moderne Übersichtsdarstellung. Dort findet sich auch weiterführende Literatur, größtenteils jüngeren Datums.
  • Averil Cameron: The Mediterranean World in Late Antiquity AD 395-600. Routledge, London und New York 1993. ISBN 0-415-01421-2 Verständlicher und informativer thematischer Überblick.
  • Hartwin Brandt: Das Ende der Antike. Geschichte des spätrömischen Reiches. 2. Aufl. Beck, München 2004. ISBN 3406519180 Knapper und konservativer, aber dennoch hochinformativer und preislich günstiger Überblick.
  • Peter Brown: Die letzten Heiden. Wagenbach, Berlin 1986; Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1995 (orig. Harvard 1978) ISBN 3-596-12287-2
  • Ders.: Die Entstehung des christlichen Europa. Beck, München 1999 ISBN 3406440231 (orig. Oxford 1995, 2. verbesserte und erweiterte Aufl. Oxford 2003 - ein gut lesbares Standardwerk)
  • Alexander Demandt: Geschichte der Spätantike. Sonderausgabe Beck, München 1998. ISBN 3406441076 Solide und relativ umfangreiche Übersichtsdarstellung. Entspricht der Ausgabe "Handbuch der Altertumswissenschaft", allerdings ohne wissenschaftlichen Apparat und leicht gekürzt.
  • Manfred Fuhrmann: Rom in der Spätantike. Artemis & Winkler, Zürich 1994. ISBN 3760810888
  • Arnold H. M. Jones:The Later Roman Empire 284-602. A Social, Economic and Administrative Survey, 3 Bde. durchgehend nummeriert, Oxford 1964 (ND in 2 Bde., Baltimore 1986). Die beste moderne, aus den Quellen gearbeitete Darstellung. Ein moderner Klassiker.
  • Jochen Martin: Spätantike und Völkerwanderung. 4. Aufl. Oldenbourg, München 2001. (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 4) ISBN 3486496840 Knappe Darstellung mit Forschungsteil und umfassender Bibliographie.

Siehe auch