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Ehe

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Die Ehe (v.althochdeutsch: ewa Vertrag) ist eine anerkannte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau, Ehegatten genannt. Die Ethnologie bezeichnet mit Ehe eine institutionalisierte Wirtschafts- und Reproduktionsgemeinschaft zwischen zwei oder mehr nicht miteinander verwandter Personen.

Weiter gefasst umfasst eine Ehe immer eine Art öffentlich anerkannten Vertrag, sowie ökonomische und sexuelle Rechte und Pflichten zwischen den betroffenen Personen, welche durch eben diesen Vertrag geregelt werden. Die Nachkommen aus einer solchen Verbindung gelten bei den Mitgliedern der betreffenden Gesellschaft als legitim. Die Modalitäten des Vertrages sowie seines Zusammenkommens ändern sich je nach Kultur und Gesellschaft.

Europa

Die Eheschließung galt seit der Antike als eine Vorbedingung für den Beginn einer Familie, die als Baustein einer Gemeinschaft und der Gesellschaft angesehen wurde. So diente die Installierung der Ehe nicht nur den Interessen zweier Einzelpersonen, der Kinder und der Gesellschaft, sondern vor allem den Zwecken religiöser und weltlicher Führer. Daran hat sich bis heute, auch im Westen, wenig geändert, wie die im deutschen Grundgesetz verankerte staatliche Bevorzugung und Subventionierung der Lebensform Ehe auf allen Ebenen belegt. De facto sind unverheiratete Paare nur in wenigen Ländern verheirateten gleichgestellt, z. B. denen Skandinaviens und in den Niederlanden.

Die Eheschließung war bis zur Einführung der Standesämter im 19. Jahrhundert Sache der Kirchen. In der katholischen Kirche ist in Deutschland als Folge von Kulturkampf und dem späteren Reichskonkordat die Zivilehe bis heute die Voraussetzung für die kirchliche Eheschließung. Das Sakrament der Ehe kommt auch ohne staatliche Zivilehe gültig zustande, allerdings begeht der trauende Geistliche in diesem Fall nach staatlichem Recht eine Ordungswidrigkeit. In der evangelischen Kirche ist die Zivilehe konstitutiv, die kirchliche Trauung entspricht einer Segnung der bereits geschlossenen Ehe. Die Zivilehe wird heute unabhängig von einem religiösen Bekenntnis geschlossen und beendet.

Die Ehe endet in der Regel durch den Tod eines Ehegatten. Die Zivilehe kann durch die Scheidung vorzeitig beendet werden. Der spanische Dichter Cervantes schlug vor, die Ehe von vornherein auf drei bis fünf Jahre zu befristen, wonach sie, wie jeder andere Vertrag auch, beendet oder verlängert werden könnte.

Die Geschichte der Ehe

In den meisten Gesellschaften existierte zunächst gar keine Ehe, sondern pflanzten sich die Menschen, wie überall sonst in der Natur, ohne Partnerschaftsbindungen fort. Mancherorts entwickelte sich auch Polygamie, die hie und da als Zeichen von Macht und als Statussymbol angesehen wurde.

Sozial-Evolutionisten gehen von einer linearen Evolution der Paarbindungen unter Menschen aus: Zu Beginn der Menschheit hätte Promiskuität geherrscht, die sich anschliessend zur Gruppenehe entwickelt hätte und schlussendlich über die Polygamie zur Monogamie entwickelt hätte. Dabei wird Monogamie als die am höchsten stehende kulturelle Errungenschaft betrachtet.

Die Stellung der Polygamie schwankte von einer Gesellschaft zu anderen. In islamischen Gesellschaften gelten alle Ehefrauen als gleichrangig, es dürfen nur reiche Männer mehrere Frauen in ihrem Harem haben, aber Frauen ist es strikt untersagt, mehr als einem Mann zu dienen. Im alten China galt eine Frau als Hauptfrau und die anderen als Nebenfrauen. Die Hochzeit mit der Hauptfrau wurde demgemäß mit einer feierlichen Zeremonie begangen, während der zeremonielle Aufwand bei der Ehelichung der Nebenfrauen bescheidener ausfiel.

Weniger verbreitet waren monogam lebende Völker (nach Tacitus' Germania waren die Germanen mit ihrer Einehe eine Ausnahme unter den "Barbaren" der Antike) und nur bei wenigen herrschte Polyandrie, wo eine Frau mit mehreren Männern verheiratet war.

Es sind nur wenige Gesellschaften bekannt, in der Polygynie und Polyandrie gleichzeitig praktiziert wurden (siehe Pseudogruppenehe). Vor allem durch die Expansion monotheistischer Religionen und die Missionierung wurde die Monogamie zur weltweit bestimmenden Lebensform.

Die mittlerweile etwas liberalere sexuelle Praxis in der Kultur der westlichen Neuzeit sowie die verhältnismäßige Einfachheit von Scheidung und Wiederverheiratung haben zu einem Anstieg der seriellen Monogamie geführt. Sich von einem/r (Ehe)Partner zu trennen, um mit dem/der nächsten zu leben, hat mit Polygamie jedoch nichts zu tun.

Einige utopische Gruppen haben die Gruppenehe geübt, in der alle erwachsen Mitglieder miteinander verheiratet waren (siehe Oneida).

Die meisten Zivilsationen haben - in unterschiedlichem Grad - stets die Ehe mit Verwandten tabuisiert. Fast alle Völker verbieten die Ehe zwischen Bruder und Schwester. Vielfach untersagt man auch die Ehe zwischen Verwandten zweiten Grades. Viele Völker haben sich weitere Beschränkungen auferlegt, so die Ehe mit Personen gleichen Familiennamens oder mit Personen mit dem gleichen Totemtier.

Eine Ausnahme bildete das alte Ägypten, wo die Ehe zwischen Bruder und Schwester in der Familie des Pharao gestattet war; dieses Privileg wurde dem Volk verweigert und könnte dazu gedient haben, Macht und Lebenskraft in einer Familie zu konzentrieren (siehe auch Inzest).

Die Konsequenz des Inzesttabus ist die Forderung nach exogamer - auf eine andere Gruppe bezogene - Heirat. Ethnologen betonen, das Inzest-Tabu diene dazu, den sozialen Zusammenhalt zu fördern.

Bestimmte Völker befördern auch die Ehe innerhalb einer bestimmten Gruppe (Endogamie) und fordern auf, jemanden aus dem gleichen Stamm zu heiraten. Auch rassistische Gesetze der Vergangenheit, die Verbindungen unterschiedlicher Rassenangehöriger zu verbieten suchten, lassen sich als Beispiele von Endogamie ansehen.

Viele Völker kennen das Verfahren der Scheidung für die Beendigung der Ehe. Die Anerkennung der Scheidung ist in den verschiedenen Religionen unterschiedlich geregelt.

Eine Ehe kann auch annulliert werden, wodurch sie von Anfang an für ungültig erklärt wird. Beispielsweise kann in der katholischen Kirche eine Ehe nicht geschieden, sondern nur für ungültig zustande gekommen erklärt und damit aufgehoben werden.

Ehe und Religion

Viele Religionen kennen umfangreiche Regeln für die Ehe und die meisten christlichen Kirchen installieren sie durch Segen.

Begründet durch eine neutestamentarische Parabel, vergleichen die christlichen Kirchen mit dem Verhältnis zwischen Jesus und der Kirche.

In der katholischen Kirche gilt die Ehe daher als eines der sieben Sakramente; in den orthodoxen Kirchen ist sie eins der Mysterien und wird als Ordination angesehen.

Orthodoxen Juden ist die Ehe zwar so wichtig, dass sie Unverheiratetsein als unnatürlich ansehen, allgemein wird aber im Judentum nur erwartet, dass Partner erst heiraten, wenn ein Kind unterwegs ist, was auch im Sinne des Alten Testamentes ist.

Der Koran empfiehlt die Ehe in hohem Maße; sie helfe u.a. zur geistigen Vervollkommnung. Allerdings finden sich im Koran genügend Suren, die dem in fast allen moslemischen Ländern brutal herrschenden Patriarchat Vorschub leisten.

Der Hinduismus sieht in der Ehe eine heilige Aufgabe, die religiöse und soziale Verpflichtungen zur Folge hat.

In patriarchalen und patrilokalen Gesellschaften regelte der Brautvater die Ehe der Frau im Mädchenalter durch einen Brautpreis. Frauen wurden in die Ehe verkauft. Häufig war der Mann doppelt so alt wie sie, ein Fremder. Der ältere Ehemann wurde zum Wächter; ihre Verbindungen zur Familie wurden fast vollständig abgeschnitten. Die Frau hatte wenig Einfluss auf die Vermittlungen, oft trat die Ehe ohne ihr Wissen in Kraft.

Wenn eine Frau keinen Sohn gebar, konnte sie ihrem Vater zurückgegeben werden.

Von Frauen wurden erwartet, als Jungfrau in die Ehe zu gehen. Für die katholische Kirche ist dies heute noch die wichtigste Voraussetzung für eine gültige Ehe und in den meisten muslimischen Gesellschaften riskiert eine vor der Hochzeit entjungferte Braut, gesteinigt zu werden; in Griechenland wurde bis ins 20. Jahrhundert der ländliche Brauch gepflegt, zum Beweis das blutige Betttuch nach der Hochzeitsnacht aus dem Fenster zu präsentieren.

Ehe heute

Die in Deutschland vor kurzem eingeführte eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Partner bringt fast alle rechtlichen und sozialen Pflichen einer Ehe mit sich, bietet aber nur wenige ihrer Vorteile. Ein Vorteil der Ehe ist zum Beispiel das Ehegattensplitting bei der Berechnung der Einkommensteuer. Weitere Vorteile wie Vertrauen und gegenseitige Anregung werden von verschiedenen Gruppen gefördert (Marriage Encounter, Familienwerke von politischer oder kirchlicher Seite und andere).

Verwandte Themen

Siehe auch: