Ranchu

Der Ranchu (jap.) (deutsch: "Büffelkopf") ist eine Zuchtform des Goldfisches (Carassius auratus auratus). Er zeichnet sich durch eine "eiförmige" Körperform und die fehlende Rückenflosse aus.
Diese Zuchtform wird oft unbewiesen als Qualzucht angesehen.
Geschichte
Die Goldfisch-Zuchtformen in China mit ihren mehreren hundert Variationen werden seit Jahrhunderten aus Mutationen von Carassius auratus auratus genutzt. Züchterischer Ursprung waren die rotgold gefärbten Mutationen der Silberkarausche. Aus diesem Fisch, heute als gewöhnlicher Goldfisch bekannt entstanden zwei Varietäten:
Die lang- und einfachflossigen Schwalbenschwänze
- Kometenschweife
- Shubunkins
sowie der sogenannte Grasgoldfisch (japanischer Name: Wakin) mit kurzer aber geteilter Schwanzflosse. Aus ihm entstanden drei Grundformen:
- die Teleskopfische/Drachenaugen (mit vergrößerten Augen)
- Eierfische (ohne Rückenflosse)
- Goldfische in Form eines "Wen" z.B. Fransen- oder Schwalbenschwanz, (japanisch Ryukin); in Deutschland allgemein zusammenfassend als „Schleierschwanz“ bekannt.
Chinesischen Züchtern ging es niemals darum dass sich diese Fische in ein System einordnen lassen, noch dem typisch europäischen Ordnungsdenken zu entsprechen. Jeder Züchter wollte einen Fisch besitzen den nur er hat und sonst niemand. Erste Versuche die Fische in Klassen einzuteilen kamen natürlich ebenfalls aus Europa. Diese Standards sind aber in China, Japan, England und USA völlig unterschiedlich. Darüber hinaus gibt es beinahe unbegrenzte Möglichkeiten von Merkmalskombinationen, wodurch die Vielzahl der Zwischenformen entsteht.
Die Silberkarausche sind in China beliebte Speisefische. Farbmutationen die in Zuchtteichen auftauchten, man nannte sie "Chi", waren den Chinesen jedoch nicht geheuer und endeten daher nicht als Speisefisch. Buddhistische Einflüsse und seine Gebote Lebewesen nicht zu töten trugen dann auch dazu bei, daß sich der Gebrauch entwickelte Fische wieder ins Wasser zurückzusetzen. In der Jin-Dynastie (265-420) fand man die erste goldene Silberkarausche im Xin-Don-Teich des Xin-Lin-Tempels; sie ist der eigentliche Vorfahre des Goldfisches (Teichfischer, 1994). Unter dem Gouverneur Ting Yen-tsan (nördliche Song-Dynastie) wurden goldene und gelbe Chi in einem Weiher außerhalb der Stadt Jiaxing (phon. Kiasching) in der Provinz Zhejiang (phon. Tschekiang) in Südostchina gefangen. Dieser Goldfischweiher erhielt nun den klangvollen Namen "Teich zur Emanzipation der Tiere", und die in ihm lebenden Chi durften nicht gefangen und verzehrt werden (Piechocki, 1981). Seit dem Jahr 1136 unter Kaiser Hiau-tsung (südliche Song-Dynastie), der großen Gefallen an den Tieren fand, wurde alles unternommen um den Goldfisch ausschließlich zur Unterhaltung und zum Entzücken seiner eigenen Person zu halten. Er lies in seinem Palast steinerne Teiche bauen um die Fische dort zu halten. Diese Zeit gilt im Wesentlichen als der Beginn der Zucht, da die Fische damals bereits von geübten, fachlichen Betreuern behandelt, regelmäßig gefüttert und zielgerichtet vermehrt wurden." Der einsetzende Modetrend Goldfische zu halten beendete die 500-jährige Zeit der einfachen Goldfischhaltung. In China entstand zu diesem Zeitpunkt der Berufsstand des Goldfischzüchters.

Chinesische und japanische Ästhetik entspricht in vielerlei Dingen nicht dem was sich ein Europäer darunter vorstellt. Sumo ist in Japan ein hochangesehener Sport und so mag es nicht wundern, dass japanische Züchter einen Goldfisch züchteten der in seinem Aussehen einem Sumo-Ringer entsprach. Beim Sumō gilt ein hohes Körpergewicht in Kombination mit relativ weit nach unten verlagertem Schwerpunkt als bestmögliche physische Voraussetzung. Aus diesem Grund wird das typische Erscheinungsbild eines Sumōtori in der Regel von seinen enormen Körpermaßen, vorrangig im Bauch-, Hüft- und Beinbereich, dominiert, da dies die beste Annäherung an die ideale Körperform darstellt.
Der Ranchu ist eine typisch japanische Zuchtform, die aus chinesischen Importfischen hervorging. Die Benennung der Fische ist völlig uneinheitlich; selbst bei Kennern asiatischer Fische weichen die jeweiligen Namensgebungen und Merkmalsbeschreibungen oft deutlich voneinander ab. Ranchus gleichen also in ihrem Aussehen mit dem nach unten gezogenen Bauch und dem stark gekrümmten Rücken einem Sumo-Ringer. Allgemein sind in Japan Kois (Zierkarpfen) beliebter als Goldfische, aber der Ranchu ist für viele Japaner die Krönung der Fischzucht. Spitzenexemplare werden für dieselben horrenden Preise gehandelt wie besondere Kois.
Zucht
Nach britischen Standard ist die Körperform rund, mit stärker gebogenem Rücken und kürzerer und stark abgespreizter geteilter Schwanzflosse. Der Schwanzstiel ist 90 ° geneigt, die Schwanzflosse soll dementsprechend tief getragen werden. Die Kopfhaube des Ranchu ist nicht so stark ausgeprägt wie beim Lionhead, ist aber auf jeden Fall auch auf den Seiten des Kopfes weit herunterreichend. Die Bauchflossen sind halb so lang wie die Körperhöhe; die anderen Flossen kürzer. Die optimale Form soll sich in der Draufsicht, also von oben, zeigen. Die Zuchtform selbst ist sehr schwierig zu züchten und gilt als heikel in der Haltung. Selbst Experten schaffen nicht mehr als 40% brauchbare Fische die dem Zuchtstandard entsprechen. Als Teichfische sind Ranchus ungeeignet, da sie aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber Temperaturschwankungen, wie sie in Teichen vorkommen, nur für aquaristische Haltung zu empfehlen sind.
Literatur
- B. Teichfischer: Goldfische in aller Welt. Tetra Verlag., Berlin.
- Rudolf Piechocki: Der Goldfisch. Brehm Bücherei, 1990.
- B. Penze, I. Tölg: Goldfische und Kois. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1993.
- Karl-Heinz Bernhardt: Alle Goldfische und Schleierschwänze. In: Aqualog: reference fish of the world 11. ACS Verlag., Rodgau 2001, ISBN 3-931702-78-2.
- Dr. Chris Andrews: An Interpet Guide to Fancy Goldfish. Interpet Publishing, 2002, ISBN 1-902389-64-6.
- Dr. Erik L. Johnson, Richard E. Hess: Fancy Goldfish: A Complete Guide to Care and Collecting. Shambala Publications, 2006, ISBN 0-8348-0448-4.
- Joseph Smartt: Goldfish Varieties and Genetics: A Handbook for Breeders. Blackwell Science, 2001, ISBN 978-0852382653.