Absinth
Absinth (auch: Absinthe, Wermutspirituose) ist ein wermuthaltiges alkoholisches Getränk mit (im historischen Standardrezept) Anis-, Fenchel-, Melisse- und Ysop-Zusätzen. Der Alkoholgehalt liegt standardmäßig zwischen 45 und 74 Volumen-Prozent und wäre demnach dem oberen Bereich der Spirituosen zuzuordnen, aufgrund der Herstellung mit bitter schmeckenden Wermutauszügen ist Absinth eine Bitterspirituose.
Als Hauptwirkstoff von Absinth galt früher neben Alkohol das thujonhaltige Wermutöl der Wermutpflanze Artemisia absinthium, die dem Absinth seinen Namen gibt. Hochwertige Absinthe wurden damals und werden heute wieder mittels Destillation – mittelmäßige Absinthe mittels Mazeration von Wermut hergestellt. Öle und Extrakte finden sich nur in Billigprodukten wieder. Die angeblich typisch grüne Farbe, wegen der Absinth auch die grüne Fee (französisch: la Fée Verte) genannt wird, kam früher von Chlorophyll (heute werden in minderwertigen Produkten auch Lebensmittelfarbstoffe eingesetzt). Hochwertige Produkte werden auf natürliche Weise mit pontischem Wermut, Ysop und anderen typischen Kräutern eingefärbt oder es wird gänzlich auf eine Färbung verzichtet. Bleibt der Absinth klar spricht man in Frankreich von einem "la Blanche" und in der Schweiz von einem "la Bleue".
Thujon ist ein Neurotoxin, deshalb war die Absinth-Herstellung in den meisten europäischen Ländern lange Zeit verboten. Heute ist Absinth fast überall wieder erhältlich, jedoch gelten Maximalwerte für Thujon (in Europa 5 mg/kg in alkoholischen Getränken mit unter 25 Volumen-Prozent Alkohol, 10 mg/kg in alkoholischen Getränken mit einem Alkoholgehalt von über 25 Volumen-Prozent und 35 mg/kg für Bitterspirituosen).
Absinth wird, wie andere Anis-Spirituosen (zum Beispiel Pastis oder Ouzo), meist nicht pur getrunken, sondern mit Wasser verdünnt. Die klare, grüne Flüssigkeit trübt sich dabei ein. Diese Reaktion wird Louche-Effekt genannt. Ursache des Effekts ist die schlechte Wasserlöslichkeit der im Absinth enthaltenen ätherischen Öle. Wegen des selbst unter den Spirituosen sehr hohen Alkoholgehalts des Absinths ist es nicht zu empfehlen, ihn unverdünnt zu trinken, da sonst u. A. Verletzungen an den Schleimhäuten verursacht werden.
Absinth ist keine Droge, kein Halluzinogen und wirkt auch nicht bewusstseinserweiternd!
Geschichte
Tees aus der bitteren Absinth-Pflanze gab es schon in der Antike. Das Rezept für Absinth entstand jedoch erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der französischsprachigen Schweiz, im Val-de-Travers im Kanton Neuenburg (Neuchâtel). Ein Arzt namens Dr. Pierre Ordinaire entwickelte es dort im Jahre 1792 als Heilmittel. Bald darauf gelangte das Rezept in die Hände von Henri Louis Pernod. 1805 begann Pernod mit der kommerziellen Produktion des Likörs und eröffnete in Pontarlier (Frankreich) die erste Absinth-Destillerie. In Folge entstanden in Frankreich und in der Schweiz mehrere Konkurrenzunternehmen. Die Absinth-Produktion war für ein Jahrhundert ein bedeutendes Gewerbe.
Seine zum Teil geheimnisumwitterte Aura bezog der Absinth aus dem oben erwähnten Louche-Effekt, um den sich zahlreiche Trinkrituale bildeten. Traditioneller Weise wurde ein Stück Zucker auf einen Absinthlöffel gelegt und langsam mit kaltem Wasser übergossen, bis er sich auflöste und in ein Glas mit Absinthe floss. Bei einem neu aufgekommenen Verfahren wird der Zucker vorher in Absinth getränkt und dann angezündet, um den so karamellisierten Zucker in den Absinth zu geben. Rituale wie diese, sowie der damals im Verhältnis günstige Preis, mögen dazu beigetragen haben, dass der Absinth zu einem der populärsten alkoholischen Getränke des 19. Jahrhunderts wurde.
Bereits um das Jahr 1850 wurden Sorgen über die Folgen des chronischen Absinth-Konsums laut. Dieser führe angeblich zu Absinthismus. Als Symptome galten Sucht, Übererregbarkeit und Halluzinationen. Man führte dies auf das Thujon zurück. Heute wird jedoch in der Forschung davon abgerückt und die Wirkung dem hohen Alkoholgehalt zugeschrieben.
Ein spektakulärer Mordfall am Anfang des 20. Jahrhunderts, bei dem ein Mann im Absinth-Rausch seine Familie tötete, führte dazu, dass Herstellung und Verkauf von thujonhaltigen Getränken in den meisten europäischen Ländern und den USA gesetzlich verboten wurde. Dieser Mord wurde von einem Alkoholiker verübt der neben seinem Absinthkonsum täglich auch mehrere Liter Weißwein konsumierte. Diese Tatsache blieb bei der Verbotsdebatte (welche auch von den Weißweinproduzenten geführt wurde) meist unerwähnt.
In der Schweiz wurde das Absinth-Verbot 1910 durch eine Volksinitiative im Jahre 1908 sogar in die Verfassung aufgenommen. Dieser Artikel wurde jedoch am 1. Januar 2000 aufgehoben und durch einen entsprechenden Eintrag im Lebensmittelgesetz ersetzt. Die Legalisierung des Absinth erfolgte am 2. März 2005, somit war der Konsum und die Herstellung von Absinth bis zu diesem Datum in der Schweiz verboten.
Nicht verboten wurde die Absinth-Herstellung in der späteren Tschechoslowakei sowie in den späteren EG- und EU-Ländern Spanien und Portugal. Dies führte aufgrund einer EWG-Richtlinie zur Aufhebung des Absinth-Verbots in der Europäischen Union.
Seit 1991 ist in Deutschland ein reglementierter Thujon-Anteil erlaubt, der je nach Alkoholgehalt zwischen 5 und 35 mg/kg liegen kann.
Herstellung
Bei der Herstellung wird Wermut und ein Teil der Zutaten (wie z. B. Anis und Fenchel) in Neutralalkohol oder Weinalkohol mazeriert und anschließend destilliert. Die Destillation ist notwendig, um die starken Bitterstoffe des Wermuts zu neutralisieren. Diese sind weniger flüchtig als die Aromastoffe und bleiben bei der Destillation zurück. Andernfalls wäre das Ergebnis ungenießbar bitter. Das Destillat kann danach mit den anderen Zutaten (wie z. B. pontischem Wermut und Ysop) eingefärbt werden. Einige heutige Absinthe (zumeist minderwertige Sorten) werden mit Lebensmittelfarbe künstlich eingefärbt.
Trinkritual
Es existieren 3 Trinkrituale:
Die traditionelle, französische Variante:
- ca. 2cl Absinth in ein Glas geben.
- Ein oder zwei Stück Würfelzucker auf einen Absinthlöffel geben.
- Ganz langsam und vorsichtig eiskaltes Wasser über den Zucker geben.
- Verdünnt wird je nach Geschmack etwa im Verhältnis 1:3 bis 1:5, so dass man den Alkohol geschmacklich nicht mehr oder kaum noch spürt.
Das schweizer Trinkritual (gerade bei vorgezuckerten Absinthen oder je nach persönlichem Geschmack angewendet):
- funktioniert wie das französische, nur ohne Zuckerzugabe.
Das neu aufgekommene tschechische Trinkritual funktioniert folgendermaßen:
- ca. 2 cl Absinth in ein Glas geben.
- Ein oder zwei Stück Würfelzucker in den Absinth tauchen, auf einen Absinthlöffel geben und anzünden.
- Sobald das Zuckerstück Blasen zeigt und karamellisiert, die Flammen löschen und den Löffel in das mit Absinth gefüllte Glas tauchen. Auf keinen Fall noch brennende Zuckerstücke in den Absinth geben! Brandgefahr!
- Mit Eiswasser im Verhältnis 1:3 bis 1:5 mischen. Auch hier entscheidet der persönliche Geschmack und die Stärke des Absinths.