Zum Inhalt springen

Stetige Funktion

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. April 2005 um 14:59 Uhr durch Gunther (Diskussion | Beiträge) (Stetigkeit reeller Funktionen: Wertemenge -> Zielmenge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Stetige Funktionen (als mathematischer Begriff) sind Funktionen, bei denen verschwindend geringe Änderungen des Eingabewertes auch nur zu verschwindend geringen Änderungen des Funktionswertes führen. Wenn schon verschwindend geringe Änderungen des Eingabewertes zu Sprüngen des Funktionswertes führen, nennt man eine Funktion unstetig.

Definitionen

Im folgenden werden verschiedene Definitionen von Stetigkeit angegeben:

"Naive" Definition von Stetigkeit

Graphische Veranschaulichung einer unstetigen Funktion

Eine Funktion ist stetig, wenn der Graph der Funktion auf ihrem Definitionsbereich ohne Absetzen des Stiftes gezeichnet werden kann - also keine Sprünge in den Funktionswerten auftreten. Diese Definition von Stetigkeit ist mathematisch nicht exakt, wird aber gerne zur Anschauung benutzt.

Sie "funktioniert" beispielsweise bei reellwertigen Funktionen in einer reellen Veränderlichen über einem zusammenhängenden Definitionsbereich (genaugenommen "funktioniert" diese Definition maximal bei lokal Lipschitz-stetigen Funktionen).

Stetigkeit reeller Funktionen

Reelle Funktionen zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Definitionsbereich und ihr Zielbereich Teilmengen der reellen Zahlen sind. Für solche Funktionen ist die Stetigkeit von f in einem Punkt des Definitionsbereichs folgendermaßen definiert:

sind in dieser Definition reelle Zahlen.

Äquivalent dazu ist die folgende Definition:

Eine Funktion, die an jeder Stelle ihres Definitionsbereiches stetig ist, heißt punktweise stetig. So ist z.B. die Funktion an jeder Stelle stetig, aber vermöge der Unstetigkeit an der Stelle nicht punktweise stetig.

Für spätere Verallgemeinerung wird im folgenden der Zusammenhang mit allgemeinen metrischen und topologischen Räumen angegeben.

Die topologischen Räume sind durch so genannte offene Mengen charakterisiert.

Eine offene Menge G auf der reellen Zahlenachse ist dadurch charakterisiert, dass um jeden ihrer Punkte ein offenes Intervall existiert, das diesen Punkt enthält und das ganz in der Menge G liegt. Ein offenes Intervall wird über die euklidische Metrik d definiert:

Ein offenes Intervall um den Punkt herum ist die Menge aller reellen Zahlen x, für die kleiner als eine vorgegebene positive reelle Zahl ist.

Hierüber lassen sich dann die Eigenschaften allgemeinerer Abbildungen zwischen topologischen Räumen motivieren (das wird weiter unten definiert).

Beispiele

  • Sind f und g stetig mit einem gemeinsamen Definitionsbereich, so sind auch f + g, f - g, f * g stetig. Ist für alle x im Definitionsbereich, dann ist auch f/g stetig.
  • Die Komposition zweier stetiger Funktionen f o g ist ebenfalls stetig.

Im folgenden bezeichne f:R->R eine Funktion

  • f(x) = sin(x) ist für alle x aus R stetig.
  • f(x) = cos(x) ist für alle x aus R stetig.
  • f(x) = cos(x) + sin(x) ist für alle x aus R stetig.
  • f(x) = ist für alle x aus R stetig.

Im folgenden bezeichne f:D->R eine Funktion von einer Teilmenge D von R nach R

  • f(x) = 1/x ist für x=0 nicht definiert. In der Schulmathematik sagt man dann, f wäre in der 0 unstetig, nach der exakten Definition ist der Begriff der Stetigkeit auf diese Stelle jedoch gar nicht anwendbar - f ist also weder stetig noch unstetig in der 0. f ist in seinem Definitionsbereich (R\{0}) stetig.
  • f(x) = sin(x)/cos(x) ist stetig in seinem Definitionsbereich, d.h. in allen x aus R, für die cos(x) ungleich 0 ist. Man bezeichnet f auch als tan.

Im folgenden bezeichne f:C->C eine Funktion

  • f(z) = exp(z) ist für alle z aus C stetig

(exp bezeichne die komplexe Exponentialfunktion, exp(z) = )

Verallgemeinerung: Stetige Funktionen zwischen metrischen Räumen

Ein Funktion heißt stetig, wenn sich ihr Funktionswert genügend wenig ändert, solange man nur das Funktionsargument genügend wenig ändert. Auch dies ist nur eine Beschreibung, mögliche exakte Definitionen sind folgende:

Epsilon-Delta-Kriterium

Seien (X,dx), (Y,dy) metrische Räume, dann heißt

dabei bezeichnet Uδ(x0) die offene δ-Umgebung um x0, d.h.

Folgenkriterium

Seien (X,dx), (Y,dy) metrische Räume, dann gilt:
f: X → Y ist stetig in x0 ⇔ Für jede Folge (xn) aus der Definitionsmenge von f, die gegen x0 konvergiert, konvergiert f(xn) gegen f(x0).

Umgebungskriterium

Seien (X,dx), (Y,dy) metrische Räume, dann gilt:
f: X → Y ist stetig in x0 ⇔ Zu jeder Umgebung V von f(x0) gibt es eine Umgebung U von x0, sodass für alle x ∈ U ∩ X gilt: f(x) ∈ V.

Weitere Verallgemeinerung: Stetige Funktionen zwischen topologischen Räumen

Noch allgemeiner lässt sich Stetigkeit zwischen topologischen Räumen wie folgt definieren (die Stetigkeit in metrischen Räumen ist eine Folgerung dieser Definition):

Sei f eine Abbildung von dem topologischen Raum X in den topologischen Raum Y. Dann heißt f stetig, wenn das Urbild von f von jeder in Y offenen Menge U wieder offen in X ist, oder etwas formaler:

Spezialfälle von Stetigkeit

Spezialfälle der Stetigkeit sind z.b. Gleichmäßige Stetigkeit und (lokale) Lipschitz-Stetigkeit. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass ihre jeweiligen Definitionen die Menge der infrage kommenden Funktionen noch weiter einschränken. Anwendungen der Lipschitz-Stetigkeit finden sich z.B. in Eindeutigkeitssätzen (z.b. Satz von Picard-Lindelöf) für Anfangswertprobleme.
Eine Eigenschaft, die eine Menge von Funktionen besitzen kann, ist die Gleichgradige Stetigkeit. Sie spielt eine Rolle im häufig verwendeten Satz von Arzelà-Ascoli.

Zusammenhang

Es gelten folgende Zusammenhänge:
Lipschitz-stetig lokal Lipschitz-stetig und gleichmäßig stetig
lokal Lipschitz-stetig oder gleichmäßig stetig stetig.

Beispiele

Einige Gegenbeispiele sollen demonstrieren, dass die Rückrichtungen in aller Regel nicht gelten:
ist lokal Lipschitz-stetig, aber weder Lipschitz-stetig noch gleichmäßig stetig.

ist stetig, aber nicht lokal Lipschitz-stetig.

Wichtige Sätze über stetige Funktionen

Verkettung stetiger Funktionen

Jede stetige Funktion von einer stetigen Funktion ist wieder stetig.

Stetigkeit der Umkehrfunktion

Sind nichtleere intervalle in , eine stetige, streng monoton wachsende Funktion, so exisiert die Umkehrfunktion und diese ist stetig. Das heißt ist ein Homöomorphismus.

Die gilt aber nur für auf dem ganzen Intervall stetige Funktionen. Ist eine umkehrbare und an der Stelle stetige Funktion, so ist die Umkehrfunktion an der Stelle im Allgemeinen nicht stetig. Als Gegenbeispiel sei f definiert durch:

  • auf (2k,2k + 1) sei f(x) = xk (k durchläuft die positiven ganzen Zahlen)
  • auf (2k − 1,2k) sei f(x) = 1/x
  • auf (1/(k + 1),1/k) sei
  • f(0) = 0, f(k) = k, f(1/k) = 1/k
  • f(x) = −f(−x) für x < 0.

Dann ist f bijektiv und in 0 stetig, aber f−1 ist in 0 nicht stetig.

Folgenkonvergenz stetiger reellwertiger Funktionen

Sei f eine reellwertige Funktion, die auf ihrem Definitionsbereich D(f) stetig ist, D(f) sei eine Teilmenge der reellen Zahlen, sei aus dem Definitionsbereich von f,

dann gilt für jede Folge reeller Zahlen aus D(f) die gegen konvergiert, dass die Folge der Funktionswerte gegen konvergiert.

Bemerkung: Dieser Satz gilt auch für stetige Abbildungen zwischen beliebigen metrischen Räumen.

Nimmt die auf einem abgeschlossenen Intervall stetige Funktion an zwei Stellen a und b dieses Intervalls Funktionswerte mit unterschiedlichem Vorzeichen an, so gibt es zwischen a und b mindestens eine Stelle c, an der die Funktion verschwindet ().

Satz von Weierstraß

Eine stetige Funktion nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall ihre obere und ihre untere Grenze an.