Die eulersche Identität bezeichnet die Formel

und bildet das Bindeglied zwischen Trigonometrischen Funktionen und den komplexen Zahlen. Für den Winkel φ = π gewann diese Formel sogar einmal die inoffizielle Auszeichnung schönste Formel der Mathematik:

Dabei ist e die eulersche Zahl (Basis des natürlichen Logarithmus), i ist die imaginäre Einheit, (eine komplexe Zahl mit der Eigenschaft i2 = -1) und π ist die Kreiszahl pi (das Verhältnis vom Umfang zum Durchmesser eines Kreises). Die Gleichung erscheint in Leonhard Eulers Introductio, veröffentlicht in Lausanne 1748.
Der fast 15-jährige Richard Feynman nannte diese Beziehung in seinem Notizbuch die "bemerkenswerteste Formel der Welt". Sie setzt die wichtigsten fundamentalen, mathematischen Konstanten in eine Beziehung:
- Die Zahlen 0 und 1 sind die Grundlage des Zählens und der Arithmetik.
- Die Zahl π ist eine geometrische Konstante unserer Euklidischen Welt.
- Die Eulersche Zahl e ist eine zentrale Konstante bei der Beschreibung von Wachstumsvorgängen. Die einfachste Lösung der einfachsten Wachstumsgleichung dy / dx = y (einer Differentialgleichung) ist die Exponentialfunktion y = ex.
- Und durch die Einführung der imaginären Einheit i haben alle nicht-konstanten Polynome eine komplexe Nullstelle.
Spötter sagen, diese Formel besage nichts anderes als: "Wenn man sich umdreht, schaut man in die andere Richtung."
Herleitung
Hier ist eine Herleitung der eulerschen Identität mit Hilfe der Taylorreihen:
Die Funktion
kann auch so geschrieben werden:

nun fügen wir dem Exponenten i hinzu:

wir können diesen Term jetzt so anordnen, dass folgende Version dabei herauskommt:

um diesen Ausdruck zu vereinfachen verwenden wir folgende Fakten über i:

oder allgemein ausgedrückt, als Vielfaches von n:

Als vereinfachte Formel erhalten wir:

nun werden die Terme noch einmal geordnet und in zwei Summen aufgeteilt:

Beim nächsten Schritt verwenden wir folgende Taylorreihen für cos(x) und sin(x):


wenn wir diese jetzt in die vorhergehende Formel für eix einsetzen, erhalten wir
.
i hoch i
Die Potenz
der imaginären Einheit kann man mit der eulerschen Identität so berechnen:
Setzt man
in die Identität ein, erhält man

Dies bedeutet aber gerade, dass
eine Lösung der Gleichung

ist und damit gilt nach Definition der Logarithmusfunktion (die sich vom Reellen ins Komplexe überträgt):

(Ln mit großem L bezeichnet den Hauptwert, mehr dazu unten).
- Die Definition der Potenz zweier komplexer Zahlen
und
lautet:

(wobei zu beachten ist, dass es sich hierbei nicht, wie im Reellen, um eine beweisbare Aussage handelt, sondern überhaupt erst eine Definition der komplexen Potenz darstellt).
Möchte man nun die Potenz
berechnen, so erhält man also:

Dies lässt sich mit dem Ergebnis von oben wie folgt schreiben:

so dass sich erstaunlicherweise ein reeller Zahlenwert ergibt.
- Beachte:
Wegen der
-Periodizität der komplexen Exponentialfunktion, sind auch alle Werte der Form
mit
Lösungen von
, damit gilt also auch

womit sich für die hier behandelte Potenz der Wert
mit 
ergibt, was zeigt, dass ihr in Wirklichkeit unendlich viele Werte (die jedoch alle reell sind!) zugeordnet werden, eine Eigenschaft, die die komplexe Potenz allgemein hat. Lediglich für den Hauptwert des Logarithmus im Intervall
ergibt sich der oben berechnete Wert.
Anschauung
Die Eulersche Identität lässt sich in der komplexen Zahlenebene so veranschaulichen:
Datei:EulerRelation.gif