Graphem
Ein Grafem (auch Graphem) ist die kleinste funktionale Einheit des Schreibsystems (Orthografie, Grafematik/Grafemik) einer Schriftsprache.
Ein Grafem hat entweder die Funktion, eine bedeutungstragende Einheit, ein Morphem, darzustellen (so in Sprachen mit ideografischer Schrift), oder es handelt sich um die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit der geschriebenen Sprache, die sich nach bestimmten Regeln einer, keiner oder mehreren bedeutungsunterscheidende Einheiten der gesprochen Sprache, den Fonemen, zuordnen lässt (so in Sprachen mit fonografischer Schrift). Beispiele fonografischer Schriften sind Silbenschriften und Buchstabenschriften.
Ein Grafem hat charakterististische Merkmale, die es von anderen Grafemen unterscheiden (grafematische Merkmale, z.B. die spitze Form des v, die es von der runden Form des u unterscheidet, oder auch die "diakritischen Zeichen", die z.B. ein ö vom o unterscheiden). Ein Grafem wird in der Form unterschiedlich aussehender Buchstaben (Grafen bzw. Glyphen) realisiert, je nach Schriftart (Font, Schreib-/Druckschrift usw.) bzw. der Position im Wort oder im Satz. Man spricht dabei von Allografen bzw. Varianten eines Grafems. Unterschiedliche Buchstabenformen sind dann Allografen ein und desselben Grafems, wenn sie austauschbar sind, ohne die Bedeutung eines Wortes zu verändern. ɑ und a sind z.B. Allografe des Grafems a. Eine wichtige Grundvariation stellt die Unterscheidung in Groß- und Kleinbuchstaben dar: A und a sind ebenfalls Allografe des Grafems a, deren Verteilung bestimmten Regeln folgt.
Beispiele für Grafem-Fonem-Korrespondenzen im Deutschen
Dem Grafem h entspricht üblicherweise das Fonem /h/. Es bezieht sich aber auf kein Fonem, wenn es bestimmten anderen Grafemen folgt: ch, ph, th, uh, usw. (In diesen Fällen modifiziert es entweder nur die Aussprache des vorangehenden Grafems: ch, ph, oder es ist einfach stumm: th, oder es macht die Aussprache des vorangehenden Grafems eindeutig: uh.) Man nennt ch, ph, th, uh, usw. Digrafen oder Digrafeme, da zwei aufeinanderfolgende Grafeme mit einem Fonem korrespondieren.
Umgekeht korrespondiert z.B. das Grafem z mit einer Fonemfolge (/ts/) (vgl. auch Konsonantenhäufung).
Ein Grafem kann mehreren Fonemen entsprechen, z.B. b den Fonemen /b/ (Erbe) und /p/ (Erbse), oder v den Fonemen /f/ (Vater) und /v/ (Vulkan).
Umgekehrt können einem Fonem unterschiedliche Grafeme entsprechen, z.B. dem stimmlosen /s/ (ß-Laut) die Grafeme ß (Fuß) und s (Erbse), oder dem stimmlosen /f/ die Grafeme f, v und die Grafemkombination (vgl. auch Konsonantenhäufung) ph (-graph- neben -graf-).