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Das Sputnik-Virus ist ein noch nicht näher klassifiziertes Virus, das sich in der AmöbeAcanthamoeba castellanii nur in Gegenwart eines weiteren Virus aus der Gattung Mimivirus vermehren kann. Es wurde 2008 als begleitendes Virus entdeckt und für ihn als möglichen Verteter einer mutmaßlich neuen Gruppe von Erregern, die Bezeichnung Virophage vorgeschlagen. Tatsächlich vermehrt sich das Sputnik-Virus jedoch nicht im Virion des Mimivirus, sondern nutzt den durch das Mimivirus umgestalteten Proteinsyntheseapparat der Zelle (Viroplasma) und ist von den Replikationsenzymen des Mimivirus abhängig. Damit ist es in seinem Vermehrungsverhalten dem Hepatitis-D-Virus (Virusoid) und den Adeno-assoziierten Viren (Gattung Dependovirus) bei tierischen Viren und den Satellitenviren bei einigen Pflanzenviren sehr ähnlich.
Genom
Das Genom des Sputnik-Virus besteht aus einer doppelsträngigen DNA, die ringförmig geschlossen ist. Sie ist 18.343 kB groß und zeichnet sich ähnlich den Mimiviren durch einen sehr geringen GC-Gehalt von 27 % aus. Das Genom enthält 21 mögliche Offene Leserahmen (ORF), die sich zum Teil überlappen. Durch Vergleich der aus ihnen ableitbaren Proteinsequenzen mit bekannten Proteinen, konnte bei einigen Genprodukten eine wahrscheinliche, homologeSekundärstruktur und damit eine mögliche Funktion abgleitet werden. Im Virion des Sputnik-Virus sind drei Proteine mittels Polyacrylamid-Gelelektrophorese als Strukturproteine identifiziert, die nach MALDI-TOF-Daten den ORFs 8, 19 und 20 zugeordnet werden konnten. Die Proteinsequenzen aus ORF 6 und 12 haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Proteinen des Acanthamoeba-polyphaga-Mimivirus APMV (MIMI R196 und MIMI R546). Die Gensequenzen des Sputnik-Virus setzen sich somit neben bislang unbekannten viralen Sequenzen aus zwei weiteren Anteilen zusammen, die einerseits dem Mimivirus-Genom und andererseits bekannten Sequenzen aus Viren ähneln, die Archaeen oder Bakterien zum Wirt haben. Während der Replikation der Sputnik-Virus-DNA kann es zu Genaustauschen mit dem APMV kommen.
Die Virionen des Sputnik-Virus sind etwa 50 nm im Durchmesser groß und bestehen aus einem unbehüllten, ikosaedrischen Kapsid. Das Kapsid wird wahrscheinlich ausschließlich von einem 595 Aminosäuren großen Kapsidprotein gebildet (ORF 20); zwei weitere Strukturproteine (ORF 8 und 19) finden sich nur jeweils einmal im Virion. In infizierten Amöben findet man dicht gedrängte Aggregate von Sputnik-Kapsiden im Bereich des Viroplasmas. Da das Virus die Verpackung und Morphogenese des APMV beeinträchtigt, können mitverpackte Sputnik-Viren im Inneren von abnormen, defekten APMV-Virionen gefunden werden.
Biologische Bedeutung
Das Sputnik-Virus ist ein erstes Beispiel für eine abhängige Vermehrung und einen genetischen Austausch zwischen zwei marinen Virusarten. Dies war bisher nur bei Pflanzenviren, Bakteriophagen und animalen Viren (Virusoiden) beschrieben worden. Obwohl bekannt ist, dass Viren (insbesondere Bakteriophagen) als Femto- bzw. Virioplankton die größte Biomasse und wahrscheinlich die artenreichste Gruppe in den Ozeanen und anderen Gewässern darstellen[1], sind sie in ihrem ökologischen und genetischen Zusammenhang nur wenig erforscht.
Quellen
B. La Scola et al.: The virophage as a unique parasite of the giant mimivirus. Nature (2008) 455(7209): S. 100-104 PMID 18690211
Einzelnachweise
↑K. E. Wommack, R. R. Colwell: Virioplankton: viruses in aquatic ecosystems. Microbiology and Molecular Biology Reviews (2000) 64,1: S. 69-114 PMID 10704475Volltext]