Topik (Psychologie)
Topik ist ein übergreifendes Modell, das sowohl in der Psychologie als auch in den klassischen Naturwissenschaften und in den Geisteswissenschaften gültig ist. In diesem Sinne wird sowohl von
- topischer Diagnostik in der Neurologie und von topographischer Anatomie
als auch von
- metaphorischer psychologischer Topik
gesprochen.[1] [2] [3] Diese Gemeinsamkeit ist u.a. auch auf die Erfolge der Psychophysik im 19. Jahrhundert zurückzuführen, die gesetzliche Zusammenhänge u.a. in der Wahrnehmungsphysiologie zum Gegenstand hatten, → Experimentalpsychologie.
Anatomische Topik
Die engen Beziehungen zwischen psychischen Phänomenen und Neuroanatomie beründeten die noch heute anhaltende Ära des engen Zusammenhangs von Neurologie und medizinischer Psychologie / Psychiatrie. Viele inzwischen erforschte neuropsychologische Syndrome begründen den Erfolg dieser naturwissenschaftlich-anatomischen Anschauungsweise.
Psychische Topik
Psychoanalyse
Der psychologische Begriff Topik wurde von Sigmund Freud (1856-1939) als eines von drei Grundprinzipien seiner Metapsychologie angesehen und damit als wesentlicher Bestandteil der Vollendung der Psychoanalyse. Bei dieser grundlegenden Annahme verwendete er sowohl den Begriff der anatomischen Topik als auch den der psychischen Topik. Dieser letztere Begriff sollte unabhängig von der impliziten Forderung nach anatomischer Topik aller psychischen Phänomene gebraucht werden.[4]
Der psychoanalytische Begriff Topik bezeichnet ein Konzept der Organisation von Vorstellungsinhalten, sogenannten Repräsentanzen innerhalb der menschlichen Psyche.
Nach diesem Konzept sind Vorstellungen nicht durch zeitliche oder physiologische Grenzen getrennt, sondern durch assoziative Schranken, insbesondere „Zensurmechanismen“ und Verdrängungen. Durch diese Mechanismen werden Bewusstseinsinhalte ins Unbewusste abgeschoben bzw. „abgespalten“, sofern sie dem Bewusstsein nicht von vornherein schon unzugänglich sind.
Freud entwickelte zwei verschiedene topische Modelle der Psyche: zuerst das Modell Bewusstes/Unbewusstes/Vorbewusstes, später dann das einflussreiche Drei-Instanzen-Modell mit den Instanzen Es/Ich/Über-Ich. Nachfolger Freuds modifizierten dieses Modell oder ersetzten es durch eigene Modelle, insbesondere im Kontext der Selbstpsychologie und der Objektbeziehungstheorie.
Gestaltpsychologie
Der Begriff Topik wurde jedoch auch von anderen psychologischen Richtungen und Schulen verwendet, so z.B. von der Gestaltpsychologie. Kurt Lewin (1890-1947) sprach von topologischer Psychologie.
Andere Verwendungen
In der Motivationspsychologie ist von Motivationsräumen die Rede.[5] Thure von Uexküll hat darüber hinaus den Begriff des Integrationsraums in die Begrifflichkeit der Psychosomatischen Medizin eingebracht. Damit werden übergreifende Modelle verstanden, in denen „Körperliches und Seelisches ineinandergreifende Glieder einer durchgehenden Ordnung darstellen“,[6] vgl. z.B. auch → Psychosoziale Dimension.
Geisteswissenschaften
Topik ist auch Gegenstand der Geisteswissenschaften. Wenn z.B. das Denken selbst als innerhalb der Strukturen des Zentralnervensystems lokalisiert angenommen werden muss, so ist doch der Gegenstand des Denkens von solcher örtlichen Festlegung völlig frei. Hannah Arendt schreibt dazu:
- „Zeit und Raum sind in der Alltagserfahrung nicht einmal denkbar ohne ein Kontinuum, das sich vom Nahen zum Fernen erstreckt, vom Jetzt in die Vergangenheit oder Zukunft, vom Hier zu jedem Punkt unter der Sonne, links und rechts, vorwärts und rückwärts, nach oben und nach unten; daher kann man mit gewisser Berechtigung sagen, daß nicht nur Entfernungen, sondern auch Zeit und Raum selbst beim Denken außer Kraft gesetzt sind. Was den Raum betrifft, so kenne ich keinen philosophischen oder metaphysischen Begriff, der einleuchtend mit dieser Erfahrung in Verbindung gebracht werden könnte; ...“[7]
Einzelnachweise
- ↑ Broser, Fritz: Topische und klinische Diagnostik neurologischer Krankheiten. 2. Auflage. U&S, München 1981, ISBN 3-541-06572-9
- ↑ Duus, Peter: Neurologisch-topische Diagnostik. 5. Auflage. Georg Thieme Verlag Stuttgart 1990, ISBN 3-13-535805-4
- ↑ Peters, Uwe Henrik: Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie. Urban & Schwarzenberg, München 3. Auflage 1984, Seite 567 - Hier wird unter dem Stw. psychische Topik und psychische Topographie von einer „Einordnung psychischer Gegebenheiten in ein räumlich gedachtes metaphorisches Schema“ gesprochen.
- ↑ Sigmund Freud: Das Unbewußte. In: Das Unbewußte. Schriften zur Psychoanalyse. S. Fischer Verlag 1963, Seite 15
- ↑ Uexküll, Thure von: Grundfragen der psychosomatischen Medizin. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 1963, Seite 105
- ↑ Uexküll, Thure von: a.a.O., Seite 129
- ↑ Arendt, Hannah: Vom Leben des Geistes. Band 1: Das Denken. Piper, München 1979, Seite 91