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Herzfehler

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Unter einem Herzfehler, auch als Herzfehlbildung bezeichnet, versteht man eine angeborene oder erworbene Strukturbesonderheit des Herzens bzw. angrenzender Gefäße, die zu Funktionseinschränkungen des Herz-Kreislauf-Systems oder des Herz-Lungen-Systems führt.

Ursache eines Herzfehlers können sowohl Chromosomenbesonderheiten sein, wie z.B. eine Trisomie 21 (Down-Syndrom), eine Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), eine Trisomie 18 (Edwards-Syndrom), das Marfan-Syndrom oder das Williams-Beuren-Syndrom, als auch Giftstoffe (Noxen) und Alkohol.

Auch einige Arzneimittel (Phenytoin, Cumarine, Lithium, Neuroleptika) oder Infektionen (Röteln) können Herzfehlbildungen verusachen. Die Ursache der meisten Herzfehler ist aber derzeit noch ungeklärt.

Herzfehler treten auch im Zusammenhang mit anderen Fehlbildungen (z.B. im Bereich des Urogenital- oder Darmtrakt) auf.

Die Möglichkeiten der Fehlbildungen sind recht vielfältig. 85% aller Herzfeher sind jedoch auf acht verschiedene Variationen zurück zu führen.

Die Fachrichtung der Medizin, die sich mit angeborenen Herzfehlbildungen beschäftigt ist die Kinderkardiologie, ein Teilgebiet der Pädiatrie. Die Kardiologie als Teilgebiet der Inneren Medizin beschäftigt vor allem mit den im Erwachsenenalter auftretenden Erkrankungen des Herzens.


Angeborene / congenitale Fehlbildungen des Herzens bzw. herznaher Gefäße

  • Herz allgemein:
    • Atrio-ventrikulärer Septumdefekt (=AVSD - AV-Kanal) - (Fehlbildung der Herzscheidewand auf Vorhof- und Kammerebene + Fehlbildung von Trikuspidalklappe und Mitralklappe)
    • Atriumseptumdefekt (=ASD) - Vorhofscheidewanddefekt mit den Ausprägungen Persistierendes Foramen ovale (= PFO), ASD II, ASD I und Sinus venosus-Defekt (Loch in der Herzscheidewand zwischen den Vorkammern)
    • Ebstein-Anomalie (Fehlbildung der Trikuspidalklappe zwischen rechten Vorhof und rechter Kammer mit Verlagerung der Klappenebene nach unten)
    • Fallotsche Tetralogie [komplexe Herzfehlbildung, bestehend aus einer Verengung der Pulmonalklappe (Pulmonalstenose), einem Ventrikelseptumdefekt, der "reitenden Aorta" und einer Vermehrung der Herzmuskelmasse des rechten Herzens]
    • Persistierendes Foramen ovale (=PFO) (siehe auch ASD II) (verbliebene fetale Verbindung in der Vorkammerscheidewand)
    • Lungenvenenfehlmündung
    • Shone-Komplex (komplexe Fehlbildung des linken Herzens)
    • Single Ventricle:
      • mit funktionell wirksamem linkem Ventrikel. Die rechte Herzkammer (Lungenkreislauf) ist nicht ausreichend ausgebildet.
      • mit funktionell wirksamem rechtem Ventrikel. Die linke Herzkammer (Körperkreislauf) ist nicht ausreichend ausgebildet.
    • Transposition der großen Arterien (=TGA) - Lungenschlagader (Pulmonalis) und Aorta sind vertauscht an der jeweils falschen Herzkammer angeschlossen. Damit sind die normalerweise in Reihe geschalteten Kreisläufe parallel geschaltet und der Körper erhält ungesättigtes Blut. Ohne zusätzliche Fehlbildungen (Shunts) oder rasche Intervention nicht überlebensfähig.
    • Truncus arteriosus communis (=TAC) (Aorta und Lungenarterie sind nicht vollständig getrennt, Aortenklappe fehlgebildet als "Truncusklappe", Ventrikelseptumdefekt)
    • Ventrikelseptumdefekt (=VSD) (Loch in der Hauptkammerscheidewand)


Erkrankungen des Reizleitungssystems


Erworbene Herz- und Herz-Lungen-Erkrankungen

Therapien

  • interventionelle Herzkatheter:aufgeführt sind hier Verfahren, die unabhängig vom Krankheitsbild eingesetzt werden können:
    • Coils - in der Regel Drahtgebilde, mit denen Gefäße mittels Herzkatheter verschlosssen werden können.
    • Dilatation einer Herzklappe/eines Gefäßes: die stenotische (verengte) Herzklappe/das Gefäß wird mit Hilfe eines Ballonkatheters aufgedehnt
    • Rashkind-Manöver = Ballonatrioseptostomie - Aufreißen des Vorhofseptums mittels Ballonkatheter
    • Stent-Implantation - Stents sind kleine Röhrchen aus Kunststoff oder Metall, die in ein verengtes Gefäß mittels Herzkatheter eingeführt werden. Sie halten das Gefäß offen und können z.T. mit dem Wachstum des Kindes "aufdilatiert" (aufgedehnt) werden.
  • Operationen: Chirurgisches Vorgehen unabhängig vom Herzfehler. Die Operationsverfahren sind in der Regel bei den einzelnen Herzfehlerbeschreibungen angeführt:
    • Blalock-Taussig-Anastomose - Verbindung zwischen großer Arterie (Halsschlagader) und Lungenschlagader zur Verbesserung der Lungendurchblutung bei Rechtsherzproblemen
    • Glenn-Anastomose - Verbindung der oberen Körpervene mit den Lungenschlagadern, erster Schritt zum Fontankreislauf
    • Fontan-Operation - OP-Technik zur Kreislauftrennung, meistens in 2 Schritten: Glenn + TCPC
    • Pulmonales Banding (Verengung der Lungenarterie durch ein Bändchen bei Links-Rechts-Shunt-Herzfehlern]
    • TCPC (=Totale Cavo-Pulmonale Connection) (vollständige Venen-Lungenarterienverbindung, nach Anschluss der unteren Körpervenen mit den Lungenschlagadern. Vervollständigung des Fontankreislaufs.)

Medikation zur Blutgerinnungshemmung (Antikoagulation)

Bei manchen Herzfehlern und insbesondere nach der Korrektur mancher Herzfehler erhalten die Patienten eine dauerhafte Gabe von blutgerinnungshemmenden Medikamenten um das Risiko von Thrombosen zu verringern. Neben der schwach wirkenden Acetylsalicylsäure (ASS) gibt es die stark wirkenden Cumarine (Marcumar, Warfarin).

Diese Medikamente müssen vor Operationen rechtzeitig abgesetzt werden, da sie bis zu 14 Tage den Organismus beeinflussen!

Als dritten Wirkstoff gibt es Heparin, das vor allem in der Klinik und intravenös gegeben wird. Es wirkt sofort mit sehr kurzer Halbwertzeit.

Die Dauereinnahme von Cumarinen (Marcumar oder Warfarin) bedarf einer regelmäßigen Blut-Kontrolle, die der Patient oder seine Eltern in der Regel selber durchführen können. Der Blutgerinnungsstatus, der nach dem vermehrten Verzehr von Vitamin K-haltigen Nahrungsmitteln oder möglicherweise infolge von Infekten schwanken kann, muss dann durch eine Anpassung der Medikamenten-Dosis ausgeglichen werden. Dieses "Problem" besteht bei der Gabe von ASS und Heparin nicht.


Siehe auch

Herz - Aortenklappe - Aortenstenose - Aorteninsuffizienz - Mitralklappeninsuffizienz - Mitralklappenprolaps - Pulmonalstenose

Literatur

  • Borth-Bruhns, Thomas / Eichler, Andrea: Pädiatrische Kardiologie (2004)
  • Barankay, Andreas (Hrsg.): Interdisziplinäre Versorgung angeborener Herzfehler (2002)
  • Schumacher, G. u. a.: Klinische Kinderkardiologie / mit CD-ROM (2001)
  • Hauskopf, G.: Intensivtherapie angeborener Herzfehler (2000)
  • Neill, Clark: Unser Kind hat einen Herzfehler - Informationen und Rat für Eltern Bezugsadresse
  • Carrel, Vereb, Hug: Ein kleines Herz wird stark - Die Herzoperation der vierjährigen Celina (Erfahrungsbericht)
  • Clemens Bollinger: Ein Herz für Nicole - Die Geschichte einer Transplantation (Erfahrungsbericht)